| Titel: | Zur Herstellung und Verwendung von Leuchtgas. | 
| Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 208 | 
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                        Zur Herstellung und Verwendung von
                           								Leuchtgas.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 22.
                        Zur Herstellung und Verwendung von Leuchtgas.
                        
                     
                        
                           Retortenofen mit Gasfeuerung. Während bei den
                              									Retortenöfen von Müller und Eichelbrenner (* 1875 218 406), Liegel (*
                              									1877 223 282) u.a. sich die Flamme unterhalb der Retorten entwickelt und die
                              									Gasflamme auf- und abwärts geleitet wird, will H.
                                    										Langner in Göppersdorf bei Steinkirche, Schlesien (* D. R. P. Nr. 5726 vom
                                 									22. August 1878), die Flamme den Retorten entlang führen. Auf Taf. 22 zeigen Fig.
                                 										1 und 2
                              									Vorderansicht und Horizontalschnitt nach I-II, Fig.
                                 										3 und 4 die
                              									Verticalschnitte nach III-IV und V-VI eines Ofens mit drei Retorten n. Die Generatorgase treten vom Kanal p aus in die Leitung r und
                              									von hier durch kleine Ausströmungsöffnungen a in den
                              									Feuerraum. Die atmosphärische Luft tritt durch die Oeffnungen f ein, erhitzt sich an dem heiſsen Mauerwerk und trifft
                              									bei a mit den Generatorgasen zusammen, während die
                              									Flamme den Retorten entlang bis o geht, von wo aus die
                              									Feuergase in den Rauchkanal g entweichen. Die kleine
                              									Feuerung k wird nur zu Anfang des Betriebes benutzt,
                              									dann aber geschlossen. (Vgl. Walcott * 1861. 161
                              									428.)
                           Der Retortenofen mit
                                 										Regenerativfeuerung von K. Haupt in Brieg und
                              										G. Mendheim in Berlin (* D. R. P. Nr. 3972 vom 17.
                                 
