| Titel: | Lüdtge's Mikrophon und Universal-Telephon. | 
| Fundstelle: | Band 232, Jahrgang 1879, S. 231 | 
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                        Lüdtge's Mikrophon und Universal-Telephon.
                        Mit Abbildungen
                        Lüdtge's Mikrophon und Universal-Telephon.
                        
                     
                        
                           Wir haben bereits früher (vgl. 1878 229 148) eine
                              									Andeutung darüber gebracht, daſs Dr. Robert Lüdtge in
                              										Berlin gleich beim Bekanntwerden des Mikrophons die
                              									Priorität der Erfindung desselben beansprucht hat. Die Berechtigung dazu ist ihm von ausländischen
                              									Journalen bestritten worden, und deshalb nehmen wir Anlaſs, aus seiner
                              									Patentbeschreibung (* D. R. P. Nr. 4000 vom 12. Januar 1878)Hughes lieſs das Mikrophon erst am 9. Mai 1878
                                    											in der Royal Society vorführen (vgl. 1878 229 147). die betreffenden Stellen
                              									wörtlich mitzutheilen, um daran Einiges über sein Universal-Telephon zu reihen.
                           
                              „Wenn man in dem Stromkreise einer Batterie eine Unterbrechungsstelle
                                 										hervorbringt, etwa durch einfaches Zerschneiden des Leitungsdrahtes, und die
                                 										beiden Schnittflächen gegen einander legt, so ist freilich der Strom wieder
                                 										geschlossen; jedoch findet an der Schnittstelle ein Uebergangswiderstand statt,
                                 										der um so geringer wird, je stärker man die beiden Schnittflächen an einander
                                 										drückt..... Construirt man die eine Schnittfläche nun so, daſs sie durch
                                 										Sprechen oder andere Geräusche in Schallschwingungen versetzt wird, so wird sie
                                 										gegen die andere berührende Schnittfläche verschieden drücken, je nach
                                 										Intensität und Form der einzelnen Schwingung. Der Uebergangswiderstand an dieser
                                 										Stelle wird genau durch Intensität, Form und Anzahl der Schallschwingungen der
                                 										tönenden Schnittfläche in seiner Gröſse beeinfluſst und bestimmt mithin auch die
                                 										Intensität des im Stromkreise vorhandenen Batteriestromes..... und ein in den
                                 										Stromkeis eingefügtes Bell'sches Telephon wird die der Amplitude der
                                 										Schallschwingung entsprechende Vergröſserung der Intensität des Stromes wieder
                                 										in die entsprechende Schallwirkung übersetzen. Im Bell'schen Telephon als Empfangsapparat wird man alle die Schwingungen
                                 										hören, welche von der einen Schnittfläche an der Unterbrechungsstelle als Aufgabeapparat ausgeführt werden, und zwar mit
                                 										allen Feinheiten, da kein Schlieſsen und Oeffnen des Stromes, sondern ein An-
                                 										und Abschwellen der Intensität stattfindet......“
                              
                           
                              „Bei der Construction sollen die beiden – bisher als Schnittflächen bezeichneten
                                 										– Enden der Unterbrechungsstellen in dauernder Berührung mit einander sein, so
                                 										daſs der Stromkreis stets geschlossen ist; sie dürfen sich aber nur so wenig
                                 										innig berühren, daſs an der Berührungsstelle ein merklicher Uebergangswiderstand
                                 										der Elektricität stattfindet; daſs die Innigkeit dieser Berührung sich ändert,
                                 										sobald das eine der beiden Enden oder beide in Schallschwingungen gerathen. Die
                                 										Berührung darf auch deswegen nicht eine zu innige sein, damit die
                                 
