| Titel: | Zur Untersuchung und Behandlung des Petroleums; von H. Hörler, | 
| Autor: | H. Hörler | 
| Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 52 | 
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                        Zur Untersuchung und Behandlung des Petroleums;
                           								von H. Hörler,
                        Assistent am chemisch-analytischen Laboratorium
                              								des Polytechnicums in Zürich.
                        Hörler, zur Untersuchung und Behandlung des Petroleums.
                        
                     
                        
                           Vor einiger Zeit wurde Prof. V. Meyer von der
                              									Polizeidirection des Kantons Zürich ersucht, ein Gutachten abzugeben über eine
                              									Verordnung, betreffend den Verkehr mit Petroleum, Neolin und anderen
                              									feuergefährlichen Flüssigkeiten.
                           In diesem Gutachten hat Prof. V. Meyer u.a. eine Anzahl
                              									von ihm angestellter Versuche beschrieben, weiter aber an verschiedenen Punkten zu
                              									ausgedehnteren Untersuchungen angeregt, da ihm selbst die Zeit fehlte, weitgehendere
                              									Versuche auf diesem Gebiete anzustellen. Diese Untersuchungen auszuführen,
                              									veranlaſste mich Hr. Prof. V. Meyer, ich erlaube mir
                              									hiermit die erhaltenen Resultate zu veröffentlichen.
                           Die Polizeidirection stellte u.a. an Prof. V. Meyer die
                              									Frage, welches das zulässige Minimum der Entflammungstemperatur des in den Handel zu
                              									bringenden gereinigten Petroleums sei. Zur Bestimmung der Entflammungstemperatur
                              									eines Petroleums ist bekanntlich bis jetzt eine groſse Anzahl von Apparaten
                              									construirt worden. Von diesen Instrumenten entsprechen nur wenige oder gar keines
                              									ihrem Zwecke. Ueber diesen Punkt sagt Prof. Meyer in
                              									seinem Gutachten:
                           
                              „Was den Punkt, in welcher Weise soll die Bestimmung der Entflammungstemperatur
                                 										ausgeführt werden, anbelangt, so scheint mir dieser im höchsten Maſse die
                                 										Aufmerksamkeit der Behörde zu verdienen. Wie schon erwähnt, ist die Untersuchung
                                 										der Entflammbarkeit des Petroleums neuerdings in zahllosen Fällen ausgeführt und
                                 										ist eine groſse Zahl von Apparaten zu diesem Zweck construirt worden. Allein die
                                 										Apparate sind meistens von willkürlicher Gestalt und so construirt, daſs nach
                                 										meiner Ueberzeugung ein richtiger Schluſs auf die wahre Entflammungstemperatur
                                 										aus mit ihnen angestellten Versuchen nicht gezogen werden kann. Der besonders
                                 										häufig gebrauchte und deswegen (nach gefälliger Mittheilung des Hrn.
                                 										Kantonschemikers Dr. Abeljanz) auch im hiesigen
                                 										Staatslaboratorium in Anwendung kommende Apparat besteht aus einem cylindrischen
                                 										Blechkasten, in welchem das Petroleum erwärmt wird. Der Deckel des Blechkastens
                                 										ist mit zwei Durchbohrungen versehen; durch eine derselben geht ein Thermometer,
                                 										welches in das Petroleum eintaucht, durch die zweite entweichen die entwickelten
                                 										Dämpfe in die Atmosphäre. Der Kasten ist ungefähr zur Hälfte mit Petroleum, zur
                                 											andern Hälfte mit
                                 										Luft gefüllt. Man erwärmt nun das Petroleum und prüft von Zeit zu Zeit, ob eine
                                 										durch die zweite Oeffnung eingeführte Flamme die Entflammung veranlaſst; sobald
                                 										'dieselbe eintritt, wird die Temperatur des Oeles am Thermometer abgelesen und
                                 										diese als Entflammungstemperatur bezeichnet.
                              
                           
                              Nach einigen mit diesem Apparate angestellten Versuchen muſs ich mich dahin
                                 										äuſsern, daſs derselbe unmöglich die wahre Entflammungstemperatur angeben kann;
                                 										denn nothwendigerweise hängt in demselben die gefundene Temperatur ab von der
                                 										(willkürlich gewählten) Höhe des Apparates, sowie von der Entfernung der
                                 										eingeführten Flamme von der Oberfläche, welche nicht constant gehalten, weil
                                 										nicht gesehen werden kann. Denkt man sich den Apparat etwas höher, so wird
                                 										natürlich das Aufsteigen der mit Luft gemengten Dämpfe längere Zeit in Anspruch
                                 										nehmen und der Entflammungspunkt später gefunden werden; inzwischen wird die
                                 										Temperatur des Oeles sich gesteigert haben, und man wird die
                                 										Entflammungstemperatur höher angeben.
                              
                           
                              Unter der groſsen Zahl von Publicationen, welche sich hierauf beziehen, sind
                                 										nicht viele, welche überhaupt Zweifel an der richtigen Angabe eines solchen
                                 										Apparates enthalten, wenige, welche denselben tadeln, und nur ganz vereinzelte
                                 										(vgl. besonders Attfield in Wagner's Jahresbericht, 1865 S. 725), welche sich von dem Apparate
                                 											emancipirten.Nach Abschluſs dieser Abhandlung übersandte mir Hr. Ingenieur Al. Bernstein in Berlin Zeichnung und
                                       												Beschreibung eines von ihm construirten Apparates, welcher, wie mir
                                       												scheint, vor den bisher benutzten Instrumenten erhebliche Vorzüge hat.
                                       												Versuche mit diesem Apparate habe ich nicht angestellt.Victor Meyer. Wenn auch an
                                 										manchen Orten darauf gehalten wird, daſs der Apparat ganz genau vorgeschriebene
                                 										und immer die nämlichen Dimensionen hat, so werden die Resultate zwar constant
                                 										erhalten, werden; aber sie sind darum nicht richtig, sondern durch die
                                 										willkürlich gewählte Form des Apparates bedingt.
                              
