| Titel: | Ueber Neuerungen an Windrädern. | 
| Autor: | H–s. | 
| Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 249 | 
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                        Ueber Neuerungen an Windrädern.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 25 und 26.
                        Ueber Neuerungen an Windrädern.
                        
                     
                        
                           Da die horizontalen Windräder vor den verticalen den Vorzug voraus haben, daſs der
                              									Winddruck bei ihnen keine schädliche Zapfenreibung hervorbringen kann, finden
                              									erstere immer mehr Beachtung. Das gröſste Augenmerk wird sachgemäſs auf die
                              									möglichste Vereinfachung der Vorrichtungen gelenkt, welche die eine Hälfte der
                              									Flügel so einzustellen haben, daſs dieselben ungehindert gegen den Wind laufen
                              									können. Während Jackson und später Bernhardi (vgl. * 1879 231 129) dies auf sinnreiche Art
                              									mit mechanischen Mitteln erzielten, wird dem gleichen Zweck bei vier neuen
                              									horizontalen Windrädern auf vollkommen selbstthätige Weise durch Anwendung
                              									beweglicher Flügelklappen genügt, was den weiteren Vortheil mit sich bringt, daſs
                              									ein Einstellen des Rades nach der Windrichtung überflüssig wird, da dasselbe bei
                              									jeder Windrichtung auf gleiche Weise wirkt.
                           K. Schröder in Charlottenburg (* D. R. P. Nr. 3918 vom
                                 									24. März 1878) stellt ein solches Rad mit sechs rahmenförmigen Flügeln her (Fig.
                                 
                                 										1 bis 3 Taf. 25),
                              									welche nur in der Nähe der Achse bei F mit einer festen
                              									Bekleidung versehen sind, während ihre weiteren Oeffnungen durch Klappen C und D bedeckt werden,
                              									welche um wagrechte bezieh. um senkrechte Zapfen schwingen. An den Flügelrahmen
                              									befestigte Schienen b dienen den Klappen als Führung
                              									und Anschlag. Mag nun der Wind aus welcher Richtung immer kommen, so wird er stets
                              									die Klappen dreier Flügel gegen die Rahmen drücken und die Flügel vor sich
                              									hertreiben, während die Klappen der anderen Flügel durch den Winddruck von ihren
                              									Rahmen abgehoben werden, worauf der Wind durch die frei gewordenen Flügelöffnungen
                              									streicht. Hierbei wird der Wind in der Nähe der Radachse durch die um horizontale
                              									Zapfen drehbaren Klappen nach oben abgelenkt, damit er nicht hemmend auf den
                              									folgenden Flügel wirken kann. Um den wirksamen Winddruck auf das Rad bei
                              									verschiedenen Windgeschwindigkeiten möglichst gleichmäſsig halten zu können, lassen
                              									sich die Klappen an ihren Führungsschienen b durch
                              									Stifte feststellen, so daſs sie entweder gar nicht, oder hemmend zur Wirkung kommen,
                              									in beiden Fällen also
                              									eine Verminderung des Effectes hervorrufen müssen. Selbstverständlich kann diese
                              									Regulirung nur beim Stillstand des Rades vorgenommen werden. – Die beschriebene
                              									Einrichtung hat bei aller Einfachheit den Uebelstand, daſs bei schwachem Wind die
                              									gegen seine Richtung bewegten Flügelklappen (namentlich die horizontalen) nicht so
                              									weit geöffnet werden dürften, als dies zur Erzielung eines hohen Nutzeffectes
                              									erforderlich wäre.
                           Als zweckentsprechender muſs in dieser Beziehung das Windrad von
                              										J. Sander in Frankfurt a. M. (* D. R. P. Nr. 2571
                                 									vom 14. März 1878) bezeichnet werden, welches in Fig. 4 und
                              										5 Taf. 26 abgebildet ist. Bei demselben sind 4 Paar paralleler
                              									horizontaler Achsen b theils in der senkrechten Welle
                              										a des Windrades, theils in Verstrebungen c drehbar gelagert. Jedes Achsenpaar trägt vier
                              									einseitige Flügel d, wovon je zwei senkrecht nach auf-
                              									und abwärts gerichtet sind, die anderen aber wagrecht in gleicher Richtung liegen,
                              									wobei die Streben c ihnen als Anschlag dienen. Während
                              									nun die verticalen Flügel vor dem Wind segeln, streichen die horizontalen
                              									ungehindert gegen den Wind. Tritt nach entsprechender Drehung des Rades das
                              									Umgekehrte ein, so legen sich die senkrechten Flügel von selbst um und zwingen
                              									dadurch die bisher wagrecht liegenden, sich vor den Wind zu stellen, welcher sie
                              									dann vollends bis an die Streben c drückt, wobei auch
                              									die eben umgelegten Flügel in völlig horizontale Lage gebracht werden. Eine
                              									Regulirung des Rades nach der Windstärke ist vom Erfinder nicht vorgesehen. Würde
                              									dieselbe durch Feststellen eines oder mehrerer Flügelsysteme erfolgen, so könnten
                              									die gegen starken Wind streichenden senkrechten Flügel leicht Schaden nehmen.