                                 										Schallschwingungen des einen Endes wenigstens merklich stattfinden können.“
                              
                           Von den der Patentbeschreibung beigegebenen Abbildungen des „Aufgabeapparates“
                              									zeigt die erste „ein rundes, ebenes, in einem Holzringe befestigtes
                                 										Metallplättchen (Eisenblech, Zinkblech, versilbertes Glas o. dgl.) von 2 bis
                                 											10cm Durchmesser und bis 1mm Dicke, durch einen Draht mit dem einen
                                 										Batteriepole verbunden; gegen dasselbe wird ein mit dem anderen Pole
                                 										verbundener, übrigens isolirter Metallstift mittels eines Mikrometerstativs und
                                 											sehr fein geschnittener Mikrometerschraube so
                                 										weit bewegt, daſs er die Platte leise berührt und den Stromkreis, worin auch ein
                                 										Telephon liegt, schlieſst. Unvermeidliche Temperaturschwankungen bedingen eine
                                 										öftere Revision der Einstellung.... bei dieser sich durch ihre groſse
                                 										Empfindlichkeit empfehlenden Anordnung.“ Eine zweite Abbildung zeigt den
                              									Stift ersetzt durch eine zweite Platte, welche mit ihrer etwas gewölbten Fläche die
                              									erste Platte berührt, durch einen Holzring fest gehalten und durch einen an Stelle
                              									der Mikrometerschraube mit Schraubengewinde versehenen Messingring in die richtige
                              									Annäherung an die erste Platte versetzt wird. Es ist hierbei gleichgiltig, gegen
                              									welche der beiden Platten gesprochen wird. In der dritten (bezieh. vierten)
                              									Abbildung (Fig. 1) liegt der Stift s (bezieh. die zweite Platte) einfach durch seine
                              									eigene Schwere auf der in einer Holzfassung H liegenden
                              									Platte p auf; er steht senkrecht, leicht beweglich,
                              									aber immer leitend berührend in einem Metallrohre b.
                              									Die Innigkeit seiner Berührung mit der Platte p wird
                              									geregelt, einmal durch das Gewicht des Stiftes, sodann durch die Neigung gegen die
                              									Horizontale, welche man dem ganzen Apparate gibt. Zwei Klemmschrauben k1 und k2 führen die Enden e des Stromkreises zu dem den Stift tragenden Arm und
                              									zu der Platte p. Auſserdem kann die Innigkeit der
                              									Berührung zwischen dem Stifte s und der Platte p noch durch Anziehung eines unter die Platte zu
                              									legenden Elektromagnetes E regulirt werden, welcher den
                              									einen (q) seiner Pole bis unter die Mitte der Platte
                              										p vorstreckt. Eine fünfte Abbildung zeigt die
                              									(minder wirksame) Regulirung der Berührung der beiden Platten durch
                              									Wattenbäuschchen.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 232, S. 233
                              
                           Die sämmtlichen Constructionen gestatten auch die Anwendung des
                              										„Aufgabeapparates“ als Relais; dabei ist dann die schwingende Platte p die Eisenplatte eines Bell'schen Telephons, nur daſs
                              									sie nicht durch die Stimme direct, sondern durch die unter ihr wirkenden
                              									magnetischen Kräfte in Schwingungen versetzt wird.
                           Ludtge hat sein Mikrophon, von ihm jetzt Universal-Telephon genannt, neuerdings so weit
                              									vervollkommnet, daſs für telephonisches Sprechen auf Staatslinien und in der
                              									Haushaltung allen billigen Ansprüchen genügt sein dürfte. Die lästigen
                              									Nebengeräusche anderer Mikrophone, das Knistern und Knastern sind verschwunden; das
                              									aufgegebene Wort erscheint auf der Empfangstation durchaus klar, deutlich und so
                              									laut, daſs man am besten in einiger Entfernung vom Empfangsapparat, der ein
                              									Bell'sches Telephon ist, hört, da ein Nähern desselben dem gesunden Ohr empfindlich
                              									wird; viele Schwerhörige dagegen, welche das Instrument dem Ohre nahe bringen,
                              									verstehen bedeutend besser, wie mit den bisherigen Hilfsapparaten. Es wurde bis
                              									jetzt mit dem Apparat auf etwa 300km verständlich
                              										gesprochenNach der Vossischen Zeitung vom 1. März 1879 wurde das Mikrophon von Berlin
                                    											nach Magdeburg und zurück mit vollig befriedigendem Erfolg angewendet und
                                    											ist dasselbe im mikroskopischen Aquarium in Berlin ausgestellt.,
                              									und die hierbei eintretende geringe Abnahme der Schallstärke läſst hoffen, daſs weitere Versuche auf
                              									viel gröſsere Entfernungen noch genügende Resultate geben. Ein besonderes
                              									Anrufesignal ist nicht erforderlich; bringt man nämlich ein Bell'sches Telephon mit dem Lüdtge'schen
                              									Mikrophon in Berührung, so entsteht sowohl bei der Aufgabestation, wie bei der
                              									Empfangsstation ein reiner, tiefer, durchdringender Ton, welcher groſse Aehnlichkeit
                              									mit dem Ton eines Nebelhorns hat und weithin gehört wird.
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 232, S. 234
                              
