| Titel: | Ueber das Verhalten von Zinn-Bleilegirungen gegen Essig. | 
| Fundstelle: | Band 232, Jahrgang 1879, S. 264 | 
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                        Ueber das Verhalten von Zinn-Bleilegirungen gegen
                           								Essig.
                        (Schluſs von S. 159 dieses Bandes.)
                        R. Weber, über das Verhalten von Zinn-Bleilegirungen gegen
                           								Essig.
                        
                     
                        
                           Um das für die Praxis wichtige Verhalten der einen mäſsigen Zusatz von Antimon
                              									enthaltenden Legirungen zu prüfen, wurden aus Zinn-Bleilegirungen, von welchen 100
                              									Theile mit 4 Th. Antimon versetzt waren, Becher von der Gröſse der aus unvermischten
                              									Zinnlegirungen verfertigten hergestellt und mit diesen nun wie mit den
                              									Zinn-Bleibechern verfahren. Das Ergebniſs der vier bezüglichen Versuchsreihen ist
                              									aus der Tabelle IV (S. 265) ersichtlich.
                           Der in den Bechern gestandene Essig war wiederum durch suspendirte Metalloxyde stark
                              									getrübt und enthielt wiederum in allen Fällen Blei. Die Oberflächen der von dem
                              									Essig berührten Metalle waren mit einer dunkler als die Legirung gefärbten
                              									Metallschicht beschlagen. Auf den Flächen der sehr bleireichen Legirungen, welche
                              									wiederum einen verhältniſsmäſsig stärkeren Angriff erfahren hatten, war eine
                              									schwarze, pulverförmige Schicht abgesetzt, welche viel fein zertheiltes Antimon
                              									nebst Oxyden enthielt.
                           
                           Tabelle IV. Versuche mit den 4 Th. Antimon auf 100 Th. der
                              									Zinn-Bleilegirung enthaltenden Metallgemischen in Form conischer Becher von 50mm oberem, 40mm
                              									unterem Durchmesser und 65mm Höhe. Lufttemperatur
                              									22 bis 25°.
                           
                              
                                 ZinngehaltderLegirungenProc.
                                 Erste ReiheDauer 3 Tage
                                 Zweite
                                    											Reihe,unmittelbarangeschlossenDauer 3 Tage
                                 Dritte
                                    											Reihe,unmittelbarangeschlossenDauer 3 Tage
                                 Summe derGewichts-verluste
                                    											derVersuchsreihen1, 2 und 3
                                 Vierte
                                    											Reihe,selbstandigDauer 9 Tage
                                 
                              
                                 Gewichtsverlustg
                                 Gewichtsverlustg
                                 Gewichtsverlustg
                                 
                              
                                 100
                                 0,012
                                 0,010
                                 0,010
                                 0,032
                                 0,037
                                 
                              
                                   95
                                 0,018
                                 0,010
                                 0,012
                                 0,040
                                 0,039
                                 
                              
                                   85
                                 0,017
                                 0,011
                                 0,011
                                 0,039
                                 0,037
                                 
                              
                                   75
                                 0,034
                                 0,014
                                 0,010
                                 0,058
                                 0,038
                                 
                              
                                   65
                                 0,052
                                 0,014
                                 0,010
                                 0,076
                                 0,060
                                 
                              
                                   55
                                 0,084
                                 0,013
                                 0,014
                                 0,111
                                 0,107
                                 
                              
                                   45
                                 0,157
                                 0,020
                                 0,016
                                 0,193
                                 0,161
                                 
                              
                                   35
                                 0,362
                                 0,111
                                 0,043
                                 0,516
                                 0,252
                                 
                              
                                   25
                                 0,581
                                 0,302
                                 0,201
                                 1,084
                                 1,043
                                 
                              
                                   15
                                 0,454
                                 0,305
                                 0,227
                                 0,986
                                 1,080
                                 
                              
                                     5
                                 1,050
                                 0,825
                                 0,729
                                 2,604
                                 2,211
                                 
                              
                                     0
                                 1,035
                                 0,940
                                 0,990
                                 2,965
                                 2,510
                                 
