| Titel: | Rundschau auf dem Gebiete der Bierbrauerei; von Victor Griessmayer. | 
| Autor: | Victor Griessmayer | 
| Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 136 | 
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                        Rundschau auf dem Gebiete der Bierbrauerei; von
                           									Victor
                              								Grieſsmayer.
                        (Fortsetzung des Berichtes Bd. 234 S.
                           								472.)
                        Grieſsmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei.
                        
                     
                        
                           Bestimmung und Bedeutung der Kohlensäure im Biere. (Fig. 8
                                 										bis 10 Taf.
                                 										15.)
                           Zur Bestimmung der Kohlensäure des im Fasse lagernden Bieres ist bereits i. J. 1875
                              									von Schwackhöfer (* 1876 219 147) ein geeignetes Verfahren angegeben
                              									worden. Seitdem hat die Bearbeitung dieser Aufgabe geruht und ist es daher als ein
                              									Verdienst von Th. Langer und W.
                                 										Schultze zu begrüſsen, daſs sie dieses Kapitel einer neueren, höchst
                              									gründlichen Behandlung unterzogen haben.
                           Um Bier ohne Kohlensäureverlust abziehen zu können, bohren sie in die Mitte des
                              									Faſsbodens mittels einer messingenen Pipe ein, deren Hahn geschlossen ist, und
                              									verbinden eine verjüngte Glasröhre mittels kleinen Kautschukschlauches mit der Pipe.
                              									Zum Auffangen des Bieres nehmen sie einen Kolben A, der
                              									durch doppelt durchbohrten Kautschukpfropfen verschlossen ist (Fig. 8 Taf.
                              									15). Durch die eine Durchbohrung geht eine senkrechte, unten aufgebogene Glasröhre
                              									bis nahe an den Boden; über den aus dem Stopfen herausragenden Theil derselben ist
                              									ein Kautschukschlauch a gezogen, der zur Verbindung mit
                              									dem Hahne bestimmt ist. Durch die andere Bohrung des Propfens geht eine kurz unter
                              									demselben endigende rechtwinklig gebogene Glasröhre, über welche ebenfalls ein
                              									Kautschukschlauch b gezogen ist, zur späteren
                              									Verbindung mit einem Kühlrohre; der Schlauch b wird
                              									zunächst mittels Schraubenquetschhahn verschlossen. Dann verbindet man den Schlauch
                              										a mit einer Luftpumpe und evacuirt nun so viel,
                              									daſs später etwa 300g Bier mit einströmen können
                              									(wozu 4 Kolbenzüge genügen). Nun schlieſst ein Gehilfe den Schlauch a mit einem Quetscher und die Verbindung mit der Pumpe
                              									wird gelöst. Der Kolben wird hierauf tarirt, dann mit dem Glasende des Messinghahnes
                              									durch den Kautschukschlauch a verbunden, der Hahn
                              									zuerst und dann der Quetscher geöffnet. Nachdem etwa 300g Bier eingeströmt sind, wird der Quetscher und dann der Hahn geschlossen.
                              									Nun läſst man den gefüllten Kolben so lange stehen, bis er nicht mehr schwitzt,
                              									trocknet das Ende des Schlauches a aufwärts vom
                              									Quetscher gut mit Filtrirpapier aus und wiegt den Kolben wieder. So findet man das
                              									Gewicht des Bieres. Kautschukpfropfen wie Schläuche müssen des Druckes wegen mit
                              									Draht am Kolben bezieh. an den Glasröhren befestigt werden.
                           Der gefüllte Kolben wird dann mit dem Kohlensäurebestimmungsapparate verbunden.
                              									Derselbe besteht der Reihenfolge nach aus einem umgekehrten Liebig'schen Kühler B (Fig. 9 Taf.
                              									15), dem Chlorcalciumrohr C, einem Kugelapparat D mit concentrirter Schwefelsäure, einem Kugelapparat
                              										E mit Kalilauge, einem Röhrchen F mit kleinen Kalistücken, einem Schutzrohr G, welches zur Hälfte mit Chlorkalium und zur Hälfte
                              									mit Natronkalk gefüllt ist, endlich dem darüber gezogenen Kautschukrohr g, das zur Verbindung mit einem Aspirator bestimmt ist.
                              									Die Anordnung des Apparates ist derart, daſs die Theile C bis H an einem Stativ befestigt unter dem
                              									Kühlrohr stehen, durch eine zweimal rechtwinklig gebogene Gasröhre damit verbunden.
                              									Diese Stellung hat den Zweck, das Durchziehen der Kohlensäureblasen durch den
                              									Kaliapparat mit dem Quetscher in der Hand bequem verfolgen zu können.
                           