                           Auch bei dem in Fig. 6 bis
                              										9 Taf. 25 dargestellten horizontalen Windrade von M. F. Schmidt in Görlitz (* D. R. P. Nr. 7280 vom 14. März 1879) hat das
                              									Aufrechtstellen eines Flügels vor dem Winde das Umlegen des ihm diametral gegenüber
                              									liegenden zur Folge; allein die zur diesbezüglichen Verbindung der Flügel b dienende Vorrichtung ist so sinnreich gewählt, daſs
                              									trotzdem beim Abstellen des Rades sämmtliche sechs Flügel in horizontale Lage
                              									gebracht werden können. Dieselben ruhen mit Zapfen p an
                              									beiden Enden in den vom Radstern ac getragenen
                              									Augenlagern l und sind um 90° drehbar, wobei ihnen die
                              									an den Lagern befestigten Arme mm' als Anschläge und
                              									die Bügel n, welche die Enden der letzteren verbinden,
                              									zur Führung dienen, indem diese Bügel von Augen o an
                              									den äuſseren Flügelenden umgriffen werden. Von diesen Augen sind die dem Radmittel
                              									zugekehrten zu Zapfen q verlängert, an welchen die
                              									Stangen d hängen, deren untere Enden durch Kugelgelenke
                              									mit den am äuſseren Ringe eines Universalgelenkes e
                              									radial befestigten Armen r verbunden sind. Die Länge
                              									dieser Stangen ist so bemessen, daſs das Universalgelenk sich bei vollkommen aufrechter
                              									Stellung eines Flügels derart schräg stellen muſs, daſs der gegenüber liegende
                              									Flügel ganz umgelegt ist, die zwischen liegenden aber sich in einer mehr oder minder
                              									geneigten Lage befinden. Aus dieser gehen sie einer nach dem andern vor dem Winde
                              									von selbst in die aufrechte über, wodurch dann die andern Flügel mittelbar zur
                              									allmählichen Stellungsänderung genöthigt werden. Das Aufstellen der Flügel wird
                              									durch Gegengewichtshebel unterstützt, welche von den zu diesem Zwecke etwas
                              									verlängerten äuſseren Flügelzapfen p getragen werden.
                              									Das schon erwähnte Umlegen aller Flügel beim Abstellen erfolgt dadurch, daſs man den
                              									Stellhebel g so weit niederdrückt, bis das mit ihm
                              									durch die Stangen f verbundene Universalgelenk e, welches auf der Welle w
                              									verschiebbar ist, auf dem Stellring h aufsitzt. Wird
                              									umgekehrt das Gelenk wieder gehoben, so wird sich der erste Flügel, welcher vor den
                              									Wind kommt, sofort aufrecht stellen und dadurch alle andern in eine entsprechende
                              									Lage zwingen. Durch die vorliegende Construction sind die Räder von Jackson und Bernhardi
                              									entschieden überholt; denn obgleich sich die Stellungsänderung der Flügel in ganz
                              									ähnlicher Weise wie bei jenen vollzieht, gestattet das Schmidt'sche Rad das gleichzeitige Umlegen aller Flügel und bedarf
                              									überdies nicht des Einstellens Dach der jeweiligen Windrichtung.
