| Titel: | Notizen aus dem Gebiete der Soda-Industrie; von G. Lunge. | 
| Autor: | Georg Lunge [GND] | 
| Fundstelle: | Band 231, Jahrgang 1879, S. 337 | 
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                        Notizen aus dem Gebiete der Soda-Industrie; von
                           									G. Lunge.
                        (Fortsetzung und Schluſs von S. 272 dieses
                           								Bandes.)
                        Lunge, Notizen aus dem Gebiete der Soda-Industrie.
                        
                     
                        
                           In dem Leblanc'schen Verfahren
                              									selbst sind im Laufe des J. 1878 höchst wichtige Veränderungen theils schon
                              									vorgegangen, theils bereiten sich solche augenscheinlich vor. Ein in Deutschland,
                              									wie es scheint, sehr wenig beachtetes Patent von A. R.
                                 										Péchiney (Besitzer der groſsen Sodafabrik zu Salindres bei Alais) mit einem
                              									sich daran anschlieſsenden von Weldon haben in England
                              									eine förmliche Aufregung hervorgerufen und in neuester Zeit den Gegenstand sehr
                              									erregter Discussionen abgegeben. Schon längst war es bekannt (vgl. S. 155 d. Bd.),
                              									daſs bei der Sodaschmelzung Cyannatrium gebildet wird, und daſs dieses eines der
                              									wichtigsten Hindernisse dafür abgibt, aus den Rohlaugen durch einfaches Eindampfen
                              									sofort weiſses Sodasalz zu erzeugen; das Cyannatrium muſs nämlich in
                              									Ferrocyannatrium übergehen, und dieses läſst sich nicht leicht aus den Laugen
                              									entfernen, so daſs es bis zuletzt darin bleibt. Beim Calciniren geht es dann in
                              									Eisenoxyd über, welches der Soda eine gelbe Farbe mittheilt. Allerdings kommt Eisen auch sonst in die
                              									Soda, namentlich durch Vermittlung von Schwefelnatrium; aber das als
                              									Schwefeleisennatrium vorhandene Eisen läſst sich durch verschiedene Manipulationen
                              									aus den Laugen entfernen, namentlich durch das „Carbonisiren“ derselben, wie
                              									jedem Sodafabrikanten bekannt ist. Versuche zur Beseitigung auch des
                              									Ferrocyannatriums von Gossage (durch Krystallisation)
                              									und Williamson (durch Erhitzen der Laugen unter Druck)
                              									waren fehlgeschlagen, und man war dabei stehen geblieben, nur einen Theil der Soda
                              									als reinere Waare auszusoggen, aus den Mutterlaugen dagegen, wenn sie nicht auf
                              									Aetznatron verarbeitet wurden, nur ein miſsfarbiges Sodasalz zu gewinnen. Ueberhaupt
                              									wurden die Cyanverbindungen in der Sodarohlauge wenig beachtet, bis eben Péchiney wieder von neuem darauf hinwies. Seine
                              									englischen Patente datiren vom 24. December 1877 und 11. Januar 1878, sein deutsches
                              									Reichspatent Nr. 3591 vom 20. Juni 1878. Seitdem sind allein fünf neue Patente zur Beseitigung der Cyanverbindungen in England
                              									nachgesucht worden, von denen aber schwerlich anzunehmen ist, daſs sie dem schon
                              									völlig bewährten Péchiney'schen Verfahren den Rang
                              									streitig machen werden.
                           Das Verfahren von Péchiney fuſst darauf, daſs die
                              									Cyanverbindungen im Sodaofen nur gegen das Ende der Schmelze gebildet werden, wenn
                              									das Sulfat schon fast ganz zersetzt ist, und daſs ihre Bildung auch bei niedrigerer
                              									Temperatur stärker als bei höherer ist; sein Mittel gegen ihre Bildung beruht nun
                              									darauf, daſs man die Schmelzung bei möglichst hoher
                                 										Temperatur ausführen, und daſs man zuletzt eine frische Menge Natriumsulfat zusetzen müsse, welche etwa gebildetes Cyanid
                              									zerstört und jedenfalls durch die noch vorhandenen Mischungsmaterialien selbst noch
                              									in kohlensaures Natron umgesetzt wird. Auch betont er es, allerdings nicht als
                              									unerläſslich für diesen speciellen Zweck, daſs man mit einem Minimum von Mischungskohle arbeiten und die erforderliche hohe Temperatur
                              									des Sodaofens, sowie die Abdampfung der Laugen durch die Herdfeuerung allein zu
                              									erreichen suchen müsse. Wenn man nach seinen Vorschriften arbeitet, so fällt die
                              									Rohlauge ganz frei von Cyannatrium oder Ferrocyannatrium aus, und man kann aus ihr
                              									direct Krystallsoda oder auch ganz weiſses Sodasalz herstellen, ohne irgend welche
                              									Mutterlaugen aushalten zu müssen.
                           W. Weldon, welcher die Ausbeutung von Péchiney's Verfahren für England in die Hand genommen
                              									hatte, hat das Verfahren durch eine eigene Verbesserung ergänzt (Englisches Patent
                              									vom 11. Januar 1878), nämlich durch Zusatz von Kalksteinstaub am Schlüsse der
                              									Operation, zugleich mit dem Péchiney'schen Sulfat,
                              									wodurch das Schwefelnatrium zerstört und in
                              									kohlensaures Natron umgesetzt wird, so daſs noch reinere Laugen erfolgen und ein
                              									Carbonisiren derselben zu diesem Zwecke gar nicht nöthig wird. Man erhält dadurch
                              									eine Soda, welche ebenso
                              									frei von Eisen und ebenso weiſs ist als Ammoniaksoda, ohne irgend welche
                              									Mutterlaugen-Absonderung.
                           Ueber die Bedeutung des Péchiney'schen Verfahrens und
                              									die Bildung der Cyanverbindungen bei der Sodaschmelze überhaupt hat sich ein
                              									ziemlich hitziger Kampf zwischen Weldon und Mactear in dem 38. Bande der „Chemical News“ entsponnen, in welchem der Letztere allerdings sehr
                              									entschieden den Kürzeren gezogen hat. Zur Verständigung darüber muſs darauf
                              									hingewiesen werden, daſs das von Mactear früher
                              									patentirte, vom Referenten seinerzeit (1877 224 200) besprochene Verfahren der
                              									Beschickung des rotirenden Sodaofens durch das Péchiney-Weldon'sche ganz in Wegfall kommen würde: hinc illae lacrymae. Zur Erinnerung sei erwähnt, daſs Mactear statt des älteren Verfahrens (in dem rotirenden
                              									Ofen zuerst nur Kreide und Kohle zu erhitzen, bis sich etwas Aetzkalk gebildet hat
                              									und dann erst das Sulfat mit mehr Kohle zuzusetzen), die Materialien alle auf einmal
                              									eingibt und am Schlüsse der Operatien einige Procent Aetzkalk zusetzt. Dadurch
                              									erreicht er es, ebenso wie das ältere Verfahren, daſs die Rohsoda beim Auslaugen
                              									aufschwillt, porös wird und sich besser auswaschen läſst; aber sein Verfahren nimmt
                              									gegenüber dem älteren eine Reihe von Vorzügen in Anspruch, welche freilich von ihm
                              									sehr übertrieben worden sind (mein eigener Bericht darüber war auch günstiger, als
                              									ich ihn jetzt abfassen würde), von denen jedoch wenigstens die Mehrproduction aus
                              									demselben Ofen und etwas, wenn auch nicht sehr viel, Ersparniſs an Brennmaterial
                              									unleugbar vorhanden sind. Eine ganze Anzahl von Fabriken in England und eine oder
                              									zwei Fabriken in Frankreich führten dann auch das Mactear'sche Verfahren ein; aber die Mehrzahl verschmäht es und einige
                              									haben es wieder aufgegeben, weil die wirklich erreichten, hinter den Versprechungen
                              									stark zurückbleibenden Vortheile durch die schlechtere Qualität der Soda aufgewogen
                              									wurden, welche viel schwefelhaltiger, also schwächer und miſsfarbiger als früher
                              									ist.
                           Mactear behauptet nun in der Chemical News, 1878 Bd. 38 S. 130, daſs die Cyanverbindungen grade erst
                              									gegen das Ende der Schmelzung auftreten, wenn die Temperatur höher ist, und daſs
