| Titel: | Ueber die rotirende Differentialbremse und deren Anwendung; von Professor Josef Pechan. | 
| Autor: | Josef Pechan | 
| Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 10 | 
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                        Ueber die rotirende Differentialbremse und deren
                           								Anwendung; von Professor Josef
                              									Pechan.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 2.
                        Pechan, über die rotierende Differentialbremse.
                        
                     
                        
                           Bei der Differentialbremse sind bekanntlich in Hinsicht des anzuwendenden
                              									Hebelverhältnisses und somit in Hinsicht der zum Bremsen einer bestimmten Last
                              									erforderlichen, am Bremshebel wirkenden Kraft zwei Fälle zu unterscheiden, welche
                              									wesentlich andere Constructionen bedingen, sobald davon abgesehen wird, daſs man
                              									einfach mit der Hand den Bremshebel erfaſst, um die Bremse zu spannen oder zu lösen.
                              									Letzterer Umstand kommt insbesondere in Betracht, wenn die Differentialbremse nicht
                              									mit feststehendem Drehbolzen für den Bremshebel ausgeführt ist, sondern wenn
                              									vielmehr dieser Bolzen selbst mit dem Bremsbande und der Bremsscheibe im Kreise
                              									rotirt, also eine rotirende Differentialbremse
                              									vorliegt, welche vom Verfasser in einer eigenen AbhandlungJosef Pechan: Ueber die rotirende Differentialbremse
                                       												und deren Anwendung bei Fallhämmern und Walzwerken mit
                                       												Wechseldrehung. (Wien 1878. Lehmann u.
                                       												Wentzel.) besonders behandelt wurde.
                           
                           Bezeichnet, wie in Fig. 1 Taf.
                              									2 angedeutet, Q die zu bremsende Last am Halbmesser ρ, R den Halbmesser der Bremsscheibe, a, b, L die Hebelarme des Bremshebels, an welchen der
                              									Reihe nach die Bremsbandspannungen T und t beziehungsweise die durch Handdruck o. dgl. ausgeübte
                              									Kraft P wirken, so hat man für das Verhältniſs der
                              									Spannungen der Enden des Bremsbandes die bekannte Gleichung:
                           T=t\,e^{f\alpha}, . . . . . . . . . .
                              									(1)
                           worin f den
                              
                              									Reibungscoefficienten zwischen Bremsband und Bremscheibe, α den vom Bremsband
                              									umspannten Winkel, im Bogenmaſse für den Halbmesser gleich der Einheit, und e die Basis der natürlichen Logarithmen vorstellt;
                              									ferner ergibt sich für die Bremsung der Last Q die
                              									Gleichung:
                           Q\,\varrho+t\,R=T\,R . . . . . (2)
                           und endlich für den Gleichgewichtszustand am
                              									Bremshebel, wenn P im Sinne des Pfeiles in Fig.
                                 										1 wirkt:
                           P\,L+T\,a=t\,b. . . . . . . (3)
                           Je nachdem nun die Auflösung der Gleichung (3) für P einen positiven oder einen negativen Werth ergibt,
                              									muſs die Kraft P in dem einen oder in dem
                              									entgegengesetzten Sinne zur Wirkung gelangen. Im ersteren Falle wirkt sie im Sinne
                              									derjenigen Kraft, welche, wie der Pfeilrichtung in Fig. 1
                              									entsprechend, zum Anziehen der Bremse erforderlich ist; im zweiten Falle dahingegen
                              									wirkt die Kraft dieser Richtung gerade entgegengesetzt und ist somit zum Anziehen
                              									der Bremse nicht erforderlich. Eine geringe absolute Vergröſserung der Kraft P im zweiten Falle bewirkt dasselbe wie eine
                              									Verringerung derselben im ersten Falle; es wird nämlich jedesmal die Bremsung
                              									vermindert. Ein der Gleichung (3) entnommener positiver Werth für P bedingt demnach für die Lösung der Bremse eine
                              									Kraftabnahme und für das Spannen derselben eine Kraftzunahme, wogegen ein negativer
                              									Werth für P zum Spannen der Bremse durchwegs auſser
                              									Betracht bleibt und erst berücksichtigt werden muſs, wenn es sich um das Lösen der
                              									Bremse handelt. Der letztere Fall ergibt eine Bremse, welche sich selbstthätig
                              									weiter spannt, sobald das Bremsband durch die Einwirkung einer äuſseren Kraft,
                              									welche der oben berechneten entgegengesetzt wirkt, so weit gespannt wird, daſs es an
                              									der Bremsscheibe anliegt, sobald also überhaupt Reibung zwischen Bremsband und
                              									Bremsscheibe eintritt. Die beiden vorgenannten Fälle sind mathematisch
                              									gekennzeichnet durch das Hebelverhältniſs
                              										\left(\frac{b}{a}\right) und zwar ist:
                           im ersten Falle
                              										\frac{b}{a}>e^{f\alpha}, im zweiten Falle
                              										\frac{b}{a}<e^{f\alpha}..
