| Titel: | Ueber Neuerungen im Mühlenwesen; von Reg.-Rath Professor Kick. | 
| Autor: | Kick | 
| Fundstelle: | Band 231, Jahrgang 1879, S. 307 | 
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                        Ueber Neuerungen im Mühlenwesen; von Reg.-Rath
                           								Professor Kick.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 28.
                        Kick, über Neuerungen im Mühlenwesen.
                        
                     
                        
                           Im Anschluſs an meinen Bericht über Mühlenwesen auf der Pariser Ausstellung 1878
                              									(vgl. S. 97 und S. 299 d. Bd.) mögen noch die anderweitig bekannt gewordenen
                              									Neuerungen hier besprochen werden.
                           Aus dem auf S. 101 d. Bd. unten entwickelten Grunde ist das Walzensystem von Theodor
                                    										Fritsch in Berlin (* D. R. P. Nr. 1695 vom 4. October 1877), dessen
                              									Aufstellungsskizze aus Fig. 1 Taf.
                              									28 entnommen werden kann, augenscheinlich nur für die Flachmüllerei bestimmt. Von
                              									der obersten Walze geht der Druck, auf alle unteren über, und sind daher die
                              									zwischen der obersten und untersten Walze befindlichen Walzen in ihren Lagern
                              
                              									(gröſstentheils) entlastet, d.h. die Lager haben nur die seitlichen Schübe und die
                              									geringfügigen Unterschiede der Verticaldrücke aufzunehmen. Die unterste Walze ruht
                              									mit ihren Zapfen auf Frictionsscheiben, deren Durchmesser 15 bis 20mal gröſser als
                              									der Zapfendurchmesser ist und daher den Arbeitsaufwand für die Zapfenreibung auf
                              									etwa 1/15
                              									vermindert. Der Antrieb erfolgt, wie aus der Figur ersichtlich istDiese Abbildung- ist der „Mühle“ entnommen, weil gerade durch dieselbe die
                                    											Aufstellungsart besser gekennzeichnet ist, als durch die der
                                    											Patentbeschreibung Nr. 1695 beigegebenen, „eine Einheit dieses
                                       												Systemes“ darstellenden Figuren
                                       												3 und 4., nur auf die Riemenscheibe S und S'. Die Zuführung geschieht durch die
                              									Röhren a, die Abführung des Mahlgutes durch b, b'. Der hierdurch erforderliche Kreuzdurchlaſs kann
                              									in der früher (S. 99 d. Bd.) besprochenen Weise oder noch einfacher eingerichtet
                              									sein. Fritsch gibt seinen Walzen 0,5 bis 1m Durchmesser und nur 200 bis 300mm Breite. Gegen dieses System läſst sich
                              									einwenden, daſs Hartguſswalzen von diesem Durchmesser schwer richtig herzustellen
                              									sind, daſs hier die Fixirung eines Minimalabstandes der Walzen nicht angewendet,
                              									daher dieses System zu einem richtigen Auflösen der Griese unverwendbar ist, für die
                              									Hochmüllerei mithin nur höchstens zum Ausmahlen anwendbar wäre. Da sämmtliche Walzen
                              									Schleppwalzen sind, so ist der Durchgangswiderstand sämmtlicher acht Mahlsteilen von
                              									der untersten Walze aus zu überwinden, was bei ungleichmäſsigem Zutritt des
                              									Mahlgutes nothwendig ein theilweises Gleiten im Gefolge haben muſs. Zudem ist die
                              									Erlangung eines gleichförmigen Mahlgutes unwahrscheinlich, weil die sich addirenden
                              									Walzengewichte bei so vielfacher Wiederholung von Einfluſs sein müssen. Ein groſser,
                              									für den Betrieb störender Uebelstand ist es auch, daſs alle Walzen des Systemes
                              									stehen bleiben müssen, wenn eine Störung auch nur an einer Durchgangsstelle die
                              									Ausrückung verlangt.