                              									mithin solche Verbindungen in um so gröſserer Menge gebildet werden, je höher die
                              									Temperatur im Sodaofen gehalten wird.
                           Hierauf wendet Weldon ein (daselbst S. 137), daſs dem
                              									nicht so sein könne, und zwar aus folgenden Gründen: 1) Bei Anwendung in der
                              									Sodamischung von Kalkschlamm vom Kaustisiren, welcher 50 Proc. Wasser enthält und
                              									dadurch natürlich immer eine niedrigere Ofentemperatur erzeugt, bekommt man immer
                              									mehr Cyanid, als bei Anwendung von Kalkstein allein. 2) Ein mit Gas geheizter
                              									Cylinderofen ergab fünf Mal mehr Cyanid als später, wo die Feuerung auf Kohlen
                              									umgeändert und eine gröſsere Hitze hervorgebracht wurde. 3) Rohsoda von Handöfen, welche in der
                              									Regel heiſser als Cylinderöfen gehen – dies ist ganz richtig – enthält weniger
                              									Cyanid als Rohsoda von den letzteren Oefen. 4) In Frankreich, wo man bei sehr hoher
                              									Temperatur arbeitet und die Schmelze viel länger im Ofen läſst als in England,
                              									bekommt man weniger Cyanid in der Rohsoda. 5) Seitdem man in England grade durch Péchiney auf die Nothwendigkeit, mit wenig
                              									Mischungskohle und bei sehr hoher Temperatur zu arbeiten, um gute Rohsoda zu
                              									erhalten, aufmerksam gemacht worden ist und die Cylinderöfen bei höherer Temperatur
                              									betrieben hat, findet es sich, daſs unter sonst ganz gleichen Umständen weniger
                              									Cyanverbindungen entstehen. 6) Wenn man nach Weldon's
                              									eigenem Vorschlag zuletzt noch Kalksteinstaub zusetzt, um das Sulfid zu zerstören,
                              									aber darin zu weit geht und durch zu viel Kalkstein die Ofentemperatur herabstimmt,
                              									so findet man wieder mehr Cyanid, als wenn man sich mit dem Zusatz in engeren
                              									Grenzen hält.
                           Der Grund, warum trotz alledem das Cyanid allerdings erst gegen das Ende der
                              									Schmelzung gebildet wird, ist der, daſs dann nicht mehr Sulfat genug vorhanden ist,
                              									um seine Bildung zu verhindern. Daſs Sulfat und Cyanid mit einander unverträglich
                              									sind, hat in der That Péchiney unumstöſslich bewiesen.
                              									(Die dabei vor sich gehende Reaction ist wahrscheinlich: Na2SO4 + 4NaCN = Na2S + 4NaCNO. Allerdings behauptet Weldon, daſs in der Soda sich auch kein cyansaures Salz
                              									vorfinde; aber da dieses bekanntlich ungemein leicht in Ammoniak und kohlensaures
                              									Salz zerfällt, so kann eine geringe Menge davon der Analyse leicht entgehen.)
                           Mactear antwortet hierauf (daselbst S. 162) in einem
                              									langen Briefe, dessen Inhalt sich jedoch sehr kurz zusammenfassen läſst. Er
                              									behauptet, daſs es nicht auf die Ofen-Temperatur
                              									ankomme, sondern auf den Schmelzpunkt der Masse; wenn
                              									dieser hoch sei, würden mehr Cyanide gebildet, und zwar nicht durch den
                              									Stickstoffgehalt der Mischungskohlen, sondern durch den Luftstickstoff. Die von Weldon vorgebrachten Argumente sucht er dadurch zu
                              									entkräften, daſs in den von Jenem angeführten Fällen, wo eine niedrigere Ofen-Temperatur geherrscht habe, grade die Schmelze
                              									heiſser werde (?). Im Uebrigen bestreitet er Péchiney
                              									das Verdienst, die Zerstörung der Cyanverbindungen zuerst praktisch ermöglicht,
                              									sowie auch das, zuerst auf die Wichtigkeit einer Verringerung der Mischungskohle
                              									hingewiesen zu haben; wenn Péchiney so schön weiſse und
                              									eisenfreie Soda erhalte, so müſsten seine Laugen wohl so reich an Kochsalz sein,
                              									daſs das Schwefeleisen ausgefällt würde. Auſserdem folgen noch einige
                              									Persönlichkeiten gegen Weldon.
                           Nun erwiedert Weldon in sehr energischer Weise. Seine
                              									Antwort ist in der Chemical News, 1878 Bd. 38 S. 177
                              									nur verstümmelt abgedruckt; die ganze Antwort ist von Weldon für Privatcirculation gedruckt worden, und es ist ein an
                              									Zahlenmaterial reiches und dadurch sehr werthvolles Nachwort beigegeben, von welchem ich durch
                              									Hrn. Weldon's Güte ermächtigt worden bin, für diesen
                              									Bericht vollen Gebrauch zu machen. Zum Beweise, daſs die Cyanide allerdings
                              									wenigstens theilweise aus dem Stickstoff der Mischungskohle gebildet werden, führt
                              										Weldon die Thatsache an, daſs ein deutscher
                              									Fabrikant bei Anwendung von sehr stickstoffreicher Mischungskohle sogar im Stande
                              									gewesen sei, die Cyanverbindungen durch Auskrystallisiren nützlich zu verwenden.
                              									(Mir ist dies nur im Falle der Leblanc-Potasche bekannt, wo das Ferrocyankalium sich
                              									natürlich von der Potasche leichter trennen läſst, als Ferrocyannatrium von Soda.)
                              									Ein anderer Theil der Cyanverbindungen werde jedenfalls durch das von der
                              									Feuerungskohle abgegebene Ammoniak gebildet, aber der atmosphärische Stickstoff habe
                              									daran fast oder gar keinen Antheil. Der Mactear'schen
                              									Behauptung, daſs die Reduction des Schmelzpunktes der Masse das wesentliche Agens
                              									sei, um die Bildung von Cyaniden zu verringern, setzt Weldon die notorische Thatsache entgegen, daſs man grade bei der Mactear'schen Mischung, auf deren niedrigeren
                              									Schmelzpunkt Mactear selbst so viel Gewicht legt, immer
                              									viel weniger weiſses Sodasalz erhalten wird als bei Mischungen von höherem
                              									Schmelzpunkte.
                           Weldon's allerdings sehr vollständige und schlagende
                              									Widerlegung von Mactear's Bemäkelung des Verdienstes
                              									von Péchiney nimmt viel Raum ein, wird aber meine Leser
                              									nicht genügend interessiren, um sie hier wiederzugeben; wesentlich bleibt es nur
                              									dabei, daſs auch Mactear selbst die volle Wichtigkeit
                              									einer Reduction der Mischungskohle auf das vollste anerkennt, ja eben das Verdienst
                              									dieses Erkennens gern für sich beanspruchen möchte, was ihm freilich nicht gelingt.
                              									Uebrigens erwähnt Weldon, daſs selbst bei Anwendung von
                              									60 Proc. Mischungskohle (während Péchiney manchmal nur
                              									30 Proc. nimmt), doch bei gleichzeitiger Anwendung des Péchiney-Weldon'schen Schluſszusatzes das schönste weiſse Sodasalz gemacht
                              									werden könne. Aber allerdings ist dies nur selten zu empfehlen, und muſs man dann
                              									von vornherein die Menge des Kalksteins beschränken, um die Soda nicht zu
                              									verbrennen. Die Franzosen pflegten schon lange durch Verminderung der Mischungskohle
                              									weiſsere Soda zu erzielen, und zwar, wie man jetzt weiſs, grade weil dabei Sulfat
                              									ganz unzersetzt blieb. Péchiney fand eben dies heraus
                              									und fand zugleich, daſs man das Sulfat trotzdem vollständig zersetzen könne, wenn
                              									man, neben Verminderung der Mischungskohle, zuletzt bei
                              									höherer Temperatur als gewöhnlich arbeitet und die Schmelzung etwas länger währen
                              									läſst – also im graden Gegensatz zu Mactear's
                              									Behauptungen. Unter gewöhnlichen Umständen würde man fürchten müssen, daſs durch die
                              									eben empfohlene Behandlung die Schmelze „verbrennen“ und „rothe“ Brode
                              									entstehen würden, was vermuthlich von den beiden Reactionen:
                           Na2CO3 + C = Na2O + 2CO und Na2O + CaS = Na2S + CaO
                           
