| Titel: | Zur chemischen Technologie des Glases. | 
| Autor: | F. | 
| Fundstelle: | Band 233, Jahrgang 1879, S. 310 | 
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                        Zur chemischen Technologie des
                           								Glases.
                        (Fortsetzung des Berichtes von S. 217 dieses
                           								Bandes.)
                        Mit Abbildungen auf Tafel 30.
                        Zur chemischen Technologie des Glases.
                        
                     
                        
                           Bearbeitung des Glases. Um optische Gläser mit farbigen
                              									Streifen zur Abhaltung grellen Lichtes herzustellen, verwendet man nach J. F. Alt in Nürnberg (D. R. P. Nr. 293 vom 27. Juli
                                 									1877) weiſses Krystallglas, welches auf einer Seite mit einem beliebigen
                              									Farbenglasguſs emaillirt ist, schneidet daraus die benöthigten Stücke und schleift
                              									behutsam mit feinem Schmirgel von der bunten Seite so viel ab, als wünschenswerth
                              									erscheint. Ist die Schutzseite nach Bedarf vollendet, so geht das Schleifen der
                              									weiſsen Glasseite auf den gewöhnlichen Schalen vor sich, in der Weise, wie jedes
                              									Brillenglas optisch behandelt wird. Der Schliff der weiſsen Glasseite wird, wie
                              									bekannt, in Convex-, Concav- und Doppelfocus ausgeführt. Der periskopische Schliff
                              									auf beiden Seiten bietet groſse Schwierigkeiten dar, desgleichen der von
                              									Hohlgläsern.
                           J. Fahdt in Dresden (*D. R. P. Nr. 1289 vom 14.
                              									December 1877) beschreibt folgende Vorrichtung zum Schneiden und Abschleifen von
                              									Lampencylindern. Fig. 1 bis
                              										4 Taf. 30 zeigen einen zur Aufnahme des Cylinders bestimmten Schlitten, der denselben fest in
                              									der ihm gegebenen Lage halten soll. Die beiden vorderen Backen a laufen spitz zu und fassen in den Einkniff des
                              									Cylinders, während die beiden anderen Backen b den
                              									hinteren Theil des Cylinders festhalten. Alle vier Backen sind halbrund und
                              									verlängern sich nach den Seiten, um Cylinder verschiedener Gröſse aufnehmen zu
                              									können. Es werden im letzteren Falle die Backen nach auſsen in ihren Lagern gezogen
                              									und mittels der Schrauben d festgestellt. Der Schlitten
                              									mit dem Cylinder kann mittels der Schraube mit Knopf e
                              									in der Richtung der Triebachse bewegt, d.h. dem Schleifrade näher oder entfernter
                              									gebracht werden. Die Fortbewegung des Cylinders senkrecht gegen die Achse der
                              									Triebwelle erfolgt mit der Hand auf zwei auf dem Tische T angebrachten Schienen f. An dem Tische T (Fig. 4)
                              									befindet sich ferner ein mittels Riemenbetrieb in rasche Umdrehungen versetztes
                              									Schwungrad von mindestens 1m,2 Durchmesser,
                              									welches den dünnen Stahlkranz k trägt. Das Gestell mit
                              									dem Cylinder ist auf dem Tische so angebracht, daſs der eingelegte Cylinder mit
                              									einer Handbewegung gegen die Stahlscheibe gedrückt werden kann, welche aus dem
                              									Trichter x mit einem Gemisch von feinem Sand und Wasser
                              									versorgt wird.
                           Soll ein Cylinder abgeschnitten werden, so wird er, wie oben angegeben, in die Backen
                              									des Schlittens eingelegt, nachdem durch die Stellschraube die Lauge des zu
                              									beschneidenden Theiles je nach Angabe genau festgestellt ist, und mittels einer
                              									Handbewegung des Schlittens gegen die Stahlplatte gedrückt. Es wird hier die
                              									Fortbewegung mit der Hand derjenigen mit einer Spindel vorgezogen, weil die Bewegung
                              									eine raschere ist, der Arbeiter den Druck gegen die Stahlscheibe mehr im Gefühl hat
                              									und nach beendigtem Abschneiden den fertigen Cylinder sofort herausnehmen kann. Es
                              									bedarf deswegen auch nur zweier spitz zugehender, aufrecht stehender Schienen, die
                              									in zwei entsprechend geschnittenen Kerben gehen, da der senkrechte Druck durch den
                              									Arbeiter ausgeübt wird. In Folge der schnellen Umdrehung der Scheibe in Verbindung
                              									mit dem feuchten Sande wird das überflüssige Glasstück von dem Cylinder glatt