                              
                           Eine Vergleichung dieser Zahlenreihen mit den unter sonst gleichen Verhältnissen
                              									erhaltenen (in Tabelle III S. 158 verzeichnet) ergibt, daſs die antimonhaltigen
                              									Legirungen den reinen Zinn-Bleilegirungen ähnlich sich verhalten. Die Löslichkeit
                              									des Bleies nimmt wiederum mit dem Zinngehalte rasch ab; ein wesentlicher Einfluſs
                              									des Antimons auf die Menge der gelösten Metalle stellte sich nicht heraus. Auch hier
                              									zeigt sich, daſs bei dem ersten Angriffe des Essigs mehr Metall als bei der späteren
                              									Einwirkung in Lösung gehe, so daſs, wie die vierte Reihe bekundet, der Metallverlust
                              									der Dauer der Einwirkung nicht proportional ist. Diese Versuche geben nach
                              									Auffassung des Verfassers keinen Anlaſs, den Zusatz von Antimon aus sanitären
                              									Rücksichten für bedenklich zu erachten. Es vermehrt dieses Metall die Angreifbarkeit
                              									der Legirungen nicht und wird bekanntlich sowohl durch das Zinn, wie durch das Blei
                              									leicht metallisch aus seinen Lösungen gefällt. Bekanntermaſsen erhöht ein
                              									Antimonzusatz die Steifigkeit der Legirungen, weshalb dieses Metall den weicheren an
                              									Zinn ärmeren Legirungen oft beigegeben wird.
                           Bei den vorstehenden Versuchen hatte die atmosphärische Luft unbeschränkt Zutritt.
                              									Dieselbe führt die Oxydation der Metalle, welche durch den Essig nur befördert wird,
                              									herbei. Dieses läſst sich durch einen Versuch direct nachweisen. Zwei
                              									Legirungsplatten von 95 bezieh. 5 Proc. Zinngehalt wurden während einer Dauer von 3
                              									Tagen in ein mit abgekochtem Essig ganz gefülltes, sodann luftdicht verschlossenes
                              									Glasgefäſs gebracht und darauf der Gewichtsverlust der Platten ermittelt. Derselbe
                              									bezifferte sich:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 g
                                 
                              
                                 bei
                                 der
                                 Legirung
                                 von
                                 95
                                 Proc.
                                 Zinngehalt
                                 auf
                                 0,002,
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                   5
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,007.
                                 
                              
                           
                           Nach einer Einwirkungsdauer von 6 Tagen betrug der Verlust der
                              									Platte:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 g
                                 
                              
                                 von
                                 95
                                 Proc.
                                 Zinngehalt
                                 0,003
                                 
                              
                                 „
                                   5
                                 „
                                 „
                                  0,008.
                                 
