| Titel: | Neuerungen an Signalapparaten für Eisenbahnen; von Siemens und Halske in Berlin. | 
| Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 195 | 
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                        Neuerungen an Signalapparaten für Eisenbahnen;
                           								von Siemens und Halske in
                           									Berlin.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 20.
                        Siemens und Halske's Signalapparate für Eisenbahnen.
                        
                     
                        
                           Die Vorkehrungen, welche zur Sicherung der sich auf der Bahnstrecke und in den
                              									Bahnhöfen bewegenden Züge getroffen werden, bezwecken, daſs einem Zuge, der die
                              									Fahrerlaubniſs hat, der Eintritt in einen gewissen Bahnabschnitt durch ein
                              									bestimmtes optisches Fahrsignal nur unter der Voraussetzung gestattet werden könne,
                              									daſs der diesem Zuge vorausgegangene Zug den
                              									Bahnabschnitt verlassen habe. In jedem Falle wird hierdurch die Vornahme einer
                              									mechanischen Handlung seitens eines Signalwärters erfordert, welche nur einmal und nicht früher
                              									vorgenommen werden darf, als bis der Zug den dem Wärter angewiesenen Signalpunkt der
                              									Strecke thatsächlich überschritten hat. Ist demnach ein mehrmaliges oder unzeitiges
                              									Vornehmen dieser Handlung möglich, so bleiben durch fahrlässige Handhabung der
                              									Signalmittel verursachte Zusammenstöſse nicht ausgeschlossen.
                           Zwei Züge I und II stehen
                              									beispielsweise in Blockstation A zur Abfahrt nach
                              									Blockstation B bereit. Der vorausgegangene Zug habe
                              									bereits die nächstliegende Blockstation C
                              									überschritten; auch sei von dort aus das Deblockirungssignal nach B gegeben worden. Der Wärter in B stelle demnach dem von A signalisirten Zuge
                              										I das Fahrsignal und – setzen wir den Fall –
                              									schlafe ein. Beim Erwachen nehme derselbe unter Berücksichtigung der verflossenen
                              									(normalen) Fahrzeit fälschlich an, daſs der Zug I ihn
                              									bereits passirt haben müsse, und gebe das für denselben seiner Meinung nach
                              									verabsäumte Blocksignal. Da hierdurch dem Zuge II der
                              									Eintritt in dieselbe Blockstrecke A-B erlaubt, Zug I aber entweder auf derselben liegen geblieben, oder
                              									durch das Haltsignal bei B zum Halten gebracht sein
                              									kann, ist ein Zusammenstoſs beider Züge möglich.
                           Der gleiche Fall kann eintreten, wenn der in B
                              									stationirte Wärter dem ankommenden Zuge nicht rechtzeitig das Fahrsignal gegeben hat
                              									und zur Verdeckung dieser Nachlässigkeit sich rasch selbst blockirt, um angeben zu
                              									können, daſs er noch nicht deblockirt sei. Dadurch erleidet der Zug nicht nur
                              									Aufenthalt, sondern es kann auch die Möglichkeit eintreten, daſs die besetzte
                              									Strecke zu früh deblockirt wird und ein nachfolgender Zug aufstöſst. Diese Mängel
                              									des Signalwesens zu beseitigen, trafen Siemens und
                                 										Halske in Berlin (* D. R. P. Nr. 7281 vom 18. März 1879) eine Einrichtung,
                              									welche bewirkt, daſs ein Blocksignal nur einmal und nur dann gegeben werden kann, wenn der Zug einen
                              									gewissen Punkt der Strecke überschritten hat.
                           Bei den früher (* 1874 213 89) eingehender beschriebenen Blocksignalapparaten von Siemens und Halske wird die Einstellung eines Signalarmes A, einer Signalscheibe oder einer anderen Vorrichtung,
                              									welche dem Zugführer als Richtschnur dient, auf die „Freifahrt“-Stellung
                              									mittels eines Hebels oder einer Kurbel K (Fig.
