| Titel: | Ueber ein in Amerika gebräuchliches Verfahren zur Herstellung von Hochdruckplatten für die Buchdruckerpresse; von Adolf Ott. | 
| Autor: | Adolf Ott | 
| Fundstelle: | Band 231, Jahrgang 1879, S. 241 | 
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                        Ueber ein in Amerika gebräuchliches Verfahren zur
                           								Herstellung von Hochdruckplatten für die Buchdruckerpresse; von Adolf Ott.
                        Mit einer Abbildung.
                        Ott, über Herstellung von Hochdruckplatten für
                           								Buchdruck.
                        
                     
                        
                           Die technischen Zeitschriften sind voll von Vorschlägen und
                              									Beschreibungen von Verfahren, um auf heliographischem Wege Platten in erhabener
                              									Manier für die Buchdruckerpresse herzustellen. In die Praxis übergegangen ist auf
                              									dem Continente meines Wissens nur die Zinkographie oder
                              										Chemigraphie, welche bekanntlich in einer
                              									Einstäubung und Aetzung des auf Zinkplatten gezeichneten oder übertragenen Bildes
                              									beruht und eine ziemlich ausgedehnte Anwendung erlangt hat. Ich wüſste aber nicht,
                              									daſs auch nur ein einziges Institut von Bedeutung Nutzen zöge aus der so vielfach
                              									besprochenen Eigenschaft einer belichteten Chromgelatineschicht in den lichten
                              									Theilen des Negativs durch Aufquellung Vertiefungen, in
                              									den dunklen umgekehrt Erhöhungen oder durch Auswaschung
                              									in den lichten Erhöhungen, in den Schatten aber Vertiefungen zu bilden. Ueber diese
                              									Versuche hier einen historischen Ueberblick zu geben, würde uns zu weit führen, und
                              									wir wollen deshalb nur bemerken, daſs sich Poitevin,
                                 										Pretsch, Woodbury, Wharton Simpson, Fontaine, Scamoni, Husnik, Carey Lea,
                                 										Despaquis u.a. mehr oder weniger eingehend mit denselben beschäftigt
                              
                              
                              									haben.
                           Diese Versuche bilden auch die Grundlage des zu besprechenden
                              									amerikanischen Verfahrens. Ich hatte im Weltausstellungsjahre 1876 Gelegenheit, die
                              									beiden bedeutendsten Ateliers Nordamerikas für Anfertigung von Hochdruckplatten zu
                              									besuchen und alle Operationen, ausgenommen die Herstellung des zum Abklatsch
                              									dienenden Relief, kennen zu lernen. Wenn ich daher erst jetzt mit meinen Erfahrungen
                              									vor die Oeffentlichkeit trete, so geschieht dies vornehmlich deshalb, weil mir erst
                              									späterhin die Gelegenheit zu Theil wurde (als Chemiker in der Photographischen
                              									Anstalt von Braun und Comp. in Dornach i. E.), die
                              									Herstellung photographisch erzeugter Reliefs experimentell in die Hand zu nehmen,
                              									welche auch den wichtigsten Theil des ganzen Processes bildet.
                           Die Photo-Engraving Company, welche
                              									unter der Leitung von Moſs, einem gebornen Amerikaner,
                              									steht, befindet sich in Park Place, New-York, und nimmt ein Gebäude von sechs
                              									Stockwerken fast ausschlieſslich in Anspruch. Zur Zeit meines Besuches beschäftigte
                              									sie über 70 Personen, darunter etwa 30 Zeichner und Retoucheure, ferner Operateure,
                              									Schriftgieſser, Stecher u.s.w. Wie mir der Director versicherte, ist es im Stande,
                              									jährlich die Arbeit von 1000 Holzschneidern zu verrichten. Um ein Namhaftes kleiner
                              									ist schon das ebenfalls in New-York befindliche, später entstandene Geschäft von Oesterreicher, das sich aber jedenfalls jetzt um ein
                              									Ansehnliches ausgedehnt haben muſs. Aehnliche Anstalten bestehen in Philadelphia und
                              									Chicago, und es macht diese fälschlich genannte „Photogravüre“ der
                              									Xylographie ganz bedeutende Concurrenz; ja es sind in Folge derselben viele
                              									geschickte Holzschneider gezwungen worden, sich in diesen Anstalten zum Corrigiren
                              									der fertigen Platten um einen geringern Entgelt ihren Unterhalt zu suchen, während
                              									andererseits tüchtige Zeichner weit mehr verlangt sind.