                              
                           Die Gewichtsabnahme ist also in diesem Falle ungleich kleiner
                              									als früher, und wahrscheinlich würden die Platten gar keinen Verlust erlitten haben,
                              									wenn die Luft von ihrer Oberfläche ganz entfernt gewesen wäre. Der Luftzutritt ist
                              									nur ein beschränkter, wenn die Gefäſse bis zum Rande mit Essig gefüllt stehen
                              									bleiben, oder die Platten ganz unter Essig getaucht sind. Beides kommt in der Praxis
                              									wohl nicht oft vor.
                           Ein für die Deutung der in Rede stehenden Reactionen wichtiges Moment ist die Fällung
                              									des Bleies aus dem metallhaltig gewordenen Essig durch die Legirung. Pleischl bestreitet die Möglichkeit der Fällung des
                              									Bleies durch das Zinn und stellt die Richtigkeit der älteren Beobachtungen in
                              									Zweifel.
                           Der Verfasser hielt es für angezeigt, auch über diesen Gegenstand directe Versuche
                              									anzustellen, welche zu folgenden Ergebnissen führten.
                           Bei den oben beschriebenen Versuchen ist in allen Fällen eine Farbenveränderung der
                              									von dem Essig berührten Metallfläche beobachtet worden, deren entschieden dunklerer,
                              									grauerer Ton schon einen gröſseren Bleigehalt als den der Legirung andeutet. Auf der
                              									Innenfläche der Becher aus Legirungen von 40 bis 50 Proc. Zinngehalt hatten, wie
                              									oben bemerkt, Blättchen sich abgeschieden, und diese bestanden im Wesentlichen aus
                              									Blei. Neben diesen die partielle Fällung des Bleies durch die Legirungen darthuenden
                              									Erscheinungen erschien von Interesse, eine Reihe von Versuchen anzustellen, welche
                              									zugleich einen zahlenmäſsigen Belag liefern und dabei das Verhalten der verschieden
                              									zusammengesetzten Zinn-Bleilegirungen erkennen lassen. Zu dem Ende wurden Platten
                              									von gleichen Abmessungen (80mm lang, 35mm breit), bestehend aus Legirungen von 95 bis 5
                              									Proc. Zinngehalt, während 3 bezieh. 9 Tagen in eine angesäuerte, verdünnte Lösung
                              									von Bleizucker gebracht, welche in luftdicht verschlossenen Gläsern enthalten war.
                              									Dieselben wurden mittels eines Sandbades auf der Temperatur von 30 bis 35° erhalten.
                              									Die Platten waren vor Beginn des Versuches und sind nach dessen Schluſs gewogen
                              									worden. Es ergab sich nun, daſs auf sämmtlichen Platten (mit Ausnahme der Platte aus
                              									reinem Blei) Ueberzüge und körnige metallische Absätze sich gebildet und die
                              									Gewichte der Platten sich vermehrt hatten. Der Absatz enthielt als wesentlichen
                              									Bestandtheil Blei.
                           Wie die nachstehend aufgeführten Zahlen erweisen, haben die Platten von 85 bis 55
                              									Proc. Zinngehalt die gröſste Gewichtszunahme erfahren; die aus reinem Blei
                              									bestehende Platte hatte einen geringen Gewichtsverlust erlitten:
                           
                           
                              
                                 Versuchsdauer
                                 
                                 
                                 
                                 3 Tage
                                 9 Tage
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 g
                                 g
                                 
                              
                                 Reines Zinn
                                 
                                 
                                 
                                 0,072
                                 0,071
                                 
                              
                                 Legirung
                                 von
                                 95
                                 Proc.
                                 Zinn
                                 0,088
                                 0,141
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 85
                                 „
                                 „
                                 0,106
                                 –
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 75
                                 „
                                 „
                                 0,105
                                 0,140
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 65
                                 „
                                 „
                                 0,104
                                 0,136
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 55
                                 „
                                 „
                                 0,102
                                 0,135
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 45
                                 „
                                 „
                                 0,073
                                 0,136
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 35
                                 „
                                 „
                                 0,088
                                 0,141
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 25
                                 „
                                 „
                                 0,094
                                 0,146
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 15
                                 „
                                 „
                                 0,052
                                 0,098
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                   5
                                 „
                                 „
                                 0,017
                                 0,035
                                 
                              
                                 Reines Blei
                                 
                                 
                                 
                                 – 0,014
                                 – 0,016.
                                 