                                 									Februar 1878) ist in Fig. 5 bis
                              										7 Taf. 22 in Horizontal- und zwei Verticalschnitten dargestellt. Das
                              									Heizgas tritt vom Kanal A aus nach rechts und links an mehreren Stellen
                              									durch die Röhren b in den mittleren Theil des
                              									Brennraumes, stets gemeinschaftlich mit erhitzter Luft, welche an den entsprechenden
                              									Stellen durch die Oeffnungen c dem Regenerativapparat
                              									entströmt und dort die Flammenbildung veranlaſst. Das Feuer erreicht zwischen den
                              									Retorten hindurchgehend das Ofengewölbe und fällt an demselben nach rechts und links
                              									wieder zur Ofensohle hinab, um durch die senkrechten Röhren d der Regenerativapparate in die beiden Kanäle E und schlieſslich durch den Sammelkanal f in
                              									den Schornstein zu gelangen.
                           Die Verbrennungsluft tritt durch die eisernen Mundstücke g zunächst in die Kanäle h, dann durch die
                              									wagrechten Röhren i der Regenerativapparate in die
                              									Kanäle k, aus diesen durch die Röhren l in die Kanäle m und
                              									schlieſslich durch die Röhren n in die Kanäle o, aus welchen sie an jenen Stellen, wo
                              									Gasaustrittsöffnungen angebracht sind, durch die Oeffnungen c austritt und die Verbrennung der Gase bewirkt.
                           Die senkrechten Röhren d, durch welche die abgehende
                              									Flamme aus dem Brennraum in die Kanäle E gelangt, und
                              									die wagrechten Röhren i, l und n, durch welche die Verbrennungsluft geht, sind derartig in groſsen, gut
                              									und dicht gearbeiteten Formstücken aus Chamottemasse angebracht, daſs zwischen
                              									beiden Rohrsystemen nur schwache Wandungen befindlich sind, welche eine
                              									verhältniſsmäſsig bedeutende Wärmeübertragung um so mehr bewirken, als die Summe der
                              									Wandflächen sowohl der Rauch-, als auch der Luftröhren auſserordentlich groſs im
                              									Verhältniſs zu dem Räume ist, welchen der ganze Apparat einnimmt, während
                              									andererseits durch Vermeidung von Mauerfugen zwischen den Rauch- und Luftwegen die
                              									Gefahr des Verlustes der erhitzten Luft durch deren Uebertreten in die Rauchgase den
                              									sonstigen ähnlichen Regenerativapparaten gegenüber erheblich verringert ist.
                              									Diejenigen Fugen an den Formstücken, welche allein bei Dehnung oder Zusammenziehung
                              									des erhitzten Mauerwerkes eine Veranlassung zu falschen Luftwegen bieten können,
                              									sind oben durch die Formsteine p, unten durch die
                              									Bogensteine q gedichtet, auf welchen die groſsen
                              									Regeneratorsteine theilweise aufruhen. Undichtigkeiten zwischen den Kanälen h und m, oder auch
                              									zwischen k und o, welche
                              									ebenfalls Wärme an die hindurchgehende Luft übertragen, sind durch die Construction
                              									dieser Kanäle gleichfalls möglichst vermieden.
                           Da die Rauchgase aus Retortenöfen mit sehr hoher Temperatur entweichen, wie F. Fischer (1879 232 527)
                              									gezeigt hat, der Betrieb der Retortenöfen überdies sehr regelmäſsig ist, so würde
                              									hier eine Regenerativfeuerung in der That sehr angebracht erscheinen.
                           Die Generatoröfen der Münchener Gasanstalt, Seit Juli
                              									1878 sind auf der Münchener Gasanstalt vier Generatoröfen von Schilling in regelmäſsigem Betrieb, über welche wir dem
                              										Journal für Gasbeleuchtung, 1879 S. 263 folgende
                              									Angaben entnehmen. Um die Schlackenbildung zu verhüten, wurden Rostgeneratoren mit Dampfzufuhr
                              									gewählt, und zwar für je 1k böhmischer Kokes 0k,5, bei Saarbrücker Kokes sogar 0k,7 Wasserdampf eingeblasen. Auf diese Weise wurde
                              									erreicht, daſs die lose auf dem Rost liegenden Verbrennungsrückstände nur alle 24
                              									Stunden abgeräumt zu werden brauchen, was einschlieſslich des Einbringens der
                              									Roststangen zum Abfangen der Generatorfüllung innerhalb 8 bis 10 Minuten geschieht,
                              									daſs das Mauerwerk des Generators in seinem untern Theile nach 9 monatlichem
                              									Betriebe nicht im geringsten angegriffen war, und daſs der Heizer, welcher später
                              									leicht alle 11 Generatoren des Retortenhauses wird bedienen können, durch Hitze
                              									nicht zu leiden hat.
                           Die Oefen nebst den zugehörigen Generatoren und der Regeneration sind in Fig.
                                 										8 bis 13 Taf. 22
                              									abgebildet. Jeder Ofen hat 8 elliptische Retorten, und zwar 7 von der Normalform Nr.
                              									1 mit 52cm,5 lichter Weite, 38cm lichter Höhe und 275cm lichter Länge, die unterste Mittelretorte (Nr.
                              									4 der Normalform) ist nur 43cm weit und 35cm hoch. Die Feuergase gehen durch die beiden
                              									untersten Retortenreihen in der Mitte senkrecht aufwärts, im obern Theil des Ofens
                              									zwischen den beiden obersten Retorten, sowie zwischen diesen und den nächst unteren
                              									hindurch, dann abwärts an der Ofenwand bis unter die untersten Flügelretorten, wo
                              									sie in die zwei nach rückwärts führenden Abzugskanäle F