                                 										1 Taf. 20) bewirkt. Ist die Kurbel K in die
                              									in Fig. 2 gezeichnete Stellung gebracht, welche der „Halt“- oder
                              										„Gefahr“-Stellung des optischen Signalmittels entspricht, so kann die
                              									Sperrklinke S in den Einschnitt e gebracht werden, indem die Taste T und
                              									dadurch auch die Stange t niedergedrückt wird. Wird
                              									sodann blockirt, d.h. der Rechen R durch die Einwirkung
                              									des elektrischen Stromes im Elektromagnete M in die
                              									Stellung Fig. 2
                              									gebracht, so kann die Sperrklinke a nicht mehr auf die
                              									rechte Seite der Achse des Rechens zurücktreten, fängt zugleich an einer Nase die
                              									Schulter s von t und hält
                              									so die Sperrklinke S im Einschnitte e fest. Der Arm A des
                              									optischen Telegraphen kann alsdann aus seiner „Halt“-Stellung nicht mehr
                              									bewegt werden. Die Bewegung der Kurbel K, mithin des
                              									Signales, bleibt in Folge dessen so lange mechanisch verhindert, bis deblockirt
                              									wird, wobei der Rechen R in die Stellung Fig.
                                 										1 zurücktritt.
                           Um nun ein mehrmaliges Blockiren durch mehrmaliges Niederdrücken der Taste T zu verhindern, wurde die Sperrung b angeordnet; dieselbe geht beim (ersten) Niederdrücken
                              									der Taste T und der Stange t aus der in Fig. 1
                              									gezeichneten Lage in die aus Fig. 2
                              									ersichtliche über und bleibt beim Emporgehen von T in
                              									dieser Lage, wenn nach Entsendung der Ströme die Scheibe s sich an a fängt; sie macht daher die
                              									Bewegung der Taste T nach einmaligem Gebrauche
                              									derselben so lange unmöglich, bis die Deblockirung eingetreten ist und die an der
                              									Stange t sitzende Scheibe s die Klinke b wie in Fig. 1
                              									wieder ausgelöst hat.
                           Damit aber auch die Abgabe des Blocksignales nicht früher erfolgen könne, als bis der
                              									Zug den Bahnabschnitt thatsächlich überschritten hat, ist eine weitere Sperrung c angebracht, welche das Niederdrücken der Taste T so lange verhindert, bis der Haken d, welcher den Hebel f am
                              									Herabfallen hindert, durch den Zug selbst ausgelöst worden ist. Fährt nämlich der
                              									Zug über einen gewissen Punkt der Bahnstrecke, so wird seine Last eine Durchbiegung
                              									der betreffenden Schiene J (Fig. 1)
                              									hervorbringen, oder es drücken die Radkränze der Fahrzeuge auf einen neben den
                              									Schienen angebrachten beweglichen Hebel (Fig. 2). Die
                              									hierdurch vom Zuge selbst hervorgebrachte Bewegung des um i drehbaren Hebels H bewirkt die Auslösung
                              									der Sperrung c entweder direct auf mechanischem Wege
                              									durch Vermittlung von Zugdrähten oder eines Gestänges mit Winkelhebel-Uebertragung,
                              									oder durch einen von einer elektrischen Stromquelle bei Q gelieferten Strom, oder durch Verdichtung oder Verdünnung der Luft oder
                              									einer Flüssigkeit (vgl. Fig. 1).
                           Ist das Blocksignal „Frei“ angekommen (Fig. 1), so
                              									kann das optische Signal auf „Fahrt“ gestellt werden. Die Abgabe eines
                              									Blocksignales durch Niederdrücken der Taste T ist aber noch nicht
                              									möglich, weil sie durch die Sperrung c gehindert ist.
                              									Hat darauf der Zug den betreffenden Signalpunkt der Bahnstrecke überschritten und
                              									eine Bewegung hervorgerufen, welche allein die Auslösung des Hakens d bewirken konnte, ist in Folge dessen der Hebel f durch sein Gegengewicht herabgefallen und hat er die
                              									Sperrung c ausgelöst, wird endlich noch das optische
                              									Signal durch Bewegung der Kurbel K auf
                              									„Halt“-Stellung gebracht, so kann das Niederdrücken der Taste T und dann die Abgabe eines Blocksignales erfolgen.