                           
                              Nach meiner Ansicht ist als die wahre oder absolute Entflammungstemperatur des
                                 										Petroleums diejenige zu bezeichnen, bei welcher sich eine mit dem Petroleum
                                 										geschüttelte Luftmenge durch Einführung einer kleinen Flamme entzünden läſst. Um
                                 										zu ermitteln, ob ein Oel die zulässige Entflammungstemperatur hat, verfahre man
                                 										etwa folgendermaſsen: In einen Glascylinder von ungefähr 200cc Inhalt bringe man etwa 40cc des zu untersuchenden Petroleums und stelle
                                 										nun den Cylinder verschlossen bis zu seinem oberen Rande in warmes Wasser, so
                                 										lange, bis das Oel und die darüber stehende Luft 36°Als zulässige Entflammungstemperatur des Petroleums für Zürich 36°
                                       												vorzuschlagen, habe ich mich auf Grund von Erwägungen und Beobachtungen
                                       												entschlossen, welche in dem auf S. 9 abgedruckten Passus meines
                                       												Gutachtens (vgl. S. 56 dieser Arbeit) dargelegt sind.Victor Meyer. zeigen. Dann
                                 										nehme man den Cylinder aus dem Wasser, schüttle heftig um, öffne und führe
                                 										sofort eine kleine, aus einer zugespitzten Glasröhre brennende Gasflamme ein.
                                 										Entzündet sich die Gasmasse, so ist das Petroleum zu verwerfen. Bleibt sie
                                 										unentzündet, so ist es zulässig.
                              
                           
                              Ich habe in dieser Weise einige Versuche angestellt und dabei gefunden, daſs sich
                                 										ein Petroleum, welches im gebräuchlichen Apparate eine Entflammungstemperatur
                                 										von 23° gezeigt hatte, schon bei der im Zimmer herrschenden Temperatur (etwa
                                 										16°) entflammte, daſs also der Apparat die Entflammungstemperatur um wenigstens
                                 										7° zu hoch angegeben hatte. Ich will keineswegs verlangen, daſs die Untersuchung
                                 										immer und in jedem Fall nach dieser Methode ausgeführt werde; obgleich sie mir
                                 										durchaus nicht umständlich erscheint, könnte sie doch noch vereinfacht werden,
                                 										und ich zweifle nicht, daſs sich bei einer vergleichenden Untersuchung zwischen
                                 										den Ergebnissen, die nach dieser Methode, und denen, die mit einem bequemeren,
                                 										bestimmten Apparate von constanten Dimensionen erzielt werden, einfache
                                 										Beziehungen ergeben werden. Es wäre daher zu wünschen, daſs sich ein Chemiker
                                 										mit einer Untersuchung in dieser Hinsicht beschäftigen und auf Grundlage des eben gegebenen
                                 										Principes ein einfaches und zugleich bequem auszuführendes Verfahren zur
                                 										Bestimmung der Entflammbarkeit ausarbeiten würde.“
                              
                           Ich habe nun eine Versuchsreihe angestellt, um zu prüfen, ob die nach diesen Angaben
                              										V. Meyer's erhaltenen Zahlen wirklich absolute seien, d.h. ob sie unabhängig sind von der
                              									Form und Gröſse der Gefäſse, von der verwendeten Menge Petroleum u. dgl. Ein
                              									Glascylinder von 300cc Inhalt (wie man sie zum
                              									Titriren gewöhnlich benutzt) wurde oben mit einem doppelt durchbohrten Korke
                              									versehen; durch letzteren gehen 2 Thermometer, das eine bis nahezu auf den Boden des
                              									Gefäſses, das andere dagegen ragt nur einige Centimeter in die Luft des Cylinders
                              									hinein. Der Cylinder wird zu etwa 1/10  seines Volums mit dem zu untersuchenden
                              									Petroleum gefüllt. Zur Erwärmung des Ganzen benutzte ich einen Blechcylinder,
                              									welchen ich aus einer Blechflasche herstellte, indem ich oben eine Oeffnung von etwa
                              										20cc Durchmesser ausschneiden lieſs. Die Höhe
                              									des Gefäſses übertraf um etwa 10cm diejenige des
                              									Cylinders. Das Blechgefäſs wird mit Wasser gefüllt und zwar so, daſs man den
                              									Cylinder bis zu seinem oberen Rande in dasselbe stellen kann. Um nun die
                              									Entflammungstemperatur irgend einer Petroleumsorte zu bestimmen, verfuhr ich
                              									folgendermaſsen.
                           Man gieſst in den Cylinder etwa 30 bis 40cc des zu
                              									untersuchenden Oeles, verschlieſst dann den Cylinder und achtet, daſs die beiden
                              									Thermometer nirgends die Wand des Cylinders berühren. Den Cylinder bringt man nun in
                              									das auf etwa 40° erwärmte Wasser im Blechgefäſse. Man wartet nun, indem man von Zeit
                              									zu Zeit den Glascylinder aus dem Blechgefäſs nimmt und ihn umschüttelt, bis die
                              									beiden Thermometer gleiche Temperatur zeigen. Hierauf entfernt man den Cylinder aus
                              									dem Wasser, schüttelt noch 1 bis 2 Mal leicht um, wartet, bis alle Bläschen auf der
                              									Oberfläche des Petroleums verschwunden sind, lüftet den Kork und führt sogleich eine
                              									Glasröhre mit fein ausgezogener Spitze, an deren Ende ein ganz kleines Gasflämmchen
                              									brennt, ein. Findet eine Entzündung statt, so mischt man zum Wasser im Erwärmgefäſse
                              									etwas kaltes Wasser, läſst den Petroleumcylinder offen sich etwas abkühlen und
                              									wiederholt bei einer etwas niedrigeren Temperatur den gleichen Versuch. Hiermit wird
                              									nun so lange fortgefahren (bei immer geringerem Erwärmen), bis man an die Grenze
                              									kommt, bei welcher die über dem Petroleum stehende Luft-Dampfmischung sich eben nicht oder kaum mehr entzünden läſst. Diesen Grenzpunkt
                              									betrachtete ich als die gefundene Entflammungstemperatur. – Hatte ich, um die
                              									Entflammungstemperatur zu finden, eine gröſsere Anzahl von Beobachtungen machen
                              