                           Die Differentialbremse, für welche \frac{b}{a}<e^{f\alpha},
                              									besitzt die Eigenschaft, bei zunehmender Last Q sich bis zum
                                 										Bruche selbstthätig zu spannen. Die zur Ueberwindung der Steifigkeit des
                              									Bremsbandes am Hebelarme L im Sinne des Pfeiles Fig.
                                 										1 erforderliche Kraft kann in sehr einfacher Weise durch die
                              									Centrigalkraft des Bremshebels selbst erreicht werden; man braucht zu diesem Zwecke
                              									nur den Hebelarm b hinreichend schwer zu machen. Es
                              									kann übrigens hierzu auch eine Feder zur Anwendung kommen.
                           Man erhält auf diese Weise eine einseitig wirkende Kupplung, welche, in Fig.
                                 										2 Taf. 2 dargestellt, bei Antriebsmechanismen verwendbar ist. B stellt hierbei die Antriebsriemenscheibe dar, an
                              									welcher der Drehbolzen des Bremshebels A befestigt ist.
                              										C ist die Lasttrommel bezieh. ein Zahnrad oder eine
                              									Riemenscheibe, welche die Bewegung gegen den Widerstand Q in der Pfeilrichtung weiter zu übertragen hat, jedoch in derselben Richtung der
                              									Riemenscheibe B frei vorlaufen kann. D endlich ist die mit C
                              									fest verbundene Bremsscheibe.
                           Fig.
                                 										3 bis 5 Taf. 2
                              									zeigen die constructive Ausführung einer solchen rotirenden Differentialbremse, wie
                              									sie von der Ottakringer Eisengieſserei und
                                 										Maschinenfabrik in Wien an einem Fallhammer mit 250k Fallgewicht zur Anwendung gebracht wurde. Der
                              									Fallbär wurde mittels eines um die Spule C gelegten, am
                              									Bolzen F befestigten Riemens gehoben. Beim Aufschlagen
                              									des Fallbärs muſste die Spule C gegen die
                              									Antriebsriemenscheibe B frei vorlaufen können. D ist die mit C in einem
                              									Stücke gegossene Bremsscheibe. Der in der Riemenscheibe B gelagerte Bolzen A trägt einerseits den
                              									Doppelhebel, an dessen Enden das Bremsband eingehängt ist, und andererseits den
                              									Winkelhebel y, beide aufgekeilt; letzterer bewirkt
                              									durch den Druck der an der Nabe der Riemenscheibe angeschraubten Feder x jene Spannung des Bremsbandes, welche erforderlich
                              									ist, um die Steifigkeit des letzteren zu überwinden und dasselbe an der Bremsscheibe
                              									anliegend zu erhalten. Durch Vorschieben des Stiftes p
                              									mittels des Riegels o wird der Winkelhebel y in der dem Drucke der Feder x entgegengesetzten Richtung bewegt und dadurch im geeigneten Augenblicke
                              									die Bremse gelöst. Letzteres ist beim Fallhammer nothwendig, um den Fallbär nach
                              									erfolgtem Heben frei herabfallen lassen zu können. Wird der Riegel o zurückgezogen, so wird der Stift p vermöge der Wirkung der Feder x und der Centrifugalkraft des Bremshebels zurückgeschoben und die Bremse
                              									wieder selbstthätig wirksam. Der Riegel o ist in der
                              									durch den flachen Deckel q bedeckten Nuth der
                              									Riemenscheibennabe geführt und wird durch einen in die Ringnuth des mitrotirenden
                              									Muffes L eingreifenden Hebel vorgeschoben und
                              									zurückgezogen. Bemerkt mag noch werden, daſs hier sowohl die Spule C, als auch die Riemenscheibe B und der Muff L auf der feststehenden Achse
                              										E lose rotiren, letztere auf langen Büchsen
                              									angebracht.
                           In Fig.
