| Titel: | Beiträge zur Kenntniss der Mechanik weicher Körper; von Prof. Friedrich Kick und Ferdinand Polak. | 
| Autor: | Friedrich Kick [GND], Ferd. Polak | 
| Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 345 | 
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                        Beiträge zur Kenntniſs der Mechanik weicher
                           								Körper; von Prof. Friedrich Kick und Ferdinand Polak.
                        Mit Abbildungen.
                        (Schluſs der Abhandlung S. 257 dieses
                           								Bandes.)
                        Kick und Polak, zur Kenntniſs der Mechanik weicher
                           								Körper.
                        
                     
                        
                           2) Schlagproben. Zwei Cylinderchen aus reinem Blei wurden unter einem Fallwerke deformirt und
                              									zwar:
                           
                              
                                 
                                 Cylinder I
                                 Cylinder II
                                 
                              
                                 Höhe
                                 15mm,1
                                 18mm,1
                                 
                              
                                 Durchmesser
                                 15mm,0
                                 18mm,3
                                 
                              
                                 Gewicht des Cylinders
                                 28g,6
                                 54g,2
                                 
                              
                                 Gewicht des Fallhammers
                                 3k,5
                                 6k,25
                                 
                              
                                 Fallhöhe
                                 1m,5
                                 1m,5
                                 
                              
                                 Schlagarbeit
                                 5mk,25
                                 9mk,375
                                 
                              
                                 Höhe des durch einen Schlag    deformirten
                                    											Cylinders
                                 8mm,1
                                 10mm,5.
                                 
                              
                           Die Deformation war keine ganz regelmäſsige, indem sich am Umfange, wie dies bei
                              									weichem Blei gewöhnlich ist, Beulen zeigten. Rechnet man die Endhöhe, welche der
                              									kleine Cylinder hätte annehmen sollen, aus der Proportion x : 10,5 = 15,0 : 18,3 (indem wir den maſsgebenderen Durchmesser
                              									einsetzen), so findet man x = 8,29, der Fehler beträgt
                              										0mm,19 oder 2,3 Proc. und erklärt sich
                              									einerseits aus Unvollkommenheiten des Materials und dann daraus, daſs für den
                              									kleinen Cylinder die Schlagarbeit, bezogen auf das Gewicht, etwas zu groſs war; denn
                              									28,6 : 54,2 = x : 6,25 gibt x
                                 										= 4,94 statt 5,25. Es hätte die Fallhöhe nach dem Gewichte bestimmt werden
                              									sollen; da man aber mit ganz gleichen Geschwindigkeiten arbeiten wollte, so waren
                              									die Cylindermaſse nach den anzuwendenden Fallgewichten bestimmt, aber diese nicht so
                              									genau ausgeführt worden, als es erwünscht gewesen wäre.
                           Schlagproben mit Kupfercylindern, deren Abmessungen sich
                              									wie 15 : 18 und die Gewichte wie 23,8 : 40,9 verhielten, ergaben eine
                              									Uebereinstimmung mit unserem Satze, welche vollkommen befriedigen konnte. Der
                              									mittlere Fehler blieb unter 2 Proc.
                           Um jedoch die Giltigkeit des Satzes innerhalb weiterer Grenzen zu erweisen, wurde die
                              									Deformirung einerseits durch einen Dampfhammer,
                              									andererseits durch unser kleines Schlagwerk sowohl mit
                              										Weichblei-Cylindern, als mit solchen einer Zinn-Blei-Legirung vorgenommen.
                           
                           Das active Gewicht des Dampfhammers und unseres Fallwerkes (abzüglich der Reibung)
                              									betrug 1339k bezieh. 6k,7; mithin verhielten sich die Schlagarbeiten bei gleicher Hubhöhe wie 1
                              									: 199,8, rund 1 : 200. Möglichst in dasselbe Verhältniſs wurden auch die Gewichte
                              									der zu deformirenden, geometrisch ähnlichen Cylinder gebracht:
                           
                              
                                 Bleicylinder I
                                 h = 65mmd = 55mmg =
                                    												1751g
                                 II
                                 h = 60mmd = 50mmg =
                                    												1338g
                                 Bleizinn-LegirungDie Legirung bestand nach der Analyse aus 90 Proc. Blei, 9,52 Proc.
                                          													Zinn, 0,24 Proc. Zink.
                                 III
                                 h= 60mmd =
                                    												50mmg = 1204g,5
                                 
                              
                           Der Dampfhammer wurde gehoben, unterspreizt, um den Unterdampf völlig ablassen zu
                              									können, und durch Wegschlagen der Stütze fallen gemacht. Die wirksame Fallhöhe
                              									(Erhebung über der Amboſsbahn weniger restliche Höhe des deformirten Stückes) betrug
                              										847mm, 852mm
                              									und 845mm. Die Maſse der deformirten Stücke
                              									sind:
                           