                           Der Erfinder sagt zwar in der Patentbeschreibung: „Die gegenwärtig fast
                                 										ausnahmslos zur Beschüttung der Walzen benutzten kleinen Speisewalzen mit
                                 										langsamer Bewegung, über welche das Walzgut nothwendiger Weise in einer dickeren
                                 										Schicht geleitet werden muſs, um dann freifallend zwischen die Walzen zu
                                 										gelangen, bewirken die Vertheilung nicht in genügender Weise. Unvermeidlich
                                 										treten hierbei, sobald die volle oder reichliche Beschüttung erreicht werden
                                 										soll, kleine Uebereinanderhäufungen auf, welche durch ihren Einfluſs auf die
                                 										Walzenstellung ein ungleichmäſsiges Product liefern.“ Aber hierin irrt
                              									derselbe; denn richtig arbeitende Walzen müssen etwas schneller laufen, als die Geschwindigkeit des niederfallenden Mahlgutes
                              									ist, und so dies der Fall, sind Uebereinanderhäufungen bei gut gestellter Zuführung
                              									nicht möglich. Fritsch's Regulirung für den Einlauf
                              									besteht in einem Rechen, welcher nicht mehr durchläſst, als einlaufen soll; und ohne
                              									daſs wir an der richtigen Wirkung desselben bei ganzen Körnern oder grobem Mahlgut
                              									zweifeln, können wir ihn doch nicht als ein Bedürfniſs betrachten, bei feinem
                              									Mahlgute aber sind Aufeinanderhäufungen erst recht nicht vermieden.
                           In Bezug auf die Desintegratoren (vgl. S. 102 d. Bd.)
                              									ist noch folgendes nachzutragen. Während Toufflin durch
                              									Netzen die Zersplitterung der Schale des Weizens verhindern will, suchen Nagel und
                                 										Kämp in Hamburg (* D. R. P. Nr. 2325 vom 9. October 1877) durch
                              									Vorquetschen des Weizens auf Walzen die Arbeit der Schleudermühle zu erleichtern.
                              									Zugleich soll der „Dismembrator“ (wie die Constructeure ihre Maschine
                              									benennen) in einem luftverdünnten RäumeIn der Patentbeschreibung ist allerdings nur von Luft-Abschluſs die Rede, und erstreckt sich der Patentanspruch zumeist
                                    											auf die die Luft abschlieſsende Mahlgutzuführung; aber es scheint das
                                    											Mahlgut in einer Weise abgeführt zu werden, welche an die Abführung aus den
                                    											ventilirten Mahlgängen erinnert, und ist hier wohl auch ein Saugventilator
                                    											eingeschaltet. In der Patentschrift wird gesagt: „Der Luftabschluſs kann
                                       												in seiner Gesammtwirkung mit derjenigen der Ventilation der Mahlgänge in
                                       												Parallele gestellt werden.“ – Aber man sucht vergebens nach irgend
                                    											einer Stelle, welche diese Behauptung auch nur entfernt begründen
                                    											könnte. arbeiten, wodurch weniger Kraft verloren geht. Beides ist
                              									ganz richtig gedacht; aber es ist auch hier nicht möglich, die Schale des Weizens so
                              									zu schonen, daſs nicht ein Mehl entstünde, welches an der unteren Grenze der sogen.
                              									weiſsen Züge steht, das aber bei Anwendung des kleberreichen, harten Weizens gewiſs
                              									bereits in die Gruppe der Hintermehle einzureihen wäre. Zur Einrichtung selbst wäre
                              									noch zu bemerken, daſs eine Scheibe fix ist, die zweite mit entsprechend höherer
                              									Geschwindigkeit in Drehung gebracht wird; diese Anordnung gestattet eine einfachere
                              									Construction. Das für die Getreideverkleinerung überhaupt verfehlte Princip der
                              									Arbeit wird es gerechtfertigt erscheinen lassen, wenn wir mit dem Hinweis auf die
                              									Patentschrift über die Sache hinweggehen.
