| Titel: | Ueber die Entfernung der Cyanverbindungen bei der Sodafabrikation; von G. Lunge. | 
| Autor: | Georg Lunge [GND] | 
| Fundstelle: | Band 232, Jahrgang 1879, S. 529 | 
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                        Ueber die Entfernung der Cyanverbindungen bei der
                           								Sodafabrikation; von G. Lunge.
                        Lunge, ü. Entfernung der Cyanverbindungen bei der
                           								Sodafabrikation.
                        
                     
                        
                           Vor einigen Monaten (1879 231 337) hatte ich über das
                              									Verfahren von Pechiney berichtet, welches durch einen
                              									Zusatz von Sulfat bei Beendigung der Sodaschmelze die Bildung von Cyanverbindungen
                              									verhindern oder die schon gebildeten zerstören soll, und welches von Weldon, in Verbindung mit seiner eigenen Verbesserung
                              									(Zerstörung des Schwefelnatriums durch Zusatz von ein wenig Kalksteinpulver zu Ende
                              									der Schmelze) in England eingeführt worden ist. Ich hatte auch schon erwähnt, daſs
                              									diese Erfindungen in England ein auſserordentlich groſses Aufsehen erregt und dahin
                              									geführt haben, daſs schon eine ganze Anzahl von anderen Vorschlägen patentirt worden
                              									ist, um denselben Zweck ohne Anwendung des Pechiney'schen Patentes zu erreichen.
                           Das letztere (auch in Verbindung mit Weldon's
                              									Verbesserung) ist in der That so einfach, daſs es nicht Wunder nehmen kann, wenn
                              									viele Fabrikanten nur ungern Patentgebühr für etwas zahlen, was ohne allen Apparat,
                              									mit wenig Worten der Instruction an den Werkführer, abgemacht zu sein scheint.
                              									Freilich ist dies meiner Ansicht nach grade ein besonderes Verdienst des neuen
                              									Verfahrens; daſs das Einfachste nicht immer das Nächstliegende ist, bestreitet ja Niemand, auch ohne
                              									den Vergleich mit dem Ei des Columbus (welcher
                              									eigentlich ganz falsch ist, weil Columbus die gestellte
                              									Aufgabe nicht ausführte, sondern sie nur umging). Auf
                              									der anderen Seite ist nichts erklärlicher und berechtigter, nachdem einmal durch Pechiney die allgemeine Aufmerksamkeit auf die
                              									Cyanverbindungen gerichtet worden war, als daſs man versuchte, ob nicht andere Wege
                              									zu demselben Ziele führen. Wenn auch solche Versuche in erster Linie meist von dem
                              									Bestreben, die Patentgebühr zu vermeiden, geleitet werden, so muſs doch schlieſslich
                              									die chemische Technik überhaupt Nutzen daraus ziehen. Jede gröſsere englische Fabrik probirt jetzt
                              									täglich ihre Sodarohlauge auf Cyanverbindungen, und viele derselben stellen immer
                              									mehr Versuche damit an; es ist also sehr möglich, daſs noch andere Mittel zur
                              									Beseitigung des Cyans gefunden werden, wenn auch kaum einfachere und
                              									zweckentsprechendere als dasjenige von Pechiney.
                           Für uns kann es sich jetzt nur um den augenblicklichen Stand der Frage handeln, und
                              									dafür scheinen mir folgende Gesichtspunkte am richtigsten: 1) Bewährt sich Pechiney's Verfahren auch bei längerem Betriebe für
                              									seinen eigentlichen Zweck? 2) Stellen sich bei demselben anderweitige Uebelstände
                              									heraus, welche seine Einführung nicht räthlich machen, selbst wenn sein
                              									ursprünglicher Zweck erreicht wird? 3) Hat sich von den verschiedenen Vorschlägen
                              									für denselben Zweck, welche in der jüngsten Zeit gemacht worden sind, einer oder der
                              									andere ebenfalls als brauchbar bewährt, und haben solche Vorschläge Aussicht auf
                              									erfolgreiche Concurrenz mit dem Pechiney'schen
                              									Verfahren? Obwohl nun erst eine verhältniſsmäſsig kurze Frist vergangen ist, seitdem
                              									ich über das letztere berichtet habe, und ich unter anderen Umständen gern bedeutend
                              									länger warten möchte, ehe ich von neuem darüber schreibe, so fühle ich mich doch bei
                              									der groſsen Bedeutung des Gegenstandes verpflichtet, dies schon jetzt zu thun, weil
                              									mir von mehreren der anderen Erfinder Mittheilungen zugegangen sind, nach welchen
                              									meine früheren Aeuſserungen über jenes Verfahren als zu günstig für dasselbe
                              									erscheinen würden. Die Möglichkeit davon muſs ich ohne weiteres zugeben, da ich ja
                              									aus einer selbst interessirten Quelle (Hrn. Weldon's
                              									Mittheilungen) schöpfte, wie ich deutlich genug angegeben habe. Wenn ich nun die mir
                              									gewordenen Mittheilungen todtschweigen wollte, so würde dies mit meiner völlig
                              									unparteiischen und unbefangenen Stellung als Referent schlecht vereinbar sein. Aber
                              									da grade diese Mittheilungen auch wieder von solchen Seiten herstammten, welche für
                              									ihre eigenen Erfindungen und mithin gegen das Pechiney'sche Verfahren interessirt sind, so durften sie selbst nicht ohne
                              									weiteres als maſsgebend hingenommen werden, und ich muſste über die darin gemachten
                              									Behauptungen von neuem Erkundigungen einziehen. Das Resultat erlaube ich mir nun dem
                              									Publicum vorzulegen, soweit es mir von den Betheiligten gestattet worden ist. Dies
                              									ist der Fall mit allen Thatsachen; aber es ist mir
                              									nicht gestattet worden, vollständige Analysen zu bringen, und in den meisten Fällen
                              									ist es mir versagt worden, die Namen der betheiligten
                              									Firmen oder Herren wiederzugeben. Ich bin daher gezwungen, in den meisten Fällen die
                              									Firmen mit römischen Ziffern, die Namen der Directoren oder Chemiker mit beliebigen
                              									Buchstaben (nicht den wirklichen Anfangsbuchstaben) zu
                              									bezeichnen, kann aber mit vollster Bestimmtheit versichern, daſs die hierzu
                              									erwähnenden Firmen sämmtlich zu den gröſsten und besten Sodafabriken gehören und die
                              									von Allen gemachten Angaben ernstliche Berücksichtigung
                              									verdienen.