                           Um ein zu rasches Einströmen der Kohlensäure zu vermeiden, wird über den Schlauch b ein zweiter Quetscher b1 gezogen und nun der Schlauch b mit dem Kühler verbunden. Dann prüft man den Apparat
                              									auf seine Dichtigkeit, indem man ihn mit einem Aspirator verbindet, aus welchem nur
                              									ein paar Cubikcentimeter Wasser entweichen dürfen. Man schlieſst nun den zweiten
                              									Quetscher b1 und öffnet
                              									den ersten. Ist der zusammengeklebte Schlauch aus einander gedrückt, so öffnet man
                              									nun, das Auge auf den Kaliapparat gerichtet, ganz langsam den zweiten Quetscher b1 und läſst so den
                              									Kohlensäureüberdruck allmählich in den Kühler ausströmen. Hierauf zündet man die
                              									Gaslampe unter dem Kolben an und bringt das Bier zum Sieden. Streichen keine
                              									Gasblasen mehr durch den Kaliapparat, so beginnt man mit dem Ansaugen Kohlensäure
                              									freier Luft, indem man den Schlauch a mit dem
                              									Natronkalkthurm T und den Schlauch g mit einem Aspirator verbindet. Während des Ansaugens
                              									läſst man das Bier mäſsig fortsieden. Sind 1l,25
                              									Luft angezogen, so wird der Hahn am Aspirator geschlossen, die Gaslampe abgedreht
                              									und der Quetscher a allmählich ganz geöffnet.
                              									Kaliapparat und Kaliröhre werden ausgeschaltet und gewogen. Ihre Gewichtszunahme
                              									gibt die im Biere gewesene Kohlensäuremenge an. Die Dauer des Versuches beträgt 2½
                              									Stunden.
                           Der mit Schwefelsäure beschickte Apparat hat den Zweck, den Alkohol (und fügen wir
                              									hinzu das Glycerin und die flüchtigen Säuren – Essigsäure und Homologe) abzufangen,
                              									welche sonst das Gewicht des Kaliapparates vergröſsern.
                           Auf Grund ihrer Methode versuchten nun die Verfasser den Einfluſs der Temperatur und
                              									des Druckes auf das Spunden, bezieh. auf den Kohlensäuregehalt der Biere überhaupt
                              									zu bestimmen. Zu diesem Zwecke untersuchten sie verschiedene Fässer desselben
                              									Lagerkellers, in welchem lauter Biere aus 10 Proc. Würzen, aber bei verschiedenen
                              									Temperaturen von 0,4 bis 4,7° lagerten. Der Luftdruck war während der Probenahme
                              										751mm bei 3°. Der Kohlensäuregehalt betrug
                              									bei:
                           
                              
                                 0,4° = 0,332 Proc.
                                 4,0° = 0,297 Proc.
                                 