                           
                           Auf meine Frage, wie es möglich sei, daſs die anscheinend viel
                              									einfachere Chemigraphie durch das bezügliche Verfahren
                              									in ihrer Existenz bedroht sei (thatsächlich wird erstere in den Vereinigten Staaten
                              									sehr wenig ausgeübt), wurde mir stets die Antwort zu Theil: Es erfordert allerdings
                              									mehr Betriebskapital, dabei kann aber die Arbeit weniger geschickten Kräften
                              									überlassen werden und die Resultate sind mindestens eben so fein.
                           Anfertigung der Zeichnung. Wenn es mit den heutigen
                              									Mitteln der Heliographie auch möglich ist, Hochdruckplatten mit Korn direct von
                              									einer photographischen Aufnahme herzustellenEin von einer solchen Platte angefertigter Abdruck findet sich als Beilage in
                                    											dem neuen Werk von Prof. Husnik: Die
                                       												Heliographie. (Wien 1878. J.
                                       												Hartleben.), wo also die Halbtöne in ein mehr oder
                              									minder feines Korn umgewandelt wurden, so sind doch solche Platten mit den
                              									bestehenden Mitteln der Buchdruckerkunst nicht gehörig druckbar. Wenn daher von
                              									einem Gegenstand nicht schon Drucke oder Stiche in Strichmanier vorliegen, ist es
                              									nöthig, daſs zuerst eine Zeichnung in völlig schwarzen Linien angefertigt werde, um
                              									davon die Herstellung eines Relief zu ermöglichen, dessen sämmtliche Striche vollkommen gleiche Höhe haben. Die beiden oben
                              									erwähnten Anstalten verwenden auſserordentlich groſse Sorgfalt auf die Anfertigung
                              									solcher Zeichnungen, weil davon das Gelingen der späteren Arbeiten in hohem Maſse
                              									abhängt. Ich werde daher hier die Vorschriften der Photo-Engraving Company wiedergeben. Wo Photographien vorhanden sind, und
                              									dies ist ja gewöhnlich der Fall, wird auf diese selbst gezeichnet; die Photographie
                              									wird hernach mit Chlorquecksilberlösung entfernt.
                           Man benutze eine feine, weiche Feder (Gillot Nr. 170 und 290), eine völlig schwarze
                              									Tusche und ein glattes, weiſses Papier, z.B. Bristol Carton (Bristol board). Whatman's Zeichenpapier,
                              									überhaupt alle Papiere mit rauher Oberfläche, sind nicht verwendbar. Für gewisse
                              									Zeichnungen kann man auch Glanzcarton nehmen; man legt darauf ganze Flächen mit
                              									Tusche an und radirt die Weiſsen mit einer Nadel heraus. Zu dem Ende ist es gut, die
                              									Tusche mit etwas Glycerin zu versetzen. Besonders ist darauf zu achten, daſs jede
                              									Linie ein kräftiges Schwarz zeige und die Schattirung nicht etwa durch eine mehr
                              									oder minder intensive Tiefe der Tusche, sondern durch die Breite der Striche und
                              									ihre Entfernung von einander angezeigt sei. Der Zeichner, der sich genau hieran
                              									hält, kann sich sonst die gröſste Stylfreiheit erlauben und neue und originelle
                              									Methoden zur Erzielung hübscher Effecte anwenden. Zur Fertigstellung besonders
                              									feiner Abdrücke ist es erwünscht, die Zeichnung 2 bis 2½ Mal so groſs auszuführen,
                              									als man sie wünscht. Im Allgemeinen wird man sich indeſs mit einer Darstellung
                              									begnügen, die ½ Mal oder ⅓ gröſser ist als das zu erzielende Cliché. Weiſse Linien
                              									können über schwarze, sei es mit der Feder, sei es mit dem Pinsel, gezogen werden.