                           
                           Die erste oben aufgeworfene Frage war die, ob Pechiney's
                              									Verfahren auch nach längerem Betriebe sich für seinen eigentlichen Zweck, d. i. die
                              									Zerstörung der Cyanverbindungen, bewährt. Hierfür hatte ich früher die Angaben von
                              										Weldon wiedergeben (vgl. 1879 231 343). Herr A (Chemiker einer groſsen
                              									Fabrik in Lancashire, welche ich mit I bezeichnen will,
                              									und persönlich in weiten Kreisen bekannt) schreibt mir, daſs die Beseitigung der
                              									Cyanverbindungen nicht vollständig erreicht werde. Zwar habe man in der ersten
                              									Lancashirer Fabrik, wo das Pechiney-Verfahren im
                              									Groſsen ausgeführt wurde (ich will diese II nennen),
                              									damit eine groſse Verbesserung der Qualität der Soda erreicht, aber nur darum, weil
                              									man bis dahin mit oberschlächtigern Feuer abdampfte und ein sehr geringes Product
                              									erzielte; zugleich mit dem Pechiney-Processe habe man
                              									Apparate zur Abdampfung der Laugen mit unterschlächtigem Feuer und zum Ausfischen
                              									der Salze eingerichtet, und beides zusammen habe allerdings ein ausgezeichnet
                              									schönes weiſses Product, auch auf die Dauer, hervorgebracht. Dagegen sei die Stärke
                              									desselben nur 56°, während die besten Lancashirer Fabriken es sonst auf 58°
                              										bringen.Die Grade, von welchen hier und spater die Rede ist, sind immer englische,
                                    											also nominell die Procente von Na2O („real Soda“), welche alkalimetrisch
                                    											angezeigt werden. Aber ich habe schon vor einer Reihe von Jahren (1867 186 221) darauf aufmerksam gemacht, daſs die im
                                    											englischen Handel angewendeten Grade nur ausnahmsweise wirklich die Procente
                                    											von Na2O anzeigen, indem namlich das
                                    											Aequivalent des Natriums nach einem willkurlichen Handelsgebrauche = 32
                                    											angenommen wird. Dabei herrscht wiederum eine Verschiedenheit zwischen dem
                                    											Newcastler und dem Liverpooler Districte. In dem ersteren (auch in
                                    											Schottland und in London) setzt man das Aequivalent des Natriumcarbonates
                                    											(alter Styl) = 54, statt 53, und macht die Normalsaure so stark, daſs ein
                                    											Liter davon 54g Na2CO3
                                    											sattigt. Chemisch reines Na2CO3 zeigt mithin 32:54 = 59,26 Procent
                                    												„wirkliches Natron“, statt 58,49, d.h. 0,77 zu viel. Jeder
                                    											Newcastler oder Londoner Grad zeigt also um 1,316 Procent seines Werthes zu
                                    											viel, z.B. 50 Proc. Na2O = 50 + (50 ×
                                    											0,0136) = 50,66 Proc. In Lancashire geht man sogar noch weiter und setzt
                                    											einfach für 53 wirkliches Na2O je 54 „real“ Soda; andere gar für je 31 Na2O je 32 „real Soda“, also z.B. 51,6 Proc. für 50 Proc., und auch
                                    											damit ist man nur nominell zufrieden, denn bei der Controle zeigen sich die
                                    											Analysen der bekanntesten Liverpooler Handelsanalytiker, Huson und Arrott, namentlich bei kaustischer
                                    											Soda, oft 2 bis 3° zu hoch. Wohl fast sammtliche Lancashire-Soda wird nach
                                    												„Huson's Test“ verkauft, und ruhrige Exporteure haben damit
                                    											ein ausgezeichnetes Geschaft gemacht, daſs sie nach „Newcastle Test“ einkauften und nominell zum gleichen
                                    											Preise, oder etwa, um Verdacht zu vermeiden, mit ganz kleiner Provision,
                                    											aber nach „Liverpool Test“, verkauften. Dieses Unwesen ist zwar in
                                    											England allbekannt und daselbst auch schon offentlich genugt worden (vgl.