                              									Dabei treten aber nicht nur die Sperrklinken b und a in Wirkung, sondern es wird durch einen Vorsprung an
                              										t auch der Hebel f
                              									wieder in den Haken d eingelöst.
                           Bei Abgabe des Blocksignales hat sich ferner der Rechen R aufwärts bewegt und die Sperrklinke a kann in Folge dessen nicht auf die rechte Seite der
                              									Achse des Rechens zurücktreten, hält daher beim Loslassen der Blocktaste T die Sperrklinke S im
                              									Einschnitte e fest und die Kurbel K kann daher nicht mehr bewegt werden. Die Sperrklinke
                              										b ist unter die Taste T eingeschnappt und verhindert ein nochmaliges Drücken derselben. Erst
                              									beim Ankommen des Deblockirungssignales tritt die Stellung Fig. 1
                              									wiederum ein.
                           An Stelle des Hebels oder der Kurbel K zur Bewegung
                              									eines Signalmittels kann eine Bewegungsvorrichtung treten, welche 1) zum Stellen
                              									oder Verriegeln eines oder mehrerer Signale, 2) einer oder mehrerer Weichen, 3)
                              									mehrerer Signale und Weichen gemeinschaftlich, oder 4) von Drehbrücken,
                              									Tunnelthoren, Barrieren dient.
                           Die vorbeschriebenen Bewegungsvorrichtungen können ferner mit der in Fig. 3 und
                              										4 Taf. 20 in zwei Stellungen dargestellten Einrichtung in Verbindung
                              									gebracht werden.
                           Wird die Stange h (Fig. 3)
                              									aufwärts bewegt, so fällt schlieſslich die Klinke C in
                              									den Einschnitt g ein (vgl. Fig. 4) und
                              									legt die Bewegung von h, mithin die einer damit
                              									verbundenen Bewegungsvorrichtung fest. Hierbei wird durch C die Schlieſsung bezieh. Unterbrechung von einem oder mehreren Contacten
                              										r eine oder mehrere Signal-Telegraphenleitungen L geschlossen, bezieh. geöffnet. Bei der Bewegung der
                              									Stange h dreht ine an derselben befestigte Zahnstange
                              									das Triebrad, an welchem das Excenter i sitzt, einmal
                              									vollständig herum, wodurch die Stange p abwärts bewegt
                              									und die Feder k gespannt wird. Die Sperrklinke l kann alsdann durch die Wirkung ihrer Feder sich auf
                              									die rechte Seite der halben Achse m legen. Zugleich
                              									drückt aber der Stift n auf den Rechen R und bewegt denselben nach oben, da die Nase der
                              									Klinke o dem Drucke der Zähne des Rechens in dieser
                              									Richtung ausweicht. Die Sperrklinke l legt sich sodann
                              									gegen die Achse m und hält an s die Stange p in der niedergedrückten Lage
                              									fest. Die Klinke C schnappt erst im letzten Augenblicke
                              									der vollkommen ausgeführten Bewegung ein, und es wird hierbei das weiſse Feld am
                              									Fenster D sichtbar (vgl. Fig. 4), da
                              										C mittels des Stäbchens z die rothe Scheibe U zurückgezogen hat. Wird
                              									aber in dieser Stellung die Klinke o durch ankommende
                              									elektrische und den Elektromagnet M durchlaufende
                              									Ströme in Schwingungen versetzt, so bewegt sich der Rechen durch sein eigenes
                              									Gewicht abwärts; die Achse m wird so weit gedreht, daſs
                              									die Klinke l frei wird, und die Stange p kann, dem Drucke der Feder k
                              									folgend, die Klinke C aus dem Einschnitte g
                              									der Stange h herauswerfen. Hierbei werden die Contacte
                              									wieder geöffnet, bezieh. geschlossen und die Bewegung der Stange h, mithin der damit verbundenen Bewegungsvorrichtung
                              									ist wieder frei gemacht.
