| Titel: | Die gewichtsanalytische Bestimmung des Milchfettes: von Dr. F. Soxhlet. | 
| Autor: | F. Soxhlet | 
| Fundstelle: | Band 232, Jahrgang 1879, S. 461 | 
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                        Die gewichtsanalytische Bestimmung des
                           								Milchfettes: von Dr. F. Soxhlet.
                        Mittheilung aus dem Laboratorium der k. k.
                              								landwirtschaftlich-chemischen Versuchsstation in Wien.
                        Mit einer Abbildung
                        Soxhlet, über gewichtsanalytische Bestimmung des
                           								Milchfettes.
                        
                     
                        
                           Von sämmtlichen bisher vorgeschlagenen Methoden der Fettbestimmung in der Milch ist
                              									die genaueste und zuverlässigste jene, welche auf der Extraction der unter einem
                              									Zusatz eingetrockneten Milch mit Aether und Wägung des Fettes beruht. Die
                              									Verschiedenartigkeit in der Ausführung dieser Methode lag in der Anwendung
                              									verschiedener Aufsaugungsmittel und in Abänderungen der Extractionsmethode. Was
                              									erstere betrifft, so läſst sich nicht sagen, daſs diese oder jene der
                              									vorgeschlagenen Substanzen wesentliche Vorzüge vor der anderen biete. Bezüglich der
                              									angewendeten Extractionsmethode kann hingegen gelten, daſs die Benutzung der
                              									continuirlich wirkenden Fettextractionsapparate, wie sie in neuerer Zeit vielfach
                              									vorgeschlagen wurden, gegenüber der älteren Methode – Ausziehen im Kölbchen oder
                              									Extractionsrohr – erhebliche Vortheile an Bequemlichkeit und Aetherersparniſs
                              									brachte. Immerhin blieb diese Fettbestimmung eine langwierige und viel Zeit in
                              									Anspruch nehmende Operation und konnte dieselbe in nicht viel weniger als einem
                              									vollen Arbeitstag beendigt werden.
                           
                           Folgende Art der Ausführung läſst das Untersuchungsresultat in weniger als zwei Stunden erreichen, ohne daſs der
                              									Genauigkeit und Sicherheit im mindesten durch diese wesentliche Beschleunigung
                              									Eintrag geschehen würde. Sie beruht auf der Anwendung wasserfreien Gypses zur Austrocknung der Milch und der Benutzung eines
                              									eigenthümlichen Fettextractionsapparates. Der wasserfreie Gyps, für diesen oder
                              									einen ähnlichen Zweck bisher nicht angewendet, wirkt als Aufsaugungs- und
                              									gleichzeitig in Folge seines Vermögens, Krystallwasser aufzunehmen, als Trockenmittel; durch die Mitwirkung des letztgenannten
                              									Vorganges wird die Darstellung eines fein vertheilten Trockenrückstandes bedeutend
                              									beschleunigt. Man verfährt hierbei, wie folgt:
                           10cc Milch, gemessen und gewogen, werden in einer
                              									etwa 100cc fassenden Porzellanschale mit 20g gebrannten Gyps (feinster Modellgyps) innig
                              									gemischt und die entstandene feuchte Masse auf das Wasserbad gebracht. Während des
                              									Eintrocknens wird dieselbe 2 bis 3 Mal mittels des Spatels zerkrümelt und
                              									durchgerührt und nach 20 Minuten langem Verweilen auf dem Wasserbade mit einem
                              									glatten Pistill zerrieben. Nach weiteren 10 Minuten langem Trocknen ist sie zu einer
                              									für die Extraction geeigneten Trockenheit gebracht. Die Bildung eines Randes oder
                              									einer Haut von eingetrockneter Milch, wie solches bei Anwendung anderer
                              									Aufsaugungsmittel leicht vorkommt, ist bei dieser Art der Eintrocknung unmöglich und
                              									die Vertheilung der Milchtrockensubstanz die gleichmäſsigste und für die Extraction
                              									günstigste.
                           Extrahirt man den auf die beschriebene oder eine andere Art hergestellten
                              									Milchtrockenrückstand nach den bisher üblichen Extractionsmethoden mit Aether und
                              									überzeugt man sich, von der vollständigen Erschöpfung der Substanz dadurch, daſs
                              									erneuerte Extractionen bezieh. erneuertes längeres Inganghalten eines continuirlich
                              									wirkenden Extractionsapparates das Gewicht des Fettkölbchens nicht mehr vermehren,
                              									so findet man, daſs die vollständige Lösung des Fettes nicht so rasch beendet ist,
                              									als die gewöhnlich empfohlenen Proben – Verdunstenlassen einiger Tropfen
                              									abflieſsenden Aethers auf dem Uhrglase (Rückstand) oder auf Papier (Fettfleck) –
                              									anzeigen. So dauert beispielsweise die Extraction bis zur vollständigen Erschöpfung
                              