                              
                           Die durch Ausscheidung des Bleies bewirkte Gewichtszunahme der Platten erklärt sich
                              									aus der Verschiedenheit der Aequivalentgewichte des Bleies und des Zinnes. Für 58 in
                              									Lösung gehende Gewichtstheile Zinn scheiden sich 103,5 Gewichtstheile Blei auf der
                              									Platte aus.
                           Ein etwas anders angeordneter, die Fällung des Bleies recht augenfällig darthuender
                              									Versuch ist folgender: In einem aus besten, mit etwa 1 Proc. Kupfer versetzten Zinn
                              									gefertigten Becher von der Form der zu obigen Versuchen benutzten wurde ein aus
                              									reinem Blei bestehender Reif von 80mm Höhe so
                              									eingesetzt, daſs er mit seinem unteren Rande den Boden des Bechers und mit seiner
                              									Fläche dessen Innenwand berührte. In den Becher wurde nun ein solches Quantum Essig
                              									gegossen, daſs dessen Niveau unter dem oberen Rande des Bleiringes stand. So blieb
                              									der Becher 3 Tage stehen. Als darauf der stark getrübte Essig abgegossen wurde,
                              									zeigte sich, daſs der Bleiring stark angegriffen war und daſs auf der inneren Wand
                              									des Bechers eine bleigraue Metallschicht sich abgelagert hatte. Der Bleireif hatte
                              									bei diesem Vorgange einen Gewichtsverlust von 0g,388 erlitten, während der Becher eine Gewichtszunahme von 0g,024 erfahren hatte. Es sei hier noch einmal
                              									bemerkt, daſs die wiederholt ausgeführten Analysen der metallhaltigen Essige mit
                              									wenigen Ausnahmen einen das Metallmischungsverhältniſs überschreitenden Antheil an
                              									Zinn ergeben haben.
                           Die Beobachtungen des Verfassers stehen mit den älteren Wahrnehmungen von Proust, Klaproth und Hermbstedt im Einklänge. Bei den Untersuchungen von Pleischl, auf Grund derer er die Fällbarkeit des Bleies
                              									bezweifelt, mögen Nebenumstände von Einfluſs gewesen sein. Daſs anscheinend
                              									geringfügige Umstände bei dieser Reaction eine Rolle spielen, geht aus der oben
                              									gedachten Bemerkung Fischer'sSchweigger's Journal, Bd. 20 S. 5.
                              									hervor, daſs aus einer verdünnten, nicht aber aus einer concentrirten Bleilösung
                              									durch Zinn Blei abgeschieden wird. Wie der Verfasser beobachtete, übt die Wärme,
                              									dann auch die Zusammensetzung der auf dem bleihaltigen Essig reagirenden Zinnbleilegirung
                              									hierbei einen Einfluſs aus.
                           Es ist wiederholt hervorgehoben worden, daſs bei dem ersten Angriffe des Essigs auf
                              									die völlig metallische, blanke Fläche der Essig eine gröſsere Menge Metall als
                              									später bei gleicher Dauer der Einwirkung aufnimmt. Dieses für die Praxis wichtige
                              									Verhalten dürfte in dem Absatze einer bei der ersten Einwirkung gebildeten, in dem
                              									Essig nicht löslichen, auf der Metallfläche stark haftenden Oxydschicht beruhen,
                              									indem diese die fernere Wirkung des Essigs wesentlich erschwert. Hierfür spricht
                              									zunächst die Unlöslichkeit der in dem Essig suspendirten Oxydflocken, ferner der
                              									Umstand, daſs die graue, auf der Innenfläche der angegriffenen Gefäſse befindliche
                              									dünne Oxydschicht beim Ausspülen der Gefäſse mit dem starken, zu obigen Versuchen
                              									benutzten Essig nicht verschwindet. Dafür spricht ferner die Beobachtung, daſs der
                              									Angriff des Essigs auf das Metall weniger energisch war, wenn der obere Theil der
                              									Metallwand trocken blieb, als wenn derselbe dauernd feucht war, was sich bei zwei
                              									Versuchen ergab, welche derart angestellt waren, daſs in dem einen Falle die mit den
                              									Platten und Essig besetzten Gläser im oberen Räume eines schwach erwärmten
                              									Digestorium, in dem anderen Falle in einem feuchten Keller aufgestellt wurden.
                           Die durch die erste Einwirkung des Essigs auf der Metallfläche gebildete, dort stark
                              									adhärirende und die Einwirkung des Essigs erschwerende Schicht vermindert auch wohl
                              									den Angriff der Metallflächen durch die Essigreste, die beim Entleeren der Gefäſse
                              									darin zurückbleiben und etwas Metall aufnehmen, das nun bei der folgenden Befüllung
                              									des Gefäſses mit Essig in letzteren übergeht. Man hat diesen Resten eine besondere
                              									Gefährlichkeit beigemessen und angenommen, daſs eine erhebliche Menge löslichen
                              									Bleisalzes entstehe, die bei der späteren Benutzung des Gemäſses von der
                              									eingegossenen Flüssigkeit aufgenommen werde.
                           Um der Frage näher zu treten, ob die gehegte Besorgniſs als begründet zu erachten
                              									ist, hat der Verfasser folgende Versuche ausgeführt: Neun der bei den früheren
                              									Versuchen benutzten Cylinder von 250cc Inhalt
                              									wurden, nachdem sie im Innern frisch polirt und mit einem in Spiritus getränkten
                              									Tuche ausgewischt waren, zweimal täglich während 8 Tagen mit dem Essig von der oben
                              									beschriebenen Beschaffenheit derart ausgeschwenkt, daſs ein kleiner Rest davon darin
                              									verblieb. Bei der folgenden Spülung gelangte das in der Zwischenzeit durch den
                              									Essigrest gelöste Metall in den Spülessig, der nun wiederholt in dieser Weise
                              									benutzt und schlieſslich auf seinen Metallgehalt und zwar mit der Maisgabe
                              									untersucht wurde, daſs eine directe Bestimmung des Bleies stattfand. Nachstehende
                              									Tabelle enthält die bezüglichen Versuchsresultate:
                           