                              									weggeschnitten. Der Schlitten wird dann in seine frühere Lage zurückgebracht, der
                              									Cylinder herausgenommen und ein neuer eingelegt.
                           Maschinen zum Schneiden von Glas wurden bereits beschrieben von
                              										Oschatz (*1849 113 191)
                              									und Ferrand (*1859 153 186),
                              									eine Schere zum Glasschneiden von Karmarsch (1855 136 232), ein Stahlrädchen von Legrady (*1874 211 344). Nach Carl Albrecht (1836 59 78)
                              									benetzt man die Werkzeuge zur Glasbearbeitung mit Terpentinöl, nach Maudslay (1861 162 157. 163 79) mit verdünnter Schwefelsäure. Das Sprengen von
                              									Glas geschieht mittels Sprengkohle (1857 143 466) oder
                              									heiſsen Gasen (1868 188 505). Zum Poliren will Pohl (1860 157 201) Zinkoxyd
                              									anwenden.
                           Zur Verzierung des Glases. F. Schüler in Berlin (D. R.
                              									P. Nr. 20 vom 5. Juli 1877) will mittels Photographie eine Schicht auf Glasplatten
                              										herstellen, welche
                              									mit dem Sandgebläse (*1874 212 14. 524) bearbeitet werden
                              									sollen. Zu diesem Zweck wird Pigmentpapier in eine 4proc. Lösung von dichromsaurem
                              									Kalium getaucht, im Dunkeln getrocknet und dann unter einem Negativ belichtet. Um
                              									nun die Zeichnung auf die Glasplatte zu bringen, wird letztere mit einer Lösung von
                              										1g Chromalaun in 30cc Wasser und 10g Gelatine in 500cc Wasser begossen und
                              									getrocknet. Das belichtete Pigmentpapier wird in kaltem Wasser einige Minuten
                              									eingeweicht und alsdann auf die zum Einblasen bestimmten Glasplatten aufgeklebt,
                              									nach etwa 10 Minuten in Wasser von 40° entwickelt und ausgewaschen.
                           Nachdem das so erzeugte Bild trocken geworden ist, wird dasselbe in einer 4proc.
                              									wässerigen Lösung von Chromalaun ¼ Stunde lang gebadet, abgespült und wiederum
                              									getrocknet. Ist dies geschehen, so wird das Bild mit einer Lösung von gleichen
                              									Theilen Wasser und Glycerin begossen und nach einer kurzen Einwirkung dieser Lösung
                              									mittels Flieſspapier abgetrocknet und kann dann eingeblasen werden.
                           Nach J. Gädicke in Berlin (D. R. P.
                                 									Nr. 562 vom 2. Juli 1877) quillt man zu gleichem Zweck 50g Gelatine etwa 6 Minuten in Wasser, läſst
                              									abtropfen, gibt 50cc Chlorzinklösung hinzu, löst
                              									im Wasserbade und mischt noch 50cc Glycerin und
                              										225g Kienruſs hinzu. Man läſst so lange auf
                              									dem Wasserbade stehen, bis der gröſste Theil des Quellungswassers verdunstet ist.
                              									Das gewöhnliche, gefirniſste Schablonenpapier bestreicht man auf der linken Seite
                              									mit einer Lösung von Copallack und Wachs in Benzin, um das Verschieben zu verhüten;
                              									die erwähnte Schablonirfarbe wird mittels eines Spatels aufgetragen und nach dem
                              									Abheben der Schablone mit Talk bestreut. Nach einigen Stunden ist die Masse so weit
                              									fest, daſs man sie dem Sandgebläse aussetzen kann; schlieſslich wird die Farbe mit
                              									kaltem Wasser abgewaschen.
                           H. Würz in Elberfeld (D. R. P. Nr. 5994 vom 29.
                                 									November 1878) verwendet Seidenpapier und als Farbe ein Gemisch von 100 Th. Wachs,
                              									50 Th. venetianischen Terpentin, 12 Th. Leim und der erforderlichen Menge Glycerin
                              									und Zinnober. Das Bedrucken geschieht mittels einer Druckplatte, in welcher die
                              									herzustellende Zeichnung vertieft vorhanden ist. Der zu verzierende Gegenstand wird
                              									gereinigt, etwas erwärmt und mit Terpentinöl befeuchtet;
                              									dann wird die Schablone mit der Farbseite darauf gelegt und festgedrückt. Die
                              									Sandkörner im Gebläse schlagen das dünne Papier, nicht aber die Farbe durch.
                           L. Westphal in Berlin (D. R. P. Nr. 1644 vom 27.
                                 									November 1877) schlägt dagegen vor, das Muster mit einer Masse aus Firniſs,
                              									Siccativ, Oellack und irgend einer Farbe mittels Pinsel, Feder oder irgend einem
                              									Druckverfahren (vgl. *1878 229 547) aufzutragen, um der
                              									künstlerischen Ausführung die weitesten Grenzen zu lassen.
                           