                           herrührt; aber grade die Verminderung der Mischungskohle und
                              									der schlieſsliche Zusatz von Sulfat und Kalkstein, wodurch gar keine freie Kohle
                              									mehr übrig bleibt, also die erste Gleichung gar nicht statt haben kann, verhindert
                              									das „Verbrennen“ der Rohsoda. Schon der Zusatz von Kalksteinstaub allein am
                              									Schlüsse hat diese Wirkung und gestattet selbst mit mehr Mischungskohle zu arbeiten,
                              									wenn einmal die Fabrik so angelegt ist, daſs man zur Verdampfung der Rohlaugen auf
                              									die von diesem Ueberschuſs von Mischungskohle ausgegebene Hitze angewiesen ist.
                              									Dieses letztere (in England fast allgemein gebräuchliche) Verfahren wird übrigens
                              									von Péchiney gradezu monströs genannt; in Frankreich
                              									würde man sich auf eine solche Störung des Schmelzprocesses nie einlassen und eben
                              									im Nothfall eine Hilfsfeuerung zum Eindampfen anbringen, statt die betreffende Kohle
                              									der Mischung zuzusetzen; der Arbeitsherd (oder der Cylinder der rotirenden Oefen)
                              									dürfe eben unter keinen Umständen die Rolle des Feuerherdes spielen. Dies scheinen
                              									in der That höchst beachtenswerthe Winke!
                           Wenn man die Mutterlaugen auf Aetznatron verarbeiten will, so geht dies ganz in
                              									gewöhnlicher Weise an; man braucht aber nur ein Viertel des Salpeters oder der
                              									Gebläseluft wie früher.
                           Péchiney's Verfahren erfordert durchaus keine besondere
                              									Aufsicht und Geschicklichkeit; er verwerthet die früher als Cyanide verlorene und
                              									die zuletzt als Sulfat zugesetzte Soda vollständig als Carbonat. Man braucht dabei
                              									auch nicht einmal mehr Kalkstein als bei Mactear
                              									(zusammen mit dessen Kalk); dabei fallen doch Rohlaugen von viel gröſserer Reinheit
                              									als früher, und ist, nach Angabe zweier Fabriken über ein dreimonatliches Resultat,
                              									das Ausbringen an nutzbarer Soda aus dem Sulfat entschieden gröſser als je früher.
                              									Es wird zu 78,68 Proc. Soda von 48 Proc. nach Liverpooler Analyse angegeben, was
                              									leider keine mathematisch bestimmbare Gröſse ist; man wird diese Analyse im
                              									Allgemeinen also etwa 1½ bis 2 Proc. (von den 48) zu hoch angebend annehmen und
                              