                                    												Chemical News, 1875 Bd. 32 S. 267. 280.
                                    											302. 1876 Bd. 33 S. 8. 17. 31. 40), besteht aber, da es der Vortheil der
                                    											mächtigen Lancashirer Sodafabrikation ist, daselbst noch ungeschwacht fort,
                                    											während einige groſse Fabriken in Newcastle und Schottland ganz reelle Grade
                                    											zu geben versichern. Der deutsche Kaufer kann nicht deutlich genug darauf
                                    											hingewiesen werden, daſs er zum mindesten „Newcastle Test“ verlangen solle. Im Texte ist also stets
                                    												„Liverpool“ Test zu verstehen, und entspricht also z.B. 58°
                                    											nicht etwa 99,16 Proc., sondern kaum mehr als 96 Procent wirklichen
                                    											Natriumcarbonates.
                           Hr. A übersendet mir auch Analysen der Laugen, welche er
                              									sich aus der Fabrik II verschafft hat, und die eine beständige Anwesenheit
                              									von Sulfaten in ziemlicher Menge und von Ferrocyan zeigen. In einer zweiten Fabrik,
                              									welche ich III nennen will, werden die Laugen noch heut
                              									oberschlächtig eingedampft (trotzdem kann ich aus eigener Kenntniſs versichern, daſs
                              									die Qualität ihrer Soda schon früher zu der besten in England überhaupt erzeugten
                              									gehörte); hier habe sich, nach Hrn. A, das Product auch
                              										zeitweise verbessert; man sei aber noch immer im
                              									Versuchsstadium, und eine Probe von Lauge aus dieser Fabrik zeigte Hrn. A immer noch bedeutend mehr Ferrocyan, als in seiner
                              									Fabrik (also I) ohne Pechiney-Verfahren (aber mit ihrem
                              									eigenen, später zu erwähnenden Verfahren). Hr. B
                              									(Director der Fabrik III) habe sich mit dem Proceſs
                              									viele Mühe gegeben, aber nur mit theilweisem Erfolg. – Die dritte Fabrik, in welcher
                              									das Pechiney-Verfahren eingerichtet wurde, war Nr. I, bei welcher Hr. A selbst als Chemiker thätig ist; aber hier sei das
                              									Resultat, aus unten zu erörternden Gründen, ein sehr schlimmes gewesen; man muſste
                              									sofort damit aufhören, wenn man nicht die 58° Soda von anderen Fabrikanten kaufen
                              									wollte; man muſste deshalb abwarten, bis Hr. Weldon der
                              									Fabrik seinen Assistenten Hrn. Cockburn, zur Verfügung
                              									stellen könnte, was aber bis jetzt noch nicht geschehen sei. – In einem späteren
                              									Briefe spricht sich Hr. A allerdings in folgender Weise
                              									aus: „Es wäre höchst ungerecht, öffentlich schon jetzt eine Meinung zu Ungunsten
                                 											Pechiney's auszudrücken, und würde dies
                                 										aussehen, als ob Sie zu Gunsten der Firma I
                                 										schreiben würden“ (welcher Verdacht mir gegenüber allerdings Jedem, der den
                              									Namen des Hrn. A erfahren sollte, ein Lächeln entlocken
                              									muſste).
                           Von anderer Seite, nämlich aus einer deutschen Fabrik Nr. IV, berichtet mir Hr. C, daſs bei ihm die
                              									nach Pechiney gemachte Schmelze zwar cyanfrei aus dem
                              									Revolver lief, aber dünn wie Wasser und steinhart, und daſs durch nachträgliche
                              									Reaction im Karren das Cyan wieder zum Vorschein kam. Dies kann aber doch nur in
                              									sehr untergeordnetem Grade der Fall gewesen sein; denn in einem späteren Briefe gibt
                              									Hr. C an, daſs die daraus hergestellte Soda auch ohne
                              									Entfernung der Mutterlaugen „wunderschön weiſs“ gewesen sei. Die von Mactear behauptete Bildung der Cyanverbindungen aus dem
                              									Stickstoff der Luft (vgl. 1879 231 340) durch die
                              										„alkalisirte Kohle“ sei purer Unsinn; denn bei gelegentlicher Anwendung
                              									von Steinkohlentheerpech, statt der stets stickstoffhaltigen Kohle, zum Sodamischen
                              									habe er ausgezeichnet schöne, vollständig cyanfreie Schmelzen mit nur 0,18 Proc.
                              									Schwefel und 45,5 Proc. Na2CO3 erhalten.
                           Was die zweite der oben erwähnten Fragen betrifft, so werden dem Pechiney'schen Verfahren folgende Vorwürfe gemacht.
