| Titel: | Notizen aus dem Gebiete der Soda-Industrie; von G. Lunge. | 
| Autor: | Georg Lunge [GND] | 
| Fundstelle: | Band 231, Jahrgang 1879, S. 266 | 
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                        Notizen aus dem Gebiete der Soda-Industrie; von
                           									G. Lunge.
                        (Fortsetzung von S. 161 dieses
                           								Bandes.)
                        Lunge, Notizen aus dem Gebiete der Soda-Industrie.
                        
                     
                        
                           Entschieden die bedeutendsten Aenderungen haben sich im Gebiete
                              									der Sodafabrikation im engeren Sinne vollzogen. Um mit
                              									der allgemeinen Frage zu beginnen, so handelt es sich bekanntlich noch immer nur um
                              									die Rivalität zwischen dem Leblanc'schen und dem
                              									Ammoniaksoda-Verfahren. Man kann nicht sagen, daſs diese Frage in der neuesten Zeit
                              									ihren Stand wesentlich verändert habe. Noch immer gibt es in England nur eine
                              									einzige Firma, welche Ammoniaksoda und zwar nach dem Solvay'schen Verfahren fabricirt; diese besitzt jetzt zwei Fabriken und
                              									kann täglich 40t Soda erzeugen. Weitere Fabriken
                              									nach diesem Systeme sind, soviel ich erfahren konnte, bis jetzt nirgends in England
                              									projectirt; die dortigen Fabrikanten, obwohl sie Solvay's Fortschritte mit Aufmerksamkeit verfolgen, glauben bis jetzt mit
                              									dem Leblanc'schen Verfahren noch immer besser zu
                              									fahren, da gerade ihre Salzsäure ihnen noch immer die beste Verwerthung gewährt; man
                              									weiſs sehr genau, daſs wenn zu der bestehenden Firma, welche Ammoniaksoda herstellt,
                              									auch nur eine einzige andere groſse Fabrik käme, ein höherer Preis für diese Soda
                              									trotz ihrer Reinheit nicht mehr zu erzielen wäre, und damit aller Vortheil gegenüber
                              									dem Leblanc-Verfahren aufhören würde. Aehnlich, wie bei dem Hargreaves'schen Verfahren, wirkt auch hier die Abneigung, in den jetzigen
                              									Zeitläuften ein enormes Kapital in neue Fabrikseinrichtungen zu stecken. Wie es in
                              									Deutschland mit dem Ammoniaksoda-Verfahren steht, wissen die deutschen Fabrikanten
                              									am besten. In Frankreich aber macht dasselbe unleugbare Fortschritte. Solvay selbst, nach seiner bei Gelegenheit der Pariser
                              									Ausstellung vertheilten Broschüre, fabricirt jetzt in Varangéville-Dombasle 20000t jährlich, auſser 7500t in Couillet (Belgien). Eine Fabrik soll im Süden
                              									nach dem Systeme von Boulouvard, eine oder zwei andere
                              									nach demjenigen von Weguelin und Hübner (Pollacsek, vgl. 1878 228 87) gebaut werden; mit welchem Erfolge, wird man
                              									erst einige Zeit nach ihrer Vollendung und Inbetriebsetzung erfahren können.
                              									Immerhin beweist dies, daſs jenen französischen Fabrikanten der unbestreitbare
                              									groſsartige Erfolg von Solvay so vielen Schrecken
                              									eingejagt hat, daſs sie auf demselben Felde nachfolgen möchten; der hohe Schutzzoll
                              									in ihrem Lande gestattet es auch eher, groſse Kapitalien hineinzustecken. Ferner
                              									aber beweist es auch, daſs grade in Frankreich selbst der von Solvay in jener Broschüre erhobene Anspruch nicht
                              									anerkannt wird, wonach der Ammoniaksoda-Proceſs als mit seinem speciellen Verfahren
                              									und seinem Namen unzertrennbar verbunden hingestellt wird. Es läſst sich kaum in
                              									Abrede stellen, daſs bis jetzt die einzigen wirklich im Groſsen prosperirenden
                              									Fabriken diejenigen gewesen sind, welche Solvay's
                              									höchst sinnreiche und complicirte Apparate anwenden; aber es scheint schon von
                              									vornherein ein ganz unstatthafter Anspruch, daſs man eben nur mit diesen und mit
                              									keinen anderen mechanischen Mitteln die höchst einfache Reaction des
                              									Ammoniaksoda-Verfahrens in ökonomisch vortheilhafter Weise durchführen könne. Es
                              									handelt sich ja bekanntlich bei diesem Verfahren so gut wie ausschlieſslich um
                              									mechanische Einrichtungen, welche allerdings so vollkommen als möglich sein müssen,
                              									damit der Proceſs so unabhängig wie möglich von Menschenarbeit, in ganz
                              									geschlossenen Räumen und bei möglichst niedriger Temperatur durchgeführt werde. Mit
                              									einfachen Apparaten scheint sich dies nicht in genügender Weise erreichen zu lassen,
                              									sondern wer gut fabriciren will, muſs eben die Kosten eines complicirten Apparates
                              
                              									nicht scheuen; aber dies braucht eben nicht grade eine sklavische Copie der von Solvay erdachten Einrichtungen zu sein.