                              									gelangen. Der Einbau des Ofens ist durch Formsteine hergestellt; die beiden
                              									mittleren Retorten wurden, so weit sie der Stichflamme ausgesetzt sind, durch
                              									Schalenplatten geschützt. Die beiden Verbrennungsherde liegen rechts und links von
                              									der Mittelretorte; die Generatorgase treten mit Luft gemischt durch je 12, also im
                              									Ganzen durch 24 Schlitze s in den Ofen. Der
                              									Zusammentritt der Gase erfolgt unmittelbar unterhalb der Schlitze aus je zwei neben
                              									einander liegenden Kanälen C und L1, deren Scheidewand
                              									in der Mittellinie der Schlitze liegt. Diese Scheidewand ist an ihren beiden oberen
                              									Kanten mit Ausschnitten versehen, welche genau den Schlitzen entsprechen, so daſs
                              									die beiden Ströme, wie bei einem Zweilochbrenner, in einem nahezu rechten Winkel auf
                              									einander treffen, sich daher völlig mischen.
                           Jeder Ofen hat einen quadratischen Rostgenerator G;
                              									derselbe hat an der weitesten Stelle 1m im Lichten
                              									und vom Rost bis zur Unterkante des Abzugskanales eine Höhe von 1m,2. Unten ist er in der Tiefe von 1m auf 85cm
                              									eingezogen, um auf der Rückseite eine Auflage für die während des Schlackens
                              									einzuschiebenden Roststangen zu erhalten; die Seiten sind um 17cm auf jeder Seite eingezogen; die Rostfläche hat
                              									somit bei einer Tiefe oder Länge von 85cm eine
                              									Breite von 66cm, d. i. 0qm,569. Der Raum Z
                              									unter dem Rost, in den mittels eines mit Löchern versehenen Rohres d Dampf eingeblasen wird, ist für gewöhnlich vorn durch
                              									ein Blech geschlossen; Luft und Dampf treten mit einander an der Rückseite des
                              									Generators ein. Der Füllraum des Generators hat von der Unterkante des Abzugskanales g bis zum oberen Verschluſs eine lichte Höhe von 1m,4, sein rechteckiger Querschnitt geht nach oben
                              									in einen kreisrunden von 0m,5 Durchmesser über;
                              									der Raum selbst beträgt nicht ganz 1cbm und ist
                              									dabei auf eine 3 stündige Beschickung gerechnet. Die obere Füllöffnung ist mit einem
                              									eisernen Deckel in eisernem Rahmen geschlossen. Der Abzugskanal g mit Regulirschieber r
                              									hat eine lichte Höhe von 35cm und eine Breite von
                              										1m am Generator und 86cm am Ofen, auſserdem in der Mitte eine 125mm breite Zunge, die zur Unterstützung der oberen
                              									Abdeckplatte dient. Das innere feuerfeste Mauerwerk des Generators ist 25cm stark, das äuſsere gewöhnliche Ziegelmauerwerk
                              										30cm mit dazwischen liegender 6cm starker Isolirschicht.
                           Die Vorwärmung der Luft geschieht unter dem Ofen mittels der abziehenden
                              									Verbrennungsgase, welche durch die Rückwand des Ofens und die senkrecht abwärts
                              									führenden Kanäle F direct in den groſsen Rauchkanal S abgehen können. Ist jedoch der Rauchschieber n geschlossen, so gehen die Rauchgase durch ein unter
                              									dem Retortenofen angebrachtes System von Kanälen F und
                              									treten erst unten in den groſsen Rauchkanal ein. Die atmosphärische Luft tritt an
                              									der Vorderwand des Ofens in den unteren Kanal L ein,
                              									geht hier nach rückwärts, im oberen Kanal L (Fig.
                                 										12) wieder zickzackförmig um die eingebauten Steine herum nach vorn und
                              									gelangt dann durch zwei senkrechte und zwei wagrechte Kanäle l bezieh. L1
                              									in den Ofen. Hier zieht sie erst noch einmal wieder nach rückwärts, bevor sie in die
                              									neben den Generatorgaskanälen C liegenden Kanäle
                              									gelangt, aus denen sie dann durch die Schlitze s in den
                              									Verbrennungsraum austritt.
                           Die beiden Heizgaskanäle sowohl, als die Luftkanäle haben zusammen 1505qc Querschnitt (21,5 × 35), die Schlitze 1200, der
                              									Raum neben den Mittelretorten 8400, der Raum zwischen Flügelretorten und Ofenwand
                              									6000 und die Abzugskanäle zusammen 1900qc
                              									Querschnitt. Die für das neue Retortenhaus in München erbauten 11 Generatoröfen mit
                              									je 8 Retorten, Aufsteigröhren, Vorlage, einschlieſslich Generator kosten 115500 M.,
                              									das Retortenhaus kostet 66200, der Schornstein 12000, die ganze Anlage somit 193700
                              									M., oder jeder Ofen 17600 M. Dagegen kosten 11 gewöhnliche Oefen mit 8 Retorten und
                              									Zubehör 77000, das Retortenhaus dafür kostet 52000, der Schornstein 12000 M., die
                              									ganze Anlage somit 141000 M., oder 1 Ofen 12800 M. Da die Leistungsfähigkeit eines
                              									Generatorofens mindestens 40 Procent höher ist als die eines gewöhnlichen Ofens, so
                              									kommt, auf gleiche Leistungsfähigkeit berechnet, die Gesammtanlage mindestens ebenso
                              									billig als bei alten Oefen.
                           Während der 9 Monate, seit welchen die Oefen ununterbrochen in Betrieb sind, ergaben
                              									sich bei der Verwendung von Saarbrücker Kohlen mit Zusatz von 10 Proc. böhmischer
                              									Plattenkohlen folgende Betriebsresultate:
                           