                           Hr. A behauptet, 1) daſs man dabei,
                              									wegen unvollständiger Zersetzung des zuletzt zugesetzten Sulfates, nicht so
                              									hochgradige Soda, wie sonst, bekommen könne, nämlich statt 58° nur 56°; dies werde auch
                              									durch die von ihm ausgeführten Analysen der Laugen aus der Fabrik II erwiesen, und noch mehr durch die ähnlichen
                              									schlimmen Resultate in seiner Fabrik Nr. I. 2) Wegen
                              									der nöthigen Herabsetzung der Mischungskohle wurde nicht genug Wärme entwickelt, um
                              									die erzeugten Laugen mit den bestehenden Apparaten durch Abgangshitze einzudampfen;
                              									man muſste wegen Ueberfüllung mit Laugen im Revolver fortfeuern, ohne ihn zu
                              									chargiren (vgl. Bd. 231 S. 342, was Pechiney über
                              									diesen Vorwurf sagt, dessen thatsächliche Unterlage übrigens, wie wir sehen werden,
                              									gar nicht vorhanden ist). 3) Wegen des Zeitaufwandes, welcher zum Zusatz der 6 Proc.
                              									Sulfat am Ende der Operation nöthig ist, und der mindestens 10 Procent der ganzen
                              									Arbeitszeit beträgt, sei ein Revolver, der vorher auf das Maximum seiner Leistung
                              									getrieben war, nicht mehr im Stande, dieselbe Menge Soda fertig zu bringen. 4) In
                              									Folge der bedeutend höheren Temperatur, welche der Proceſs verlangt, gehe viel durch
                              									Verflüchtigung verloren; die Production für 100 Sulfat verringere sich.
                           Hr. C wirft dem Verfahren vor (wie
                              									schon vorhin erwähnt), daſs die Schmelze dünn wie Wasser aus dem Ofen laufe und dann
                              									steinhart werde; natürlich löst sie sich nun sehr schwer auf und wird dadurch das
                              									Ausbringen vermindert.
                           Um über den Grund oder Ungrund dieser Einwürfe ins Klare zu kommen, wendete ich mich
                              									an Hrn. Weldon selbst, welcher mir denn auch
                              									ausführlich, mit Beilegung von Originalbriefen, geantwortet hat; aus dem mir dadurch
                              									vorgelegten Material hebe ich nunmehr das Wesentlichste heraus. Zunächst stellt es
                              									sich heraus, daſs viele der wichtigsten Angaben des Chemikers A in seinen Briefen an mich thatsächlich unrichtig
                              									sind, und zwar hat Weldon mir dies klar bewiesen. Hr.
                              										A hatte behauptet, die Fabrik II habe nur darum die Qualität ihrer Soda so sehr
                              									verbessert, wie er es selbst anerkennt, weil sie zugleich mit dem Pechiney-Verfahren
                              									auch Eindampfung durch Unterfeuer und Ausfischen der Salze eingeführt habe. Dies ist
                              									einfach unwahr; die Fabrik II hat von jeher die Salze ausgefischt und hat hierin auch
                              									während oder nach Einführung des Pechiney-Verfahrens nichts geändert; die Verbesserung in der Qualität der Soda kommt also ganz
                              									ausschlieſslich auf Rechnung des letzteren. Vorher hatte man dort das Mactear'sche Verfahren angewendet und dabei die bei
                              									diesem Verfahren gewöhnliche Farbe der Soda erhalten, d.h. eine sehr ungenügende,
                              									welche auch bei continentalen Kunden dem langjährigen Rufe der „Tennant-Soda“
                              									groſsen Eintrag gethan hat. Nach Einführung des Pechiney'schen Verfahrens aber besserte sich die Farbe der Soda augenblicklich, und diese Verbesserung ist anhaltend
                              									fortgeschritten, so daſs jetzt keine „raffinirte“ Soda, und selbst nicht die
                              										Ammoniaksoda, den Vergleich mit ihr aushalten kann.
                              									Dies wird auch bestätigt durch das Zeugniſs des Hrn. D,
                              									Director einer der renommirtesten deutschen Fabriken, welcher die Fabrik II vorigen November besuchte. Das von Hrn. A dort erhaltene Muster von Rohlauge war zufällig
                              									ausnahmsweise reich an Cyanverbindungen (von Hrn. A =
                              									0,29 Procent des Natrons angegeben); die gewöhnliche Menge von Natron als
                              									Ferrocyanur ist nur 0,03 bis 0,09 auf 100 Th. des Gesammtnatrons. Die Menge der Schwefelverbindungen
                              									nach völliger Oxydation zu Sulfat beträgt 8 Theile auf 100 Na2O. (Originalbrief des Besitzers von Fabrik 71).