                           Niemand wird in Zweifel ziehen, daſs noch Raum für die Ausbreitung des
                              									Ammoniaksoda-Verfahrens unter dafür günstigen Umständen existirt, besonders also
                              									beim Vorhandensein einer Salzsoole; aber allerdings gehen manche Anhänger dieses
                              									Systemes viel weiter, vor allem Solvay selbst, welcher
                              									in der erwähnten Broschüre mit mehr Bestimmtheit als Bescheidenheit behauptet, daſs
                              										„das Solvay'sche Verfahren“ (also nicht
                              									einmal das Ammoniaksoda-Verfahren im Allgemeinen) in naher Zukunft das Leblanc'sche Verfahren völlig verdrängt haben und das
                              									letztere nur noch historischen Werth besitzen wird. Es ist ihm aber, nach meiner
                              									unmaſsgeblichen Meinung, keineswegs gelungen, die gewöhnlich gegen die obige
                              									Behauptung angeführten Bedenken zu widerlegen.
                           Dem Einwurf, daſs Solvay's Verfahren
                              									kein Chlor erzeuge, begegnet er dadurch, daſs er sich fortwährend damit beschäftige,
                              									dieses zu erreichen, wie man aus seinen Patenten sehen könne. Er behauptet nicht,
                              									daſs er seinen Zweck schon erreicht habe; aber er sagt aus seinen Versuchen einen
                              									sicheren Erfolg voraus, und hat nicht den geringsten Zweifel in dieser Hinsicht. Darin stimmt er
                              									eben mit allen Erfindern überein. Aber diese persönliche Ueberzeugung ist doch kein
                              									Argument, welches für einen Fernstehenden Ueberzeugungskraft beanspruchen kann; denn
                              									man weiſs eben, daſs Solvay schon jahrelange Versuche
                              									in dieser Beziehung gemacht hat und noch immer nicht am Ziele ist, so daſs es ihm
                              									vielleicht auch in Zukunft so gehen wird; und man weiſs auch, daſs andere Männer,
                              									mit denen als Erfinder verglichen zu werden, Solvay
                              									sich nicht schämen darf (ich will hier nur Gossage
                              									nennen) ebenfalls fortwährend dicht an dem Ziele ihrer Wünsche in bestimmter
                              									Richtung zu sein glaubten, ohne doch dieses Ziel in ihrem ganzen Leben zu erreichen.
                              									Es handelt sich eben nicht darum, aus dem Chlorcalcium überhaupt Salzsäure oder
                              									Chlor zu machen (dies geht gewiſs an), sondern es annähernd ebenso billig wie jetzt
                              									zu erzeugen.
                           Ziemlich lahm ist Solvay's Antwort auf den Einwurf, daſs
                              									sein Verfahren keine kaustische Soda und keine Sodakrystalle erzeuge; sie ist
                              									einfach die, daſs diese Fabrikationen in Zukunft völlig aufhören würden. Es sei ein
                              									Widersinn in den Sodafabriken, festes Aetznatron herzustellen, während man doch
                              									dieses in der Industrie nur in Lösung anwende, und die kostspielige Concentration
                              									der kaustischen Laugen nur zum Zwecke der Erleichterung des Transportes ausführe.