                              									müssen, so daſs zu befürchten war, die Petroleumprobe habe während des
                              									Experimentirens einen merklichen Verlust an flüchtiger Substanz erlitten, so wurde
                              									die erste Bestimmung nur als Approximativprüfung angesehen und nun eine zweite mit
                              									einer neuen Probe des
                              									gleichen Oeles vorgenommen, welche nun natürlich sehr rasch zum Ziele führte. Dies
                              									geschah in der Mehrzahl der Versuche. Ich prüfte nun die Zuverlässigkeit dieser
                              									Methode, indem ich mehrere Petroleumsorten auf diese Weise mit verschiedenen
                              									Modifikationen untersuchte, nämlich mit verschieden groſsen
                                 										Cylindern und unter Anwendung verschiedener
                                 										Verhältnisse zwischen Cylinderinhalt und Petroleummenge. In folgender
                              									Tabelle sind die erhaltenen Resultate zusammengestellt:
                           
                              
                                 OelmengeCylinderinhalt
                                 50cc300cc
                                 25cc300cc
                                 20cc100cc
                                 8cc,5100cc
                                 Angabe desüblichenApparates
                                 
                              
                                 Petroleumprobe
                                 Entflammungstemperatur
                                 
                              
                                         Nr. 1
                                 24°
                                 24,5°
                                 24°
                                 25°
                                   26°
                                 
                              
                                   2
                                 15,5
                                 16
                                 16
                                 16
                                 20
                                 
                              
                                   3
                                 24
                                 23,5
                                 23,5
                                 24
                                 27
                                 
                              
                                   4
                                 23,5
                                 24
                                 25
                                 24,5
                                 26
                                 
                              
                                   5
                                 24
                                 23,5
                                 24
                                 24
                                 28
                                 
                              
                                   6
                                 19,5
                                 19,5
                                 19,5
                                 19,5
                                 24
                                 
                              
                                   7
                                 23,5
                                 23
                                 24,5
                                 23,5
                                 27
                                 
                              
                                   8
                                 21,5
                                 22
                                 21
                                 23
                                 24
                                 
                              
                                   9
                                 18
                                 18
                                 18
                                 19
                                 26
                                 
                              
                                 10
                                 19,5
                                 20
                                 20
                                 20
                                 24
                                 
                              
                                 11
                                 23,5
                                 24
                                 24
                                 23,5
                                 28
                                 
                              
                                 12
                                 17,5
                                 18
                                 18
                                 18
                                 24
                                 
                              
                           Die Petroleumsorten, welche zu dieser Untersuchung verwendet wurden, waren sämmtlich
                              									aus verschiedenen Colonialwaarenhandlungen der Stadt Zürich entnommen. Die
                              									erhaltenen Resultate werfen ein trauriges Licht auf die Qualität der daselbst z. Z.
                              									in den Handel kommenden Petroleumsorten. Wie man aus der Tabelle ersieht, wurden mit
                              									denselben Petroleumsorten auch vergleichende Versuche angestellt mit dem üblichen
                              									Apparate, welchen Prof. V. Meyer in der weiter oben
                              									citirten Stelle seines Gutachtens erwähnt. Die mit genanntem Apparate erhaltenen
                              									Resultate sind nie oder fast nie die nämlichen, aus den erwähnten Gründen.
                           Die nach dem Schüttelverfahren erhaltenen Resultate sind im Allgemeinen auch bei
                              									verschiedenen Verhältnissen vom Cylinderinhalt und Petroleummenge, sowie
                              									verschiedener Gröſse des Cylinders gut übereinstimmende. Sonach gibt das V. Meyer'sche Schüttelverfahren die Basis für Versuche
                              									mit Petroleum-Prüfungsapparaten. Da zur allgemeinen Einführung in der Praxis das
                              									Schüttelverfahren nicht bequem genug ist, so werden die öffentlichen Chemiker solche
                              									Apparate zu benutzen haben, von denen ermittelt ist, daſs sie mit denen des
                              									Schüttelverfahrens übereinstimmende, bezieh. in bestimmtem bekanntem Verhältnisse
                              									stehende Resultate geben.
                           Ueber das zulässige Minimum des Entflammungstemperatur drückt sich Prof. V. Meyer in seinem Gutachten folgendermaſsen aus:
                           