                           Wir kommen jetzt zur Fabrik III, von deren Director B (welcher vielfach für den tüchtigsten Sodafabrikanten
                              
                              									in England gehalten wird, wie auch die Fabrik für eine Musterfabrik gilt) mir
                              									ebenfalls ein und zwar sehr ausführlicher Originalbrief vorliegt. Hr. B. bestätigt, daſs man in der ihm wohl bekannten Fabrik
                              										II von jeher mit Ausfischpfannen (für Unterfeuer)
                              									gearbeitet habe. Allerdings habe man daselbst noch ziemlich viel Sulfat in den
                              									Laugen und komme nur auf 56 Proc. mit der Soda; aber man habe daselbst regelmäſsig
                              									weniger Ferrocyanur in den Laugen, als in der Fabrik I,
                              									wo Hr. A ist, wie sich auch erwarten lasse. Er habe vor
                              									wenigen Tagen sich aus dieser Fabrik eine Probe von Rohlauge holen lassen, welche
                              									unter Hrn. A's eigenen Augen gezogen wurde, nachdem
                              									zwei andere Proben verworfen worden seien; diese Probe werde also wohl nicht die
                              									schlechteste des dortigen Productes sein. Sie habe aber bei der Prüfung auf
                              									Ferrocyanur nach Hrn. A's eigener (patentirter) Methode
                              									0,41 Na4FeCy6 auf
                              									100 Na2O ergeben.
                           Zu seiner eigenen Fabrik (III) übergehend, welche die
                              									Laugen mit Oberfeuer eindampft, müsse er feststellen, daſs ihre Production sich
                              									nicht nur, wie Hr. A behauptet, zeitweilig, sondern dauernd verbessert habe. Die Farbe derselben sei besser
                              									als die der Soda von Fabrik I und die Grädigkeit stets
                              									57 bis 58°, so daſs groſse Mengen zu letzterer Stärke verkauft werden. Die
                              									Cyanverbindungen seien etwas höher als bei Fabrik II,
                              									aber kaum höher als bei I, und die Rohlauge enthalte
                              									viel weniger Sulfat als die von I. Die (oben erwähnte)
                              									von Hrn. A analysirte Probe von Rohlauge aus seiner
                              									Fabrik sei durchaus nicht maſsgebend, weil sie aus einer Zeit stammte, in welcher
                              									alle möglichen Mischungen versucht worden waren, wie man Hrn. A auch damals sagte. Er halte das Pechiney-Verfahren
                              
                              									für einen groſsen Fortschritt und habe seinerseits durchaus nichts von den schlimmen
                              										(„disastrous“) Folgen bemerkt, von welchen
                              									Hr. A. spreche.
                           Was die übrigen von Hrn. A gemachten Ausstellungen
                              									betrifft, so constatirt Hr. B, daſs man allerdings bei
                              									genauer Einhaltung der Pechiney'schen Sodamischung
                              									Schwierigkeiten mit der Eindampfuug der Laugen durch blose Abhitze habe, welche aber
                              									einfach durch Anwendung von etwas mehr Mischungskohle vermieden werden. Freilich
                              									verursache dies Entstehung von mehr Cyanverbindungen, was aber eben durch den Zusatz
                              									von Sulfat am Schluſs herabgemindert werde. – Es sei allerdings wahr, daſs dadurch
                              									10 Proc. an Zeit verloren gehe, aber darauf könne es nicht sehr ankommen. – Den von
                              									Hrn. A befürchteten Verlust durch Verflüchtigung hält
                              									er für ganz illusorisch; in Fabrik III habe man sicher
                              									keinen Rückgang in dem Ausbringen bemerkt und seines Wissens auch nicht in Fabrik
                              										II.
                           
                           Wir kommen nun zu der Fabrik I selbst, wo Hr. A thätig ist. Weldon
                              									schreibt über diese Folgendes:Obwohl ich Weldon in erster Person reden lasse,
                                    											ist doch vieles gekürzt und alles Persönliche ausgelassen.
                           „Es ist einfach unwahr, daſs Fabrik I jemals das Pechiney-Verfahren eingeführt“ und dann wieder
                              										„aufgegeben“ hat. Man hat dort einige Versuche ohne unser Wissen oder
                              									unsere Aufsicht gemacht und ist dadurch auf ihr eigenes (unten zu erwähnendes)
                              									Verfahren gekommen. Aber trotz ihres eigenen Patentes hat die Fabrik I doch mich ersucht, und ich habe es übernommen, meinen
                              									Assistenten hinzuschicken, um das Pechiney-Weldon'sche
                              									Verfahren in einem ihrer Revolver einzurichten, sobald es andere Verpflichtungen
                              									unsererseits gestatten. Sie hat dies im December gethan und ihr Gesuch seitdem
                              									mehrmals erneuert; mein Assistent (Weldon selbst ist
                              									durch Krankheit verhindert) hat noch nicht hingehen können, einfach weil eine
                              									gröſsere Anzahl anderer Firmen seine Dienste bis jetzt in Anspruch genommen
                              									hat....