                           Eine neue Wendevorrichtung, welche die Regulirung und Abstellung
                              									des Rades zuläſst, rührt von A. Bohlken in Varel a. d. Jahde (* D. R. P. Nr. 5939 vom 20. November 1878) her. Die Flügel F1 bis F4 (Fig. 10 bis
                              										13 Taf. 26) sind um senkrechte, beiderseits in den Kreuzen A, A1 gelagerte Achsen
                              										x drehbar, die Kreuze auf der hohlen, bei L gelagerten Welle W
                              									befestigt. Durch letztere tritt die Spindel w, auf
                              									deren unterem Ende das Kegelrad e, oben das Rad d sitzt. Da ersteres durch die Räder f und g auf der
                              									Zwischenwelle T mit dem Rade h auf der Windfahnenstange H correspondirt,
                              									so wird die Stellung der Welle w durch die Windfahne
                              										V fixirt. Demnach muſs das mit d in Eingriff stehende Kegelrad c an der Welle t, welche auf einem Arm des
                              									oberen Windradkreuzes A gelagert ist, bei der Drehung
                              									des Windrades sich planetenförmig um d bewegen, wodurch
                              									in Folge Vermittlung der Räder b und a auch dem Flügel F4, auf dessen Achse das Kegelrad a befestigt ist, eine Drehung ertheilt wird. Die Räder
                              										d, c, b sind einander gleich, das Rad a ist doppelt so groſs als diese; der Flügel wird
                              									demnach bei jeder halben Windraddrehung um 90° gedreht. Die anderen Flügel könnten
                              									auf gleiche Weise gewendet werden; doch ist es einfacher, wenn, wie Fig. 10 und
                              										12 zeigen, die Bewegung derselben von dem Flügel F4 dadurch abgeleitet wird, daſs man auf
                              									jede zu diesem Zweck nach oben verlängerte Flügelachse x eine Kurbel k aufsteckt und sämmtliche
                              									Kurbelzapfen durch einen Ring R mit einander
                              									verbindet.
                           
                           Das Einstellen der Flügel nach der jeweiligen Windrichtung besorgt die Windfahne V, denn jede Drehung derselben hat eine gleich groſse
                              									Drehung der Welle w zur Folge, welche sich dann in
                              									entsprechender Weise durch die Kegelräder d bis a auf die Flügel überträgt. Die Regulirung bezieh. das
                              									Abstellen des Rades wird durch folgende Einrichtung ermöglicht. Die Zwischenwelle
                              										T besteht aus zwei Stücken E und E1,
                              									welche durch einen übergeschobenen Muff U gekuppelt
                              									sind, indem zwei in den Wellenstücken befestigte Stifte s,
                                 										s1 durch Nuthen des Muffes treten. Die dem
                              									Stift s1 entsprechende
                              									Muffennuth ist gerade und der Wellenachse parallel, die andere aber schraubenförmig.
                              									Wird deshalb dem Muffe eine achsiale Verschiebung ertheilt, indem man das Getriebe,
                              									welches in die mit jenem verbundene Zahnstange E2 (Fig. 11)
                              									greift, mittels des Handrades M (Fig. 10)
                              									dreht, so erhält das Wellenstück E gegen das zweite
                              									Stück E1 eine Drehung,
                              									welche sich durch die Welle w auf die Windflügel
                              									fortpflanzt. Diese werden in die durch Fig. 12
                              									veranschaulichte Stellung gebracht, wenn man den Muff U
                              									in die äuſserste Stellung schiebt; das Windrad ist dann abgestellt, da sich die zu
                              									beiden Seiten seiner Achse ergebenden Winddrücke das Gleichgewicht halten. Bei
                              									normaler Muffenlage gibt das Rad den gröſsten, bei Zwischenlagen einen entsprechend
                              									reducirten Nutzeffect.
                           Der Windflügel V läſst sich auch auf der Welle w selbst anbringen, was eine geänderte Anordnung der
                              									Regulirung bedingt. Der Muff U kann durch einen
                              									Kraftregulator am besten indirect verschoben werden. Endlich lassen sich die
                              									Kegelräder d bis a durch
                              									Stirnräder d1, q und p (Fig. 13)
                              									ersetzen, welche durch ein Stangen System R1 auf die Kurbeln der Flügelachsen wirken. Auch hier
                              									ist es als Mangel zu bezeichnen, daſs beim Abstellen und Reguliren die Flügel nicht
                              									eingezogen, sondern gegen den Wind gestellt werden.