                              									mithin das Ausbringen = 35,65 Proc. Na2O oder 60,94
                              									Proc. Na2CO3 von
                              									Sulfat (etwa 96procentig anzunehmen) setzen können; dies kommt nach meinen
                              									Ermittelungen den besten bisher in englischen Fabriken beobachteten Ausbringen
                              									mindestens gleich und übertrifft sie sogar wahrscheinlich.
                           Weldon führt als niedrigste, in der Praxis vorkommende
                              									Mischung nach Mactear folgende an:
                           
                              
                                 100,00
                                 Sulfat
                                 
                              
                                 78,66
                                 Kalkstein
                                 
                              
                                 42,00
                                 Kohle
                                 
                              
                                 6,24
                                 Kalk (am Schluſs).
                                 
                              
                           Dagegen bestehen zwei sehr gut bewährte Mischungen des Péchiney-Weldon'schen Verfahrens aus:
                           
                           
                              
                                 
                                 
                                 a
                                 b
                                 
                              
                                 
                                 Sulfat
                                 100
                                 100
                                 
                              
                                 
                                 Kalkstein
                                   79,40
                                   75,00
                                 
                              
                                 
                                 Kohle
                                   41,60
                                   38,20
                                 
                              
                                 
                                 Beendigungs-Sulfat
                                     5,88
                                     5,88
                                 
                              
                                 
                                          „         Kalksteinstaub
                                     7,35
                                     7,35
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Also im
                                 Ganzen:
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 Sulfat
                                 100
                                 100
                                 
                              
                                 
                                 Kalkstein
                                   81,9
                                   77,80
                                 
                              
                                 
                                 Kohle
                                   39,29
                                   36,10.
                                 
                              
                           Ferner gibt Weldon eine groſse
                              									Anzahl von Analysen von Péchiney-Weldon'scher Rohsoda
                              									und Rohlauge an, wie sie Tag für Tag von den Fabriken in ihrer Praxis einlaufen; ich
                              									fasse dieselben nur in ihren Grenzwerthen zusammen:
                           
                              
                                 I) Rohsoda mit 60 Proc.
                                    											Mischungskohle.
                                 
                              
                                 Alkalinität als Na2O
                                 22,6
                                 bis
                                 24,51 Proc.
                                 
                              
                                 Na2S
                                   0,28
                                 „
                                   0,38
                                 
                              
                                 Na2S auf 100 Na2O
                                   1,15
                                 „
                                   1,60
                                 
                              
                                 Na2SO4
                                   0,41
                                 „
                                   0,63
                                 
                              
                                 Gesammt-Na2SO4 nach Oxydation aller nied-rigeren
                                    											Schwefelungsstufen
                                   1,85
                                 „
                                   2,24
                                 
                              
                                 Procentigkeit des gesammten Sodasalzes anNa2O (jedenfalls auch „Liverpool Test“)
                                 57,4
                                 „
                                 58,3
                                 
                              
                                 
                                 Rohlauge aus derselben
                                 
                              
                                 Na2S   auf 100 Na2O
                                   1,79
                                 bis
                                   2,60 Proc.
                                 