                           Was die Behauptung angeht, daſs das Pechiney-Weldon'sche Verfahren das Ausbringen vermindere, so kann Hr. A davon durchaus nichts wissen; thatsächlich ist das
                              									Ausbringen bis jetzt nur in zwei Fabriken festgestellt worden, und in beiden ist es
                              										gröſser, als je vorher gefunden worden, wie Hr. E (Besitzer von Fabrik II)
                              									mich fortwährend versichert. Dieses gröſsere Ausbringen rührt jedenfalls davon her,
                              									daſs die Rohsoda leichter löslich ist. Die Schmelzen kommen „dünn“ heraus,
                              									aber schwellen in den Karren in früher nie dagewesener Weise auf, so daſs man,
                              									obwohl weniger Kohlen und Kalkstein als früher gebraucht werden, in denselben
                              									Fabriken für dieselbe Menge Sulfat mehr Karrenraum, im Verhältniſs von 14 zu 11,
                              									gebraucht. Grade diese groſse Porosität der Rohsoda ist eine positive, jeden Tag zu
                              									beobachtende Thatsache.
                           Dies stimmt nun allerdings nicht mit dem, was Hr. C (der deutsche Fabrikant) über die Schmelze sagt. Aber
                              									dies kann nur daher kommen, weil er den Proceſs in unvollkommener Weise ohne unsere
                              									Kenntniſs, Hilfe und instructionen probirt hat. Auch widerspricht dies den
                              									mündlichen Aeuſserungen, welche Hr. C mir gegenüber
                              									über das Resultat seiner Versuche gethan hat, die ja nicht fortgesetzt werden
                              									konnten, weil Hr. C sich nicht das Patentrecht für den
                              									Pechiney-Proceſs erworben hat, sondern seinen eigenen Weg geht. Hr. C hat ganz recht, wenn er gefunden hat, daſs die
                              									Cyanüre zurückzukommen scheinen; aber er erklärt dies unrichtig. Es kommt einfach
                              									daher, daſs das Innere der Schmelze immer mehr als das Aeuſsere enthält, von welcher
                              									die Proben meist genommen werden; daher kommt dann anscheinend mehr Ferrocyan in die Rohlauge, als man in der Rohsoda
                              									gefunden hatte.
                           Ich hoffe Ihnen später, wenn es mein Gesundheitszustand erlaubt,
                              									eine allgemeine Aufstellung über die Resultate des Pechiney-Weldon'schen Verfahrens und die zu seinem Erfolge nöthigen
                              									Bedingungen zu geben, welche, wie überall, erst gelernt werden müssen. Man muſs, so
                              									zu sagen, die Idiosynkrasieen jedes einzelnen Revolvers studiren und herausfinden,
                              									wenn man den Endzusatz von Sulfat und Kalkstein machen soll, wie schnell man den
                              									Revolver vorher und nachher, wie lange man ihn überhaupt noch nachher gehen lassen
                              									soll u. dgl. Dies wird von Hrn. Cockburn persönlich für
                              									jeden Revolver ausgemittelt und dauert oft einen ganzen Monat. Auch so zeigen sich
                              									(wie immer) groſse Verschiedenheiten in verschiedenen Fabriken; in einer bekommen
                              									wir das Ferrocyannatrium nicht unter 0,29 auf 100 Na2O; in einer anderen hat man es sofort, sogar ohne meinen Assistenten, auf
                              										„Spuren“ herabgebracht.
                           
                              In den bis jetzt verflossenen 9 Monaten haben wir schon 16 Revolver nach unserem
                                 										Verfahren in Gang gesetzt, und es werden jetzt nahezu 2500t Soda wöchentlich auf diese Weise fabricirt.
                                 										Wir haben Einladungen zur Einführung des verfahrens nach allen englischen
                                 										Fabriken, welche überhaupt Revolver anwenden, mit Ausnahme der von Mactear geleiteten, aber können denselben aus dem
                                 										oben angeführten Grunde nur allmälig nachkommen. Derselbe Grund erklärt, warum
                                 										einige hinter unserem Rücken angestellte Versuche mit dem, was man für unser Verfahren
                                 											hielt, angeblich schlechte Resultate ergeben
                                 										haben, dafür ist aber das Verfahren selbst durchaus nicht verantwortlich.“
                              
                           Soweit Weldon's Mittheilungen an
                              									mich.
                           Es wird sich kaum läugnen lassen, daſs im Vorhergehenden Weldon die dem gedachten Verfahren gemachten Vorwürfe vollständig, und
                              									zwar nicht nur mit Redensarten, sondern mit vollgiltigen, actenmäſsigen Belegen
                              									widerlegt.
                           Nun bleibt aber noch die dritte Frage übrig: Gibt es nicht noch andere Methoden,
                              									welche die Zerstörung der Cyanverbindungen ebenso gut wie die von Pechiney, oder vielleicht noch besser, bewerkstelligen?
                              									Das mir hierüber vorliegende Material, welches ich theils den Patentbeschreibungen
                              									direct, theils weiteren Mittheilungen von Weldon
                              									verdanke, ist Folgendes.
                           Am 3. August 1878 (Nr. 3079) patentirte in England Mactear die Zerstörung der Cyanverbindungen durch einen Zusatz von
                              									gewissen „oxydirenden Substanzen“ zu der Sodaschmelze kurz vor dem Ausziehen.