                              									Seit dem Erscheinen der Solvay'schen Soda im Handel sei
                              									es nicht mehr für den Consumenten vortheilhaft, Aetznatron zu kaufen; er werde sich
                              									seine Soda selbst kaustisch machen. – Wer diese Industrie kennt, wird über einen
                              									solchen Ausspruch nur die Achseln zucken können; grade der Vortheil, daſs der
                              									Consument sich seine Soda nicht selbst kaustisch zu
                              									machen braucht, ist so groſs, daſs die Fabrikation der kaustischen Soda einen immer
                              									gröſseren Aufschwung nimmt. Die gröſsere Reinheit der Ammoniaksoda hat hiermit gar
                              									nichts zu thun, da die meisten Consumenten von Aetznatron durch die Beimengungen von
                              									Chlornatrium, Natriumsulfat u. dgl., welche die Leblanc-Soda enthält, gar nicht
                              									belästigt werden, und also grade so gut diese selbst kaustisch machen könnten, wenn
                              									sie es wollen, statt Aetznatron zu kaufen, welches solche Beimengungen ebenfalls
                              									enthält. Früher thaten sie ja auch regelmäſsig das erstere, jetzt aber zum groſsen
                              									Theile, und sicher doch nicht ohne hinreichenden Grund, das letztere. – Die
                              									Sodakrystalle sollen, nach Solvay, keine Ursache mehr
                              									haben zu existiren, da seine Soda ebenfalls nicht kaustisch und als eine durch
                              									Trocknen der Krystalle erzeugte Soda zu betrachten sei. Aber hier übersieht oder
                              									verschweigt er, daſs grade die Krystallform der Soda als solche eine Anzahl von
                              									Vortheilen gewährt, welche trotz ihres relativ höheren Preises einen so bedeutenden
                              									Verbrauch derselben hervorgebracht haben. Auch vor Solvay kannte man schon eine Form der calcinirten Soda, welche frei von
                              									Aetznatron war, nämlich das „Refined Alkali“ der Engländer; aber dieses konnte die Krystalle,
                              									obwohl relativ billiger, nie verdrängen, weil letztere nicht allein schon durch ihre
                              									Form dem Consumenten sofort eine Garantie der Reinheit geben, welche ihm ein Pulver
                              									nie gewährt, sondern auch für den Detailverkauf (und der gröſste Theil aller
                              									Krystallsoda geht durch die Hände der Kleinverkäufer in Haushaltungen über) den
                              									Vortheil leichter Zertheilung und angenehmer Art der Anwendung darbieten. Wenn eine
                              									Hausfrau oder Wäscherin für einige Pfennige Soda zum Waschen kauft, so kommen diese
                              									Sachen weit mehr in Anschlag, als eine kleine, bei solchen Quantitäten fast
                              									unmerkliche Ersparniſs im Preise. Dies mag vielleicht recht kleinlich aussehen, wenn
                              									man von einer Industrie spricht, welche nach Hunderttausenden von Tonnen jährlich
                              									rechnet; aber doch werden diese Mengen wesentlich auf diesem Wege verbraucht, denn
                              									der Haushaltungen sind eben gar viele und wenige derselben können heuzutage noch
                              									ohne Waschsoda auskommen. Die Ammoniaksoda wird also vermuthlich die Krystallsoda
                              									nur mehr für den Fabrikgebrauch, welcher hier nur die zweite Rolle spielt,
                              									verdrängen können.
                           Ebenso schwach ist die Antwort Solvay's auf den von ihm
                              									selbst als bedenklichsten bezeichneten Einwurf, daſs nämlich der hohe Preis und die
                              									sehr begrenzte Production des Ammoniaks der Verbreitung seines Processes eine Grenze
                              									setzen müssen. Darauf glaubt Solvay genügend zu
                              									antworten, indem er sagt, das Ammoniak verdränge ja nur das salpetersaure Natron aus
                              									der alten Methode, und der Landwirth brauche eben nur das letztere statt des
                              									ersteren zu wählen. Wenn dies so einfach anginge, warum hat es denn der Landwirth
                              									nicht schon seit 10 Jahren gethan, in welcher Zeit das Ammoniak sich im Preise
                              									verdoppelt hat, während der Natronsalpeter im Ganzen ohne Aufschlag geblieben ist?
                              									Der Landwirth thut eben nicht, was Solvay im Interesse
                              									seiner Methode für gut hält, sondern was ihm selbst am zweckmäſsigsten scheint; und
                              									es sind doch wahrlich auch noch andere Verbrauchsarten für Ammoniak und dessen Salze
                              									vorhanden, bei denen von einem Ersatze durch Salpeter gar nicht geredet werden kann.