                              									Man benutze eine
                              									reichlich mit Gummi versetzte Tusche und füge, wenn thunlich, einige Tropfen
                              									präparirte Ochsengalle dazu. Empfehlenswerth ist Windsor und
                                 										Newton's bestes Chinaweiſs; man wende es ziemlich consistent an und gehe
                              									nicht ein zweites Mal über eine Linie, ehe die erste ganz trocken ist.
                           Im Allgemeinen sind folgende Winke zu beachten: Man ziehe nie Querlinien, ehe die
                              									bereits gezogenen trocken sind. Die Illustrationen sind nicht verkehrt auszuführen.
                              									Bleistiftlinien sind auszulöschen. Nasse Tusche ist niemals mit Löschpapier
                              									aufzunehmen. Für die photographische Aufnahme lasse man einen Rand von 1cm um die Zeichnung herum.
                           Herstellung des Relief. Wie bereits eingangs bemerkt,
                              									ist das Relief sowohl durch Aufquellung, als durch Auswaschung einer belichteten
                              									Chromgelatineschicht zu erzielen. Im ersteren Falle ist ein photographisches
                              									Diapositiv erforderlich, im letzteren genügt ein gewöhnliches Negativ. Exponirt man
                              									nämlich eine empfindlich gemachte Gelatinelage unter einem photographischen
                              									Glasbilde, so werden die belichteten Theile unlöslich werden, die nicht belichteten
                              									dagegen löslich bleiben. Während aber die letzteren durch Eintauchen der Platte in
                              									kaltes Wasser aufquellen, somit Erhöhungen bilden, werden sie durch Auswaschen mit
                              									heiſsem Wasser vertieft erscheinen.
                           Angenommen, das betreffende Gelatinerelief solle in Gyps abgeformt werden und diese
                              									Form soll zum Abklatsch in Schriftmetall dienen, ferner, es sei eine Zeichnung auf
                              									weiſsem Grunde zu reproduciren, so wird von einem Diapositiv durch Aufquellung ein
                              									Relief ähnlich wie die herzustellende Druckplatte erhalten; der hiervon abgeformte
                              									Gypsabguſs wird richtig, das Metallcliché aber wieder verkehrt sein, wie es zur
                              									Erzielung eines Abdruckes in richtiger Stellung auch sein soll. Bei Wegwaschung der
                              									löslichen Theile mit heiſsem Wasser würde man indeſs eine Druckplatte in richtiger
                              									Stellung mit der Illustration en cremt, d. i. vertieft gewinnen; nimmt man aber ein
                              									Negativ zum Ausgangspunkt, so erhält man ebenfalls ein brauchbares Cliché.
                           Ich habe die Methode der Herstellung von Reliefs durch Aufhellung nicht experimentell
                              									studirt; nach Allem, aber was unzweifelhafte Autoritäten, wie z.B. Husnik, darüber geschrieben haben, bietet das Verfahren
                              									für Hochdruckplatten, wenn man nicht zum Mittel der Nachätzung greifen will, ihre
                              									besonderen Schwierigkeiten, welche indeſs durch die Auflösungs-Methode gänzlich wegfallen, indem man mittels letzterer nicht
                              									allein unmittelbar ein genügend ausgeprägtes Relief,
                              									sondern zudem eine fabelhafte Feinheit und Schärfe zu gewinnen im Stande ist.
                           Ob man diese Methode in den beiden Ateliers zu New-York anwendet, kann ich nicht
                              									sagen, da gerade dieser Theil als besonderes Geheimniſs betrachtet wird; indeſs habe ich bei Braun und Comp. Gelegenheit gehabt, hunderte von
                              									Reliefs auf jene Weise anzufertigen, und wenn dieselbe auch zu einem ganz anderen
                              									Zwecke, nämlich für die Woodburytypie benutzt wurden, so sind sie doch auch zum
                              									Abguſs in Gyps vollkommen geeignet, so daſs ich bei den ungemein sichern, wenig
                              									umständlichen Operationen gar nicht anstehe, die bezügliche Methode hierfür zu
                              									empfehlen.