                              
                                 Na2SO4 „     „     „
                                   5,21
                                 „
                                   7,24
                                 
                              
                                 
                                 Soda-Auslaugerückstand
                                 
                              
                                 Na2O
                                   0,21
                                 bis
                                   0,37 Proc.
                                 
                              
                                 II) Rohsoda mit 78,8 Proc.
                                    											Kalkstein und 36,1 Proc. Mischungskohle.
                                 
                              
                                 Alkalinität als Na2O
                                 24,25
                                 bis
                                 26,00 Proc.
                                 
                              
                                 Na2SO4
                                   0,18
                                 „
                                   0,90
                                 
                              
                                 Na2S
                                   0,31
                                 „
                                   0,48
                                 
                              
                                 Gesammt-Na2SO4 nach Oxydation
                                   0,88
                                 „
                                   1,90
                                 
                              
                                 Na4FeCy6
                                 Spuren
                                 „
                                   0,06
                                 
                              
                                 Na2O im trockenen
                                    											Rückstande
                                   0,19
                                 „
                                   0,23
                                 
                              
                                 III) Rohsoda mit 85,3 Proc.
                                    											Kalkstein und 44,1 Proc. Kohle.
                                 
                              
                                 Alkalinität als Na2O
                                 23,00
                                 bis
                                 26,25 Proc.
                                 
                              
                                 Na2SO4
                                   0,18
                                 „
                                   0,90
                                 
                              
                                 Na2S
                                   0,20
                                 „
                                   0,37
                                 
                              
                                 Gesammt-Na2SO4
                                   0,96
                                 „
                                   2,00
                                 
                              
                                 Na4FeCy6
                                 Spuren
                                 „
                                   0,052
                                 
                              
                                 Na2O im Rückstande
                                   0,14
                                 „
                                   0,31
                                 
                              
                           Während durch das Péchiney-Weldon'sche Verfahren die Reinigung der Soda von Eisen und Schwefel
                              									bewirkt wird, ermöglicht es der von Mactear construirte
                              										mechanische Calcinirofen, auch die Kausticität der Soda auf ein Minimum herabzudrücken.
                              									Das Mactear'sche englische Patent (vom 17. Mai 1876)
                              									ist zwar nur eine unbedeutende Abänderung des von Schofield im Jahre vorher genommenen Patentes; bei sonst völlig gleicher
                              									Construction nimmt er die Entleerung des Ofens im Centrum statt seitlich vor. Aber
                              
