| Titel: | Die Fabrikation von Kunstsandstein im Anschlusse an Dampfziegeleien; von Dr. Zernikow zu Oderberg i. d. Mark. | 
| Autor: | Zernikow | 
| Fundstelle: | Band 232, Jahrgang 1879, S. 75 | 
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                        Die Fabrikation von Kunstsandstein im Anschlusse
                           								an Dampfziegeleien; von Dr. Zernikow zu Oderberg i. d. Mark.
                        Mit einer Abbildung auf Tafel 8.
                        Zernikow's Fabrikation von Kunstsandstein.
                        
                     
                        
                           Mit der Kunstsandstein-Fabrikation wird der Zweck verfolgt, in der Bautechnik die
                              									natürlichen Sandsteine zu ersetzen. Insofern es sich beim fabrikmäſsigen Betriebe
                              									hauptsächlich um Massenproduction handelt, soll nachstehend diese Fabrikation,
                              									soweit sie die Herstellung glatter Bauglieder von
                                 										prismatischer Form betrifft, als da sind: Gittersehwellen, gerade
                              									Treppenstufen, Thür- und Fenstereinfassungen, Verdachungen, Fuſs-, Brust- und
                              									Hauptgesimse u. dgl., näher erläutert werden (D. R. P. Nr. 502 vom 2. Juli 1877.
                              									Vgl. 1878 228 182).
                           Die Rohmaterialien zur Herstellung des Kunstsandsteines sind: Sand und gelöschter
                              									Kalk. Aller Sand ist hierzu gut, welcher mit gelöschtem Kalke gemengt einen gut
                              									bindenden Mörtel gibt. Am besten ist der feine, möglichst viel Kieselsäure haltende
                              									Sand. In all den Verhältnissen, welche bei der Mörtelmischung zulässig sind, können
                              									auch die Rohmaterialien zur Herstellung des Kunstsandsteines gemengt werden. Im
                              									Allgemeinen wird aber dieser Stein um so härter, je magerer der Mörtel ist; darum
                              									geben 4 bis 6 Th. Sand und 1 Th. gelöschter Kalk ein recht gutes Fabrikat.
                           Die Rohmaterialien, Sand und gelöschter Kalk, müssen innig gemengt werden, um eine
                              									recht gleichmäſsige Masse zu bilden. Die in gröſseren Städten gebräuchlichen
                              									Mörtelmaschinen, und auch die guten Thonschneider auf den Ziegeleien, sind
                              									ausreichend für diesen Zweck. Wird nun der so hergestellte magere Mörtel einige Tage
                              									im geschlossenen Dampfkessel gekocht, so wird unter dem Einflüsse der Temperatur
                              									(über 100°) und des Druckes (über 1at) an den
                              									Berührungspunkten des Sandes mit dem Kalkhydrate eine dünne Schicht kieselsaurer
                              									Kalk gebildet, welcher bei der Abkühlung unter 100° unter gleichzeitiger Abnahme des
                              									Druckes die Erhärtung der Masse einleitet. Die Erhärtung ist bei der Abkühlung bis
                              									zu 40°, selbst wenn sie unter Wasser erfolgt, so groſs, daſs aus dem weichen,
                              									plastischen Mörtel ein starrer, zusammenhängender, fester Körper gebildet wird. Da
                              									nicht alle Kalktheilchen zur Bildung von kieselsaurem Kalk verbraucht werden, so
                              									findet an der Luft in Folge der Aufnahme von Kohlensäure noch ein bedeutendes
                              									Nachhärten statt, welches in einigen Wochen dem Kunststein den Härtegrad gibt, wie
                              									er bei guten natürlichen Sandsteinen anzutreffen ist. Das patentirte Verfahren
                              									beruht demnach im Wesentlichen auf „Nutzbarmachung der Dampfkraft zur schnellen
                                 										Versteinerung des Mörtels“, und dürfte der so hergestellte Kunstsandstein
                              									dem natürlichen Sandstein sehr nahe stehen, welcher als Bindemittel auch Kalk
                              									enthält.
                           Der in Fig. 6 Taf. 8 dargestellte Apparat soll die fertige Masse in die
                              									Ziegelmaschine abgeben, welche am oberen Ende mit einem Deckel verschlossen und
                              									durch eine Röhre oder durch einen Elevator mit dem Durchlaſsrohr E in Verbindung gebracht wird. Das Mundstück der
                              									Ziegelmaschine muſs einen Ansatz erhalten, welcher der gewünschten Schablone
                              									entspricht. Da es sich um die Herstellung voller und Meter langer Stücke handelt, so
                              									ist der Abschneidapparat bei Seite zu stellen.
                           Das Kochen kann zweckmäſsig durch Dampf aus dem Betriebskessel bewirkt werden, damit
                              									die Anlage einer besonderen Feuerung für den Kochapparat nicht nothwendig wird. Da
                              									die chemische Verbindung von Kieselsäure und Kalk nur an der Berührungsfläche und
                              									deshalb nur allmälig vor sich geht, so muſs der Kochproceſs eine gewisse Zeit
                              									andauern.
