| Titel: | Ueber Anthracenblau; von G. Witz. | 
| Fundstelle: | Band 233, Jahrgang 1879, S. 337 | 
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                        Ueber Anthracenblau; von G. Witz.
                        Witz, über Anthracenblau.
                        
                     
                        
                           Anthracenblau oder, wie dasselbe früher genannt wurde, Alizarinblau, auf geölter
                              									Baumwolle nach der bis jetzt besten Prud'homme'schen
                              									Vorschrift gedruckt und nach derselben weiter behandelt (vgl. 1878 230 435), liefert zwar ein reines Blau, doch ist dasselbe
                              									nur wenig lichtecht. Witz (Bulletin de
                                       												Rouen, 1878 S. 572), welcher zuerst auf diesen
                              									Uebelstand aufmerksam gemacht hatte, vergleicht ein nach obiger Vorschrift auf
                              									Baumwolle ausgeführtes Anthracenblau mit einem Solidblau in Bezug auf die Echtheit
                              									gegen das Sonnenlicht.
                           Während das Solidblau der Herbstsonne 5 Stunden ohne merkliche Veränderung der Farbe
                              									widersteht, erleidet das Anthracenblau unter denselben Bedingungen eine Verminderung
                              									sowohl der Stärke, als der Lebhaftigkeit der Nuance. Aehnlich ist auch das
                              									Verhältniſs zwischen Anthracenblau und Küpenblau. Läſst man die Sonne länger
                              									einwirken, so offenbart sich der Unterschied in der Lichtechtheit mit jedem Tage der
                              									Einwirkung mehr und schlieſslich ist das Anthracenblau so abgeschwächt, daſs es
                              									durch kochendes Kalkwasser nicht wieder hergestellt werden kann.
                           Die Vorbereitung des Stoffes mit Sulfoleinsäure hat zwar auf die Stärke des Blaus und
                              									auf dessen Widerstandsfähigkeit gegen Seifen einen günstigen Einfluſs, zu gröſserer
                              									Lichtechtheit trägt sie gar nichts bei; ebenso wenig läſst sich in dieser Richtung
                              									durch geeignete Auswahl der angewendeten Beizen etwas erreichen. Witz glaubt zwar an die Möglichkeit, die Lichtechtheit
                              									durch Anwendung einer Mischung von Eisenoxyd und von Chromoxydbeize erhöhen zu
                              									können; in Wirklichkeit dürfte eher von einer geeigneten Substitution im
                              									Anthracenblau selbst etwas zu hoffen sein.
                           
                           Vergleicht man ein gefärbtes Anthracenblau mit einem gleich starken aufgefärbten
                              									Indigoblau, so werden beide am Sonnenlicht die Tiefe des Tones verlieren; aber das
                              									Küpenblau erleidet hierbei eine schwach gelbbraune Nüancirung, welche durch Waschen
                              									und Seifen wieder entfernt werden kann, so daſs ein zwar helleres, aber immer noch
                              									lebhaftes Indigoblau zurückbleibt, während andererseits das viel rascher
                              									verbleichende Anthracenblau einen gelben Ton annimmt, welcher ebenfalls durch Seifen
                              									sich entfernen läſst, dabei aber sich in ein mattes blaſses Grauviolett
                              									verwandelt.
                           Anthracenblau läſst sich so gut wie Indigoblau mit einer wässerigen Lösung von
                              									doppeltchromsaurem Kali behandeln. Wird die blaugefärbte Baumwolle mit einer solchen
                              									7 proc. Lösung geklotzt und in heiſser Luft getrocknet, so bemerkt man kaum eine
                              									Veränderung der Nuance. Wird hernach eine verdickte, starke Oxalsäurelösung
                              									aufgedruckt, so wird das Blau an den betreffenden Stellen weggeätzt, aber noch
                              									schwieriger, als dies beim Küpenblau der Fall ist. Mittelstarkes Anthracenblau kann
                              									in einer 2proc. Chromkalilösung sogar länger als 1 Stunde gekocht werden, ohne daſs
                              									die Farbe anders als wie von einer ganz schwachen Säure beeinfluſst würde.
                           Hiernach läſst sich dieses neue Blau nicht blos als Mischfarbe für Dampfcachou mit
                              									Chromoxydbeize, sondern auch anstatt Blauholz für das eigentliche Chromcachou oder
                              									Chromgrau verwenden und hat es in letzterem Fall vor dem Blauholzzusatz insbesondere
                              									den Vorzug., daſs die Entstehung von Sporflecken auf der fertigen Waare weniger
                              									leicht zu befürchten ist.
                           Mittelstarkes Anthracenblau läſst sich dem Küpenblau entsprechend, aber weniger
                              									leicht als dieses, auch mittels Ferricyankalium ätzen. Es wird wie letzteres beim
                              									Durchzug durch die Lösung von kochender kaustischer Soda stark angegriffen, weshalb
                              									ein möglichst kurzer Aufenthalt der Waare in derselben und eine Temperatur von
                              									höchstens 60° anzurathen ist.
                           Zu den früher (1878 230 433) schon angeführten
                              									Lösungsmitteln des Alizarinsblaus fügt Witz noch die
                              									Phosphorsäure hinzu. Eine kalte wässerige Lösung derselben von 1,4350 sp. G. (mit
                              									einem Gehalt von 60 Procent gewöhnlichem Phosphorsäuretrihydrat oder 43,66 Procent
                              									wasserfreier Säure) färbt sich in Berührung mit Anthracenblau orangeroth und die
                              									gefärbte Flüssigkeit wird durch Zusatz von Wasser nicht ausgefällt. Es läſst sich
                              									deshalb die Phosphorsäure, welche das Gewebe nicht angreift, als empfindliches
                              									Reagens benutzen, um das Anthracenblau auf Geweben zu erkennen; letzteres wird beim
                              									Hinzubringen der Säure sofort mit rosarother Farbe gelöst, welche durch Alkalien in
                              									ein reines Blau übergeführt wird.
                           Zu bemerken ist, daſs Alizarinpaste von derselben, nicht verdünnten, Säure kaum
                              									angegriffen, sondern nur goldgelb nüancirt wird, gerade  so, wie dem Nitroalizarin durch
                              									dieselbe eine rein gelbe und dem Purpurin eine orangefarbige Nüancirung ertheilt
                              									wird. Dagegen löst sich Cöruleïn in Phosphorsäure und gibt mit derselben eine dunkel
                              									olive, fast schwarze Flüssigkeit.