                              
                                 I
                                 h' = 16mm,6d' = 110mm
                                 II
                                 h' = 12mm,4d' = 110mm,5 
                                 III
                                 h' = 18mm,2d' = 92mm
                                 
                              
                           Die kleinen Vergleichscylinder
                              									sind durch folgende Daten gegeben:
                           
                              
                                 A 
                                 h = 11mm,1d = 9mm,33g =
                                    												8g,6
                                 B
                                 h = 10mm,5d = 8mm,4g = 6g,7
                                 C
                                 h = 10mm,3d = 8mm,4g =
                                    												5g,15
                                 
                              
                           
                              
                                 Richtig gestellteFallhöheDiese Richtigstellung fand mit Bezug auf das Gewicht der Cylinderchen
                                          													statt, denn A1 : A2 = G1 : G2; und
                                          													bei bekanntem Fallgewicht bestimmt sich die Hubhöhe. Die hierdurch
                                          													entstehenden kleinen Unterschiede in der Geschwindigkeit erscheinen
                                          													zulässig.
                                 82cm
                                 86cm
                                 72cm
                                 
                              
                           
                              
                                 Abmessungen der    deformirten Stücke
                                 h' = 2mm,8d' = 19mm,3(unregelmäſsig)
                                 h' = 1mm,9d' unbestimmt, weil    
                                    											zu unregelmäſsig 
                                 h' = 2mm,8d' = 15mm,8
                                 
                              
                                 Das gerechnete
                                 hl = 2mm,81
                                 hl = 2mm,08
                                 hl = 3mm,0.
                                 
                              
                           Man ersieht, daſs die Uebereinstimmung bei dem
                              									Massenverhältniſs 1 : 200 eine vorzügliche genannt werden kann.
                           Abgesehen von den mit wachsender Geschwindigkeit geänderten Reibungsverhältnissen,
                              									liegt eine wesentliche Fehlerquelle im Material. Aus demselben gegossenen Cylinder
                              									herausgedrehte kleine Cylinder weichen im Ergebnisse etwas von einander ab. Bei
                              									vorsichtigem Guſse läſst sich bei Weichblei der Fehler sehr herabdrücken; gröſser
                              									ist er bei der Legirung gewesen, und es blieb bei einem der diesbezüglichen
                              									Controlversuche die Höhe des geschlagenen kleinen Cylinders 3mm,7 (statt 3,0) – ein Beweis der Ungleichheit im
                              									Material. Bei Weichblei waren die Abweichungen sehr klein.
                           Um nicht zu breit zu werden, seien andere ähnliche Versuche übergangen. Nochmals aber
                              									sei hervorgehoben, daſs die Uebereinstimmung nicht erzielt werden kann, wenn sich
                              									die Materialien in kleinen Dimensionen anders verhalten wie in groſsen. So war bei
                              									Ausfluſsproben mit Thon die für kleine Abmessungen aufgewendete Arbeit gröſser, als sie nach
                              									unserem Satze hätte sein sollen, weil der Thon in kleinen Dimensionen leichter
                              									wasserarm, mithin steif wurde.
                           Abgesehen von solch störenden Eigenthümlichkeiten des Materials ist man berechtigt,
                              									mit verhältniſsmäſsig sehr kleinen Versuchskörpern zu arbeiten und aus den hierbei
                              									gewonnenen Resultaten numerische Schlüsse auf das mechanische Verhalten gröſserer
                              									Massen gleicher Natur und geometrisch ähnlicher Form zu ziehen. Wir haben für die
                              									nächsten Arbeiten die Richtung gegeben; sie sind mit gleichen Volumen und geänderten
                              
                              									Abmessungen durchzuführen, um so auch den Einfluſs dieser zu ermitteln.
                           Im Anschlüsse seien einige Deformationserscheinungen besprochen, welche sich bei Fall- bezieh. Schieſsversuchen und beim Walzen ergaben.
                           Fallproben. Zunächst sei bemerkt, daſs geometrisch
                              									ähnliche Probestücke gleicher Masse mit gleicher Geschwindigkeit, gegen eine feste
                              									Wand auffallend, sich so deformiren, daſs sie geometrisch ähnlich bleiben. Hier ist
                              									die im bewegten Körper enthaltene Arbeitsgröſse proportional seinem Gewichte und
                              									fällt daher diese Erscheinung mit dem eingangs angegebenen Satze zusammen.
                           Die Figuren 3 bis 5
                              									lassen die Art der Formänderung von Cylindern beim centralen Stoſs gegen eine feste
                              									Platte erkennen; man erhält eine Stauchung, welche von der unmittelbar anprallenden
                              									Endfläche gegen die zweite abnimmt. Die Stauchung ist um so bedeutender, je
                              									bildsamer die Masse und je gröſser die Geschwindigkeit.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 234, S. 347
                              