                           
                              „Demnach muſs das für den Gebrauch bestimmte Petroleum so zusammengesetzt sein,
                                 										daſs es bei Temperaturen, denen es unter den Bedingungen seines Gebrauches
                                 										ausgesetzt ist, keine Dämpfe entwickelt, die, mit Luft gemischt, explodiren.
                                 										Hierauf sind die zahllosen Vorschriften begründet, welche von den
                                 										verschiedensten Fachmännern für die zu gestattende Zusammensetzung des
                                 										Petroleums gegeben sind. Die Temperatur, bei welcher ein Petroleum Dämpfe
                                 										entwickelt, die, mit Luft gemischt, sich entzünden lassen, bezeichnet man als
                                 										seine Entflammungstemperatur. Die als das Minimum
                                 										der zulässigen Entflammungstemperatur gewählten Zahlen sind sehr verschieden,
                                 										und schwanken ungefähr zwischen 35 und 50°, in der groſsen Mehrzahl der Fälle
                                 										aber liegt die gewählte Zahl höher als 38°. Es ist nicht zu verkennen, daſs sich
                                 										in der Wahl der Zahlen eine gewisse Willkür im Allgemeinen kundgibt, und ich
                                 										werde zeigen, daſs die anderorts meist angenommenen Zahlen 33°, 40° und darüber
                                 										unnöthig hoch gegriffen sind. Um ein von willkürlichen Annahmen freies Urtheil
                                 										zu gewinnen, ist vor Allem zu untersuchen, welchen Temperaturen ein Petroleum
                                 										sowohl beim Lagern, als beim Verbrennen ausgesetzt sein kann. In Zürich ist
                                 										(nach gefälliger Mittheilung des Directors der Sternwarte, Professor Wolff die höchste vorkommende Temperatur 33,3°. Es
                                 										ist dies indessen eine nur ausnahmsweise (am 11. Juli 1870, Mittags 1 Uhr)
                                 										beobachtete, während das Mittel der jährlichen Maximaltemperaturen 30° ergibt.
                                 										Man wird nun selbstverständlich sich nicht unmittelbar an der gefahrbringenden
                                 										Grenze halten dürfen, sondern es erscheint billig, zu verlangen, daſs die
                                 										Entflammungstemperatur des Petroleums wenigstens 5° über dieser Grenze, d.h.
                                 										mindestens bei 35° liege. Eine solche Zusammensetzung des Petroleums würde
                                 										indessen nur die Gefahr der Explosion des lagernden Petroleums, noch nicht aber
                                 										die der Petroleumlampen ausschlieſsen. Es kann nämlich das Oel in einer
                                 										Petroleumlampe, während diese gebrannt wird, eine Temperatur erlangen, welche
                                 										ein Entflammungsminimum von 35° als bedenklich erscheinen läſst. Es ist bekannt,
                                 										daſs, zumal bei den ärmeren Klassen, wenn viele Personen in einem Zimmer
                                 										vereinigt sind und der Ofen, wie häufig geschieht, übermäſsig geheizt wird, die
                                 										Zimmertemperatur bis auf 26° steigen kann, wie ich mich durch
                                 										Temperaturmessungen in kleinen, stark geheizten Zimmern wiederholt überzeugt
                                 										habe. Eine noch höhere Temperatur wird nicht vorkommen, da sie nicht leicht zu
                                 										ertragen ist. (Schon bei 26,5° rann mir, während ich mich ruhig im Zimmer hielt,
                                 										der Schweiſs von der Stirn.) Uebersteigt nun die Temperatur des Oeles die der
                                 										Umgebung um 5° (wie unten noch weiter zu erörtern), so wird sich das Oel auf 31°
                                 										erwärmen, und um auch unter diesen Bedingungen noch 5° unter der
                                 
                                 										Entflammungstemperatur zu bleiben, muſs gefordert werden, daſs das
                                 										Entflammungsminimum auf 36° festgestellt werde.
                              
                           
                              Eine solche Forderung wird aber allen billigen Ansprüchen genügen; denn wenn auch
                                 										das Oel in einer Lampe, die ein unvernünftiger Mensch auf einen überheizten Ofen
                                 										setzt, oder an Sommertagen in directem Sonnenlichte, sich noch viel höher
                                 										erhitzen kann, so ist für solche Eventualitäten überhaupt ein Schutz nicht
                                 										möglich. Zumal das Stellen der Lampen in directes Sonnenlicht wird darum keine
                                 										Gefahr bringen, weil dies doch nur geschieht, wenn die Lampe nicht gebrannt
                                 										wird, und Entzündung einer geschlossenen Petroleumlampe durch eine andere Flamme
                                 										als die der Lampe selbst wohl kaum vorkommen kann. Man könnte mir nun vielleicht
                                 										einwenden, daſs es nach den Untersuchungen von Chandler u.a. Petroleumlampen gibt, in denen die Temperatur des Oeles
                                 										viel höher, ja in einigen Fällen (bei Metalllampen) selbst auf die erschreckende
                                 										Höhe von 50° steigt. Allein hierauf erwiedere ich, daſs in diesem Falle die
                                 										Construction der Lampen eine durchaus verwerfliche ist, und daſs demnach diese
                                 										Ergebnisse für die zu fordernde Zusammensetzung des Petroleums ohne Belang sind.
                                 										Von groſser Wichtigkeit scheint es mir indessen, daſs die Behörde die
                                 										Construction der Petroleumlampen controlire und strengstens darüber wache, daſs
                                 										nur solche Lampen dem Gebrauch übergeben werden, in denen nach mehrstündigem
                                 										Brennen die Temperatur des Oeles die der Umgebung um nicht mehr als höchstens 5°
                                 										überschreitet. Ich glaube, daſs eine solche Bestimmung als eine milde bezeichnet
                                 										werden kann. Um mir
                                 										über diesen wichtigen Punkt ein selbstständiges Urtheil zu bilden, habe ich eine
                                 										Reihe von Versuchen angestellt, und bei diesen haben mir eine Anzahl guter, aber
                                 										keineswegs ausgewählter und zum Theil ganz billiger Petroleumlampen, welche ich
                                 										geprüft habe, nur einen Ueberschuſs der Oeltemperatur über die Zimmertemperatur
                                 										von etwa 3° ergeben selbstverständlich wurden die Lampen für den Versuch bis zum
                                 										Eintreten völlig constanter Temperatur gebrannt. So zeigten 2 Lampen bei einer
                                 										Zimmertemperatur von 18° eine Oeltemperatur von 21°. Um zu sehen, ob diese
                                 										Differenz unabhängig von der Höhe der umgebenden Temperatur sei, brachte ich die
                                 										eine dieser Lampen in einen Raum von 2,5° und fand bei dreistündigem Brennen
                                 										derselben die Oeltemperatur constant bei 5°, also um fast genau ebenso viel
                                 										wärmer als die Umgebung, wie ich bei 18° gefunden.“
                              