                              										Mactear gebührt jedenfalls das Verdienst (welches
                              									er sich von den Benutzern seines Ofens durch eine ungemein hohe Gebühr bezahlen
                              									läſst), daſs er durch verschiedene Versuche in der von ihm geleiteten Tennant'schen Fabrik zu Glasgow die mechanischen Schwierigkeiten
                              									überwunden und einen wirklich arbeitenden Ofen hingestellt hat. Derselbe war in
                              									Paris im Modell ausgestellt; ich habe denselben in mehreren Fabriken in England und
                              									Frankreich in Thätigkeit gesehen und überall loben hören. Da derselbe, wenigstens in
                              									den bis jetzt ausgeführten Dimensionen, sich wegen seiner zu groſsen Production für
                              									deutsche Fabriken kaum eignet, so unterlasse ich es, ihn abzubilden und genau zu
                              									beschreiben, was (ebenso wie mit den früher erwähnten Apparaten) in meinem demnächst
                              									erscheinenden Handbuche der Soda-Industrie geschehen
                              									wird, und führe hier nur so viel an, daſs der Ofen eine tellerförmige, um ihre
                              									Verticalachse rotirende Sohle von 6m,09
                              									Durchmesser besitzt, bedeckt von einem sehr flachen Gewölbe, das auf einem
                              									kreisförmigen festen Rahmen getragen wird; eine Sandrinne bewirkt gasdichten
                              									Verschluſs zwischen beiden. Eine Anzahl von verticalen Rührwellen, welche durch in
                              									einander eingreifende Zahnräder in abwechselnd umgekehrte Drehung versetzt werden,
                              									steht in einer Radiallinie vom Centrum der Ofensohle nach dem der Feuerbrücke
                              									entgegengesetzten Seite zu; durch die Umdrehung der Ofensohle werden alle Theile der
                              									Beschickung unter diesen Rührern durchgeführt. Die letzteren werden nicht von den
                              									Feuergasen berührt, welche in zwei Füchsen seitlich davon abgeleitet werden. Alles
                              									dies findet sich schon in Schofield's Ofen; dieser
                              									wurde jedoch seitlich entleert, während Mactear die
                              									Entleerung durch ein conisches Ventil im Mittelpunkte der Ofensohle bewerkstelligt,
                              									welches von der Decke aus durch einen besonderen Mechanismus herab oder hinauf
                              									gezogen wird. Die Beschickung fällt in darunter gefahrene Hunde, und die Operation
                              									ist allerdings sehr reinlich und ganz selbstthätig. – Solcher Oefen sollen schon 30
                              									errichtet sein; sie calciniren in 6 Tagen meist bis 110t. Mactear selbst spricht von 150t; doch ist dies, wie ich bestimmt weiſs, stark
                              									übertrieben. Wenn man möglichst vollständig (d.h. bis 0,2 Proc. NaOH) carbonisiren
                              									will, so kann man nur 90t in 6 Tagen calciniren.
                              									Dies gilt jedoch von Soda aus Rohlaugen, welche nicht mit Kohlensäure behandelt
                              									werden, und nur mit Sägespänen gemischt waren. In Folge der gleichförmigen Arbeit
                              									und des schnellen Fortschreitens der Carbonisirung kann man die Soda einer viel
                              									gröſseren Hitze als in den gewöhnlichen Calciniröfen aussetzen, ohne ein Schmelzen
                              									befürchten zu müssen, und wird die Soda dadurch weiſser als gewöhnlich; sie kommt in
                              									einem feinkörnigen und so dichten Zustande heraus, daſs man an Fässern ein Zehntel
                              									erspart. Mactear behauptet, 30 Proc. der Feuerungskohle
                              									zu ersparen; dies ist jedoch nach meinen Erkundigungen entschieden unrichtig,
                              									namentlich wenn der Dampf zum Betriebe der Maschinerie in Anschlag gebracht wird,
                              									was doch absolut nöthig ist. Im Gegentheil verbraucht man in der Regel, selbst ohne
                              									den Dampf zu rechnen, nicht weniger Kohlen als bei Handarbeit, nämlich etwa 40 Proc. vom Gewichte
                              									der Soda. Die Hauptersparniſs ist, neben der verbesserten Qualität, diejenige an
                              									Arbeitslohn; dieser beträgt nur 1 bis 1,50 M. für 1t gegenüber 3,50 bis 4 M. bei den Handöfen. Ein einziger Ofen ersetzt am
                              									Tyne, wo man mit Sägspänen carbonisirt, 6 Handöfen; in Lancashire, wo man ohne
                              									Sägspäne und mithin schon in den Handöfen schneller arbeitet, ist das Verhältniſs
                              									nicht ganz so günstig für den mechanischen Ofen.
                           Keiner der von mir beobachteten Mactear'schen
                              									Calciniröfen war mit Gasfeuerung versehen, während man
                              									in den continentalen Fabriken immer mehr dahin kommt, diese Art der Feuerung grade
                              									in dem vorliegenden Falle anzuwenden, weil man dadurch eine Verunreinigung der Soda
                              									mit Flugasche vollkommen vermeidet. Durch Combination der verschiedenen erwähnten
                              									Verbesserungen läſst sich übrigens schon jetzt nach dem Leblanc'schen Verfahren calcinirte Soda erzielen, welche der Ammoniaksoda
                              									an Hochgrädigkeit und Schönheit der Farbe vollkommen gleich kommt.
                           Eine der wichtigsten Verbesserungen oder vielmehr Ergänzungen,
                              									welche das Leblanc'sche Verfahren seit seinem Bestehen
                              									erfahren hat, würde das Verfahren von Schaffner und Helbig (D. R. P. Nr. 4610 vom 20. Februar 1878) zur
                              									Aufarbeitung der Auslaugungsrückstände sein, wenn sich dieses bei länger
                              									fortgesetztem Betriebe im eigentlichen Fabrikmaſsstabe ebenso bewähren sollte, wie
                              									es bisher im halbgroſsen Maſsstabe der Fall gewesen ist. Ohne einer Veröffentlichung
                              									der speciellen Einrichtungen von Seiten der Erfinder vorzugreifen, will ich doch mit
                              									Erlaubniſs derselben die Grundzüge des Verfahrens erwähnen. Bekanntlich gewinnt man
                              									bisher nach dem Schaffner-Mond'schen
                              									Schwefelregenerationsverfahren höchstens die Hälfte des in den Rückständen
                              									enthaltenen Schwefels, und dieses mit bedeutendem Aufwände von Salzsäure; der Kalk
                              									der Rückstände aber geht ganz und gar verloren und es bleiben immer noch sehr
                              									umfangreiche Massen von unnützem Ballast zu bewältigen. Grade der Auslaugerückstand
                              									ist eine der gröſsten Schattenseiten des Leblanc'schen
                              									Verfahrens, und hat vielleicht mehr als alle anderen Umstände dahin geführt, daſs
                              									man dasselbe durch andere Verfahren zu ersetzen gesucht und theilweise wirklich
                              									ersetzt hat. Es ist nun aber Schaffner und Helbig gelungen, durch eine höchst sinnreiche
                              									Combination von theilweise ganz neuen Reactionen nicht nur so gut wie sämmtlichen
                              									Schwefel, sondern auch den Kalk der Sodarückstände wieder zu gewinnen und die
                              									Rückstände auf eine ganz unbedeutende Menge zu beschränken. Die Rückstände werden
                              									ganz frisch von den Auslaugekästen mit einer Lösung von Chlormagnesium gemischt,
                              									welche darauf energisch einwirkt, mit Production von Chlorcalcium, Magnesia und
                              									Schwefelwasserstoff nach folgender Gleichung: CaS + MgCl2 + H2O = CaCl2 + MgO + H2S.
                           Das Schwefelwasserstoffgas wird, wie später zu beschreiben, verarbeitet; der Rückstand
                              									enthält die neu gebildete Magnesia in fein zertheiltem Zustande aufgeschwemmt in der
                              									Chlorcalciumlösung, gemischt mit Schlacken von Aluminiumsilicat u.s.w., Kokes und
                              									anderen Verunreinigungen der Sodaschmelze, welche höchstens 25 bis 30 Proc. der
                              									Gesammtrückstände ausmachen und bei dem neuen Verfahren den einzigen,
                              									unvermeidlichen, aber völlig unschädlichen, festen Abfall ausmachen. Er wird von der
                              									Magnesia durch Abschlämmen leicht und sicher getrennt, und die nun gereinigte
                              									Mischung von Magnesia und Chlorcalciumlösung mit Kohlensäure aus Feuergasen u.a. in
                              									ähnlichen Gefäſsen wie die Weldon'schen
                              									Oxydationsthürme behandelt, wodurch Chlormagnesium regenerirt und kohlensaurer Kalk