                              
                                 1,6  = 0,320
                                 4,7  = 0,285
                                 
                              
                                 2,8  = 0,311
                                 
                                 
                              
                           Für dieses Bier gilt also die Regel: Wenn innerhalb 0 und 5°
                              									die Temperatur des nachgährenden Bieres um 1° sinkt oder steigt, so vermehrt oder
                              									vermindert sich der Kohlensäuregehalt desselben um rund 0,01 Procent vom
                              									Biergewichte.
                           Um den Einfluſs des Spundens festzustellen, wurden von Bier, das an der Reihe war,
                              									gespundet zu werden, 2 Parallelproben zur Kohlensäurebestimmung entnommen, dann das
                              									Faſs mit einem Spunde zugeschlagen, welcher der Länge nach durchbohrt und mit
                              									offenem Quecksilbermanometer versehen war (vgl. Fig. 10).
                              									Gleichzeitig wurde der im Lagerkeller herrschende Luftdruck notirt. Nach 4 bis 5
                              									Tagen hatte das Bier die
                              									nöthige Schaumkraft erlangt. Der Manometer- und Barometerstand wurde genommen, der
                              									Kohlensäuregehalt wieder bestimmt und nun, wie folgt, gerechnet:
                           
                              
                                 A) Beim Zuspunden
                                 Bier-Temperatur
                                 2,2°
                                 
                              
                                 
                                    „   Sacch. Anzeige
                                 4,5 Proc. B (p = 10)
                                 
                              
                                 
                                    „   Alter
                                 30 Tage
                                 
                              
                                 
                                    „   Kohlensauregeh.
                                 0,315 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 Barometerstand
                                 744mm bei 3° = 743mm,6 bei 0°.
                                 
                              
                                 B) Am Ende des Spundens
                                 Spundungsdauer
                                 5 Tage
                                 
                              
                                 
                                 Bier-Temperatur
                                 2,20
                                 
                              
                                 
                                    „   Kohlensäure
                                 0,366 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 Manometerstand
                                 156mm bei 3° = 155mm,9 bei 0°
                                 
                              
                                 
                                 Barometerstand
                                 748mm  „   „   = 747mm,6   „  „ 
                                 
                              
                           Hieraus ergibt sich:
                           a) Der Kohlensäuregehalt des Bieres ist durch das Spunden von 0,315 auf 0,366, also
                              									um 0,051 Proc., oder im Verhältniſs von 100:116,2 gewachsen.
                           b) Die Spannkraft im Lagerfasse am Ende des Spundens beträgt 155,9 + (747,6 – 743,6)
                              									= 159mm,9 Quecksilbersäule bei 0°.
                           c) Da zur Erhöhung des Kohlensäuregehaltes um 0,051 Proc. 159mm,9 Ueberdruck erforderlich waren, so ist zur
                              									Erhöhung des Kohlensäuregehaltes um 0,01 Proc. ein Druck von (159,9 : 5,1 =) 31mm Quecksilbersäule bei 0° nöthig.
                           Aus drei solchen Versuchen ergab sich ein mittlerer Zuwachs an Kohlensäure durch
                              									Spunden um 0g,046 Kohlensäure. Nach dem Volumen
                              									ausgedrückt, sind 100g Bier etwa 98cc und 46mg oder
                              									(46 : 1,9712 =) 23cc,3 Kohlensäure bei 0° und
                              										760mm. Folglich nahmen 100cc Bier durch das Spunden weitere 23cc,8 Kohlensäure, d.h. beinahe ¼ des Biervolumens
                              									auf, oder die 36hl im Fasse beinahe 9hl Kohlensäure.
                           Daſs der Geschmack des Bieres und folglich seine Verkäuflichkeit vom
                              									Kohlensäuregehalt abhängt, geht noch aus folgender Betrachtung hervor. Der höchste
                              									Kohlensäuregehalt, welcher in der kritischen Brauerei dem Biere bei gröſster
                              									Abkühlung und mäſsigem Spunden beigebracht werden
                              									konnte, war 0,390 Proc. Solches Bier gilt bei Wirth und Publicum als vorzüglich.
                              									Bier von 0,32 Proc. fand weder Lob noch Tadel, es galt in Bezug auf Schäumung und
                              									Schneidigkeit als mittelmäſsig. Sank aber der Kohlensäuregehalt unter 0,32 Proc., so
                              									begannen die Anstände und Klagen von Seite der Wirthe sofort; man mochte und wollte
                              									dann das Bier nicht mehr. (Nach der Zeitschrift für das qesammte
                                       												Brauwesen. 1879 S. 369.)