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 232, S. 234
                              
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 232, S. 234
                              
                           Der wesentlichste Theil des Lüdtge'schen
                              									Universaltelephons ist der Contact zwischen den beiden elektrisch-leitenden festen
                              									Körpern a und b (am besten
                              									aus Kohle, Eisen, Platin) (Fig. 2 Seitenansicht, Fig. 3 Oberansicht); das eine Contactstück b ist an der Contactstelle eben, das andere a kugelig abgerundet; die Veränderungen des
                              									Uebergangswiderstandes, die der Strom während des Sprechens an dieser Contactstelle
                              									erfährt, bewirken entsprechende Schwingungen der Platte des Empfangstelephons,
                              									mithin die Wiedergabe des Gesprochenen. Eigenartig ist nun bei der Lüdtge'schen Construction vor Allem, daſs, während
                              									sonst nur das eine Contactstück an den Vibrationen der Schallmembran direct
                              									theilnimmt, Lüdtge beide Contactstücke zu einem System
                              									vereinigt, auf der Mitte der Membran M befestigt, so
                              									daſs sie beide die Totalschwingungen der Membran mitmachen. Wie die Zeichnung zeigt,
                              									steckt das Contactstück a in der viereckigen
                              									Messingfassung A, b ebenso in B: A und B sind durch zwei Kautschukstreifen
                              										p und q mit einander
                              									fest verbunden; die unwesentlichen und störenden Totalschwingungen der
                              									Schallmembran, die sonst leicht zur Funkenentstehung u. dgl. Anlaſs geben, sind
                              									hierdurch unschädlich gemacht; dagegen sorgen die Kautschukstreifen p und q dafür, daſs die
                              									den einzelnen Sprachlauten charakteristischen Partialschwingungen sich gut
                              									aussprechen. Kautschuk gehört bekanntlich zu den Körpern, welche der Fortpflanzung
                              									der Schallvibrationen beträchtlichen Widerstand entgegensetzen. Die der
                              									Schallmembran M mitgetheilten Schallschwingungen
                              									gelangen voll und ungeschwächt zum Contactstück a; um
                              									aber zu b zu gelangen, müssen sie p und q passiren. Hierbei werden sie in ihrer
                              									Intensität beträchtlich vermindert bezieh. vernichtet, es entstehen
                              									Schwingungsdifferenzen zwischen a und b, die Innigkeit des Contactes, mithin der
                              									Uebergangswiderstand, werden geändert u.s.w., und der Empfangsapparat gibt
                              									vorzugsweise die charakteristischen Partialschwingungen, aber klar und ungestört
                              									wieder. Die Schräubchen V und W dienen dazu, durch Zusammendrücken der Kautschukstreifen p und q die dämpfende
                              									Kraft derselben und somit die Empfindlichkeit des Apparates zu reguliren.
                           Figur 4 gibt einen Totaldurchschnitt des Apparates
                              									mit Andeutung der Linienschaltung. S ist der
                              									Schallbecher, M die Holzmembran, F deren Fassung, Z Zapfen
                              									zum drehbaren Aufhängen des Apparates in einem Stativ, A und B die beiden Contacthülsen., r eine Schraube, welche durch Bewegen des einen
                              									Contactstückes die grobe Einstellung besorgt, N eine
                              									Nebenschlieſsung, k und l
                              									Drahtklemmen, B die Batterie, T das Empfangstelephon. Die feine Einstellung wird durch Drehen des ganzen
                              									Apparates um eine horizontale Achse in den Zapfen Z
                              									bewerkstelligt; denn die Empfindlichkeit des Apparates ist so groſs, daſs die
                              									hierbei auftretende geringe Aenderung des Druckes, mit welchem B gegen A anliegt, genügt,
                              									den Contact zu reguliren.