                           Die wenigen Versuche, welche Prof. F. Meyer in dieser
                              									Hinsicht angestellt hat, habe ich nun durch eine gröſsere Anzahl von an verschiedenen Lampen angestellten Beobachtungen
                              									ergänzt. Zu diesem Zwecke sammelte ich eine Anzahl von Lampen, welche in Form,
                              									Gröſse und Construction möglichst verschieden waren, und untersuchte nun, wie hoch
                              									die Temperatur in ihren Oelgefäſsen nach 5stündigem Brennen steige. Zu dem Behufe
                              									füllte ich alle Lampen mit dem gleichen Oele (Nr. 12 der oben mitgetheilten
                              									Tabelle). Die in den Lampen herrschende Temperatur wurde von Viertelstunde zu Viertelstunde notirt. Der Versuch wurde in einem Zimmer
                              									vorgenommen, in welchem die Temperatur 16° betrug. Das Petroleum hatte 15°.
                           
                              
                                 Temperatur des Petroleumsin der Lampe
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 5
                                 6
                                 7
                                 
                              
                                                    9 Uhr Morgens
                                 15°
                                 15°
                                 15°
                                 15°
                                 15°
                                 15°
                                 16°
                                 
                              
                                 9¼
                                 18
                                 20
                                 17,5
                                 17
                                 17
                                 17
                                 16,5
                                 
                              
                                 9½
                                 24,5
                                 24
                                 19
                                 19,5
                                 19
                                 20
                                 17
                                 
                              
                                 9¾
                                 25
                                 26
                                 22
                                 22
                                 19,5
                                 20
                                 17
                                 
                              
                                 10
                                 27
                                 26
                                 23
                                 25
                                 20
                                 20
                                 17,5
                                 
                              
                                   10¼
                                 28
                                 27
                                 23,5
                                 25
                                 21
                                 21
                                 18
                                 
                              
                                   10½
                                 29
                                 28
                                 24
                                 25
                                 21,5
                                 21,5
                                 18
                                 
                              
                                   10¾
                                 30
                                 28,5
                                 24
                                 25,5
                                 21,5
                                 22
                                 18
                                 
                              
                                 11
                                 30,5
                                 29
                                 26
                                 26
                                 22
                                 22
                                 18
                                 
                              
                                   11¼
                                 30,5
                                 29
                                 26
                                 28
                                 22,5
                                 22,5
                                 18,25
                                 
                              
                                   11½
                                 30,5
                                 29
                                 26
                                 28
                                 22,5
                                 23
                                 18,25
                                 
                              
                                   11¾
                                 30,5
                                 29
                                 26,5
                                 28
                                 23
                                 23
                                 18,5
                                 
                              
                                                    12 Mittags
                                 31,5
                                 29,5
                                 26,5
                                 28
                                 23,5
                                 23
                                 18,5
                                 
                              
                                  12¼
                                 32,5
                                 29,5
                                 26,5
                                 28,5
                                 23,5
                                 23,5
                                 18,5
                                 
                              
                                  12¾
                                 35
                                 30
                                 26,5
                                 28,5
                                 23,5
                                 23,5
                                 19
                                 
                              
                                 1
                                 35
                                 30
                                 26,5
                                 28,5
                                 23,5
                                 23,5
                                 19
                                 
                              
                                    1¼
                                 35,5
                                 30
                                 26,5
                                 28,5
                                 23,5
                                 23,5
                                 19
                                 
                              
                                    1½
                                 35,5
                                 30
                                 26
                                 28,5
                                 23,5
                                 23,5
                                 19
                                 
                              
                                    1¾
                                 35,5
                                 30
                                 26
                                 28,5
                                 23,5
                                 23,5
                                 19
                                 
                              
                                 2
                                 36
                                 30
                                 26
                                 28
                                 23,5
                                 23,5
                                 19
                                 
                              
                           Lampe Nr. 1 war von ziemlich primitiver Construction. Sie besaſs
                              									ein oval cylindrisches, blechenes Oelgefäſs von 100cc Inhalt; seitlich auf jenem, dem Oelgefäſs, war ein Flachbrenner
                              									angebracht, diesem, gegenüber steigt ein gekrümmter Arm in die Höhe, an welchem sich
                              									etwa 20cm über dem Brenner ein Blechschirm
                              									befindet; am Ende des Armes befindet sich ein Häkchen, an welchem das Ganze
                              									aufgehängt werden kann. Hier zu Lande findet man diese Art Hängelampen ziemlich
                              									häufig, hauptsächlich bei den ärmeren Volksklassen.
                           