                           Schreibt man nach G. Plante (Journal de Physique, 1878 S. 273) mittels einer den
                              									negativen Pol einer galvanischen Batterie bildenden Platinspitze auf einer mit
                              									Salzlösung, z.B. Salpeterlösung, bedeckten Glasplatte, während der positive Pol in
                              									die Lösung am Rande der Platte eingetaucht ist, so erhält man die betreffenden
                              									Schriftzüge je nach der Stromstärke und Schnelligkeit der Bewegung mehr oder minder
                              									tief eingravirt.
                           Bromeis (1844 92 237), Prestl (1845 96 82) und Auer (1854 131 352) beschreiben das Aetzen der Glasplatten für die
                              									sogen. Hyalographie, Simonin (1845 95 238) das Einätzen von Buchstaben, Niepce (1854 131 398) und
                              										Siegwart (1868 190 426)
                              									das Einätzen von Photographien. Die Verzierung des Glases durch Aetzen mittels
                              									Fluorwasserstoff wurde von R. Smith (1855 136 320. 1856 141 237), Gugnon (1860 155 464), Keſsler (1863 170 217. 1867
                              										185 222), Tessié du
                                 										Mothay und Marechal (1866 181 213), Winkler (1862 166 400), namentlich aber von M.
                                 										Hock (*1875 215 129) und Siegwart (1876 220 479. 1877 223 309) beschrieben. Dode
                              									(1874 211 75) stellt glänzende Zeichnungen auf matt
                              									geschliffenen Glasflächen mittels Borsäure her (vgl. 1864 174 84).
                           Cooper (1837 66 213) und Grüne (1867 185 450) beschreiben das Einbrennen von Zeichnungen und Photographien, Fontenay (1839 73 443) und
                              										Brianchon (1858 150 216)
                              									besprechen die Farben für Glasmalerei (vgl. 1864 174
                              									84).
                           Zur Herstellung eingebrannter Lichtdruckbilder auf Glas, Porzellan
                              									u. dgl. wird nach J. H. Strumper in Hamburg (D. R. P.
                                 									Nr. 1384 vom 19. December 1877) der unter Anwendung von Schmelzfarben hergestellte
                              									Farbendruck von der Lichtdruckplatte auf Pyoxylinpapier oder auf irgend ein anderes
                              									nitrirtes Papier übertragen. Man klebt dieses Papier mittels Stärkekleister auf das
                              									Glas, läſst trocknen und brennt in gewöhnlicher Weise im Ofen ein (vgl. 1879 231 357).
                           Zum Versilbern des Glases schlug Drayton (1844 92 472. 93 137. 1847 104 440) eine ammoniakalische
                              									Silberlösung mit Weingeist und Cassiaöl, Choron (1848
                              										107 237) mit Alkohol und Nelkenöl, Pelouze und Fremy (1850
                              										118 38) mit beiden Oelen, Rud. Wagner (1858 148 447) mit Rautenöl, Andere
                              									mit Holzgeist vor (1845 98 292). Vohl (1849 112 236) verwendet Schieſsbaumwolle,
                              										Schnauſs (1860 158 270)
                              									Collodium und Unger (1860 157 78) eine alkoholische Gerbstofflösung. Drayton (1849 113 214) nimmt ammoniakalische
                              									Silberlösung mit Traubenzucker, desgleichen Hill (1856
                              										140 75) und A. Martin
                              									(1863 169 142. 1869 191 42),
                              										Liebig (1856 140 199.
                              									1859 151 284. 1860 157 208)
                              									Milchzucker oder auch wohl Kandis (1868 187 237); auch
                              										Browning (1867 183 146)
                              									verwendet Milchzucker; dagegen nehmen Petitjean (1856
                              										141 438. *1860 157 202),
                              										Weber (1860 157 78), Cimeg (1862 163 236), Bothe (1864 173 292. 174 84) und Himly (1876 220 530) Weinsäure. Die Versilberung wird besonders
                              									schön, wenn man nach Lea (1866 182 24) directes Sonnenlicht anwendet. Pratt
                              									(1877 226 645) will Traubenzucker mit Chlorzinn, Weickert (1851 119 362)
                              									arsenigsaures Kupfer verwenden, Power (1853 130 41) das Silber galvanisch niederschlagen (vgl. 1877
                              										225 78).
                           Um Glas zu vergolden, schlägt Steinheil (1846 99 397) das Gold galvanisch
                              									nieder (vgl. 1844 91 84), Liebig (1856 140 203) und Andere (1866 181 413) reduciren die Goldlösung mit Aetherweingeist,
                              										Petitjean (1856 141 439)
                              									mit citronensaurem Ammoniak, Wernicke (1868 188 51. 288) mit Aldehyd, Weingeist und Zucker.
                           Brianchon (1858 150 216. 1868 187 85) erhielt durch Einbrennen
                              									von Gold mit einem Wismuthflusse irisirendes Glas (vgl. 1877 224 112).
                           Strott (1861 161 399) befestigt Blattgold auf Glasscheiben mittels Wasserglas, Eisner (1858 147 76) und Moser (1875 216 189) mit
                              									Eiweiſs, Bernhardi (1854 131
                              									237) einfach mit Speichel.
                           A. Luckner in Berlin (D. R. P. Nr.
                                 									5623 vom 6. September 1878) schlägt vor, Buchstaben und Zahlen zu Firmenschildern
                              									aus Glas zu pressen und noch glühend mit geschmolzenem Silber oder Gold die
                              									Rückseite zu überziehen.
                           