                           Auf selbstthätige Weise wird die Regulirung innerhalb gewisser
                              									Grenzen bei dem Rade von G. v. Eckenbrecher in
                              									Düsseldorf (* D. R. P. Nr. 6753 vom 16. Februar 1879) erzielt. Wie Fig. 14 und
                              										15 Taf. 25 zeigen, besteht dasselbe aus vier senkrechten, von einander
                              									unabhängig drehbaren Flügeln E, welche an den Rahmen
                              										BC aufgehängt sind und durch den Winddruck gegen
                              									diese gelegt oder von ihnen abgehoben werden. Jeder Flügel ist nun mit einer
                              									Oeffnung versehen, deren Deckklappe G um Gelenke H drehbar und durch eine Feder J belastet ist. Da die Klappe sich in der entgegengesetzten Richtung vom
                              									Flügel abhebt als dieser selbst vom Rahmen, so wird sie durch den Wind, welcher den
                              									Flügel vor sich her treibt, geöffnet werden, sobald derselbe den Druck der Feder J zu überwinden vermag. Je stärker der Winddruck, desto
                              									mehr öffnet sie sich und desto kleiner wird die Segelfläche des Flügels, wodurch die
                              									vergröſserte Windgeschwindigkeit zum Theil unschädlich gemacht wird. Um übrigens das Rad
                              									gänzlich abzustellen, lassen sich seine Flügel durch eine besondere Vorrichtung in
                              									wagrechte Lage bringen. An der Windradwelle A gleiten
                              									in den Führungen K die Stangen N, mit Anschlägen L am oberen Ende, an
                              									welchen die an den Flügelrahmen befestigten Arme M
                              									anliegen. Die unteren Enden der Stangen N ruhen auf der
                              									schraubenförmigen Stirnfläche einer Büchse Q, welche
                              									sich mittels des Hebels P heben und durch eine Klinke
                              										R in gehobener Stellung halten läſst. Dreht man
                              									hierauf die Radwelle, so schieben sich die mit ihren Enden auf der Schraubenfläche
                              									der Büchse Q ruhenden Stangen N empor und drücken mit den Anschlägen L so
                              									auf die Arme M der Flügel, daſs letztere horizontal
                              									gestellt werden. Nachdem dann durch Klinken O die
                              									nunmehrige Stellung der Stangen N gesichert wurde, kann
                              									man überdies noch die Radwelle durch eine beliebige Vorrichtung an der weiteren
                              									Drehung hindern. Bei Windrädern, welche auf diese Weise häufig auſser Betrieb
                              									gesetzt werden, empfiehlt sich zum Schütze der hierbei wagrecht liegenden Flügel die
                              									Anbringung eines Daches S.
                           Auch zur Verstellung der Flügel von verticalen Windrädern behufs
                              
                              									deren Regulirung wurde eine neue Vorrichtung und zwar von F.
                                    										W. Richter in Horthau bei Chemnitz (* D. R. P. Nr. 3769 vom 14. Juni 1878)
                              									hergestellt, welche allerdings keine selbstthätige ist, jedoch während des Ganges in
                              									Wirksamkeit gesetzt werden kann. Fig. 16 bis
                              										18 Taf. 26 lassen erkennen, daſs auf der Radwelle a der Stern c befestigt ist, in dessen Düllen
                              									sich die Ruthenenden der Flügel d drehen können. Ueber
                              									das auf der Welle a aufgeschnittene Gewinde ist die
                              									Nabe eines Kettenrades g geschraubt, auf welcher lose
                              									die durch Stifte m von dem Radstern c mitgenommene Scheibe h
                              									sitzt, an deren Umfang so viele Bolzen i befestigt
                              									sind, als das Rad Flügel hat. Jeder dieser Bolzen ist durch eine Gelenkstange k mit einem Hebel l
                              									verbunden, welcher über den Vierkant einer Flügelruthe geschoben ist. Dreht sich nun
                              									das ganze beschriebene System gemeinschaftlich, so tritt keine Aenderung der Lage
                              									einzelner Theile ein und die Flügel behaupten ihre augenblickliche Lage. Wird jedoch
                              									die Kettenrolle durch Festhalten einer über sie gelegten Kette an der. Drehung
                              									gehindert, während das Rad und die Scheibe h in einer
                              									solchen begriffen sind, so verschiebt sich das Kettenrad mit der Scheibe h auf dem Gewinde der Welle a und die Windflügel werden durch Vermittlung der Stangen k und Hebel l so gedreht,
                              									daſs selbst die stärkste Windströmung fast keine drehende Wirkung auf das Rad
                              									ausüben kann.
                           Schlieſslich sei noch angeführt, daſs an C. Schumacher in Sorau (* D. R. P. Nr. 3810 vom 26. April 1878) ein Patent
                              									auf ein selbstregulirendes Verticalrad ertheilt wurde, dessen Einrichtung mit jener
                              										übereinstimmt,
                              									welche nach Rühlmann's Maschinenlehre, Bd. 1 S. 469 schon i. J. 1848 von Maschinendirector Kirchweger in Hannover angegeben worden ist.
                           
                              
                                 H–s.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               