                           Lampe Nr. 2 ist eine sogen. Patentsicherheitslaterne, ebenfalls
                              									aus Blech construirt und für den Gebrauch in Scheuern, Ställen, Kellern u. dgl.
                              									bestimmt. Sie besitzt ebenfalls eine Art Flachbrenner. Der Inhalt beträgt 250cc.
                           Lampe Nr. 3 ist aus Messingblech gefertigt und besitzt ein
                              									cylindrisches Oelgefäſs von 250cc Inhalt. Der
                              									Brenner ist ein einfacher Flachbrenner.
                           Lampe Nr. 4 hat ein conisches Oelgefäſs, ist aus Weiſsblech
                              									construirt und ist sonst von gleicher Gröſse und Beschaffenheit wie vorige.
                           Lampe Nr. 5 besitzt ein birnförmiges, aus Messing bestehendes und
                              									auf einem Teller von gleichem Metalle ruhendes Oelgefäſs. Der Brenner ist aber ein
                              									Rundbrenner.
                           Lampe Nr. 6 hat die gleiche Gestalt wie Nr. 4, ist aber mit einem
                              									Argandbrenner versehen.
                           Lampe Nr. 7 ist eine gewöhnliche Tischlampe mit einem Fuſse von
                              									Milchglas und einem Gefäſse von der nämlichen Masse.
                           Wie aus dieser Tabelle zu ersehen ist, zeigt die Lampe Nr. 1 die höchste Temperatur.
                              									Es ist dies leicht erklärlich, denn bei jener Lampe ist die Flamme nur wenige
                              									Centimeter über dem Oelgefäſs angebracht. Auch wird durch den Blechschirm sehr viel
                              									Wärme auf das Oelgefäſs geworfen. Wie schon erwähnt, wurde zur Speisung der Lampen
                              									das Oel Nr. 12 verwendet, dessen Entflammungspunkt nach der Schüttelmethode als 19°,
                              									nach der Bestimmung im sonst üblichen Blechapparate als 24° betragend angegeben. In
                              									der Lampe Nr. 7 herrschte nach 5 stündigem Brennen eine Temperatur von 19°. Wenn nun
                              									die Angabe des Blechapparates richtig gewesen, so hätte keine Entflammung
                              									stattfinden dürfen, bei Einführung des Flämmchens in den Oelbehälter der genannten
                              									Lampe fand aber eine solche wirklich statt; nach dem Ergebniſs des Schüttelversuches
                              									war dies zu erwarten. – Die angeführten Beobachtungen lassen die Anwendung von metallenen Petroleumlampen als recht bedenklich
                              									erscheinen. Da es gewiſs selten vorkommt, daſs das gläserne Oelgefäſs einer Lampe
                              									zerbricht, so dürfte die Ausschlieſsung jeder Petroleumlampe mit metallenem Behälter
                              									gewiſs keine unüberwindlichen ökonomischen Schwierigkeiten bieten.
                           Petroleum wird aber nicht blos als Leuchtmaterial, sondern auch als Heizstoff in den
                              									Petroleumkochherden verwendet. Auch diesen Punkt hat Prof. V. Meyer in seinem Gutachten erwähnt. Er sagt:
                           
                              „Es handelte sich darum zu erfahren, welches die Temperatur des Oel es in den
                                 										Petroleumkochherden sei, wenn dieselben in kälteren oder aber sehr warmen
                                 										Zimmern benutzt werden. Nachdem ich gefunden, daſs die in Zürich käuflichen
                                 										Herde meist nahezu gleiche Einrichtungen haben, verwendete ich einen beliebigen
                                 										Kochherd mittlerer Gröſse mit 4 Brennern und lieſs denselben eine genügend lange
                                 										Zeit in einem Zimmer von 11° brennen, während die zu dem Herd gehörigen Töpfe
                                 										mit Wasser gefüllt waren. Die Temperatur des Oeles stieg dabei auf 24°, also auf
                                 										einen Wärmegrad, der durchaus unbedenklich erscheint. Nun aber brachte ich den
                                 										Herd in ein kleines, sehr stark geheiztes Zimmer, dessen Temperatur 26° betrug.
                                 										Nach 4stündigem Brennen zeigte das Oel jetzt eine Temperatur von 41,5°, welche
                                 										auch bei noch längerem Brennen constant blieb. Hier war also die oben als
                                 										zulässig bezeichnete Temperatur von 36° erheblich überschritten, und es muſs
                                 										zugegeben werden, daſs in dem zum Theil mit Luft gefüllten Oelbehälter die
                                 										Bedingungen für die Ansammlung eines explosiven Gasgemisches vorhanden waren. Wie aber hat man
                                 										sich diesem nicht wegzuläugnenden Umstände gegenüber zu verhalten? Es wäre
                                 										unbillig, der Petroleum-Kochherde wegen, welche doch in unvergleichlich
                                 										geringerer Anzahl verwendet werden als die Lampen, das Entflammungsminimum, das
                                 										für die Lampen 36° sein soll, um eine enorme Gröſse zu erhöhen. Andererseits
                                 										wäre es ein undurchführbares Postulat, wenn man bestimmen wollte, daſs für die
                                 										Kochherde ein anderes, schwieriger entflammbares Petroleum als für die Lampen
                                 										gebraucht werde. Diese Vorschrift würde stets übertreten und ihre Einhaltung
                                 										könnte nicht controlirt werden. Ich glaube vielmehr, daſs man vorläufig keine
                                 										besonderen Maſsregeln bezüglich der Herde ergreifen solle, und zwar aus
                                 										folgenden Gründen: Erstens sind die Herde so construirt, daſs, selbst wenn
                                 										explosive Gasmischungen in dem Behälter sind, wie im obigen Falle, dennoch
                                 										Explosionen nicht leicht eintreten werden, weil die den Docht umgebenden, diesen
                                 										ganz eng umschlieſsenden Blechkapseln eine bedeutende Höhe haben. Hierdurch wird
                                 										aber einerseits bewirkt, daſs die Flammen in einer groſsen Entfernung vom
                                 										Gefäſse brennen, und zweitens, daſs eine Feuercommunication zwischen den Lampen
                                 										und dem Behälter fast unmöglich gemacht wird. Demnach können in der That
                                 										Explosionen nicht leicht eintreten und kommen in der That auch wohl nicht vor.
                                 										Nach gefälliger Mittheilung des Polizeipräsidenten Schlatter ist hier noch nie über eine solche Bericht erstattet worden,
                                 										während Explosionen von Lampen zu den häufigsten Erscheinungen gehören; auch ich
                                 										habe nie von der Explosion eines Kochherdes gehört. Es ist daher wohl vorläufig
                                 										genügend, wenn man darauf achtet, daſs die Construction der Kochherde gegen
                                 										Explosion möglichste Sicherheit gewährt. Allein es ist einleuchtend, daſs eine
                                 										absolute Ausschlieſsung der Gefahr mit den gegenwärtig gebräuchlichen Herden
                                 										nicht erreicht wird und als weiteres Ziel ist daher eine Verbesserung ihrer
                                 										Construction ins Auge zu fassen. Es lieſsen sich nämlich, wie ich glaube, auf
                                 										die einfachste Art Petroleumherde construiren, in denen die Oeltemperatur nicht
                                 										höher wie in guten Lampen steigt. Daſs sie jetzt eine höhere ist, liegt daran,
                                 										daſs die vertical über dem Oelbehälter befindlichen Töpfe die empfangene Wärme
                                 										auf den Behälter zurückstrahlen und diesen erhitzen. Brächte man nun die Töpfe
                                 										nicht über, sondern neben dem Oelbehälter an, wie ohne Schwierigkeiten zu
                                 										erreichen wäre, wenn die Dochte, bezieh. die sie umgebenden Hülsen, nicht
                                 										vertical aufsteigen, sondern etwa -formig gebogen wären, so würde
                                 										unzweifelhaft die Oeltemperatur im Kochherd nicht höher steigen als in den
                                 										Lampen und damit wären dann allerdings alle bezüglich der Herde noch bestehenden
                                 										Schwierigkeiten definitiv gehoben.“
                              