                              									Als solche werden genannt die Sulfate von Calcium, Barium, Strontium, die Oxyde von
                              									Eisen und Mangan. Bei Anwendung von Calciumsulfat genügen davon 5 Procent von dem in
                              									der Sodamischung enthaltenen Natriumsulfat; am besten eignet sich dazu
                              									wasserhaltiger Gyps. – Mactear's Verfahren ist
                              									augenscheinlich nur ersonnen, um sein früher besprochenes Revolver-Arbeitsverfahren
                              									überhaupt zu retten. Aber es erreicht ganz gewiſs nicht den Zweck, die
                              									Cyanverbindungen zu zerstören; grade die Laugen von so geschmolzener Soda enthalten
                              									fast das Maximum von Ferrocyan, welches überhaupt vorkommt (1,0 bis 1,6 auf 100
                              									Gesammtnatron), und die Farbe der Soda ist, wie wir schon oben gesehen haben,
                              									entsprechend schlecht.
                           Ein anderes Verfahren ist von Gaskell, Deacon und Comp.
                              									patentirt worden. Diese Firma glaubt gefunden zu haben, daſs der Grund, warum bei
                              									dem Pechiney-Verfahren die Cyanide zersetzt werden, durchaus nicht mit dem Zusätze
                              									von Sulfat zusammenhänge; vielmehr trete dieselbe Folge ein, wenn man irgend etwas
                              									am Ende der Operation in den Revolver werfe, gleichgiltig was es sei: Kalkstein,
                              									Kohle, Pyritabrände seien mit genau demselben Erfolge probirt worden. Die Zerstörung
                              									der Cyanide hänge eben nicht mit der hineingeworfenen Substanz zusammen, sondern mit
                              									dem Oeffnen des Revolvers. Da die Thür mindestens 5 bis 10 Minuten offen steht, so
                              									ziehe ein gewaltiger Luftstrom durch den Revolver, welcher sonst mit gänzlich
                              									sauerstofffreien Gasen gefüllt sei (?). Das in diesen enthaltene Kohlenoxyd (9 bis
                              									13 Proc.) sei sehr schädlich, und wenn man es durch Einblasen eines Luftstromes
                              									verbrenne (worauf eben das Patent lautet), so würden auch fast keine Cyanide mehr
                              									bemerkt – jedenfalls, weil sie zu Cyanat verbrennen.
                           Es wäre ja nun möglich, daſs dem so sei, obwohl die angeblich gefundene groſse Menge
                              									von Kohlenoxyd und das Fehlen von Sauerstoff in stärkstem Widerspruch mit den von Ferd. Fischer (Berichte der
                                 										deutschen chemischen Gesellschaft, 1876 S. 1558) angestellten Analysen von
                              									Soda-Ofengasen steht. Es wäre allerdings nicht unmöglich, daſs die Verhältnisse im
                              									rotirenden Ofen ganz anders als in den von F. Fischer
                              									untersuchten Handöfen liegen; aber wahrscheinlich ist dies nicht, denn man sollte
                              									dann in den rotirenden Oefen, wo danach so viel Kohle als Kohlenoxyd fortgehen
                              									würde, viel mehr Brennmaterial als in Handöfen
                              									brauchen, was doch wahrhaftig nicht der Fall ist. Auch begreift man nicht, woher der
                              									Unterschied in den Cyanverbindungen stammt, wenn das Pechiney-Verfahren in Handöfen
                              									angewendet wird, wo ja der von Gaskelly Deacon und
                                 										Comp. angenommene Sauerstoffmangel und Kohlenoxydüberschuſs nicht existirt;
                              										Pechiney selbst hat sein Verfahren mit Handöfen
                              									ausgearbeitet, und es ist erst in England auf rotirende Oefen (Revolver) angewendet
                              									worden, und zwar mit genau demselben Erfolge, wie wir oben gesehen haben. Weldon bestreitet übrigens auf das Bestimmteste, daſs
                              									bei dem Pechiney'schen Verfahren einfach das Cyanid in
                              									Cyanat durch die oxydirende Wirkung des Natriumsulfates verwandelt werde; nach
                              									Versuchen in groſsem Maſsstabe werde vielmehr gar kein Cyanat (oder doch höchstens
                              										1/50 des flach
                              									Obigem anzunehmenden) gebildet, sondern der Kohlenstoff
                              									des Cyanids reagire auf das Sulfat und reducire es zu Na2S, welches dann durch das Calciumcarbonat in Na2CO3 verwandelt werde. (Weldon gibt keine Gleichung, aber man könnte als solche
                              									z.B. aufstellen: Na2SO4 + 2NaCN = Na2S + Na2CO3 + CO + 2N.)
                              									Endlich, wenn es wirklich irgend etwas thut, das man in
                              									den Revolver wirft, warum nicht Mactear's Kalk, der
                              									doch notorisch den entgegengesetzten Erfolg hat? Daſs Gaskell, Deacon und Comp. selbst nicht ganz sicher über die Richtigkeit
                              									der Sache sind, geht daraus hervor, daſs sie einen Vertrag für Einführung des
                              									Pechiney-Verfahrens für einen Revolver geschlossen haben, wenn sie sich auch wohl
                              									jedenfalls vorbehalten haben, dieses Verfahren nach Befund wieder aufgeben zu
                              									dürfen. Auch lauten positive Nachrichten aus neuester Zeit ungünstig über den Erfolg
                              									ihres eigenen Verfahrens.