                              									gebildet wird: MgO + CaCl2 + CO2 = MgCl2 + CaCO3.
                           Diese beiden Producte werden durch systematisches Auswaschen von einander getrennt;
                              									das Chlormagnesium wird wieder in der ersten Operation verwendet (ein kleiner
                              									Verlust davon ist gewiſs unvermeidlich, aber bei dem so sehr niedrigen Preise dieses
                              									Artikels nicht von groſsem Belang), der kohlensaure Kalk wird getrocknet und wieder
                              									zum Sodaschmelzen verwendet, wozu er sich wegen seiner fein zertheilten
                              									Beschaffenheit sehr gut eignet.
                           Von dem bei der ersten Operation entweichenden Schwefelwasserstoff wird etwa ein
                              									Drittel verbrannt, welches sich in der Praxis sehr leicht macht, gewiſs
                              									hauptsächlich darum, weil in diesem Falle nicht, wie sonst fast immer bei den
                              									Vorschlägen zur Fabrikation der Soda aus Schwefelnatrium u.s.w., das Gas mit Hilfe
                              									von unreiner Kohlensäure ausgetrieben und also mindestens mit dem dreifachen Volum
                              									Stickstoff verdünnt ist. Dann läſst man die erzeugte schweflige Säure auf das übrige
                              									Schwefelwasserstoffgas wirken und setzt sie beide in Schwefel und Wasser um nach der
                              									Gleichung: 2H2S + SO2 = 3S + 2H2O. Nun ist es freilich
                              									bekannt, daſs diese Umsetzung immer und immer wieder versucht worden und doch stets
                              									fehlgeschlagen ist, weil die Gleichung sich eben nicht wie oben vollzieht, sondern
                              									eine groſse Menge von Pentathionsäure gebildet wird, nach der Gleichung: 5H2S + 5SO2 = S5O6H2 + 4H2O + 5S.
                              									Auſserdem wird der Schwefel in feinster, milchiger Form gefällt, setzt sich nur
                              									äuſserst langsam ab und geht durch alle Filter hindurch. Daher sind alle Bemühungen
                              									in dieser Richtung bisher nicht von einem praktisch durchführbaren Erfolge begleitet
                              									gewesen. Schaffner und Helbig haben nun aber diese Aufgabe völlig gelöst, indem sie gefunden
                              									haben, daſs in Gegenwart von Neutralsalzen, wie z.B. Chlorcalcium oder
                              									Chlormagnesium, keine Pentathionsäure entsteht und sogar beim Zusätze solcher Salze
                              									die schon gebildete Pentathionsäure wieder zersetzt wird. Zugleich verwandelt sich
                              									der milchige, fein suspendirte Schwefel in körnigen, sich sehr leicht absetzenden
                              									und leicht auszuwaschenden. Man läſst die Gase also in einem mit Ziegeln lose
                              									ausgesetzten Thurme auf einander wirken, in welchem eine Chlorcalciumlösung herunterströmt;
                              									die letztere kann, nachdem sie von dem Schwefel getrennt ist, immer wieder von neuem
                              									benutzt werden; ein Verlust daran ist ja aus dem Weldon'schen Regenerationsproceſs u. dgl. ganz kostenlos zu ersetzen. Der
                              									Schwefel wird in dem allbekannten Schaffner'schen
                              									Apparate geschmolzen und in Stangen gegossen. Auf diese Weise soll man ganz glatt
                              									und leicht 90 bis 95 Proc. des in den Rückständen enthaltenen Schwefels erhalten
                              									können, neben etwa 75 Proc. des Kalkes. Das erstere läſst sich auch leicht
                              									begreifen, da ja die Rückstände ganz frisch verarbeitet werden, ehe das
                              									Schwefelcalcium Zeit gehabt hat, sich zu Calciumsulfat oder Sulfit zu oxydiren.
                           Wenn das beschriebene Verfahren, das ja schon längst über das erste Stadium der
                              									Versuche hinaus ist, sich endgiltig bewähren sollte, so würde man ganz, abgesehen
                              									von der meist weniger wichtigen Wiedergewinnung des Kalkes, den in den
                              									Fabrikationscyklus eingeführten Schwefel fast ganz und zwar in einer viel
                              									werthvolleren Form, nämlich als Stangenschwefel, wieder gewinnen. Gewiſs werden die
                              									Kosten des Verfahrens einen nicht unerheblichen Theil des Gewinnes aufzehren; aber
                              									selbst wenn, was höchst unwahrscheinlich ist, gar kein ökonomischer Vortheil dabei
                              									wäre, so wäre jedenfalls jede Belästigung durch den Umfang und die schädlichen
                              									Eigenschaften der Rückstände vollständig aufgehoben, und es wäre dem Leblanc'schen Verfahren in dieser Beziehung durchaus
                              									kein Vorwurf mehr zu machen. Aber es ist eben höchst wahrscheinlich, daſs die
                              									Regenerationsoperation auch nach Abzug der Kosten wenigstens den Pyritschwefel
                              									bezahlen wird. Die Erfinder gehen sogar weiter und stellen es in Aussicht, statt der
                              									Verbrennung eines Theiles Schwefelwasserstoffes, die nöthige schweflige Säure aus
                              									sonst unverwerthbaren metallurgischen Röstgasen zu entnehmen und dadurch auch deren
                              									Schwefel als Stangenschwefel zu gewinnen.
                           Die Erfindungen des Jahres 1878 haben mithin den Leblanc'schen Proceſs ganz wesentlich vervollkommnet. Auf der einen Seite
                              									ist durch die fast völlige Beseitigung der Cyan- und Schwefelverbindungen die
                              									Qualität der Soda (und zwar sämmtlicher in den Laugen enthaltener) an Gehalt und
                              									Farbe der Ammoniaksoda gleich gemacht worden; die Menge des Kalksteines und der
                              									Kohle in der Sodamischung ist bedeutend verringert und der Proceſs dadurch billiger
                              									geworden. Auf der anderen Seite verschwinden die Auslaugerückstände so gut wie ganz;
                              									ihr Kalk kehrt wieder in den Proceſs zurück und ihr Schwefel wird sogar in
                              									veredelter Gestalt erhalten. Seit Erfindung des Verfahrens überhaupt sind keine so
                              									wesentlichen Fortschritte chemischer Natur in demselben zu verzeichnen, wenn wir die
                              									Sodafabrikation im engeren Sinne betrachten, als in diesem Jahre. Damit ist der
                              									Vorsprung, welchen das Ammoniaksoda-Verfahren in einigen Punkten unläugbar gewonnen
                              										hatte, vielleicht
                              									mehr als eingeholt. Ferner kommt auch noch in Betracht, daſs das Péchiney-Weldon'sche Verfahren absolut gar keine neuen
                              									Fabrikationseinrichtungen verlangt und in jeder Leblanc-Sodafabrik ohne weiteres
                              									eingeführt werden kann. Das Schaffner-Helbig'sche
                              									Verfahren beansprucht allerdings einen nicht unerheblichen Aufwand für Apparate,
                              									aber doch gar nicht im Verhältniſs stehend zu den Einrichtungskosten des
                              									Ammoniaksoda-Verfahrens.
                           Schlieſslich sei noch ein Punkt erwähnt, welcher freilich die
                              									deutschen Fabrikanten sehr viel weniger berührt als die englischen, weil nur in
                              									England die Uebelstände durch die Anhäufung enormer Mengen von nicht entschwefelten
                              									Sodarückständen an einzelnen Orten acut geworden sind. Man kann die davon
                              									abflieſsenden gelben Laugen nach einem zuerst von Schaffner der Tennant'schen Fabrik gemachten
                              									Vorschlage behandeln, welches Verfahren später von deren Director Mactear unter seinem eigenen Namen patentirt und sehr
                              									laut bei allen möglichen Gelegenheiten der Welt verkündigt worden ist (vgl. 1877 224
                              									202), nämlich die Laugen durch schweflige Säure zu corrigiren und sie dann, ähnlich
                              									wie in Mond's Verfahren, mit Salzsäure zu zersetzen.
                              									Aber wo dies aus localen Gründen nicht angeht, oder wo man die Kosten des Apparates
                              									scheut, kann man ein Verfahren einschlagen, welches der Verfasser in der von ihm
                              									geleiteten Fabrik eingerichtet und Jahre lang betrieben hat, welches aber erst vor 2
                              									Jahren ohne sein Zuthun, obwohl mit Anführung seines Namens, in England patentirt
                              									worden ist. Man richtet nämlich mehrere Sümpfe ein, in welche man die gelben Laugen
                              									abwechselnd flieſsen läſst, ehe sie in den schlieſslichen Abfluſs gelangen; in
                              