                              									der Substanz bei Anwendung des sehr verbreiteten Zulkowsky'schen Apparates (* 1873 208 298) in
                              									der Regel 10 Stunden. Die lange Dauer des Auswaschungsprocesses bei Benutzung dieses
                              									oder eines ähnlichen Apparates hat darin ihren Grund, daſs der genannte Apparat
                              									ebenso wie alle anderen selbstthätig wirkenden Extractionsapparate, die in neuerer
                              									Zeit empfohlen wurden, nach dem sonst verpönten Princip des ununterbrochenen
                              									Auswaschens arbeiten. Aus dem Rückfluſskühler tröpfelt Aether auf die Substanz,
                              									unten tröpfelt fetthaltiger Aether ab, der neu hinzu kommende Aether verdünnt nur,
                              									ohne die Substanz zu überschichten, die Fettlösung, kurz die Wirkungsweise dieser
                              									Apparate ist mit allen jenen Mängeln behaftet, welche der continuirlichen
                              									Auswaschungsmethode eigen sind und derentwegen diese aus der Reihe der analytischen
                              									Operationen verdrängt wurde. Ebenso wie ein Niederschlag auf dem Filter regelrecht
                              									nur dann ausgewaschen wird, wenn derselbe mit Waschflüssigkeit überschichtet wird
                              									und die Erneuerung derselben erst stattfindet, nachdem die vorher aufgegossene
                              									Flüssigkeit abgeflossen oder abgesaugt war, ebenso sollten die automatisch wirkenden
                              									Extractionsapparate arbeiten. Die Aufgabe, einen continuirlich wirkenden
                              									Fettextractionsapparat in einen solchen umzuwandeln, der selbstthätig die Substanz
                              									nach dem Princip der regelrechten Auswaschung erschöpft, hat in hiesigem
                              									Laboratorium Hr. Szombathy in sehr sinnreicher und
                              									einfacher Weise durch Anwendung einer Hebervorrichtung gelöst, welche die
                              									Aetherfettlösung, nachdem sie im Extractionsrohr eine gewisse Höhe erreicht hat,
                              									absaugt. Durch einige von mir angestellte Vorversuche wurden die geeignetsten
                              									Gröſsenverhältnisse der einzelnen Theile und die Bedingungen für die richtige
                              									Wirkung desselben ermittelt. Construction und Wirkungsweise des Apparates ist nach
                              									nachstehender Skizze leicht verständlich.
                           Textabbildung Bd. 232, S. 463A ist ein geschlossener 35mm weiter, 150mm
                              									hoher Glascylinder, an dessen Boden das 13 bis 15mm weite, 105mm lange Rohr B angelöthet ist. A und
                              										B sind durch das 8 bis 9mm weite Rohr C
                              									verbunden. Der aus einer dickwandigen, aber nur 2 bis 3mm im lichten weiten Röhre gefertigte Heber D
                              									ist an der tiefsten Stelle am Boden von A angelöthet,
                              									biegt sich an der Auſsenwand von A nach aufwärts und
                              									geht immer der; äuſseren Cylinderwand anliegend nach abwärts und durch B hindurch.
                           Das Rohr B wird mittels eines Korkes
                              									mit einem etwa 100cc fassenden weithalsigen
                              									Kölbchen, A mit einem Rückfluſskühler verbunden. Die zu
                              									extrahirende Substanz füllt man in eine cylindrische Hülse von Filtrirpapier, welche
                              									folgendermaſsen angefertigt wird: Man rollt um ein cylindrisches Holzstück, dessen
                              									Durchmesser 4mm geringer als die Weite des
                              									Extractionscylinders ist, ein Stück Filtrirpapier zweimal herum, läſst über die
                              									ebene Basis des Holzcylinders ein dem Durchmesser desselben entsprechendes Stück der
                              									gebildeten Rolle hervorstehen, biegt dieses, wie man ein Paket schlieſst, um und
                              									ebnet den gebildeten Boden der Hülse durch kräftiges Aufdrücken. Der Aether filtrirt
                              									durch eine solche Papierhülse so klar wie durch ein gewöhnliches Filter. Eine
                              									Baumwollunterlage ist ganz überflüssig. Nach dem Einfüllen der Gypsmasse legt man
                              									etwas Baumwolle in die Hülse oben auf, um ein Herausschlemmen des Pulvers durch die
                              									einfallenden Aethertropfen zu verhindern. Damit die Heberöffnung am Boden durch die