                           Um Glas mit Platin zu überziehen, wird nach Lüdersdorff (1847 105 36)
                              									und Vasserot (1859 153 42)
                              									Platinchlorid mit Weingeist und Lavendelöl, nach Böttger (1869 192 475) mit Lavendelöl und
                              									Rosmarinöl aufgetragen und eingebrannt. Röntgen (1874
                              										211 136) beschreibt das Löthen von platinirten
                              									Gläsern.
                           Hartglas. Im Anschluſs an die Berichte von A. Bauer (1875 215 383), O. Schott (1875 216 75), Hagenbach (1875 218 181),
                              										Bourrée (1877 225 360)
                              									u.a. (1875 215 187. 1878 229
                              									57) über das Hartglas möge die Beschreibung des Ofens von Royer de la Bastie in Richemont (*D. R. P. Nr. 3794 vom 9. November 1877)
                              									nach der Patentschrift folgen. Auf Taf. 30 zeigt Fig. 5 eine
                              									Ansicht, Fig. 6 den
                              									Durchschnitt nach I-II und Fig. 7 den
                              									Grundriſs des Ofens, welcher namentlich für flaches Glas berechnet ist.
                           Der Arbeitsofen A wird von dem Herd B aus geheizt; in dem hinteren Theil der Mauer a befindet sich eine Oeffnung, durch welche ein Theil
                              									der Wärme nach dem Vorwärmer C geht, während die
                              									Rauchgase durch den Schornstein D entweichen. Hat der
                              									Ofen die gewünschte Wärme, so schlieſst man die Thüren c und d, unterhält das Feuer nur noch mit
                              									Holzscheiten, welche durch das Loch e in der Thür d eingeführt werden, und schlieſst die Zugklappe b.
                           Der Kessel E ist mit der Kühlmischung angefüllt und oben
                              									durch die Deckel f und g
                              									geschlossen; das damit verbundene Ueberlaufrohr h trägt
                              									zugleich das Thermometer t. Der Kessel wird von dem
                              									Herd H aus geheizt; die Flamme umspielt den Kessel in
                              									der Pfeilrichtung und entweicht durch den Kamin J. Hat
                              									die Flüssigkeit die gewünschte Wärme, so bringt man die Glastafeln durch die
                              									Oeffnung l in den Vorwärmer C, dann durch die Oeffnung in der Mauer a auf
                              									die feste Sohle des Ofens A und stöſst sie auf die aus
                              									feuerfestem Thon gefertigte, bewegliche Tischplatte K
                              									Durch die Oeffnungen m und n kann man den Gang der Arbeit beobachten. Hat das Glas den erforderlichen
                              									Hitzegrad erlangt, so hebt der Arbeiter mittels des Hebels L die auf einem Guſsstück befestigte, auf der Schneide o balancirende Platte, die nun mit dem schrägen Tisch
                              										G eine schiefe Ebene bildet Derselbe kann mittels
                              									des Hebels i um die Welle k gedreht werden und hat am unteren Ende einen elastischen Wulst, gegen
                              									den die durch die beiden Arme des Rahmens p geführte
                              									Glastafel beim Heruntergleiten in die Flüssigkeit anstöſst. Die etwa entstandenen
                              									Bruchstücke sammeln sich in dem Behälter F. Nun wird
                              									die Platte K in ihre vorige Lage zurückgebracht und
                              									eine neue Platte in gleicher Weise behandelt.
                           Sobald eine Glastafel in die Wanne eingelegt ist, hebt man mittels des Hebels i den Tisch G so weit,
                              									daſs die Klinke q durch das Gegengewicht r unter den Haken s kommt.
                              									Der Hebel i verläſst alsdann den Tisch, welcher an dem
                              									Haken q aufgehängt bleibt und nimmt die Lage der Linie
                              										N (Fig. 5) an,
                              									worauf ihn die Klinke u an dem obersten Einschnitt des Sectors v festhält. Unterstützt wird er in dieser Bewegung
                              									durch eine sich zwischen den beiden halben Handgriffen w befindliche Feder; er gleitet alsdann in die drei Führungen x, bevor er an den Einschnitt ankommt.
                           Der Arbeiter kann nun die Glastafel mit einem Haken in die von drei eisernen Stangen