                           Eine andere Methode zur Beseitigung des Cyans ist von Dr. Pauli in der Fabrik Rheinau bei Mannheim eingeführt worden; man bringt
                              									dort kurz vor dem Entleeren eine Mischung von getrockneten Ausfischsalzen von der
                              									Aetznatronfabrikation (welche stets viel Sulfat enthalten!) oder von Bodensatz aus
                              									den Aetznatron-Schmelzkesseln mit abgelöschtem Aetzkalk in den Revolver; hierbei
                              									soll aller Sticktoff als Ammoniak fortgehen und mithin auch eine nachträgliche
                              									Bildung von Cyannatrium im Karren unmöglich sein. Bei dem Mangel aller näheren
                              									Belege kann ich über dieses Verfahren nichts weiteres äuſsern.
                           Am 10. August 1878 (Kr. 3166) patentirte in England H.
                                 										Brunner folgendes Verfahren für denselben Zweck. Man schmilzt das Sulfat
                              
                              										und den Kalkstein
                              									erst mit einem Theile (25 bis 75 Proc.) der nöthigen Kohle und setzt dann die übrige
                              									Kohle in einem oder mehreren Antheilen zu. Die Rohsoda soll cyanfrei sein und eine
                              									Ersparniſs an Kohlen erreicht werden. Auch vom Kalkstein kann man einen Theil bis
                              									zuletzt zurückhalten. Man arbeitet stets bei möglichst hoher Temperatur und soll in
                              									der That recht gute Soda erhalten. Es wäre dies aber nur ein Beweis mehr für die
                              									Richtigkeit des von Pechiney aufgestellten Satzes, daſs
                              									die Gegenwart von unzersetztem Sulfat die Bildung von Cyanüren verhindert, oder die
                              									gebildeten zerstört; denn bei Brunner's Verfahren ist
                              									ja eben ein Ueberschuſs von Sulfat fortwährend vorhanden, bis zuletzt noch einmal
                              									Kohle zugesetzt wird, und es sollte also gar kein Cyan in der Schmelze auftreten,
                              									auſser der kleinen Menge, welche sich aus dem Stickstoffe der zuletzt zugesetzten
                              									Mischungskohle bilden kann. Dies scheint auch wirklich der Fall zu sein; aber das
                              									Verfahren hat anderweitige Nachtheile und wird um so weniger zur Nachahmung
                              									auffordern, als es augenscheinlich nur zur Umgehung des Pechiney'schen Patentes ersonnen worden ist, mit dem es ja im Grunde ganz
                              									übereinkommt. Ein Proceſs wird diese Sache vor den Gerichten zum Austrage
                              									bringen.
                           Ein weiteres englisches Patent (Nr. 3022 vom 30. Juli 1878) ist von Allhusen genommen worden. Er thut eigentlich nichts,
                              									als die Verfahren von Pechiney, Weldon und Mactear zu combiniren, selbstverständlich ebenfalls nur
                              									zu dem Zwecke, um der Patentgebühr zu entgehen. Da der Patenträger selbst sich dazu
                              									verstanden hat, eine Licenz für das Pechiney-Weldon'sche Patent zu erwerben und ganz nach diesem zu arbeiten, so,
                              									ist es unnöthig, auf seine eigene „Erfindung“ weiter einzugehen, welche
                              									einfach darin besteht, 10 Procent der Gesammtbeschickung von Sulfat, Kalkstein und
                              									Kohle zurückzuhalten und erst kurz vor dem Entleeren in den Ofen einzubringen.
                           Endlich wäre noch ein englisches Patent von Glover (Nr.
                              									3973 vom 9. October 1878) zu erwähnen, welches nicht auf eine Zerstörung der
                              									Cyanverbindungen, sondern auf eine Verdeckung der gelblichen Färbung der Soda durch
                              									eine complementäre Farbe herauskommt. Man soll nämlich in den Verdampfpfannen etwas
                              									Mangansalz oder Manganoxyd zusetzen, welches beim Calciniren blaues Natriummanganat
                              									bildet.
                           Es wird schlieſslich wohl von Interesse sein, daſs nach der in diesem Punkte durchaus
                              									unverdächtigen Angabe von Weldon das
                              									Ferrocyan-Bestimmungsverfahren von Hurter entschieden
                              									das beste von den ihm bekannten ist (er hat schon Tausende von Bestimmungen aus
                              									vielen Fabriken in Händen). Allerdings erhalten verschiedene Beobachter damit nicht
                              									ganz gleiche Resultate; aber in den Händen des gleichen Beobachters stimmen die
                              									Resultate vorzüglich mit einander überein und sind also für Vergleichungen in
                              									derselben Fabrik unter allen Umständen brauchbar. Man darf jedoch zur Entfernung des
                              									Chlores aus der
                              									Flüssigkeit nur gelinde erwärmen, nicht stark erhitzen, und manche Chemiker ziehen
                              									es überhaupt vor, das Chlor einfach durch Natriumhyposulfit wegzunehmen.
                           Zürich, Mai 1879.