                           Von Verbesserungen an MahlgängenAnderweitige Neuerungen sind S. 299 dieses Bandes
                                       										beschrieben., diesen in neuerer Zeit vielgeschmähten Maschinen,
                              									welche unserer Ansicht nach nie ganz werden verlassen werden, ist zunächst zu
                              									erwähnen die Frictionskupplung für verticale Wellen
                              									(Mahlgang-Ausrückung) von Nagel und Kämp in Hamburg (*
                              									D. R. P. Nr. 1857 vom 20. Juli 1877). Auf der verticalen Welle a (Fig. 2 und
                              										3 Taf. 28) ist ein Frictionsconus b
                              									befestigt, auf welchem im Zustande der Bewegung, d.h. so lange die verticale Welle
                              									oder Mühlspindel a in Betrieb gehalten werden soll, das
                              									Zahnrad c mit seinem Eigengewichte ruht. Durch die
                              									Reibung zwischen den conischen Flächen werden Rad b und
                              									Welle a gezwungen, die Bewegung von c mitzumachen. Die Lösung dieser Verbindung (Abstellung
                              									des Mahlganges) erfolgt durch Bethätigung des Hebels d,
                              									durch welchen eine Drehung der Achse f und hierdurch
                              									mittels der beiden mit f verbundenen Arme ein Heben des
                              									Halslagers e erzielt wird; in dem Lager e hängt die Hohlachse von c und wird daher dieses Rad gehoben, somit die Kupplung gelöst. Der Hebel
                              										d bewegt sich in einem Schleifbogen und kann durch
                              									Einstecken eines Bolzens festgestellt werden, wodurch auch das Rad c in der gehobenen Stellung verharrt, in welcher es sich
                              									weiter dreht, ohne die Mühlspindel a mitzunehmen.
                           Unter den deutschen Erfindern hat in Betreff des Sichtens des Mehles zunächst G.
                                 										W. Haase in Breslau (*D. R. P. Nr. 1457 vom 16. Juli 1877) eine neue Idee
                              									angeregt, welche darin besteht, das Sichtgut durch einen mittels Ventilatoren
                              									hervorgebrachten Luftstrom gegen das Sieb zu treiben. Die constructive Durchführung
                              									dieser Idee, so weit dieselbe aus den ziemlich mangelhaften Zeichnungen und der noch
                              									lückenhafteren Beschreibung der Patentschrift entnommen werden kann, scheint die
                              									Befürchtung hervorzurufen, daſs die gröberen, nicht durch das Sieb gehenden Theile
                              									des Mahlgutes durch den Luftstrom am Siebe festgehalten werden und dadurch eine
                              									baldige Verlegung desselben veranlassen müssen. Das Durchblasen dürfte nur möglich
                              									sein, wenn ein selbstthätiges Reinigen des Siebes (Offenhalten der Maschen)
                              									erfolgt.
                           Ferner hat Moritz Martin in
                              									Bitterfeld (*D. R. P. Nr. 1959 vom 4. November 1877) einen Mehlcylinder mit intermittirender Beschickung patentirt. Ob hier die
                              									interimttirende Bewegung dieselbe Berechtigung hat wie bei Martin's sehr beliebtem Graupengang, möchten wir wohl bezweifeln. Nach der
                              									Patentbeschreibung dreht sich der Sichtcylinder, welcher in der Richtung der Achse
                              									etwa den halben Durchmesser miſst, in entgegengesetzter Richtung als die sehr
                              									langsam rotirenden Flügel, welche auf einem durch den Cylinder beiderseits
                              									hervortretenden Rohre aufgesetzt sind. Im Inneren dieses Rohres läuft die mit einer
                              									Meh'schraube armirte Welle des Cylinders. Jenes langsam rotirende Rohr kommt mit
                              
                              									einer Oeffnung bei der Drehung unter die Gosse und empfängt eine gewisse Menge
                              									abzubeutelndes Schrot, welches durch die Schnecke einer anderen Oeffnung des Rohres
                              									zugeführt wird und in den Cylinder fällt. Mit dem Rohre rotirt als sechster Arm ein
                              									Becher aus Weiſsblech, welcher nach erfolgter Sichtung das Schrot in das Rohr zurück
                              									und durch eine andere Oeffnung am entgegengesetzten Ende abführt. Nun beginnt das
                              									Spiel von Neuem. – Die so wesentlichen Geschwindigkeitsverhältnisse sind weder bei
                              										Martin's, noch bei Nagel
                                 										und Kämp's Mehlsichtmaschine (* D. R. P. Nr. 2389 vom 8. Januar 1878)
                              									angegeben.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