                              										z getragene Wanne O
                              									bringen. Ist dies geschehen, so hebt man durch den eisernen Hebel y das Gegengewicht r, und
                              									der Tisch G nimmt seine frühere Stellung wieder ein.
                              									Der Arbeiter zieht nun die Klinke u des Hebels i zurück und läſst ihn so weit abwärts gehen, bis das
                              									andere Ende von der Schraube a angehalten wird. Der
                              									Tisch kann dann eine neue Glastafel aufnehmen. Ist die Wanne O mit Glas gefüllt, so zieht man sie aus dem Bade heraus und ersetzt sie
                              									durch eine andere.
                           Nach Bastie bewirkt der groſse Temperaturunterschied
                              									zwischen Glas und Fettbad, „daſs sich die Molecüle des Glases mehr zusammenziehen
                                 										oder einander näher gebracht werden; zu gleicher Zeit dringt fette Materie in
                                 										die obere Glashaut. Beide Vorgänge geben dem Glase eine gewisse Elasticität und
                                 										Härte. Diese rationelle Behandlung des Glases, welche dessen Molecularzustand
                                 										ändert, kann mit den unlogischen Härteversuchen des Glases in Wasser nicht
                                 										verglichen werden. Das Härten des Glases in Wasser macht das erstere nur
                                 										zerbrechlich, wie das Beispiel der sogen. Glastropfen zeigt.“ – Wie weit
                              									diese Erklärung zutrifft, steht dahin.
                           Das Preſshartglas von F. Siemens in
                              									Dresden (D. R. P. Nr. 1333 vom 14. November 1877) wird ebenfalls durch plötzliche
                              									Abkühlung des erhitzten Glases, jedoch nicht des bereits fertig gemachten, sondern
                              									derart durch Pressen hergestellt, daſs die Flächen der Preſsformen dem Glase seine
                              									endgiltige Gestaltung und die plötzliche Abkühlung ertheilen. Siemens wendet zu dem Zweck vorzugsweise eiserne und
                              									thönerne Formen an, ähnlich wie solche bei der gewöhnlichen Preſsglasfabrikation
                              									schon lange benutzt werden*, auch der Mechanismus der Pressen kann ganz ähnlich
                              									sein. Die Preſsformen müssen auf einer bestimmten Temperatur erhalten werden, welche
                              									den jedesmaligen physikalischen Eigenschaften des betreffenden Glases, sowie dessen
                              									Wandstärke entspricht. Je spröder das Glas, desto geringer muſs die Abkühlung
                              									ausfallen; je weicher dasselbe, desto stärker muſs das Abkühlungsverfahren
                              									eingeleitet werden. Glas von dicker Wandstärke erfordert ein stärkeres
                              									Abkühlungsmittel, als dünnes.
                           In solchen Fällen, wo ein besonders starker Grad von Abkühlung erforderlich ist,
                              									wendet Siemens Formen mit starkem
                              									Wärmeleitungsvermögen, also aus Kupfer oder Kupferlegirungen, an, im
                              									entgegengesetzten Falle aber Formen aus Thon und anderen Erd- oder Steinarten,
                              									welche eine geringe Wärmeableitung verursachen. Im Allgemeinen wird man aber mit
                              									Guſseisenformen, welche auf der Temperatur des kochenden oder warmen Wassers
                              									gehalten, und Thonformen, welche wo möglich ganz kühl gehalten werden,
                              									auskommen.
                           Das zu pressende Glas wird nur bis zum Plastischwerden erhitzt. Grünglas soll nach
                              										Siemens hierzu wohl über 1300°, Bleikrystall 800°
                              									erfordern (Angaben, welche offenbar zu hoch gegriffen sind; wenigstens sind dem
                              									Referenten die Glasröhren noch immer bei 800 bis 900° zusammengeschmolzen; vgl. 1879
                              										232 528). Das angewendete Glas muſs eine möglichst
                              									gleichmäſsige Wandstärke besitzen, da verschiedene Glasstärken auch verschiedene
                              									Abkühlung verlangen. Für Gegenstände von verschiedener Wandstärke muſs die Preſsform
                              									aus Stoffen von verschiedenen Wärmeleitungsvermögen derart zusammengesetzt sein,
