| Titel: | Ueber die Herstellung von Retinol. | 
| Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 69 | 
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                        Ueber die Herstellung von Retinol.
                        Kelbe's Verfahren zur Herstellung von Retinol.
                        
                     
                        
                           Das neuerdings im Handel vorkommende Product der trocknen Destillation des
                              									Colophoniums, das sogen. Harzöl, enthält noch etwa 20 Proc. unzersetztes
                              									Colophonium, hat einen unangenehmen, Holztheer ähnlichen Geruch und fluorescirt. Um
                              									nun dieses Rohöl zu reinigen, so daſs es als Schmiermittel verwendet werden kann,
                              									wird es nach W. Kelbe in
                              										Karlsruhe (D. R. P. Nr. 7639 vom 9. October 1878) in
                              									einem mit Rührwerk versehenen eisernen Kessel, der nur zu ungefähr 2/5 gefüllt werden
                              									darf, auf etwa 120° erhitzt. Dann setzt man unter Umrühren für je 100k Oel 16l
                              									Natronlauge von 1,215 sp. G. oder so viel hinzu, als sich in dem Oel klar löst. Das
                              									Gemisch wird etwa ½ Stunde zum gelinden Sieden erhitzt, das dabei verdampfte Wasser
                              									aber von Zeit zu Zeit ersetzt, doch so, daſs der Kesselinhalt immer eine klare
                              									braune Flüssigkeit bildet, da zu viel Wasser die Lauge abscheidet, bei zu wenig
                              									Wasser aber Harzseife ausgeschieden wird. Nach ½stündigem Sieden werden auf je
                              										100k Oel unter tüchtigem Umrühren 100l Wasser zugesetzt, dann wird die Flüssigkeit auf
                              									50 bis 60° gebracht, nochmals tüchtig umgerührt und nun der Ruhe überlassen, damit
                              									sich Oel und Lauge trennen. Dabei ist aber obige Temperatur inne zu halten, da die
                              									Lauge über 65° färbende Stoffe wieder an das Oel abgibt, unter 50° sich aber das Oel
                              									zu langsam von der Lauge trennt.
                           Haben sich Oel und Lauge möglichst vollständig von einander getrennt, so wird die
                              									letztere abgelassen und das Oel noch zweimal mit je etwa 25l warmen Wassers nachgewaschen. Dasselbe ist jetzt
                              									trübe von suspendirtem Wasser, riecht noch stark und zeigt noch die Eigenschaft des
                              
                              									rohen Oeles, blau zu fluoresciren. Um es von allen diesen Eigenschaften zu befreien,
                              									wird es in flache eiserne Gefäſse gebracht und in diesen einige Tage bei 60 bis 80°
                              									der Luft ausgesetzt. Das Wasser und die leichter flüchtigen Oele verdampfen, während
                              									zugleich die das Fluoresciren verursachende Substanz, wahrscheinlich durch
                              									oxydirende Wirkung der Luft, verschwindet. Das Oel darf aber dabei weder zu hoch
                              									erhitzt, noch zu lange der Luft ausgesetzt werden, da es sich sonst durch
                              									weitergehende Oxydation roth färbt.
                           Das so gereinigte Oel, Retinol genannt, ist hellgelb,
                              									fast geruchlos und verharzt nicht mehr. 30 Th. Retinol mit 70 Th. Rüböl gemischt
                              									soll ein gutes Schmieröl für Maschinen geben.
                           Die bei der Herstellung erhaltenen Seifenlaugen und Waschwässer werden in einem
                              									Behälter mit Kohlensäure behandelt. Das dadurch ausgeschiedene Harz wird wieder
                              									destillirt, die wässerige Flüssigkeit gibt beim Eindampfen kohlensaures Natron. Da
                              									sich Colophonium schon mit kohlensaurem Natron verseifen läſst, so kann die
                              									Natronlauge gröſstentheils durch kohlensaures Natron ersetzt werden.