                           
                              
                                 Die Gasausbeute für die Retorte in 24 Stunden betrug
                                 274cbm
                                 
                              
                                 Die Gasausbeute für den Ofen zu 8 Retorten in 24 Stunden
                                    											betrug
                                 2192cbm
                                 
                              
                                 Das Gewicht der vergasten Kohlen für die Retorte in 24
                                    											Stunden betrug
                                 917k
                                 
                              
                                 Dasselbe für den Ofen in 24 Stunden betrug
                                 7336k
                                 
                              
                                 Die Gasausbeute für 100k
                                    											Kohlen betrug
                                 29cbm,88
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 Der Heizmaterialverbrauch betrug an Kokes im Generator für
                                    											denOfen in 24 Stunden
                                 1216k
                                 
                              
                                 Aus den Rückständen wurden an reiner Kokes wieder
                                    											ausgesuchtund verwerthet
                                     35
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 demnach wirklich verbrauchte Kokes
                                 1181k.
                                 
                              
                           Auſserdem erforderten die täglich dem Generator zugeführten 800k Wasserdampf 115k Kokes, so daſs sich der Gesammtverbrauch auf 1296k, oder für 100k
                              									vergaster Kohle auf 17k,67 stellt.
                           Seit mehreren Wochen ist auch der Versuch gemacht worden, Theer im Generator mit zu verwenden, und zwar wird der Theerstrahl durch
                              									eine kleine Oeffnung im Deckel des Generators von oben auf die Kokesfüllung
                              									gespritzt. Der untere Theil des Generators ist unverändert geblieben; nur ist die
                              									Zuführung von Wasserdampf in gleichem Verhältniſs vermindert worden, wie der
                              									Kokesverbrauch sich durch die Mitwirkung des Theers verringert hat. Der Verbrauch an
                              									Material stellte sich, wie folgt:
                           
                              
                                 Kokes im Generator für den Ofen in 24 Stunden
                                 875k
                                 
                              
                                 Kokes zur Erzeugung des Wasserdampfes
                                   85
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 an Kokes
                                 960k
                                 
                              
                                 Theer im Generator
                                 180
                                 
                              
                           Hiernach würde 1k Theer 1k,7 Koke ersetzen.
                           Nach den Versuchen von H. Bunte über die Generatorgase
                              									wurden, je nachdem Saarbrücker oder böhmische Kohlen verwendet wurden, folgende
                              									Angaben erhalten:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Saarbrücker
                                 Böhmische
                                 
                              
                                 Zusammensetzung der Generatorgase
                                  CO2COHN
                                   12,2 Proc.  17,4  14,0  56,4
                                     9,3 Proc.  20,4    9,8  60,5
                                 
                              
                                 Zugeführtes Wasser für 1k Kohlenstoff
                                   0k,71
                                   0k,5
                                 
                              
                                 Temperatur im Gaskanal gemessen
                                   1000°
                                   1035°
                                 
                              
                                        „          der vorgewärmten Luft
                                     600°
                                     600°
                                 
                              
                                 Gehalt der austretenden Verbrennungsgase an
                                 CO2O
                                   17,0 Proc.    3,0
                                   17,0 Proc.    2,7
                                 
                              
                                 Temperatur der Verbrennungsgase beim Austritt
                                    											ausdem Ofen
                                   1100°
                                     920°
                                 
                              
                                 Temperatur der Verbrennungsgase beim Austritt
                                    											ausder Regeneration
                                     800°
                                     500°
                                 
                              
                                 Zug im Ofen vor dem Eintritt der
                                    											Verbrennungs-gase in den Abzugskanal
                                     5mm
                                     5mm.
                                 
                              
                           An Arbeitslohn forderten 4 Generatoröfen bei vollem Betrieb für 1 Partieführer, 2
                              									Zieher, 1 Heizer und 7 Arbeiter in 12 Stunden 35,2 oder täglich 70,4 M.; mithin
                              									stellt sich bei einer täglichen Erzeugung von 2192cbm Gas für den Ofen der Arbeitslohn für 100cbm Gas auf 80,3 Pf., oder im Vergleich mit den alten Sechseröfen um 30
                              									Proc. billiger als früher.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