                           Die Mörtelmasse wird durch das Mannloch H in den
                              									stehenden Kessel A gebracht und darauf das Mannloch
                              									geschlossen. In der Achse des Kessels steht eine hohle Welle C, welche am oberen Ende durch die Stopfbüchse b mit dem Dampfzuleitungsrohre a, am unteren
                              									Ende mit den schraubenförmig stehenden Flügeln D und
                              									mit den daran befestigten Dampfeinleitungsröhren d in
                              									Verbindung steht.
                           Wird nun der Hahn a1
                              									geöffnet, so strömt Dampf aus dem Kessel durch die Röhre a in die Stopfbüchse b, durch die hohle Welle
                              										C in die Siebröhre d
                              									und tritt von hier zur Erwärmung in die Mörtelmasse. Das aus dem einströmenden
                              									Dampfe erhaltene Condensationswasser wird, weil specifisch leichter, in die Höhe
                              									steigen und sich an der Oberfläche der Mörtelmasse, bei w, sammeln. Von hier aus wird es durch einen Hahn l abgelassen und dann zweckmäſsig zur späteren Mörtelfabrikation, für
                              									welche es Wärme und einige aufgelöste Kalktheilchen mitbringt, verwendet.
                           Das Manometer k, welches auf dem Deckel des Kessels A angebracht ist, läſst den Zeitpunkt erkennen, bei
                              									welchem die Erhitzung der
                              									Masse so weit fortgeschritten ist, daſs der zuströmende Dampf Wärme nicht weiter
                              									abgibt; dann wird die directe Dampfzuleitung unterbrochen und der Hahn a1 geschlossen.
                           Jetzt kommt es darauf an, die Masse einige Tage lang bei der vorhandenen
                              									Dampfspannung und Temperatur zu erhalten. Darum ist der Kessel A von einem Mantel B, in
                              									einem Abstande von 40 bis 80mm, eingeschlossen.
                              									Der Zwischenraum ist oben abgeschlossen und steht durch die Röhre e mit dem Dampfzuleitungsrohre a in Verbindung. Wird der Hahn e1 geöffnet, so wird der Zwischenraum mit Dampf
                              									gefüllt, welcher jede Abkühlung des inneren Kessels unmöglich macht. Der einhüllende
                              									Dampf wird durch Wärmeabgabe nach auſsen theilweise niedergeschlagen. Das
                              									Condensationswasser, dessen Stand an dem Glas g zu
                              									erkennen ist, kann durch Oeffnung des Hahnes f1 unter Vermittlung der Röhre f wieder nach dem Dampfkessel zurückgeleitet
                              									werden.
                           Das Kochen der Masse wird zweckmäſsig einige Tage dauern (bei 3 bis 4at etwa 3 Tage); es ist einestheils an der
                              									Oberfläche der Sandkörner kieselsaurer Kalk zu bilden und anderntheils durch das
                              									längere Kochen die physikalische Beschaffenheit des Quarzsandes zu verändern,
                              									welcher dadurch an Härte und Sprödigkeit verliert und so eine mehr plastische Masse
                              									bildet.
                           Die stehende Welle C kann durch Vermittlung der
                              									Riemenscheibe o in Drehung versetzt werden. So lange
                              									die Masse im ersten Theile des Kochprocesses sich befindet, läſst man die Welle
                              									langsam und nicht andauernd laufen; schneller und ununterbrochen müssen die
                              									Umdrehungen sein, wenn die Masse durch Oeffnung des Ausfluſsrohres E in die Ziegelmaschine gedrückt werden soll.
                           Die Masse, im Wesentlichen aus Kieselerde, kieselsaurem Kalk, Kalkhydrat und Wasser
                              									bestehend, läſst bei Oeffnung des Hahnes i im Deckel
                              									des Apparates so viel Wasser ab, daſs dadurch leicht ein Sinken der Temperatur unter
                              									100° und die zugehörige Spannungsverminderung des beigemengten Wassers, sowie jeder
                              									wünschenswerthe Grad der Trockenheit der Masse erreicht werden kann, so daſs
                              									dieselbe durch die Ziegelpresse später noch gerade formbar genug, anderntheils aber
                              									so cohärent wird, daſs sie die erhaltene Form auch beibehält.
                           Der skizzirte Apparat hat 1m,56 Durchmesser und
                              									kann bis 3m,48 Höhe gefüllt werden, faſst also
                              										6cbm,653 Masse. Dieselbe würde ausreichend
                              									sein, um Fenstereinfassungen von 18cm Breite und
                              										13cm Dicke in der Länge von 285m, also, bei 1m
                              									Fensterbreite und 2m Fensterhöhe, etwa für 50
                              									Fenster die Einfassungen in 3 Tagen zu liefern.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
