| Titel: | Hygrometer von W. Klinkerfues in Göttingen. | 
| Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 208 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Hygrometer von W. Klinkerfues in
                           								Göttingen.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 19.
                        Kinkerfues' Hygrometer.
                        
                     
                        
                           Zur weiteren Erläuterung des bereits (1877 226 100) kurz
                              									besprochenen Haarhygrometers von W. Klinkerfues in
                              									Göttingen möge nach der Patentschrift (* D. R. P. Nr. 3366 vom 18. November 1877)
                              									noch folgende Angaben nachgetragen werden. (Vgl. auch S. 46 d. Bd.)
                           Gay-Lussac hat für eine mittlere Temperatur bestimmt,
                              									welcher relativen Feuchtigkeit der Luft die Grade des Saussure'schen Hygrometers
                              									entsprechen; er gibt folgende Tabelle:
                           
                              
                                     0°
                                 =
                                 0,00
                                 relative
                                 Feuchtigkeit
                                 
                              
                                   10
                                 =
                                 4,57
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                   20
                                 =
                                 9,45
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                   30
                                 =
                                 14,78
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                   40
                                 =
                                 20,78
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                   50
                                 =
                                 27,79
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                   60
                                 =
                                 36,28
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                   70
                                 =
                                 47,19
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                   80
                                 =
                                 61,22
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                   90
                                 =
                                 79,09
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 100
                                 =
                                 100,00
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           Da die Zahl der Grade des Saussure'schen Haarhygrometers der Verlängerung
                              									proportional ist, welche das Haar durch Feuchtigkeit erlitten hat, so sieht man, wie
                              									der betreffende Ausdehnungscoefficient sich mit dem Procentsatz relativer
                              									Feuchtigkeit ändert, und nun kann man aus obigen Zahlen eine für das Folgende
                              									wichtige Eigenschaft jenes Coefficienten ableiten. Die der Ausdehnung proportionale
                              									Anzahl der Grade, welche mit y bezeichnet werden mag,
                              									läſst sich nämlich durch folgende Formel als Function des Feuchtigkeitsprocentes p darstellen:
                           y = 126,91 – 47,901 cotg (0,400°p +
                              									20,68°),
                           woraus sich dann gleich ergibt, daſs der
                              									Ausdehnungscoefficient dem Quadrate des Ausdruckes sin
                              									(0,400° p + 20,68°) umgekehrt proportional ist. Es
                              									scheint sich die Voraussetzung zu bewahrheiten, daſs diese Eigenschaft immer für
                              									eine ganze Art von Haaren giltig bleibt, nur daſs die Zahlencoefficienten von Art zu
                              									Art wechseln. Daſs der Ausdehnungscoefficient durch Feuchtigkeit sehr nahe gerade in
                              									der angegebenen Weise veränderlich ist, hat für das neue Hygrometer dieselbe
                              									Bedeutung, welche die ebenfalls nur sehr angenähert stattfindende Unveränderlichkeit
                              									des Ausdehnungscoefficienten der meisten Körper durch Wärme für die Thermometer
                              									besitzt. Die obige Formel läſst höchstens einen Fehler übrig, welcher an einer wenig
                              									gebrauchten Stelle der Scale 1,61 Procent der Feuchtigkeit erreicht und der selbst
                              									für die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen nicht sehr in Betracht kommt.
                           Man denke nun nach Fig. 7 der
                              									beigegebenen Zeichnung auf Taf. 19 ein Stäbchen ss an zwei hygroskopischen Fäden f bifilar
                              									aufgehängt, gleichzeitig aber durch zwei andere solcher Fäden f1 verhindert, ganz der Torsion der ersten Fäden
                              									nachzugeben. Die Ruhelagen, nach welchen die sich entgegenwirkenden Torsionen
                              									streben, sollen senkrecht zu einander sein, daſs also, wenn z der Torsionswinkel der unteren Torsion ist, der der oberen durch 90° –
                              										z ausgedrückt wird. Die von letzterer ausgeübte
                              									Directionskraft läſst sich demnach ausdrücken durch c1 sin z, die der ersteren durch c cos x, wenn c1 und c die
                              									Maximalwerthe dieser Kräfte bezeichnen. Soll sich das Stäbchen unter dem Einflüsse
                              									beider Kräfte im Gleichgewichte befinden, so
                              										muſs c_1\,sin\,z-c\,cos\,z=0, d.h. es muſs
                              										cotg\,z=\frac{c_1}{c} erfüllt sein.
                           Erleidet nun die Gröſse \frac{c_1}{c} aus
                              									irgend welcher Ursache, z.B. durch die Einwirkung von Feuchtigkeit auf die
                              									hygroskopischen Fäden eine kleine Variation
                              									\delta\,\frac{c_1}{c}, geht also in
                              										\frac{c_1}{c}+\delta\,\frac{c_1}{c} über, so geht auch
                              									entsprechend der Torsionswinkel z in z+\delta
                                 										z über, und man hat cotg\,(z+\delta
                                 										z)=\frac{c_1}{c}+\delta\,\frac{c_1}{c} oder mit Rücksicht auf die
                              									Kleinheit von δz, die ihre höheren Potenzen zu
                              									vernachlässigen erlaubt, \delta
                                 										z=-\,sin\,z_2\,\delta\,\frac{c_1}{c}.
                           Die Gröſsen c1 und c hängen u.a.
                              									nach den Torsionsgesetzen von der Länge und von dem Abstande von je zwei Fäden eines
                              									Paares ab. Die Variation oder das Increment \delta\,\frac{c_1}{c}
                              									ist also hier als eine Function der Ausdehnungen anzusehen, welche die Fäden durch
                              									Feuchtigkeit erleiden, und zwar mit Rücksicht auf die Kleinheit dieser Gröſsen, als
                              									eine linäre Function. Man kann daher nach obigem setzen:
                           