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 234, S. 347
                              
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 234, S. 347
                              
                           Fig. 3 gibt das Ergebniſs des Falles eines Cylinders
                              									aus etwas spröder (halbweicher) Porzellanmasse aus der Höhe von 8m. Das deformirte Stück wurde mit feinem Drahte
                              									von oben bis gegen die halbe Höhe eingeschnitten und vorsichtig getheilt, wobei in
                              									den unteren Partien die Abtrennung nach einer Kegelfläche erfolgte – ein Beweis,
                              									daſs die nachfolgenden Partien sich an dem beim Stoſse sich bildenden Kegel
                              									verschoben. Aehnliche Erscheinungen hat man auch bei Schieſsversuchen wahrgenommen.
                              									Von guſseisernen Kugeln, gegen Panzerplatten geschossen, blieb ein kegelförmiger
                              									Kern an der Platte haften, während die andere Masse zersplitterte.
                           
                           Fig. 4 und 5 zeigen
                              									die Deformation geschichteter Porzellanmasse-Cylinder
                              									von bedeutend weicherer Masse, aus Fallhöhen von 4 und 6m, Auch diese Proben lassen erkennen, daſs die Massentheilchen der
                              									anprallenden Endfläche ihre gegenseitige Lage wenig ändern, daſs über ihnen ein
                              									allerdings sehr stumpfer Kegel sich bildet, über dessen Mantelfläche das seitliche
                              									Abflieſsen der nachfolgenden Theile erfolgt. Das Deformationsbild ist durch die im
                              									Materiale auftretenden Spannungen und durch die Unvollkommenheiten der Schichtung
                              									etwas beeinträchtigt. Die Figuren stellen natürlich die Mittelschnitte der
                              									deformirten Cylinder dar.
                           Indem bei Vorweisung der Versuchsproben stets die Frage gestellt
                              									wurde, in welcher Weise die nach zwei auf einander senkrechten Richtungen
                              									geschichteten Probestücke hergestellt wurden, so sei unser Verfahren beigefügt und
                              
                              									auch die Art der Vornahme der Fallproben in Kürze besprochen.
                           Die Probestücke wurden aus weicher Porzellanmasse mit Hilfe zweier
                              									Weiſsblechröhren quadratischen Querschnittes in der Weise hergestellt, daſs, nachdem
                              									eine dieser Röhren mit Porzellanmasse gefüllt war, diese Masse mit Hilfe eines
                              									Kolbens von gleichem Querschnitt in das zweite Rohr, welches mit ersterem in einem
                              									Bette passend eingelagert war, absatzweise hinübergeschoben und mittels eines feinen
                              									Drahtes die in das zweite Rohr eingetretene Masse abgeschnitten wurde. Die richtige
                              									Entfernung der Schnitte wurde dabei dadurch regulirt, daſs der Kolben in dem Rohre
                              										II von 5 zu 5mm
                              									festgestellt wurde. Die Schnittflächen wurden hierauf mit Saftfarbe bestrichen,
                              									wieder an einander gelegt und durch Vordrücken des Kolbens des Rohres I fest an die schon in der Röhre II befindliche Masse angedrückt, hierauf der Kolben II um 5mm
                              									zurückgestellt und die ganze Masse mit dem Kolben I
                              									vorgedrückt, wieder abgeschnitten u.s.f. und zwar so lange, bis das im Rohr II enthaltene Stück genau Würfelform hatte; dann wurde
                              									dieses einfach geschichtete Stück in um 90° gewendeter Lage wieder in das Rohr I übertragen und der ganze Vorgang noch einmal
                              									wiederholt, wodurch man einen Würfel erhielt, der aus lauter Lamellen quadratischen
                              									Querschnittes zusammengesetzt war. Aus diesem konnte man entweder die Probestücke
                              									direct ausstechen, oder aber, was sich besser bewährte, dünne Schichten schneiden
                              									und diese in den Probestücken an jene Stellen einschalten, deren Deformation man
                              									bestimmen wollte.
                           Die Fallproben wurden in der Weise erhalten, daſs auf obige Art
                              									hergestellte, jedoch cylindrische Probestücke von 55mm Höhe und 40mm Durchmesser gegen eine
                              									gehobelte Guſseisenplatte fallen gelassen wurden. Eine Art von Fall werk vermittelte
                              									das Auf treffen in richtiger Stellung. An die mit der Wasserwage horizontal
                              									gestellte Platte waren zwei Drähte befestigt, deren obere Enden beiläufig 12m hoch gegen ein Paar in der Mauer eines Gebäudes
                              									eingelassene Tragpratzen mit Hilfe von Spannschrauben stark gespannt werden konnten.
                              									Diese vertical abgesenkelten Drähte dienten einem langen Schlitten zur Führung, an
                              									dessen unterem Ende mittels einer starken Nadel das Probestück in centrischer und
                              									richtiger Stellung befestigt wurde. Ein Paar Buffer verhinderten sowohl das
                              									Aufschlagen des Schlittens auf die Platte, wie auch die Beschädigung der Fallprobe
                              									nach erfolgtem Auftreffen. Durch eine Leine wurde dann der Schlitten bis zur
                              									betreffenden Höhe gehoben und durch Abschneiden derselben fallen gelassen.
                           Walzproben mit geschichteter plastischer Masse in
                                 										geschlossenem und offenem Kaliber. Die Walzprobe Fig. 6, die durch Auswalzen eines auf die früher erwähnte Art mit einer
                              									geschichteten Mittelpartie versehenen, parallelopipedischen Probestückes im
                              									geschlossenen flachen rechteckigen Kaliber erhalten wurde, beweist, daſs die Deformation im
                              									ausgewalzten Stücke keine gleichmäſsige ist.
                           