                           In der Ausführung übergieſst man eine nivellirte, gut mit Federweiſs eingeriebene
                              									Glasplatte mit 1 proc. Normalcollodion, ohne dieses ablaufen zu lassen. Für eine
                              									Scheibe von 24 und 30cm nimmt man etwa 45cc. In der Zwischenzeit bis zum Trocknen bereitet
                              									man sich eine Mischung von 100g Amber-Gelatine
                              									(von Nelson, Dale und Comp.) und 400cc Wasser. Man läſst die Gelatine in einem kühlen
                              									Räume aufweichen, bis das Wasser ganz aufgesaugt ist, gibt dann das Gefäſs in ein
                              									Warmwasserbad und fügt 25g weiſsen Zucker, 10cc Glycerin und 5cc Ammoniak hinzu, färbt ganz leicht mit sehr fein zertheiltem Ruſsschwarz
                              									und zwar nur so stark, daſs ein Tropfen, auf eine Glasplatte gebracht, noch
                              									durchscheinend ist, und gibt zur vollständigen Lösung schlieſslich 7g,5 Kaliumbichromat in Wasser gelöst, rührt gut
                              									um, filtrirt einige Mal durch Leinwand und läſst das Gemisch für 1 Stunde an einem
                              									warmen Orte stehen, damit die Blasen Zeit finden, aufzusteigen. Mit dieser
                              										MischungIn Bezug auf dieselbe mag hier angemerkt werden, warum sie gerade so und
                                    											nicht anders, als angegeben, zusammengesetzt sein darf. Vorerst ist eine
                                    											leicht lösliche und reine Gelatine erforderlich; als solche eignet sich
                                    											vorzüglich die näher bezeichnete. Zucker und Glycerin sind nothwendig, damit
                                    											die Gelatine unter dem Einflüsse des Lichtes nicht verhärte, sondern ihre
                                    											Löslichkeit beibehalte. Den Zusatz von Aetzammoniak machte ich auf den
                                    											Vorschlag Husnik's, dessen Ansicht dahin geht,
                                    											daſs das Ammoniak die Wirkung des Bichromates auf die Gelatine im nassen
                                    											Zustande aufhebe, und die Färbung gibt dem zu erzielenden Relief eine viel
                                    											gröſsere Schärfe, weil durch dieselbe die Reflexion der Lichtstrahlen von
                                    											rückwärts verhindert wird., welche man, damit das Kaliumbichromat
                              									keine Reduction erleide, bei möglichst niedriger Temperatur bereiten muſs,
                              									übergieſst man die collodionirten Glasplatten, wiederum ohne ablaufen zu lassen, und
                              									zwar ist jene Menge hinreichend, um 3 bis 4 Platten von obiger Dimension zu
                              									bedecken. Nach erfolgter Coagulation legt man die Platte in Holzrähmchen so zwar,
                              									daſs nur die Ecken aufliegen, und bringt sie über blecherne Cüvetten, deren Böden
                              									mit Chlorcalcium bedeckt sind, die Gelatineseite natürlich gegen die hygroskopische
                              									Substanz. Auf diese Weise trocknen sie innerhalb 3 bis 4 Tagen; in freier Luft würde
                              									das Trocknen eine Woche in Anspruch nehmen. Empfindlich bleiben diese Folien
                              									immerhin 8 Tage.