                                 										6 und 7 Taf. 2 ist
                              									eine weitere Anwendung der sich selbstthätig spannenden Differential bremse in Form
                              									einer Kupplung für Kraftmaschinen dargestellt, wie sie vom Verfasser als Ersatz für
                              									die Sperrkegelkupplungen von Uhlhorn und Pouyer in Vorschlag gebracht wurde. Dampfmaschine,
                              									Wasserrad und Turbine übertragen bei gemeinschaftlicher Wirkung ihre Kraft zunächst
                              									gesondert auf je eine mit der zum schützenden Gehäuse ausgebildeten Scheibe B rotirenden Differentialbremse und diese treibt die
                              									Bremsscheibe D um, welche auf der für alle Motoren
                              									gemeinschaftlichen durchlaufenden Transmissionswelle C
                              									aufgekeilt ist. Die Bewegungsübertragung erfolgt in der Pfeilrichtung nach Fig.
                                 										7. Wird die Welle C durch den anderen Motor
                              									mit gröſserer Geschwindigkeit umgetrieben, so läuft die Bremsscheibe D unter dem Bremsbande frei vor. Hier ist das Lösen der
                              									Differentialbremse nicht erforderlich und daher ein diesbezüglicher Mechanismus
                              									überflüssig. Die zur
                              									Ueberwindung der Steifigkeit des Bremsbandes erforderliche Kraft wird durch die
                              									Feder x im Verein mit der Centrifugalkraft des
                              									Bremshebels ausgeübt, y ist eine Verlängerung des am
                              									Bolzen A drehbaren Bremshebels, auf welche die Feder
                              										x drückt. Die Scheibe B ist zur Ausbalancirung bei G mit einem
                              									Gegengewichte versehen; sie ist auf die hohle Welle W
                              									aufgekeilt, welche zweckmäſsig in zwei Lagern L ruht
                              									(wovon in Fig. 6 nur
                              									das an B anschlieſsende gezeichnet ist) und zwischen
                              									diesen das die Kraft des Motors einleitende Zwischenglied, Zahnrad oder
                              									Riemenscheibe, trägt. Die hohle Welle W, durch welche
                              									die Transmissionswelle C frei drehbar hindurch geht,
                              									bietet so gelagert letzterer zugleich an den Stellen der Kraftaufnahme erwünschte
                              									Stützung und erhöht demnach die Solidität der ganzen Transmissionsanlage. In Fig.
                                 										7 ist der Schutzdeckel K abgehoben. – Eine
                              									solche einseitig wirkende Reibungskupplung hat der von Uhlhorn und jener von Pouyer gegenüber den
                              									groſsen Vortheil, daſs sie fast augenblicklich wirkt, daſs nämlich die Scheibe B durch die rotirende Differentialbremse sofort wieder
                              									den Antrieb der Scheibe D und somit der Welle C übernimmt, sobald D in
                              									der Bewegungsrichtung gegen B zurückbleiben will. Es
                              									treten demnach hier nicht jene Stöſse ein, welche bei den genannten
                              									Sperrkegelkupplungen, die erst nach ¼ oder ⅙ Drehung einklinken, unvermeidlich sind
                              									und so häufig Brüche herbeiführen, welche eine Betriebsstörung im Gefolge haben.
                           Die Differentialbremse, für welche \frac{b}{a}>e^{f\alpha} ist,
                              									erfordert, als rotirende angewendet, eine besondere Vorrichtung, welche die
                              									Verstärkung der Bremsbandspannungen bei zunehmender Bremslast bewirkt und demnach
                              									durch die Einwirkung der letzteren bethätigt wird. Fig. 8 und
                              										9 Taf. 2 zeigen die constructive Durchführung einer solchen rotirenden
                              									Differentialbremse, wie sie von der Maschinenfabrik E.
                                    										Becker in Berlin (* D. R. P. Nr. 5801 vom 29. November 1878) in Vorschlag
                              
                              									gebracht wurde, a ist die treibende Welle; auf
                              									derselben sitzt lose der Arm b, an welchem der
                              									Drehbolzen c des Bremshebels d befestigt ist. Die Bremsscheibe e ist auf
                              									die getriebene Welle f und die Kurbel g auf die treibende Welle a aufgekeilt. Die Kurbel g greift mit dem
                              									Kurbelzapfen in ein Langloch des Bremshebels d ein.
                              									Rotirt nun die Kurbel g im Sinne des Pfeiles Fig.