                              									daſs die dicken Glastheile rascher gekühlt werden als die dünnen. Das gleiche
                              									Verfahren muſs man bei Ueberfangglas anwenden.
                           Nicht in allen Fällen ist es nöthig, Halbfabrikate oder halb fertig gemachte Waaren
                              									für die Preſshartformen zu verwenden, sondern es ist unter gewissen Umständen auch
                              									zweckmäſsig, ganz fertige Waare diesem Verfahren zu unterwerfen, wie es auch
                              									umgekehrt vorkommt, daſs man das aus dem Glashafen geschöpfte Rohglas, mit Umgehung
                              									des Anwärmofens, direct in die Preſsformen gelangen läſst. Allerdings würde dann
                              									eine glatte Oberfläche des Glases nicht zu erzielen sein, was bei gewissen Artikeln
                              									aber auch kein Erforderniſs ist. In besonderen Fällen ist es auch zulässig, ohne
                              									Anwendung eines besonderen Anwärmofens die am Glasschmelzofen halbfertig gemachte
                              									Waare direct von der Pfeife des Glasmachers in die Preſsform zu legen. Für die
                              									groſse Masse der herzustellenden Glasartikel wird man aber nicht umhin können, die
                              									Benutzung eines besonderen Anwärmofens, in welchem die vorher fertig oder halbfertig
                              									gemachten Waaren wieder bis zu dem notwendigen Hitzegrad vorgewärmt werden, zur
                              									Anwendung zu bringen.
                           Besonders gut läſst sich die Formgebung und Härtung von Tafel- und Spiegelglas sowie
                              									von Guſsplatten ausführen. Da es schwierig ist, Preſshartglas zu schneiden und zu
                              									schleifen, dasselbe aber sehr politurfähig ist, so wird es nöthig, die erstere
                              									Operation vorher zu besorgen. Die Oberflächen roher Guſsplatten werden durch das
                              									Preſshärteverfahren so sehr verbessert, daſs es möglich wird, so gehärtete
                              									Guſsplatten direct zu poliren. In diesem Falle würde also der kostspielige Proceſs
                              									des Schleifens ganz in Wegfall kommen und es läſst sich überhaupt wohl annehmen,
                              									daſs in Verbindung mit dem Preſshärteverfahren das Schleifen dieser Glassorten
                              									überhaupt in Wegfall, dagegen das Poliren sehr in Aufnahme kommen wird.
                           Bekanntlich geht die Form des Glases beim Weichwerden im Anwärmofen leicht verloren
                              									und die bei den gewöhnlichen Härteverfahren angewendeten Bäder verschlechtern sie
                              									oft noch mehr, während hier durch das Pressen die Form erst hergestellt wird. Siemens will ferner unter Umständen Formen aus dünnem Platinblech
                              									verwenden, um dem Glase beim Erhitzen und Herausnehmen aus dem Ofen die äuſsere
                              									Gestalt zu erhalten. Das erhitzte Glas wird mit dem Platin zusammen der
                              									Preſshärteform übergeben. Das reine Platinblech haftet in der Hitze weder am Glase,
                              									noch verdirbt es dessen Oberfläche, wie alle anderen Metalle unter ähnlichen
                              									Umständen thun würden; auch ist das Platinblech hinreichend biegsam, ein guter
                              									Wärmeleiter, hat denselben Wärmeausdehnungscoefficienten wie das Glas und, was für
                              									diesen Zweck am allerwichtigsten ist, es verträgt, ohne zu reiſsen, die sich bei
                              									jeder Operation wiederholende starke und plötzlich eintretende
                              									Temperaturdifferenz.
                           Neuerdings wird das Glas nicht direct mit den Flächen der Preſshärteform in Berührung
                              									gebracht, sondern diese Flächen zuvor mit einem Papierblatt oder feinem Metallgewebe
                              									bekleidet. Die Glasgegenstände zerspringen dabei während und nach dem Preſshärten
                              									weniger leicht, als wenn sie die Metallflächen direct berühren.
                           In Choisy le Roy (Glashütte, 1879 S. 5) wird nur
                              									Krystallglas gehärtet; der Glassatz besteht aus:
                           