                              									Hülse nicht verschlossen werde, stellt man letztere auf einen Ring, welchen man aus
                              									einem 3 bis 4mm breiten Blechstreifen sich gebogen
                              									hat. Der obere Rand der Hülse muſs wenigstens 3mm
                              									unter dem höchsten Punkt der Heberkrümmung liegen, sonst halt der Filterrand Fett
                              									zurück. Des weiteren ist notwendig zu beachten, daſs die Hülse nicht mit Baumwolle
                              									vollgefüllt werde, und daſs der aus dem Kuhler flieſsende Aether immer in die Hülse
                              									eintropfe. Man verbindet schlieſslich das gewogene weithalsige Kolbchen mit dem
                              									Apparat, nachdem man in
                              									dasselbe etwa 25cc wasserfreien Aether und in den
                              									Extractionscylinder so viel von demselben eingegossen hat, daſs derselbe durch den
                              									Heber überflieſst, und stellt letzteres in Wasser, welches auf 65 bis 75° erhalten
                              									wird. (Ich bediene mich der ausgezeichnet wirkenden Thermoregulatoren von AndreaeAnnalen der Physik, 1878 Bd. 4 S.
                                    										614. und erhalte das Wasser auf 70 bis 72°.) Der Aether destillirt
                              									nun durch B und C nach A, sammelt sich daselbst, indem er die Substanz
                              									durchtränkt und überschichtet; sobald das Niveau des überdestillirten Aethers die
                              									höchste Stelle h der Heberkrümmung etwas überschritten,
                              									fängt der Heber an zu wirken und saugt die Aetherfettlösung zuerst in vollem, dann
                              									in durch Luftblasen unterbrochenem Strahle ab. Das Aufwärtsdestilliren wird
                              									hierdurch nicht unterbrochen; doch filtrirt die in der Hülse sich neuerdings
                              									sammelnde Aethermenge, der Heberwirkung entsprechend, nicht rasch genug nach; in
                              									Folge dessen entleert sich der Heber und es erfolgt eine abermalige Ansammlung von
                              									Aether bis zur Höhe h.
                           Der im Cylinder gesammelte Aether hat, wie ich mich überzeugte,
                              										genau die Siedetemperatur, nämlich 34,5°, und wird
                              									sonach die Substanz immer durch siedend warmen Aether
                                 										extrahirt. Hat das Wasserbad 70°, so wiederholt sich der Proceſs des
                              									Hinaufdestillirens und Abflieſsens durch den Heber in 20 bis 25 Minuten zehn Mal.
                              									Nach Beendigung der Extraction treibt man noch einmal den Aether in den
                              									Extractionscylinder und schaltet, um die Hauptmenge des Aethers wieder zu gewinnen,
                              									kurz vor der Wirkung des Hebers ein neues Kölbchen ein. Nachdem man die geringe
                              									Aethermenge im Kölbchen verjagt, oder durch nochmaliges Aufwärtsdestilliren wieder
                              									gewonnen hat, trocknet man 15 Minuten lang bei 100 bis 110, läſst 10 Minuten im
                              									Exsiccator und ebenso lang offen bei der Wage erkalten und wiegt.
                           Hat man wasserfreien Aether verwendet, so ist ein 15 Minuten
                              									langes Trocknen mehr als hinreichend; ein längeres Erkaltenlassen im Wagekasten, als
                              									wie angegeben, hat eine Aenderung des Gewichtes nur um Bruchtheile eines
                              									Milligrammes zur Folge, was den Fett-Procentgehalt der Milch erst in den
                              									Tausendstelprocenten beeinfluſst. Ein zehnmaliges Auswaschen mittels des
                              									beschriebenen Apparates genügt, um den mit gebranntem Gyps hergestellten
                              									Milchtrockenrückstand zu entfetten, wie die folgenden Versuche, welche mit
                              									vollkommen wasser- und alkoholfreiem AetherAbsoluten Aether erhält man, wenn man käuflichen Aether mit Wasser
                                    											ausschüttelt, über Aetzkalk stehen läſst, abdestillirt, das Destillat einen
                                    											Tag lang am Rückfluſskühler mit Natrium bis zum Aufhören der Gasentwicklung
                                    											kocht und abdestillirt. und bei einer Temperatur des Wasserbades
                              									von 70° angestellt wurden, zeigen:
                           
