| Titel: | Graphische Bestimmung der mittleren Spannung im Indicatordiagramm; von Rudolf Doerfel. | 
| Autor: | Rudolf Doerfel | 
| Fundstelle: | Band 233, Jahrgang 1879, S. 433 | 
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                        Graphische Bestimmung der mittleren Spannung im
                           								Indicatordiagramm; von Rudolf
                              									Doerfel.
                        Mit Abbildungen.
                        Doerfel's graphische Behandlung des
                           								Indicatordiagrammes.
                        
                     
                        
                           Die Aufgabe der directen Bestimmung der mittleren indicirten Spannung auf
                              									constructivem Wege fand ihre erste Lösung schon durch Rankine (vgl. *1866 180 422); später theilte
                              										Ziebarth (* 1874 214
                              									275) ein genaueres Verfahren mit. Beide Methoden setzen jedoch ideale Diagramme mit
                              									Mariotte'scher Linie ohne schädlichen Raum voraus, sind daher für den praktischen
                              									Gebrauch wenig geeignet.
                           Eine neue entsprechendere Lösung ergibt sich mittels der Solin'schen Methode der graphischen
                                 										IntegrationVortrag am 21. März 1879 in der kgl. böhmischen Gesellschaft der
                                    											Wissenschaften. Vgl. auch Abhandlungen 6. Folge Bd. 5. (Wir bringen aus der
                                    											sehr interessanten Arbeit nur das für unseren Zweck unmittelbar
                                    											erforderliche.) und es dürfte die Anwendung derselben in vielen
                              									Fällen der gebräuchlichen Ordinatensummirung vorzuziehen sein.
                           Sei in einem Parallelcoordinatensystem y'=f'(x) die Gleichung
                              									einer gegebenen Curve Φ', für welche das \int y'dx
                              									zu bestimmen ist, so construirt Solin eine Curve Φ, welche y=f\,(x) darstellt,
                              									wenn y'=f'(x)=\frac{dy}{dx} der erste Differentialquotient von
                              										f (x) ist. Zwischen
                              									der „Integralcurve“
                              									Φ und der „Differentialcurve“
                              									Φ' findet nun die Beziehung statt (vgl. Fig. 1), daſs die Parallelen (P') aus s zu den Tangenten (P) der ersteren auf einer Verticalen im Abstände a' Stücke (y')
                              									abschneiden, welche wegen
                           \frac{y'}{a'}=\frac{dy}{dx}=f'(x) . . . . . .
                              									. . . . . (1)
                           [für a'=1 ist y'=f'(x)]
                              									die Ordinaten der Curve Φ' (in den Abscissen der Berührungspunkte)
                              									geben.
                           Während hiernach sofort für die gegebene Integralcurve Φ die Differentialcurve Φ' construirt werden kann, braucht man beim
                              									Integriren zur Verzeichnung von Φ aus Φ' da man die erste Tangente (P\parallel
                                 										P') annehmen kann, den jeweiligen Schnittpunkt μ der auf einander folgenden Tangenten. Aus Gleichung (1) ist
                              										a'dy=y'dx, daher:
                           \int\limits^{x_2}_{x_1}y'dx=\mbox{Fläche
                                 										}m_1\,{p_1}'\,{p_2}\,'m_2=a'(y_2-y_1) . . . . . . . . (2)
                           Die Gleichung der Tangente in p1 ist
                              										a'(\eta-y_1)={y_1}'(\xi-x_1), jene der Tangente in p2 ist
                              										a'(\eta-y_2)={y_2}'(\xi-x_2), also die Abscisse des
                              									Schnittpunktes
                              										\xi=\frac{x_2\,{y_2}'-x_1\,{y_1}'-a'\,(y_2-y_1)}{{y_2}'-{y_1}'},
                              									daher in der Figur
                           \xi=\frac{\mbox{Fläche
                                 										}n_2\,{p_2}'{p_1}'\,n_1}{{y_2}'-{y_1}'} . . . . . . . . (3)
                           Man hat also diese Fläche auf die Basis
                              										{y_2}'-{y_1}' zu reduciren.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 233, S. 434
                              
