| Titel: | Hectograph und Chromograph; von Prof. Dr. V. Wartha. | 
| Autor: | V. Wartha | 
| Fundstelle: | Band 232, Jahrgang 1879, S. 82 | 
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                        Hectograph und Chromograph; von Prof. Dr. V.
                              								Wartha.
                        Wartha, über den Hectograph und Chromograph.
                        
                     
                        
                           Unter dieser Bezeichnung gelangen seit einiger Zeit Apparate in den Handel, welche
                              									zur Herstellung von Copien benutzt werden, wobei das Original mit dickflüssiger
                              									Anilintinte auf gewöhnliches, gut satinirtes Papier geschrieben wird. Man hat dann
                              									nur nöthig, die Schriftseite auf einen elastischen Kuchen, welcher sich in einer
                              									flachen Blechbüchse befindet, zu legen, mit der flachen Hand einige Male darüber zu
                              									streichen und nach etwa 2 Minuten das Papier wieder abzuziehen. Der gröſste Theil
                              									der Schrift ist nun von dem elastischen Kuchen aufgesaugt worden, und man hat nun
                              									weiter nichts zu thun, als gewöhnliches trockenes Schreibpapier darauf zu legen und
                              									mit der Hand einige Male darüber zu fahren, um einen scharfen gleichmäſsigen Abdruck
                              									zu erhalten. Je nach der Dickflüssigkeit der benutzten Tinte kann man auf diese
                              									Weise 40 bis 50 Abdrücke erzeugen. Zu beachten ist dabei, daſs der elastische Kuchen
                              									am besten an einem kühlen Orte aufbewahrt, und daſs die Oberfläche desselben, falls
                              									dieselbe längere Zeit nicht gebraucht wurde, vorher mit einem feuchten Schwämme
                              									abgewischt wird. Hat man die gewünschte Anzahl Copien gemacht, so beeile man sich
                              									den Rest der Tinte, beim
                              									Chromographen mit kaltem, beim Hectographen mit warmem Wasser abzuwaschen; es
                              									geschieht dies am besten mit einem feinen kleinen Schwamm. Die sogen.
                              										„Composition“ besteht nun beim Hectographen aus einer Mischung von Leim
                              									(Gelatine), Syrup, Glycerin und Essigsäure; die letztere macht den Leim etwas
                              									löslich, während der Syrup und das Glycerin das Hartwerden des Leimes verhindern.
                              									Die Hauptmasse des Chromographen besteht auch aus Glycerin-Leim; auſserdem ist noch
                              									Dextrin und als Füll- und Färbemittel sogen. Permanentweiſs (schwefelsaurer Baryt)
                              									beigemengt. (Das Füllmittel und das Dextrin erleichtert das Abwaschen der Schrift
                              									mit kaltem Wasser.)
                           Die Bereitung der „Chromograph-Composition“ geschieht nun auf folgende Weise:
                              										100g feinste Gelatine werden mit 400 bis
                              										500cc dicken Barytsulfat-Niederschlag in einer
                              									Schale im Wasserbad geschmolzen und hierauf unter fortwährendem Umrühren 100g Dextrin und, je nach der Concentration, 1000 bis
                              										1200g Glycerin hinzugesetzt. Die Masse wird
                              									dann vom Wasserbade entfernt und unter zeitweisem Umrühren (damit der
                              									Barytniederschlag sich nicht absetzt) so weit abkühlen gelassen, daſs die Masse noch
                              									gut flieſst. Dann gieſst man die Mischung in flache Blechgefäſse und läſst sie an
                              									einem kühlen Orte vollständig erkalten. Man braucht gar nicht zu ängstlich die
                              									angegebene Vorschrift einzuhalten, denn jede Gelatin- oder Leimsorte benöthigt zu
                              									gleicher Consistenz verschiedene Mengen Wasser und Glycerin, und kann man sich durch
                              									kleine Guſsproben von der Güte der hergestellten Mischung überzeugen. Es ist nun zu
                              									beachten, daſs, im Falle der Kuchen nach dem Erkalten zu hart wird, Glycerin
                              									zuzusetzen ist; daſs, falls die Schrift (welche sofort nach Gebrauch zu entfernen
                              									ist) selbst mit lauwarmem Wasser schwer entfernt werden kann, mehr Dextrin oder
                              									Füllstoff nöthig ist u.s.w. Ich benutze nur Kuchen ohne Dextrin, weil ich gefunden,
                              									daſs bei Verwendung feinster englischer Gelatine und Glycerin nebst reinen,
                              									gefällten, schwefelsauren Baryts die besten und schärfsten Abdrücke erhalten werden,
                              									wenn auch die Schrift nur mit warmem Wasser zu entfernen ist, was niemals durch
                              									starkes Reiben geschehen darf.
                           Endlich möchte ich noch darauf aufmerksam machen, daſs man zu gewöhnlicher Schrift am
                              									Besten das „Violet de Paris“ von Poirrier
                              									verwendet, welches ein ungemein groſses Farbvermögen besitzt.
                           Zu dem erwähnten Dextrin-freien Kuchen verwende ich: 100g Gelatine, 1200g Glycerin und 500cc durch Decantation gewaschenes Barytsulfat. Das
                              									Original lasse ich auf dem mit einem kaum feuchten Schwämme überfahrenen Kuchen 1
                              									bis 2 Minuten liegen und ziehe dann von der Ecke aus ab. Die ersten Copien hat man
                              									nur mit schwachem Druck oder Betupfen mit einem Tuchballen herzustellen, damit nicht
                              									zu viel Farbe abgehoben wird. Ist der Kuchen durch langen Gebrauch uneben geworden,
                              									so gieſst man denselben um wobei man die Flüssigkeit durch feine Müllergaze gehen
                              									läſst. Sehr zweckmäſsig kann man die Masse zur Herstellung von Stempeln benutzen, um
                              									z.B. Namensunterschrift o. dgl. 40 bis 50 Mal abzudrucken und dann durch Abwischen
                              									der Schrift dieselbe gegen Miſsbrauch zu schützen. Auch kann man den Glycerin-Leim,
                              									der schon lange für Buchdruckerwalzen in groſser Menge erzeugt wird, fertig kaufen,
                              									um nur noch mehr Füllstoff und Glycerin zuzusetzen.