                           Vorbedingung zur Belichtung ist ein Negativ mit völlig klaren Linien und ganz
                              									undurchsichtigem Grund; da indeſs hierfür genug Vorschriften bestehen, so ist es
                              									unnöthig, sich dabei aufzuhalten. Wenn ganz trocken, wird die empfindliche Folie mit
                              									einem Messer an einer Ecke abgehoben, mit der Collodionseite mit dem Negativ in Berührung gebracht und
                              									in einem Copirrahmen eingelegt. Zur innigen Berührung legt man hinter den
                              									Papierbausch eine Kautschuktafel und spannt fest zu. Wie beim Pigmentproceſs muſs
                              									auch hier das Negativ mit undurchsichtigen Papierstreifen umrändert werden.Vgl. Dr. Vogel: Anleitung zur Ausübung des
                                       												Pigmentrerfahrens. Die Belichtung kann sowohl im
                              									Sonnenlichte, als im zerstreuten Lichte stattfinden; doch ist ersteres vorzuziehen.
                              									Die Photo-Engraving Company wendet an dunklen Tagen
                              									auch das elektrische Licht an. Arbeitet man mit diesem oder an der Sonne, so muſs
                              									man darauf Rücksicht nehmen, daſs die Strahlen möglichst senkrecht auf das Cliché
                              									fallen, und den Rahmen daher von 5 zu 5 Minuten drehen. Indeſs darf man es nicht
                              									warm werden lassen; findet dies dennoch statt, so stellt man den Rahmen wieder für
                              									kurze Zeit an den Schatten. Ueber die Dauer der Exposition läſst sich nichts
                              									bestimmtes sagen; sie kann von 30 Minuten bis zu mehreren Stunden dauern, je nach
                              									der Kraft des Negativs und der Stärke des Lichtes. Man kann sie jedoch leicht
                              									überwachen; erblickt man von der Rückseite der Folie alle Details der Zeichnung, so
                              									wird sie unterbrochen. Die Folie ist alsdann zur Entwicklung des Relief bereit.
                           Zum Auswaschen wird das belichtete Blatt mit der Collodionseite auf eine Glastafel
                              									gepreſst, die man Tags zuvor mit 2 bis 3 proc. Kautschuklösung dünn übergössen hat.
                              									Nachdem die Ränder zum besseren Anhaften noch mit einer derartigen Lösung bepinselt
                              									worden sind, stellt man die Tafel in ein mit Rinnen versehenes Gefäſs, das man mit
                              									Wasser von etwa 30° gefüllt hat. Man steigt von ¼ zu ¼ Stunde um 5°, bis man die
                              									Temperatur von 45° erreicht hat, und läſst bis zur völligen Ausentwicklung, die sich
                              									nur durch Erfahrung beurtheilen läſst, Wasser zuflieſsen. Gewöhnlich ist sie in Zeit
                              									von 3 bis 4 Stunden beendet. Hierauf läſst man noch einen Strahl kalten Wassers über
                              
                              									das Relief flieſsen, stellt die Platte für 2 bis 3 Stunden oder auch für länger in
                              									Alkohol von 40 Proc. und schlieſslich für einige Minuten in doppelt so starken. Dann
                              									läſst man an freier Luft trocknen, was ziemlich schnell von statten geht. Das Relief
                              									ist nun zum Abguſs bereit.
                           Die zur Herstellung eines Gelatinerelief erforderliche Zeit dauert, falls man
                              									lichtempfindliche Folien in Bereitschaft hat, nicht über 24 Stunden, und solche
                              									Folien müssen in einem Atelier von irgend welcher Bedeutung doch jeden Tag
                              									angefertigt werden. Das Relief wird um so höher sein, je intensiver das Negativ war.
                              									Die Schärfe läſst bei richtiger Exposition nichts zu wünschen übrig. Im
                              									Ausstellungsraum der französischen Abtheilung für Photographie zu Paris 1878 hatte
                              										Michaud einige auf heliographischem Wege erzeugte
                              									Kupferplatten, sowie
                              									nach seinem Verfahren hergestellte Bilder ausgestellt, welche die Bewunderung aller
                              									Kenner erregten. Nach den in die Oeffentlichkeit gedrungenen Mittheilungen fertigt
                              									er ebenfalls durch Auswaschung ein Relief an, gieſst dieses mit einer sehr niedrig
                              									schmelzenden Metalllegirung aus und macht hiervon auf galvanischem Wege eine
                              									Kupferplatte. Michaud bemerkt, daſs er bei jeder
                              									Wiederholung des Versuches sich über die Treue, das sammtartige Ansehen, kurz über
                              									die anderen bisher bekannten Methoden gegenüber unvergleichliche Vollkommenheit des
                              									Klatsches wundert. Ueber die Herstellung des Relief, welche indeſs nach keiner
                              									anderen, als nach der obigen Methode geschehen kann, gibt er freilich keine näheren
                              									Angaben. Es beweisen aber auch die von dieser Seite erzielten Resultate, daſs ein
                              									durch Auswaschung gewonnenes Relief, wie bereits oben bemerkt, in Bezug auf Feinheit
                              									und Schärfe allen praktischen Anforderungen genügt.