                              									diesen Sümpfen macht man sie völlig unschädlich, indem man sie mit Eisen- oder
                              									Manganoxyd und Kalk vermengt, wodurch die Sulfide gefällt werden; der Rückstand von
                              									Schwefelmetall regenerirt sich sehr schnell zu Oxyd und freiem Schwefel, wenn er der
                              									Luft ausgesetzt und umgeschaufelt wird, ganz wie die Reinigungsmasse der
                              									Gasfabriken. Die von dem Verfasser speciell angewendete Masse war der Schlamm,
                              									welcher sich nach dem Neutralisiren der Weldon'schen
                              									Chlorentwicklungslaugen absetzt und welcher wesentlich aus Eisenoxyd und
                              									kohlensaurem Kalk mit etwas Gyps, getränkt mit Manganchlorür, besteht. Es liegt auf
                              									der Hand, daſs man dieses Verfahren auch durch Einblasen von Luft während der
                              									Entschwefelung zu einem continuirlichen machen kann; der Hauptinspector der
                              									englischen Sodafabriken, R. Angus Smith, ist mit
                              									Versuchen über diesen Gegenstand beschäftigt, deren Resultate er wohl in Kurzem
                              									veröffentlichen wird.
                           In Bezug auf die Entwicklung der Chlor-Industrie sind, abgesehen von einigen interessanten theoretischen
                              									Besprechungen über das Deacon'sche Verfahren,
                              									wesentliche Neuerungen nicht zu verzeichnen. Ungemein bezeichnend ist es, daſs von
                              									diesem Verfahren auf der Pariser Ausstellung absolut nichts gesehen und gehört
                              									wurde, während W. Weldon 
                              									einen groſsen Preis, und
                              									zwar den einzigen in der ganzen chemischen Industrie Englands, erhielt.
                              
                              										(Nachtrag folgt.)
                           Zürich, im December 1878.