                           Solin schlägt vor, entsprechend der Simpson'schen Regel,
                              									die Curve p1', p2' als Bogen einer
                              									quadratischen Parabel anzusehen, wodurch das Stück p1, p2 der Integralcurve ein Theil einer cubischen
                              									Parabel wird. Dies angenommen, hat man zur Bestimmung von μ vom Halbirungspunkte der Sehne p1
                              									'p2
                              									' bis zur parallelen Tangente eine Gerade parallel zur
                              										X-Achse zu ziehen und ⅔ des Abschnittes
                              									aufzutragen. Die Ordinate dieses Punktes schneidet die erste Tangente P in μ, wo die folgende
                              									anzusetzen ist.
                           Die Integralcurve erscheint danach durch eine Reihe von Tangenten mit deren
                              									Berührungspunkten gegeben und zwar sehr genau, selbst wenn man mit gröſseren
                              									Abscissendifferenzen construirt hat.
                           Die Anwendung dieser Methode beim Diagramm geschieht in folgender Weise.
                           Man setzt a' gleich der Länge des Diagrammes, wodurch
                              									man sofort die mittlere indicirte Spannung
                              										\frac{1}{l}\int\limits^l_oydx erhält. Es genügt sodann, namentlich bei etwas
                              									gröſseren Füllungen und scharfeckigen Diagrammen, die ganze Expansionscurve auf
                              									einmal zu behandeln.Nur bei sehr kleiner Füllung oder abnormal gestalteter Expansionscurve ist
                                    											ein Zwischenpunkt anzunehmen. Man projicirt die Ecken (vgl. Fig. 2) auf die Anfangsverticale und zieht dann (aus
                              										s) die erste Verbindungslinie P1
                              									'; die parallele Tangente P, kann man zweckmäſsig gleich mit derselben zusammenfallen lassen,
                              									nachdem der Anfangswerth der Function (d. i. der Fläche) Null ist.
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 233, S. 435
                              
                           Die Ordinate des Punktes μ (in der erwähnten Weise
                              									bestimmt) schneidet auf P_1={P_1}' den Anfangspunkt für die
                              									nächste Tangente P_2\parallel {P_2}' ab, welche in μ die Integralcurve berühren wird. Man zieht aber bei
                              									constanter Admissionsspannung die Tangente P2 ganz durch, und es bedarf nur der Erwähnung, daſs
                              									man damit auch schon die Admissionsarbeit abce auf die
                              									Diagrammlänge, d.h. auf den ganzen Kolbenhub reducirt hat, weil
                              										h\eta\parallel bs. Hiermit hat man die mittlere
                              									Hinterdampfspannung (in ah=p_h). In gleicher Weise ergibt sich
                              									die Vorderdampfspannung (av=p_v) durch getrennte Behandlung der
                              									Auspuff- und der Compressionsperiode.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 233, S. 435
                              
                           Auf minder regelmäſsige Diagramme, z.B. Fig. 3, ist
                              									die Methode ebenfalls
                              									anwendbar, kann aber selbstverständlich nicht so bequem zum Ziele führen wie im
                              									ersten Falle. In allen Fällen bietet dieselbe den Vortheil, daſs man die einzelnen
                              									Antheile, welche auf Admission, Expansion, Auspuff, Compression u.s.w. entfallen, in
                              									einfachster Weise direct abgreifen kann, weil ja gerade die Aufeinanderfolge dieser
                              									Perioden die Ecken des Diagrammes entstehen läſst und die Berührungspunkte der
                              									Tangenten auf den betreffenden Ordinaten liegen.
                           Um die Verläſslichkeit der Methode zu prüfen, wurde eine gröſsere Zahl von
                              									Indicatorcurven untersucht; die Uebereinstimmung mit anderweitig erhaltenen
                              									Resultaten war stets eine praktisch weitaus genügende, meist sogar überraschend
                              									genau.