                           Das Abgieſsen in Gyps und Metall und das Fertigstellen des
                                 										Gliche findet auf die nämliche Weise statt, wie beim Stereotypiren; nur
                              									nimmt man dazu den feinsten Alabastergyps. Das auf der Glasplatte befindliche Relief
                              									wird zunächst mit Olivenöl eingepinselt und mit einem Metallrahmen von geeigneter
                              									Gröſse umgeben, welcher an seinen vier Ecken mit Schrauben versehen ist, so daſs man
                              									die Form nach ihrem Erstarren leicht loszulösen im Stande ist. In dem zum Anmachen
                              									des Gypsbreies benutzten Wasser löst man etwas Salz auf, damit die Form eher erhärte
                              									und beim Ausgieſsen mit Metall weniger dem Zerspringen ausgesetzt sei. Zuerst gieſst
                              									man nur eine kleine Menge über das Relief, um sie unter schwachem Druck mittels
                              									einer kleinen, mit einer Handhabe versehenen Rolle in die Vertiefungen
                              									hineinzuwalzen. Diese Rolle soll mit Buckskin umgeben sein, unter welchem eine Lage
                              									Flanell liegt. Man achte darauf, daſs alle Luftbläschen aufsteigen; ist dies der
                              									Fall, so füllt 'man den Rahmen ganz aus und streicht glatt ab. Wohl
                              									selbstverständlich ist es, daſs man den Brei von der richtigen Consistenz zu wählen
                              									hat; doch darüber entscheidet die Praxis. In ungefähr 15 Minuten wird die Form zum
                              									Abheben erstarrt sein. Sie wird geprüft und falls sie fehlerfrei ist, wird sie zum
                              									Abguſs in Metall vorbereitet. Ich habe in New-York viele solche Gypsformen gesehen
                              									und muſs gestehen, daſs sie sich meist durch groſse Schärfe und eine wenig poröse
                              									Beschaffenheit auszeichneten.
                           Das Ausgieſsen in Metall findet mit der gewöhnlichen
                              									Legirung für Schriftguſs mittels der hier dargestellten Guſsform statt. Auf ihrem
                              									Boden befindet sich ein sogen. „floater,“ wie
                              									der englische Ausdruck lautet, d. i. eine eiserne Platte von der Gröſse des Bodens,
                              									aufweiche der Gypsabguſs, mit dem Intaglio nach unten, zu liegen kommt. Der Deckel
                              									wird dann auf seiner untern Seite eingekreidet und auf die Form aufgeschraubt. Ihre
                              									Höhe ist so berechnet, daſs ein Raum von etwa 3mm zwischen der
                              									Rückseite des Gypsabgusses und dem Deckel bleibe, so daſs das zu erzielende Cliché
                              									die gehörige Stärke erhalte. Das flüssige Metall, welches man durch die Oeffnungen
                              									an den vier Ecken und die runden Löcher nahe der Mitte einflieſsen läſst, findet
                              									nämlich leicht seinen Weg zwischen die Gypsform und die vorerwähnte eiserne Platte
                              									und, da die Form leichter ist, wird sie gegen den Deckel angedrückt. Ist alles so
                              									weit vorbereitet, so wird die Form mit dem in jeder Gieſserei aufgestellten Krahn
                              									gefaſst und auf das schmelzende Metall niedergelassen, wo man sie für eine Weile zur
                              									Vorwärmung läſst. Hierauf läſst man sie so weit sinken, daſs das Metall eben durch
                              									die Oeffnungen einflieſsen kann, um sie hernach völlig in die Legirung hinein zu
                              									pressen. In dieser bleibt sie, bis Luft und Feuchtigkeit entwichen sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 237, S. 247
                              
                           Wichtig ist es, daſs das Metall von der richtigen Temperatur sei; ist es nämlich
                              									nicht warm genug, so flieſst es nicht leicht, und ist es zu heiſs, so springt die
                              									Gypsform. Die gewöhnlich angestellte Probe besteht darin, daſs man ein Stück steifes
                              									Schreibpapier eintaucht; bräunt sich dieses leicht, so ist die Temperatur recht;
                              									wird es aber dunkelbraun, oder verbrennt es gar, so ist der Wärmegrad zu hoch.