                              
                              Fig. 6., Bd. 234, S. 349
                              
                           Der Anfang (aa) zeigt einen
                              									ganz analogen Vorgang wie den bei der Deformation durch Druck zwischen parallelen
                              									Platten, die unmittelbare Wirkung der Walzen auf das parallelopipedische Stück ist
                              									somit dem erwähnten seiner Zeit abgehandelten Vorgang sehr ähnlich; da aber die
                              									folgenden Theile des Walzprobestückes mit den schon
                              									deformirten verbunden sind, so gelangen sie nur unter Beeinflussung der bereits
                              									stattgehabten Deformation zum Auswalzen. Man ersieht auch aus Fig. 6, daſs die Umformung schon beginnt, ehe die
                              									Walzen die betreffenden Stellen ergriffen haben. Durch die Umformung der früher
                              									eingetretenen Partien wird die Mitte des Walzstückes relativ am Eintreten gehindert,
                              									und der zu ihrem Eintritt nöthige Druck wird durch eine Dehnung der äuſseren Partien
                              										abgeleitet.Beim Luppenverwalzen bestätigt sich dies durch die immer wiederkehrenden
                                    											Schuppenbildungen an der Oberfläche. Es ist bei der Umformung
                              									noch zu bemerken, daſs auch, nachdem die Schichtenlage schon constant geworden ist
                              									(dargestellt in bb
                              									Fig. 6), die Deformation keine allmälig und
                              									gleichmäſsig vorschreitende Verjüngung des Querschnittes ist, sondern die
                              									Randpartien (cc) vollziehen ihre Umlagerung viel
                              									rascher als die mittleren, die sie erst beenden, wenn sie die engste Stelle des
                              									Kalibers erreicht haben. Das Endstück (dd) zeigt ganz besonders deutlich die Dehnung der äuſseren
                              									Partien und die geringe Deformation der Mittelpartien des Endes.
                           Beim Walzen eines Probestückes zwischen glatten Walzen gilt alles eben Gesagte, nur
                              									daſs durch die Möglichkeit des Austrittes in seitlicher Richtung auch eine Breitung
                              									erfolgt, die eine Ungleichmäſsigkeit des Vorganges der Breite des Walzstückes nach
                              									ergibt, welche aber, nachdem der Vorgang in der Längsrichtung ein constanter
                              									geworden ist (wie bei bb
                              									Fig. 6), ebenfalls gleichmäſsig wird. Man sieht, daſs
                              									hierbei die Mittelschichten eine groſse Deformation erleiden, dünner werden. Durch
                              									den Querschnitt ee
                              									Fig. 8 nach der Linie AB
                              									Fig. 7 ist der Breitungsvorgang am besten
                              									charakterisirt, und wiederum gleicht er der Deformation eines Prismas von
                              									ursprünglicher Breite β, zwischen parallelen Platten
                              									gedrückt. Die aus dem Doppelvorgang der Streckung und Breitung sich ergebende Verwerfung einer
                              									Querschicht des Probestückes ist in ff
                              									veranschaulicht, welches die Oberfläche einer deformirten Schicht, nach Ablösung der
                              									nächstfolgenden (erfolgt bei dem getrockneten Probestücke), darstellt.
                           
                              
                              Fig. 7., Bd. 234, S. 350
                              
                           
                              
                              Fig. 8., Bd. 234, S. 350