                                 										8, so wird zunächst der Bremshebel d so weit
                              									um c gedreht, bis die Bremse festgezogen ist, wonach
                              									diese die Bremsscheibe e und somit die Welle f mitnimmt. Eine Steigerung der durch die Kurbel g übertragenen Kraft bringt sofort eine Vergröſserung
                              									der Bremsbandspannungen hervor, indem ja die Kraftübertragung zunächst durch den
                              									Bremshebel d selbst erfolgt. Die geschlossene Kupplung
                              									läſst sich lösen, indem entweder der treibenden Welle a
                              									gegen die getriebene f eine plötzliche verzögerte, also
                              									relativ eine geringe rückläufige Bewegung gegeben wird, oder indem der getriebenen Welle durch eine
                              									andere Kraft eine gröſsere Geschwindigkeit ertheilt wird, als die treibende bedingt,
                              									oder endlich dadurch, daſs der Arm b der Kurbel g durch eine besondere Vorrichtung genähert wird.
                           Ein Beispiel einer solchen Vorrichtung zeigen Fig. 8 und
                              										9. Der Arm b1, welcher mit b in einem Stücke hergestellt
                              									ist, enthält das Muttergewinde für die Schraube h und
                              									auf letzterer befindet sich einerseits ein Wulsträdchen aufgekeilt, andererseits
                              									drehbar damit verbunden ein Keil, der sich zwischen b1, und der rückwärtigen Verlängerung der
                              									Kurbel g einschiebt. Das Wulsträdchen läuft in dem
                              									freien Räume zwischen zwei Scheiben l, die gemeinsam
                              									oder getrennt eine Verschiebung in der Richtung der Wellenachse erfahren können.
                              									Durch Annäherung der einen oder der anderen der beiden Scheiben l bis zur Anlage an das Wulsträdchen wird dieses in
                              									Folge der Reibung in der einen oder in der entgegengesetzten Richtung umgedreht,
                              									somit die Schraube h gegen das Wellenmittel verstellt.
                              									Ist hiermit der Keil zwischen b1 und g so weit
                              									eingeschoben, daſs b und g
                              									einander genähert werden, so tritt eine Lösung der Bremse ein, die jederzeit durch
                              									Drehung des Wulsträdchens im anderen Sinne wieder aufgehoben werden kann.
                           E. Becker bringt die vorgenannte Kupplung mit rotirender
                              									Differentialbremse mit Hinweglassung einer besonderen Lösungsvorrichtung auch bei
                              									Winden und Erahnen zur Anwendung. Fig. 10 und
                              										11 Taf. 2 zeigen die Ausführung einer solchen einfachen Kupplung und Fig.
                                 										12 und 13 ihre
                              									Anwendung als Kupplung und Bremsvorrichtung bei einer gewöhnlichen Bauwinde. Sie
                              									sitzt auf der Vorgelegewelle, auf welcher auch die Kurbel g aufgekeilt ist. Durch Vorwärtsdrehen der Handkurbel wird auch die Kurbel
                              										g vorwärts bewegt und somit die Bremse angezogen
                              									derart, daſs bei weiterer Drehung der Handkurbel die Last gehoben wird. An der
                              									verlängerten Nabenhülse des Armes b ist nun ein
                              									Sperrrad vorhanden, in das ein Sperrkegel eingreifen kann, dessen Drehbolzen am
                              									Windenständer befestigt ist, wie in Fig. 12
                              									ersichtlich. Wird letzterer in das Sperrrad eingelegt, so bleibt die Last beim
                              									Loslassen der Handkurbel ruhig hängen, weil sie selbst das Bremsband spannt. Wird
                              									jedoch auf die Handkurbel ein Druck ausgeübt, entgegengesetzt demjenigen, welcher
                              									zur Hebung der Last erforderlich ist, so werden die beiden Theile b und g einander genähert
                              									und die Last sinkt mehr oder weniger gebremst nieder. In dieser Form der Anwendung
                              									bietet die Kupplung noch den besonderen Vortheil, daſs während des Niederganges der
                              									Last die Vorgelegewelle mit ihren Kurbeln still steht, womit eine groſse Gefahr für
                              									den Arbeiter vermieden ist; ferner daſs die Last gebremst zum Stillstand gelangt,
                              									wenn der Arbeiter bei eingelegtem Sperrkegel die Kurbel ganz frei läſst.
                           Im Hinblick auf die eingangs genannten Eigenschaften der Differentialbremse erscheint
                              									diese, wie durch die vorgeführten Beispiele erläutert, als rotirende Differentialbremse ausgeführt, zur Herstellung von einseitig wirkenden Kupplungen besonders geeignet und
                              									dürfte sie auſser in den hier vorgeführten noch in manchen anderen Fällen mit
                              									Vortheil zur Anwendung gebracht werden können.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