                           Tabelle V. Mengen von Zinn und Blei, welche während 8 Tagen bei
                              									16maligem Ausspülen der Zinn-Bleigemäſse (0l,25
                              									Inhalt) von dem dazu benutzten Essig aufgenommen worden.
                           
                              
                                 ZinngehaltderLegirung
                                 GelöstesZinn
                                 GelöstesBlei
                                 ZinngehaltderLegirung
                                 GelöstesZinn
                                 GelöstesBlei
                                 
                              
                                 Proc.
                                 g
                                 g
                                 Proc.
                                 g
                                 g
                                 
                              
                                 100
                                 0,080
                                 –
                                 50
                                 0,048
                                 0,029
                                 
                              
                                   90
                                 0,074
                                 0,003
                                 40
                                 0,050
                                 0,029
                                 
                              
                                   80
                                 0,084
                                 Spuren
                                 30
                                 0,052
                                 0,051
                                 
                              
                                   70
                                 0,082
                                 0,009
                                 20
                                 0,038
                                 0,051
                                 
                              
                                   60
                                 0,072
                                 0,020
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           Die zu Anfang des Versuches blanke Innenwand der Gefäſse war mit einer grauen
                              									Oxydschicht belegt; der Essig war wiederum durch Oxydflocken mehr oder weniger stark
                              									getrübt.
                           Nach diesen Beobachtungen, welche mit den früheren im Einklänge stehen, und deren
                              									Ergebniſs auf den schützenden Einfluſs der unlöslichen Oxydhaut zurückzuführen ist,
                              									dürfte mit Rücksicht auf die geringen Mengen der gelösten Metalle die bezüglich der
                              									Wirkung der Essigreste gehegten Besorgnisse wohl nicht begründet, aber es dürfte zu
                              									empfehlen sein, das Ausscheuern der Gefäſse thunlichst zu vermeiden.
                           Einen erheblichen Einfluſs auf diese Reaction übt die Wärme aus. Die Einwirkung ist
                              									nämlich bei niederer Temperatur merklich geringer als bei höherer. Als die aus
                              									Antimon-haltigen Zinnlegirungen bestehenden Becher mit dem Essig von obiger Stärke 3
                              									Tage bei einer Lufttemperatur von nur 15° stehen blieben, ergaben sich folgende
                              									Werthe für deren Metallverlust:
                           
                              
                                 Zinngehaltder Legirung
                                 Verlust
                                 Zinngehaltder Legirung
                                 Verlust
                                 
                              
                                 
                                 
                                 g
                                 
                                 
                                 g
                                 
                              
                                 100
                                 Proc.
                                 0,015
                                 45
                                 Proc.
                                 0,064
                                 
                              
                                   95
                                 „
                                 0,018
                                 35
                                 „
                                 0,199
                                 
                              
                                   85
                                 „
                                 0,015
                                 25
                                 „
                                 0,415
                                 
                              
                                   75
                                 „
                                 0,020
                                 15
                                 „
                                 0,407
                                 
                              
                                   65
                                 „
                                 0,021
                                   5
                                 „
                                 0,855
                                 
                              
                                   55
                                 „
                                 0,060
                                   0
                                 „
                                 0,950.
                                 