                              
                                 
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                                 Min.
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                                 Proc.
                                 
                              
                                 a)
                                 10
                                 unabgerahmte  frische Milch
                                 10,302
                                 extrahirtnoch
                                 1012
                                 Mal„
                                 in„
                                 22 =27 =
                                 0,35220,0007
                                 Fett
                                 ==
                                 3,4190,007
                                 
                              
                                 b)
                                 10
                                 von derselben  Milch
                                 10,307
                                 extrahirtnoch
                                 1012
                                 „„
                                 „„
                                 24 =26 =
                                 0,35200,0010
                                 
                                 ==
                                 3,4150,010
                                 
                              
                                 a)
                                 10
                                 mit Rahm ge-  mischte Mich
                                 10,332
                                 extrahirtnoch
                                 1012
                                 „„
                                 „„
                                 20 =24 =
                                 0,53220,0008
                                 
                                 ==
                                 5,1510,009
                                 
                              
                                 b)
                                 10
                                 von derselben  Flüssigkeit
                                 10,329
                                 extrahirtnoch
                                 1012
                                 „„
                                 „„
                                 23 =25 =
                                 0,53180,0011
                                 
                                 ==
                                 5,1480,011
                                 
                              
                                 a)
                                 10
                                 Magermilch
                                 10,340
                                 extrahirtnoch
                                 1012
                                 „„
                                 „„
                                 23 =27 =
                                 0,12800,0003
                                 
                                 ==
                                 1,2380,003
                                 
                              
                                 b)
                                 10
                                 von derselben  Milch
                                 10,337
                                 extrahirtnoch
                                 1012
                                 „„
                                 „„
                                 22 =26 =
                                 0,12840,0005
                                 
                                 ==
                                 1,2420,005
                                 
                              
                           Für alle Fälle genügt die Extractionsdauer von ½ Stunde, wenn das
                              									Erwärmungswasser 70° oder etwas darüber hat; während dieser Zeit wird die Substanz
                              									12 bis 14 Mal mit siedend warmem Aether regelrecht ausgewaschen. – Anstatt die Milch
                              									zu messen und zu wiegen, genügt es, dieselbe nur zu messen und zwar mit einer
                              									Pipette, welche auch am Ablaufrohr eine Marke hat und für die man das Gewicht der
                              									ausflieſsenden Milch ein für alle Mal bestimmt hat; die geringe Verschiedenheit im specifischen
                              									Gewicht der Milch kann dann vernachlässigt werden, da drei Einheiten in der 3.
                              									Decimalstelle beim specifischen Gewicht bei der Berechnung des procentischen
                              									Fettgehaltes diesen erst um 0,01 Proc. verrücken.
                           Der beschriebene Extractionsapparat eignet sich selbstverständlich für alle ähnlichen
                              									analytischen Operationen und präparativen Zwecke. Man kann mittels desselben in 11
                              									Stunden eine Substanz 300 Mal mit siedendem Aether regelrecht erschöpfen; während
                              									dieser Zeit wird dieselbe, wenn bei jeder Auswaschung etwa 25 bis 30cc Aether ablaufen, bei einem thatsächlichen
                              									Aufwand von etwa 80cc, mit 7,5 bis 9l siedendem Aether ausgewaschen, wobei immer nur
                              									25 bis 30cc Aether aufgegossen werden, wenn die
                              									vorher aufgegossene Menge abgeflossen war.Ephraim Greiner in Stützerbach fertigt diesen
                                    											Apparat in sehr solider und schoner Ausführung und hält denselben auf
                                    											Lager.