                           Neben dem Ofen befindet sich ein Kühltrog, der etwa doppelt so groſs ist als die Form
                              									und in der Mitte eine vollkommen nivellirte ebene Erhöhung darbietet, auf welche man
                              									die Form niederläſst; doch soll das Wasser die Erhöhung anfangs nur bedecken.
                              									Während der Abkühlung gieſst ein Arbeiter noch etwas Metall nach, damit die durch
                              									Contraction entstandenen Zwischenräume überall ausgefüllt werden. Nach völliger
                              									Abkühlung entfernt man die Form, legt sie auf einen eigens dazu hergerichteten
                              
                              									Block, öffnet den Deckel, wendet sie um und läſst den Guſs mit leichtem Schlag
                              									herausfallen.
                           Waren mehrere Gypsplatten in der Form, so werden dieselben zur Fertigstellung zuerst
                              									aus einander gesägt; hierauf ebnet man ihre Rückseiten, so daſs sie schön glatt
                              									werden und überall eine gleiche Stärke darbieten. In gröſseren Anlagen bedient man
                              									sich zu dem Ende zweier Maschinen, nämlich einer gröſseren, durch Dampfkraft
                              									getriebenen, welche die gröbere Arbeit verrichtet und einer kleineren Handmaschine, welche ganz genau
                              									ajustirt ist und eine völlig horizontale Fläche herstellt. Zum Ausstechen der
                              									Weiſsen dient ebenfalls eine besondere Maschine, die mit leichten Abänderungen auch
                              									für die Xylographie dient (sogen. „stereotype routing
                                    											machine“). Schlieſslich werden von einem Stecher noch alle
                              									Unvollkommenheiten beseitigt.
                           Um zum Schlüsse noch einen kurzen Vergleich dieser Methode mit den Operationen der
                              										Chemigraphie anzustellen, so ist zu bemerken, daſs
                              									bei beiden das Zeichnen, die Anfertigung des Negativs und theilweise die Arbeiten
                              									zum Fertigstellen dieselben bleiben. Bei dem beschriebenen Verfahren fallen zwischen
                              									diese Hantirungen die Herstellung des Gelatinerelief und der zweimalige Abguſs, bei
                              									der Chemigraphie dagegen das Umdrucken, das Verstärken und Anreiben des
                              									Ueberdruckes, das Einstauben, die Scharfätzung und Reinätzung. Alle diese
                              									Operationen erfordern ebenso viele geschickte Kräfte, während dort eigentlich nur
                              									die Vollendung des Relief einen Mann von Fach benöthigt. Diesen Gründen wohl ist es
                              									zuzuschreiben, wenn dieser „Photo-Engraving Proceſs“ die Chemigraphie in den Vereinigten
                              									Staaten zu verdrängen droht, oder ihr wenigstens einen sehr schweren Stand
                              									bereitet.
                           Was die Qualität der Arbeit anbetrifft, so kann sich Verfasser nur im höchsten Grade
                              									günstig darüber aussprechen; die rasche Ausdehnung der betreffenden Anstalten
                              									beweist übrigens, daſs hier wieder ein Bedürfniſs nach guter und billiger Arbeit
                              									seine Erledigung gefunden hat.