                              \delta\,\frac{c_1}{c}=\frac{\gamma \delta
                                 										p}{sin\,(0,400^{\circ}\,p+20,68^{\circ})^2},
                              
                           wobei y eine Constante,
                              										δp das Increment der relativen Feuchtigkeit
                              									bedeutet, durch welches die Störung des Gleichgewichtes der beiden Torsionen
                              									veranlaſst wird. Substituirt man den oben gefundenen Ausdruck von
                              										\delta\,\frac{c_1}{c} in der Gleichung für δz, so wird:
                           \delta z=\sqrt{\frac{sin\,z^2\gamma \delta
                                 										p}{sin\,(0,400^{\circ}\,p+20,68^{\circ})^2}}, . . . . . . . (1)
                           wobei sich die Coefficienten auf Menschenhaare
                              									beziehen.
                           Durch Abänderungen in der Spannung, in der Länge oder in der Weite
                              									der Fädenpaare läſst sich für die Constante y der Werth
                              									– 0,400 herstellen. Gesetzt, dies sei geschehen, auſserdem aber noch für irgend eine
                              									Stellung in der Gleichgewichtslage, welcher der Torsionswinkel z0 und die relative
                              									Feuchtigkeit p0
                              									entspricht, durch Aenderungen im Verhältniſs beider Torsionen erreicht, daſs:
                           z_0=0,400^{\circ}\,p+20,68^{\circ} . .
                              									. . . . . . . . . (2)
                           ist, so wird überall, d.h. die ganze Scale der
                              									relativen Feuchtigkeit hindurch z = 0,400° p + 20,68°; denn es wird zufolge der Gleichung (1) für
                              										p = p0 die Gröſse
                              										δz= 0,400 δp, folglich ist die Bedingung (2) auch für die Nachbarwerthe von z0 und p0, nämlich für z0 + δz und p0 + δp erfüllt
                              									und deshalb der gemachte Schluſs durch die ganze Scale zu wiederholen. Umgekehrt ist
                              									auch die Erfüllung der Bedingung (2) für zwei z.B. für die äuſseren Punkte der
                              									Feuchtigkeitsscale p = 0 und p = 100 ein Zeichen, daſs y = 0,400 gemacht
                              									worden ist. Hieraus folgt, daſs man eine gleichwertige Scale haben wird, wenn man
                              									dafür sorgt, daſs in getrockneter Luft z = 20,68°, in
                              									gesättigter gleich 60,68° wird, und daſs unmittelbar der Procentsatz relativer
                              									Feuchtigkeit angegeben wird, wenn man das Stäbchen auf einem in 100 gleiche Theile
                              									getheilten Gradbogen von 40° spielen läſst, dessen Nullpunkt z = 20,68° entspricht, oder, wenn man das Stäbchen senkrecht zu der erst
                              									angegebenen Lage durch
                              									das Schiffchen mit den Aufhängepunkten steckt: z =
                              									45,00° – 20,68° = 20,00° + 4,32°.
                           Die Möglichkeit der eben angegebenen Regulirung erhellt
                              									theoretisch aus der Betrachtung, daſs die Bedingung des Zusammenhaltens von p = 0 mit z = 20,68°
                              									dadurch zu erfüllen ist, daſs man das Verhältniſs beider Torsionen ändert, die