                              
                                 Sand
                                 100k
                                 
                              
                                 Mennige
                                  35
                                 
                              
                                 Solvay-Soda
                                  12
                                 
                              
                                 Potasche
                                  20
                                 
                              
                                 Arsen
                                 150g
                                 
                              
                                 Braunstein
                                  30g.
                                 
                              
                           Das Härtebad besteht aus Margarin, dem Nebenproducte der Kunstbutterfabriken.
                              									Halbkrystall soll nicht in Fett, sondern in Salzbädern gehärtet werden.
                           Bezüglich neuer Verwendungen des
                              									Glases ist zu erwähnen, daſs Vonbriel und Beck in Hanau (D. R. P. Nr. 3264 vom 28. März 1878)
                              									Dochte für Spiritus- und Erdöllampen aus Glasfäden anfertigen, welche bei geringerem
                              									Oelverbrauch helleres und reineres Licht geben sollen.
                           Verschiedene französische Glasfabriken, nämlich Société générale des verreries du Rhône et de la Loire
                              									in Rive de Giers (Loire), Manufactures de Saint
                                 										Gaberain in Chauny (Loire), Compagnie des
                                 										cristalleries in Baccart (Meurthe), stellen neuerdings Weinfässer aus Glas her.
                           R. Meiſsner in Thorn (*D. R. P. Nr. 4181 vom 17.
                              									November 1877) will die Grifffläche der Mühlsteine aus Glas herstellen. Dieselbe
                              									besteht aus einem Stück, soll in gewöhnlicher Weise mit einer Schärfe versehen
                              									werden, am besten durch eine Schärfmaschine mit rotirenden Diamanten, nicht warm
                              									laufen und weniger abnutzen als die gewöhnlichen Steine.
                           Von anderer Seite ist vorgeschlagen, aus Glas Buchdruckerlettern herzustellen; doch dürfte sich Glas
                              									hierzu kaum eignen.
                           
                           Wohl der sonderbarste ist der Vorschlag von H. L. Bucknall in Bayswater (*D. R. P. Nr. 5022 vom 6.
                              									September 1878), Eisenbahnschwellen aus Glas (vgl. S. 171 d. Bd.) herzustellen.
                           
                              
                                 F.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