                              									Sollte erst gar die elektrische Beleuchtung das Leuchtgas in irgend erheblicherem
                              									Maſsstabe verdrängen, so würde das Ammoniak, welches ja heutzutage so gut wie ganz
                              									aus dem Gaswasser kommt, noch theurer werden. Man wird mir hier einwenden können,
                              									das sei ja eine Zukunftsbetrachtung; vorläufig ist ein Einfluſs des elektrischen
                              									Lichtes auf den Preis des Ammoniaks wahrlich nicht bemerklich, und was später einmal
                              									möglicherweise geschehen wird, kann man überhaupt nicht berechnen, und man hat kein
                              									Recht, es bei Beurtheilung eines für jetzt in Frage stehenden Verfahrens ernstlich
                              									mit in Anschlag zu bringen. Dieser Einwand hat sicherlich sehr viel für sich; es
                              									gilt jedoch dasselbe von den von Solvay so leicht bei
                              									Seite geschobenen, aber damit nicht aus der Welt geschaffenen Einwürfen gegen die
                              									universelle Ausbreitung seines Verfahrens; auch hier kann man aus der wirklichen Gegenwart geschöpfte
                              									Argumente nicht durch Möglichkeiten der Zukunft ernstlich widerlegen.
                           Ich glaube mithin meine Ansicht über den Stand dieser Frage nach wie vorher in
                              									folgender Weise zusammenfassen zu müssen: So lange namentlich die Salzsäurefrage
                              									nicht in ähnlicher Weise gelöst ist, wie dies Solvay in
                              									so eminenter Weise für die Soda selbst gethan hat, und so lange nicht auch der
                              									Ammoniakfrage auf irgend einem Wege durch Thaten (nicht durch Worte) begegnet worden
                              									ist (die Frage wegen des Aetznatrons und der Sodakrystalle lasse ich ganz bei
                              									Seite), so lange scheint, mir wenigstens, gar nicht die Rede davon sein zu können,
                              									daſs das Ammoniaksoda-Verfahren, sei es in Solvay's
                              									oder in anderer mechanischer Ausführung, das Leblanc'sche Verfahren aus der Welt schaffen werde. Gewiſs werden an günstigen
                              									Localitäten noch mehr Ammoniaksoda-Fabriken gebaut werden; wo das Salz als starke
                              									Soole vorhanden ist, scheint dieses Verfahren heutzutage entschieden das
                              									zweckmäſsigste zu sein; aber wo die Salzsäure eine erhebliche Rolle in der
                              									Rentabilität der Fabriken spielt (und dieser Fall tritt in Deutschland wohl bei der
                              									Mehrheit der Fabriken ein), da wird, sicherlich allermindestens bis zu der Grenze
                              									des Salzsäureverbrauches, das Leblanc'sche Verfahren
                              									bestehen bleiben, und die enormen Umänderungskosten der Fabrik nach dem Systeme von
                              										Solvay, oder die weniger bedeutenden Kosten anderer
                              									Systeme werden unter diesen Umständen wohl mit Recht gescheut werden. Sobald sich
                              									die berührten Verhältnisse ändern, wird auch das Verhältniſs des
                              									Ammoniaksoda-Verfahrens zu demjenigen von Leblanc ein
                              									anderes werden, und können ja überhaupt ähnliche Urtheile nur immer mit aller
                              									Vorsicht und nicht als für einen längeren Zeitraum geltend abgegeben werden.
                           Von der Ammoniak-Alkohol-Soda von de Grousilliers,
                              									welche für die Pariser Ausstellung versprochen war (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1876 S. 337), habe ich daselbst nichts bemerken
                              									können.
                           Mit allem Rechte beansprucht Solvay für das
                              									Ammoniaksoda-Verfahren den Vorzug, daſs es weder während der Arbeit, noch durch die
                              									Abfälle von derselben gesundheitsschädliche Emanationen von Gasen und Flüssigkeiten
                              									verursacht, wie dies bei dem Leblanc'schen Verfahren
                              									durch unvollkommene Condensation der Salzsäure und durch die Auslaugerückstände
                              									häufig in so erheblichem Grade geschieht, daſs es in den Centren der englischen
                              									Sodafabrikation gradezu als eine Calamität für die ganze Umgegend anzusehen ist.