                              									anderen aber des Zusammenfallens von p = 100 mit z = 60,68°, wenn die Empfindlichkeit, d.h. die Summe
                              									bezieh. die Differenz beider Torsionen, geändert wird, und zwar durch solche
                              									gleichzeitige Correction beider Torsionen, daſs das Verhältniſs für die andere
                              									Stellung p = 0 dasselbe bleibt.
                           Die Empfindlichkeit des in Fig. 7 bis
                              										10 Taf. 19 dargestellten Apparates überhaupt und die Gröſse der Torsion
                              									wird am bequemsten dadurch geändert, daſs man die Fäden an ihrem einen Ende einander
                              									nähert, oder von einander entfernt. Die bifilare Torsion ist, wenn die Fäden nicht
                              									parallel sind, sondern mit der Aufhänge- oder Befestigungsbasis ein Trapez bilden,
                              									dem Product aus den beiden parallelen Seiten des Trapezes proportional. Wird die
                              									Verstellung durch Schrauben ausgeführt, so ist die Aenderung des Werthes der
                              									Torsionscoëfficienten der Drehung der Schraube proportional.
                           Bei dem Justiren des Instrumentes ist es auch nöthig, die Spannung der Fäden ganz
                              									allmälig mittels einer Schraube, welche das Befestigungsstück der oberen Fäden
                              									bequemer nach der unteren in verticaler Richtung verschiebt, verändern zu können.
                              									Mittels derselben Schraube können die Fäden auch ganz auſser Spannung gesetzt
                              									werden, um das Stäbchen zu arretiren. In diesem Zustande kann das Instrument
                              									versendet werden. Um es wieder zu justiren, braucht man nur auf die Platte p des Instrumentes, welche mittels dreier Fuſsschrauben
                              									horizontal gestellt worden, ein Tellerchen mit Chlorcalcium zu bringen, dann mit der
                              									Glasglocke H zu bedecken und mittels der Schraube S die Spannung der Fäden so weit zu vergröſsern, daſs
                              									mit dem allmäligen Austrocknen der Luft in der Glocke der Zeiger das Stäbchen ss auf den Nullpunkt der Theilung geführt wird.
                              									Mit derselben Schärfe aber kann man dieselbe Spannung wieder herstellen, wenn man
                              									die Schwingungsdauer des Stäbchens beobachtet, was selbst mit einer gewöhnlichen
                              									Secunden zeigenden Uhr leicht auszuführen ist, Zu diesem Zwecke bemerkt der
                              									Mechaniker, wie viel Schwingungen in einer oder mehreren Minuten in vollkommen
                              									ausgetrockneter Luft gemacht werden müssen.
                           Bei dem Aufstellen des Apparates an einem anderen Orte wird Chlorcalcium auf die
                              									Platte p gebracht, eine Glocke H übergestülpt und mittels der Schraube S die
                              									Spannung der Fäden so lange berichtigt, bis nach vollständiger Austrocknung der Luft
                              									in der Glocke der Zeiger auf Null oder noch besser das Stäbchen die diesem Punkte
                              									entsprechende Schwingungszahl zeigt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