                           Die Fig. 3 und 4 zeigen die
                              									Verbindung dieser Einrichtung mit dem „Rocker“
                              									N eines Saxby and Farmer'schen mechanischen
                              									Stellapparates. Ebenso kann dieselbe mit der Schubstange anderer derartiger Apparate
                              									in Verbindung gebracht werden. Endlich kann ein Riegel, welcher eine Reihe von
                              									Signal- oder Weichenhebeln verschlieſst, mittels eines durch h bewegten Hebels direct bewegt werden. Nach vollendetem Verschluſs wird
                              									alsdann die Rückwärtsbewegung des Riegels so lange unmöglich gemacht und bleiben die
                              									erforderlichen Contacte so lange hergestellt, bezieh. unterbrochen, bis die
                              
                              									Auslösung eintritt.
                           Anstatt der in Fig. 3 und
                              										4 gezeichneten Auslösung durch elektrische Ströme kann die Auslösung aber
                              									auch auf direct mechanischem Wege durch Vermittlung von Drahtzügen und Gestängen,
                              									oder auf pneumatischem Wege bewirkt werden. Die Achse m
                              									wird alsdann mit dem Hebel f (Fig. 5)
                              									verbunden, welcher in dem Haken d ruht, und es kommen
                              									alsdann die oben beschriebenen Auslösungen zur Anwendung um die Befreiung durch den
                              									Zug selbst bewirken zu lassen.
                           Die gesammte Einrichtung findet ihre allgemeine Anwendung auf
                              									centrale Signal- und Weichen-Stellungseinrichtungen, sowie auf eine mit
                              									Blocksignalen ausgerüstete Bahnstrecke in folgender Weise: Begrenzen die Punkte A und B eine Bahnstrecke
                              									mit ein, zwei, drei oder mehr Fahrstraſsen, in welchen I, II, III und mehr
                              									Weichengruppen, Signalstellungen, Drehbrücken, Tunnelthore, Barrieren u. dgl.
                              									liegen. Jede dieser Gruppen bedinge die richtige Signalgebung und die richtige
                              									Signal- und Weichen-, bezieh. Drehbrückenstellung in 1, 2, 3 und mehr Combinationen
                              									den Fahrrichtungen 1, 2, 3.. entsprechend. Den Fahrrichtungen entsprechen im
                              									Weiteren bestimmte optische Haltsignale 1, 2, 3.. in
                              										I, II, III.. und B;
                              									die Station A verfüge über Verwandlung derselben in
                              									Fahrsignale. A und B,
                              									sowie I, II, III.. seien mit Blockapparaten ausgerüstet
                              									und mit vorstehend besprochenen Einrichtungen an den Signalmitteln versehen.
                           Werden alsdann die Signalstellungen bezieh. Verriegelungen, welche
                              									für eine Fahrrichtung erfordert werden, in sämmtlichen Gruppen in der richtigen
                              									Weise vorgenommen, so klinken sich bei Ausführung der Schluſsbewegungen sämmtlicher
                              									Hantirungen die Bewegungsmechanismen, in der für die Sicherheit, erforderlichen
                              									Combination, selbstthätig fest und stellen hierbei die elektrischen Verbindungen der
                              									Leitungen, welche zur Abgabe von Deblockirungssignalen von A nach B, bezieh. von einer der Gruppen I, II, III.. nach A oder
                              										B hin, oder unter denselben, erforderlich werden,
                              									her und ermöglichen dadurch die Deblockirung der der Fahrrichtung entsprechenden
                              									Abschluſssignale. Die selbstthätig eingeklinkten Bewegungsmechanismen der Gruppen
                              									und der Stationen A und B
                              									bleiben alsdann so lange mechanisch verriegelt, bis der Zug die Gruppen I, II, III.. bezieh. den ganzen Abschnitt durchfahren
                              									und die Arretirungen ausgelöst hat, bezieh. bis bestimmte Blocksignale, deren Abgabe
                              									erst nach Ankunft des Zuges in I, II, III.., A oder B bei
                              									Ueberschreitung bestimmter Punkte möglich ist, die Bindung der für diesen Zug
                              									vorgeschriebenen Signalgebung aufgehoben hat.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