                           Es wurden nun die auf diesen Vorschlag bezüglichen Untersuchungen gemacht. Ich lieſs
                              									von einem Klempner ein cylindrisches Gefäſs von 30cm Durchmesser und 15cm Höhe
                              									verfertigen, dann zwei genau passende Deckel, deren einer mit zwei vertical
                              									aufsteigenden Brennern versehen, wie sie bei gewöhnlichen Petroleumkochherden
                              									angebracht und construirt sind; der andere Deckel war mit 2 Brennern versehen,
                              									welche die in der citirten Stelle des Gutachtens angegebene Gestalt besitzen und
                              									nahe der Peripherie des Deckels angebracht sind. Nach mehrstündigem Brennen der
                              									beiden Flammen unter mit gleich viel Wasser gefüllten Gefäſsen stieg die Temperatur
                              									im Oelgefäſse bei einer Zimmertemperatur von 16° und bei Benutzung der beiden
                              									gewöhnlichen Brenner auf 28°. Bei Anwendung der beiden geschweiften Brenner stieg
                              									dagegen die Temperatur im Oelgefäſse bei gleicher Zimmertemperatur auf 23°, also ein
                              									Unterschied von nicht weniger als 5°. Ein Uebelstand, welchen diese Construction
                              									besitzt, ist der, daſs die Kochgefäſse seitlich vom Oelgefäſs zu stehen kommen,
                              									weshalb der ganze Apparat etwas unbequem und platzraubend ist. Diese Nachtheile
                              									können aber leicht gehoben werden, indem man die Form des Oelbehälters ändert,
                              									demselben z.B. eine ring- oder hufeisenförmige Gestalt gibt und dann die
                              									geschweiften Brenner gegen das Centrum gerichtet anbringt. Die zweckmäſsigste Form
                              									eines solchen Herdes aufzusuchen, lag nicht in meiner Aufgabe, dürfte aber einem
                              									intelligenten Klempner leicht gelingen. Mir genügte, gezeigt zu haben, daſs die
                              									Vortheile, welche Prof. V. Meyer sich von geschweiften
                              									Brennern versprach, in der That erreicht werden.
                           Prof. V. Meyer wurde ferner befragt über die Gröl se und
                              									die Entfernung der Lagerräume von Petroleum und andern feuergefährlichen Substanzen
                              									von Wohnhäusern, sowie über zu ergreifende Maſsregeln, falls in solchen
                              									Gebäulichkeiten Feuer ausbräche; er äuſsert sich folgendermaſsen hierüber:
                           