                              
                           Die Beträge sind kleiner als die in Tabelle IV
                              									zusammengestellten.
                           Von Einfluſs ist auch die Beschaffenheit des Essigs; reine verdünnte Essigsäure
                              									wirkte weniger intensiv als gleich starker Handelsessig, welcher bekanntlich etwas
                              									Alkohol nebst färbenden organischen Stoffen u. dgl. enthält.
                           Die Beobachtung Vauquelin's, daſs der in
                              									Zinn-Bleibechern gestandene Wein, nicht der darin befindliche Essig, bleihaltig
                              									geworden war, veranlaſste den Verfasser, Versuche mit Essig anzustellen, dem ¼
                              									seines Volums von einer Weinsteinsäurelösung (von gleichem Sättigungsvermögen wie
                              									der Essig) zugefügt worden war. Es dienten zu diesem Versuche Platten von 120mm Länge, 60mm
                              									Breite, welche 20mm tief in die Säure tauchten.
                              									Die Dauer des Versuches betrug 3 Tage, die Lufttemperatur war 22°. Durch Schütteln wurden die Platten
                              									täglich zweimal benetzt:
                           
                              
                                 Zinngehalt der
                                 Gewichtsverlust der Platten im
                                 
                              
                                 Legirung
                                 vermischten Essig
                                 unvermischten Essig
                                 
                              
                                 
                                 
                                 g
                                 g
                                 
                              
                                 85
                                 Proc.
                                 0,231
                                 0,044
                                 
                              
                                 65
                                 „
                                 0,233
                                 0,053
                                 
                              
                                 45
                                 „
                                 0,247
                                 0,055.
                                 
                              
                           Also mehr als die vierfache Menge Metall war durch die
                              									Mitwirkung der Weinsäure in Lösung gegangen. Die vermischte saure Flüssigkeit war
                              									nur sehr wenig trübe, während in dem reinen Essig reichliche Mengen Oxydflocken
                              									enthalten waren. Auch an den Metallflächen zeigten sich auffällige
                              									Verschiedenheiten; die Platten, welche in dem vermischten Essig gestanden hatten,
                              									zeigten eine entschieden reinere metallische Fläche, als die der Wirkung des reinen
                              									Essigs unterworfenen. Es erklärt sich die Abweichung bezüglich der Mengen der
                              									gelösten Metalle aus der Löslichkeit der Oxyde in der Weinsäure, und es sprechen
                              									diese Versuche zu Gunsten der obigen Erklärung der Verminderung des Angriffes
                              									(Bildung einer Oxydschicht) bei längerer Dauer der Einwirkung des Essigs.
                           Die hauptsächlichsten Ergebnisse der vorstehenden Untersuchung sind kurz folgende:
                              									Die Angreifbarkeit der Legirung vermindert sich und zwar verhältniſsmäſsig rasch mit
                              									dem steigenden Zinngehalte. Eine Ausnahmestellung einzelner Legirungen ist nicht
                              									erkennlich. – Die mit Antimon (4 Proc.) versetzten Legirungen verhalten sich nicht
                              									wesentlich anders, als die reinen Zinn-Bleilegirungen. – Der Angriff des Essigs auf
                              									die frisch bearbeiteten Flächen ist namhaft gröſser als auf die mit Oxyd belegten. –
                              									Die in Lösung gehenden Metalle enthalten im Verhältniſs zur angegriffenen Legirung
                              									mehr Zinn als letztere, in Folge der Ausscheidung des Bleies aus dem metallhaltig
                              									gewordenen Essig. – Von wesentlichem Einflüsse ist der Zutritt der Luft, die
                              									Temperatur und die Beschaffenheit des Essigs.
                           Es ist in letzterer Zeit mehrfach die Ansicht ausgesprochen worden, daſs erst die
                              									neueren Untersuchungen (von Pleischl, Reichelt) die Gesundheitsgefährlichkeit der Zinn-Bleilegirungen in
                              									das rechte Licht gestellt hätten, indem durch sie erwiesen wäre, daſs selbst die
                              									sehr zinnreichen Legirungen an Essig Blei abgeben, und die Besorgniſs nahe läge,
                              									daſs dies bei den in der Praxis öfter angewendeten zinnärmeren Compositionen in
                              									ungleich höherem Maſse, als man früher angenommen, der Fall wäre. Ob und in wie weit
                              									dieses Bedenken gerechtfertigt ist, läſst sich aus den gedachten Untersuchungen
                              									nicht erkennen, weil sie den zur Beurtheilung jenes Punktes erforderlichen, durch
                              									Zahlen begründeten Anhalt nicht darbieten.
                           Der Verfasser erlaubt sich im Anschluſs an das vorstehend mitgetheilte Ergebniſs
                              									seiner Versuche hinsichtlich dieses Gegenstandes Folgendes zu bemerken: Wie die
                              									vorstehenden Tabellen zeigen, so werden von dem Essig die an Zinn ärmeren Legirungen
                              									allerdings stärker als die besseren Compositionen angegriffen; aber es nimmt,
                              									insbesondere in der oberen Region der ersteren Reihe, die Angreifbarkeit der
                              									Gemische doch wohl nicht in dem Verhältnisse zu, wie dies vielfach angenommen sein
                              									dürfte. Auch die Menge der von den schon als schlechter geltenden Compositionen
                              									abgegebenen Metalle (Legirungen mit 20 bis 25 Proc. Blei) ist nicht um so viel
                              									beträchtlicher als der Metallverlust der ihnen nahe stehenden edleren Legirungen,
                              									daſs, wenn die Gefahrlosigkeit der Legirungen von 10 Proc. Bleigehalt zugestanden
                              									wird, die mit 20 bis 25 Proc. unbedingt als gesundheitsgefährlich erachtet werden
                              									müſsten. Hierbei kommt noch in Betracht, daſs die Versuche über den Metallverlust,
                              