                              									Freilich ist bekanntlich, namentlich seit Einsetzung der englischen
                              									Sodafabriks-Inspection, ungemein viel für bessere Condensation der Salzsäure
                              									geschehen; wenn man auch zugeben muſs, daſs noch immer das Ideal einer absoluten
                              									Verhütung von Gasverlust nicht erreicht ist, und noch weniger bei der Entwicklung
                              									von Chlor aus der Salzsäure, so muſs man bedenken, daſs dies ein Uebel ist, welches
                              									eben mit der Entwicklung von Salzsäure und Chlor überhaupt zusammenhängt, und welches ganz sicher
                              									ebenso sehr eintreten würde, wenn man einmal dahin gelangte, aus dem Solvay'schen Chlorcalcium oder Chlormagnesium Salzsäure
                              									oder Chlor darzustellen. Ein specieller Vorwurf in dieser Hinsicht könnte also nur
                              									die äuſserst wenigen Fabriken treffen, welche ihre Salzsäure nicht nützlich
                              									verwenden, sondern fortlaufen lassen; diese kommen aber heutzutage überhaupt nicht
                              									mehr in Betracht. Die sauren Manganlaugen von der Chlor-Darstellung, welche früher
                              									so vielfältige und gerechte Ursache zu Klagen von Seiten der Nachbarn boten, kommen
                              									jetzt seit allgemeiner Einführung des Weldon'schen
                              									Regenerationsverfahrens ganz in Fortfall; auch hier läuft nur neutrale
                              									Chlorcalciumlösung in den Fluſs ganz ebenso wie beim Ammoniaksoda-Verfahren. Es
                              									bleiben noch die Soda-Auslaugungsrückstande übrig, welche allerdings in den meisten
                              									englischen Fabriken noch eine Quelle groſser Unannehmlichkeiten und Belästigung der
                              									Nachbarschaft durch Gase und abflieſsende, stinkende Laugen sind; aber dies könnten
                              									sie leicht vermeiden, wenn sie, wie so viele continentale Fabriken, sich zur
                              									Regeneration des Schwefels verstehen wollten, welche schon jetzt den berührten
                              									Uebelstand gröſstentheils abstellt; daſs eine völlige Beseitigung dieser Rückstände
                              									durch das Schaffner-Helbig'sche Verfahren in Aussicht
                              									steht, werden wir weiter unten sehen.
                           Von anderen Sodafabrikations-Verfahren hat neuerdings nur eines
                              									ernstlichere Miene gemacht, mit dem Leblanc'schen
                              									Verfahren in die Schranken zu treten, nämlich das altbekannte
                              									Schwefelnatrium-Kohlensäure-Verfahren, welches neuerdings von Weldon in einer ganzen Reihe von Patenten alle
                              									möglichen mechanischen Verbesserungen erfahren hat. In England hatte sich eine
                              									eigene Gesellschaft dafür gebildet, und es wurden über 100000 M. in Versuchen
                              									darüber ausgegeben, aber mit entschieden negativem Resultate. Weldon hatte in wirklich sehr sinnreicher und zugleich
                              									kühner Weise den Schwierigkeiten die Stirn geboten, welche bis dahin das
                              									Schwefelnatrium-Verfahren scheitern lieſsen. Dem heftigen Angriffe dieses Körpers
                              									auf alles bisher verwendete Material, sei es Ziegel oder Eisen, begegnete er durch
                              									Ausfütterung der Oefen mit Ziegeln, gefertigt aus Kokesstaub und Theer unter starkem
                              									Druck und dann gebrannt. Die Oxydation des gebildeten Schwefelnatriums wurde durch
                              									eigentümliche Ofeneinrichtungen, bei welchen man mit fast reinem Kohlenoxydgas
                              									arbeiten konnte, so sehr vermieden, daſs ein von Mehrfach Schwefelnatrium und
                              									Oxydationsstufen des Schwefels fast ganz freies Product erhalten wurde. Die
                              									Behandlung desselben mit Kohlensäure geschah in so systematischer Weise, daſs die
                              									letztere völlig ausgenutzt und doch ein reiches Schwefelwasserstoffgas erhalten
                              									wurde. Dieses wurde in ähnlich systematischer Weise durch Eisenoxydhydrat, welches
                              									in Wasser aufgeschlemmt war, absorbirt und das Schwefeleisen durch eingeblasene Luft
                              									continuirlich zu freiem Schwefel und Eisenoxydhydrat regenerirt. Wie Weldon (persönliche Mittheilung) behauptet, seien alle
                              									mechanischen Schwierigkeiten des Verfahrens vollkommen überwunden worden, bis auf
                              									eine nicht vorhergesehene. Es sei nämlich das reine, in einem Ofen erzeugte
                              									Einfach-Schwefelnatrium so gut wie unschmelzbar und konnte deshalb gar nicht aus dem
                              									Ofen entfernt werden; und wenn man diesem dadurch begegnen wollte, daſs man ein
                              									wenig Luft zulieſs, um das Schwefelnatrium durch Bildung von Polysulfid u. dgl.
                              									leichter schmelzbar zu machen, so seien die Kohlenziegel des Ofenfutters zu schnell
                              									verbrannt. Jedenfalls hat die Gesellschaft ihre Operationen eingestellt und das
                              									Schwefelnatrium-Verfahren wieder einmal Fiasco gemacht.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)