                              „Sie wünschen endlich meine Ansicht zu hören, über die in der Verordnung
                                 										enthaltene Vorschrift, nach welcher die für gröſsere Vorräthe bestimmten
                                 										Petroleumlagerräume mindestens 60m von andern
                                 										Gebäuden entfernt sein sollen. Ich vernehme mit Erstaunen, daſs gegen diese
                                 										Vorschrift Vorstellungen erhoben werden: denn ich muſs bekennen, daſs mir
                                 										dieselbe als eine äuſserst milde erscheint. Da diese Lagerstätten unter allen
                                 										Umständen in hohem Maſse der Gefahr des Brandes ausgesetzt sind, so kann, wenn
                                 										man die benachbarten Gebäude irgend wie ernstlich zu schützen beabsichtigt, von
                                 										einer geringeren Entfernung als 60m gewiſs
                                 										nicht die Rede sein. Ich möchte sogar nicht unterlassen, noch weitere
                                 										Schutzmaſsregeln zu empfehlen, indem ich vorschlage, daſs für solche Räume das
                                 										Bereithalten von Feuerlöschvorrichtungen obligatorisch gemacht würde. Freilich
                                 										dürften diese nicht in Spritzen bestehen, da Petroleumbrände durch Wasser, auf
                                 										welchem das brennende Oel schwimmt, nur in Ausnahmefällen gelöscht werden. Es
                                 										ist nicht meine Absicht, unter der groſsen Anzahl von Extinctoren, welche für
                                 										diesen Zweck vorgeschlagen worden sind, hier eine Auswahl zu treffen, zumal mir
                                 										praktische Erfahrungen über diese Apparate fehlen, übrigens keiner derselben zur
                                 										Löschung gröſserer Brände ausreicht. Ich möchte also in dieser Hinsicht viel
                                 										weniger Positives vorschlagen, als vielmehr zu einer Untersuchung Anregung
                                 										geben. Als Beitrag zu einer solchen möge der folgende Vorschlag betrachtet
                                 										werden, welcher wie mir scheint, wohl einer Prüfung werth wäre. Man bringe in
                                 										dem Lagerschuppen eine Anzahl von Gruben an, in deren jeder mehrere Centner
                                 										kohlensaurer Kalk in faustgroſsen Stücken aufgehäuft liegen. Auſserhalb des
                                 										Schuppens in einiger Entfernung von demselben, stehen eine entsprechende Anzahl
                                 										Ballons mit Salzsäure gefüllt bereit, von denen Rinnen zu den Kalksteingruben
                                 										führen. Sobald nun ein Brand ausbricht, gieſst man von auſsen die Salzsäure in
                                 										die Rinnen, diese strömt auf den kohlensauren Kalk und entwickelt augenblicklich
                                 										eine ungeheure Menge von Kohlensäure, welche, als ein die Verbrennung nicht
                                 										unterhaltendes Gas, die Flamme, falls sie noch nicht allzu weit um sich
                                 										gegriffen, ersticken, und, wenn das Dach noch unversehrt, dem Brande Einhalt
                                 										thun wird. Diese Maſsregel würde so gut wie gar keine Kosten verursachen. Einen
                                 										absoluten Schutz kann sie natürlich auch nicht gewähren, da, falls die Flamme
                                 										einmal das Dach zerstört hat, überhaupt ein Löschen des Brandes unmöglich
                                 										ist.
                              
                           
                              Ferner wäre es wohl empfehlenswerth, die Petroleumschuppen mit einem niedrigen
                                 										Erdwall oder auch einem Graben zu umgeben, damit das brennende Oel, falls es aus
                                 										demselben hervortritt, sich nicht ausbreiten kann.“
                              
                           
                           Diese Löschmethode mit Kohlensäure habe ich in einigen Versuchen erprobt. Als
                              										„Lagerraum“ benutzte ich einen Kessel von etwa 501 Inhalt. Auf den Boden dieses Kessels wurden im
                              									Kreise 10 bis 15 Tiegel gestellt, welche zusammen etwa 2k Petroleum enthielten. Jeder Tiegel war mit dem nächst stehenden mittels
                              									eines breiten Dochtes verbunden. In der Mitte des Kessels befanden sich
                              									Marmorstücke. Oben war der Kessel bedeckt mit einem hölzernen Deckel, der aber
                              									denselben nicht völlig schloſs, sondern es war durch drei zwischengeschobene
                              									Bretchen dafür gesorgt, daſs zwischen dem Deckel und dem oberen Rande des Kessels
                              									ein Zwischenraum von einigen Centimeter blieb. Hierdurch war der Luft so reichlicher
                              									Zutritt gestattet, daſs das Petroleum im Kessel, wenn entzündet, mit einer
                              									ungeheuren, züngelnden Flamme vollständig verbrannte. In der Mitte des Deckels war
                              									eine kleine Oeffnung angebracht, durch welche eine eiserne Röhre gesteckt wurde,
                              									deren oberes Ende einen Trichter trug. Das Petroleum wurde nun angezündet und der
                              									Deckel auf die beschriebene Weise aufgesetzt. Nach mehreren Minuten anhaltenden
                              									lebhaften Brennens lieſs ich durch die eiserne Zuleitungsröhre etwa 250cc verdünnte Salzsäure auf den Marmor flieſsen;
                              									sofort begann die Flamme sich zu verkleinern und nach Verlauf von weniger als einer
                              									Minute war sie vollständig erloschen. Dieser Versuch wurde mehrmals wiederholt und
                              									auch in einer hölzernen Kiste (anstatt des Kessels) vorgenommen. Das Resultat war
                              									immer dasselbe. Für diese Methode des Löschens von brennenden Flüssigkeiten könnte
                              									jedes Petroleummagazin mit Leichtigkeit eingerichtet werden, indem man im Boden des
                              									Lagerraumes zwei oder mehrere Kanäle zieht und dieselben mit zerkleinertem
                              									kohlensaurem Kalk füllt. Diese Kanäle werden bei einem entstehenden Brande von
                              									auſsen durch eiserne oder thönerne Zuleitungsröhren mit Salzsäure gefüllt. Diese
                              									Salzsäure müſste natürlich stets zum Gebrauche bereit stehen. Noch füge ich hinzu,
                              									daſs bei den eben beschriebenen Versuchen, in welchen der Brand durch Kohlensäure
                              									mit so groſser Schnelligkeit vollständig erstickt wurde, Wasser, wie nicht zu
                              									verwundern, sich als ganz wirkungslos erwies. Spritzte man, aus einem kräftig
                              									wirkenden Hydranten, Massen von Wasser in gewaltsamem Strahle in den Kessel, so daſs
                              									derselbe in wenigen Minuten ganz mit Wasser gefüllt war, so that dies dem Brande
                              									doch keinen Einhalt.
                           Zürich, Laboratorium von Professor Victor Meyer.