                              									welcher überhaupt (im Vergleich zum reinen Blei) nicht sehr beträchtlich ist, unter
                              									Bedingungen erfolgten, welche den Angriff sehr begünstigen und in der Praxis der
                              									Regel nach nur selten vorkommen dürften, indem wohl selten während mehrerer Tage
                              									stärkster Essig in offenen Geschirren stehen bleibt.
                           Die in letzterer Zeit mehrfach gehegten Bedenken dürften sich auch wesentlich durch
                              									die Vergleichung des Verhaltens der Zinn-Blei- und der gebräuchlichen
                              									Silberlegirungen abmindern.
                           Der Verfasser hat darüber folgenden Versuch angestellt: Ein in der Ehrenberg'schen Silberwaarenfabrik gefertigter, noch
                              									unpolirter Silberbecher von 0,735 Feingehalt, welcher nahezu die Gröſse der aus den
                              									Zinn-Bleilegirungen hergestellten conischen Becher hatte, wurde gleichzeitig mit
                              									letzteren (bei Ausführung der Versuchsreihe Tabelle III S. 158) unter denselben
                              									Verhältnissen und während der gleichen Zeit der Einwirkung des Essigs unterworfen.
                              									Die Gewichtsverluste, welche dieser Becher nach Verlauf von jedesmal 3 Tagen
                              									erlitten hatte, sind folgende:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 g
                                 
                              
                                 1.
                                 Versuch,
                                 Gewichtsverlust
                                 0,102
                                 
                              
                                 2.
                                 „
                                 „
                                 0,099
                                 
                              
                                 3.
                                 „
                                 „
                                  0,082.
                                 
                              
                           Der in dem Becher gestandene Essig war durch Kupfersalz deutlich grün gefärbt und
                              									enthielt nur dieses Metall, keine Spur Silber. Die Innenflächen der Becher waren
                              									nach dem Abspülen völlig blank, und nicht die geringste Menge eines in Essig
                              									unlöslichen Beschlages konnte wahrgenommen werden. Der bei dem zweiten und dritten
                              									Versuche sich ergebende geringere Verlust dürfte in der Anreicherung der obersten
                              									Silberschicht liegen. Aus der Vergleichung dieser Zahlen mit den in Tabelle III
                              									zusammengestellten Versuchsdaten erhellt, daſs der Silberbecher unter gleichen
                              									Umständen mehr Metall als die bis 35 Proc. Blei enthaltenden Becher aus
                              									Blei-Zinnlegirung abgegeben hat.
                           Der Verfasser beabsichtigt später ausführlichere Versuche über das Verhalten der
                              									Silber-Kupferlegirungen anzustellen.
                           
                           Es ist eine öfter gestellte, aber schwer zu beantwortende Frage, bei welchem
                              									Bleigehalte die Gesundheitsgefährlichkeit der Zinn-Bleilegirungen beginnt. Erachtet
                              									man die Gefährlichkeit des Bleies (und Zinnes) nicht gröſser als die des Kupfers, so
                              									dürften die Blei-Zinnlegirungen von einem den gedachten Procentsatz nicht
                              									überschreitenden Bleigehalt nicht gefährlicher als die gebräuchliche
                              									Silbercomposition sein, deren Benutzung zu Eſsgeschirr erfahrungsmäſsig unbedenklich
                              									ist. Mit Rücksicht hierauf dürften die in letzterer Zeit von Pleischl u.a. ausgesprochenen Bedenken doch wohl nicht ganz begründet
                              									sein, wenngleich sich geltend machen läſst, daſs gewisse Fälle in der Praxis
                              									vorkommen, bei welchen Gesundheitsschädigungen durch Abgabe von Metall, namentlich
                              									an saure Speiseflüssigkeiten u.a. stattfinden können. Es würde dies z.B. der Fall
                              									sein bei Büchsen bezieh. Büchsendeckeln für Fruchtconserven, bei den Umschlägen zum
                              									Einhüllen von Schnupftabak u. dgl. Für diese Fälle würde aber die Benutzung auch der
                              									Silber-Kupferlegirungen wegen der Abgabe von Kupfer unzulässig erscheinen, und es
                              									dürfte aus ihnen sich kein durchschlagender Grund gegen die Verwendung der bisher
                              									zur Anfertigung von Speisegeräthen üblichen Zinn-Bleilegirungen geltend machen
                              									lassen. Für derartige Zwecke würden auch andere zur Herstellung von
                              									Wirthschaftsgeräthen dienende Metalle und Metallgemische, z.B. Kupfer, Neusilber,
                              									ungeeignet erscheinen.
                           Was im Speciellen noch die zur Herstellung der Gemäſse dienenden Compositionen
                              									betrifft, so kommt bezüglich der letzteren auſser der sanitären Rücksicht und der
                              									Verminderung des Rauminhaltes durch chemischen Angriff der Innenwände noch
                              									wesentlich das Moment in Betracht, daſs das Material der Gemäſse eine entsprechende
                              									Widerstandsfähigkeit gegen Stoſs und Druck besitzen und auch insofern eine genügende
                              									Garantie gegen Veränderung des Rauminhaltes der Gemäſse darbieten muſs. Bezüglich
                              									dieses Punktes ist nun geltend zu machen, daſs die Festigkeit der Legirung
                              									verhältniſsmäſsig rasch mit dem wachsenden Bleigehalte sich verringert. Zu
                              									Beobachtungen dieser Art erwiesen sich die zu obigen Versuchen benutzten
                              									cylindrischen Behälter sehr geeignet. Es zeigte sich, daſs die aus den an Blei
                              									reicheren, weicheren Legirungen gefertigten Gemäſse wesentlich leichter
                              									Formveränderungen als die nach der Bestimmung der Normal-Eichungs-Commission
                              									legirten Gemäſse erfahren. Vergleicht man die Becher von 80 Proc. Zinngehalt mit
                              									denen, welche aus 70 bezieh. 60procentigen Legirungen gefertigt sind, so zeigt sich
                              									bezüglich der Widerstandsfähigkeit eine merkliche Verschiedenheit, welche nicht zu
                              									Gunsten der Verwendung von weniger als 80 Proc. Zinn enthaltenden Compositionen
                              									spricht. Hierzu kommt noch, daſs letztere verhältniſsmäſsig leicht anlaufen, worin
                              									ebenfalls ein bemerkenswerther Uebelstand beruht.
                           Die mit Antimon versetzten, an Zinn ärmeren Legirungen sind zwar fester, aber zugleich auch
                              									wesentlich spröder als die unvermischten Zinn-Blei-Compositionen. Sie laufen
                              									überdies leicht an und sind keine zur Anfertigung von Gemäſsen empfehlenswerthen
                              									Materialien.