| Titel: | Neue Farbstoffe. | 
| Fundstelle: | Band 237, Jahrgang 1880, S. 153 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Neue Farbstoffe.
                        Neue Farbstoffe.
                        
                     
                        
                           Herstellung der
                                 										Amidoazobenzolsulfosäuren. Statt des früher (1879 232 192. 234 422) angegebenen stark rauchenden
                              									Vitriolöles kann man nach F. Gräſsler in Cannstatt (D. R. P. Kl. 22 Zusatz
                                 									Nr. 9384 vom 28. September 1879) auch Schwefelsäureanhydrid oder Chlorhydrin (SO3HCl) zur Herstellung der Amidoazobenzolsulfosäuren
                              									und deren Homologe anwenden.
                           Grüne Farbstoffe aus Dibenzylanilin.
                              									Durch Behandeln der Sulfoderivate des Dibenzylanilins, Dibenzyltoluidins und
                              									Benzyldiphenylamins mit Oxydationsmitteln erhält man nach F.
                                    										de Lalande in Paris (D. R. P. Kl. 22 Nr. 9569 vom 25. Juli 1879) in
                              									folgender Weise grüne Farbstoffe. Zur Herstellung unlöslicher Sulfoderivate erhitzt
                              									man 10 Th. Dibenzylanilin, Dibenzyltoluidin oder Benzyldiphenylamin mit 30 bis 40
                              									Th. Schwefelsäure von 1,834 sp. G. auf 150 bis 170°. Löst sich die Masse nach 2 bis
                              									3 Stunden fast völlig in alkalischer Lauge, so gieſst man sie in Wasser und wäscht
                              									aus. Zur Reinigung wird sie in Soda gelöst, filtrirt und mit Salszsäure ausgefällt.
                              									Behandelt man diese Sulfosäure mit 2 bis 4 Th. rauchender Schwefelsäure bei 140 bis
                              									160° so erhält man eine in Wasser vollkommen lösliche Sulfosäure.
                           Zur Herstellung von Farbstoffen löst man die aus 10 Th. Dibenzylanilin,
                              									Dibenzyltoluidin oder Benzyldiphenylamin erhaltene unlösliche Sulfosäure in
                              									Natronlauge, gibt 2 bis 3 Th. dichromsaures Kalium, in Wasser gelöst, hinzu und
                              									setzt überschüssige Essigsäure zu. Man erwärmt allmählich auf 60 bis 100°, fällt den
                              									gebildeten Farbstoff durch Kochsalz oder Salzsäure, mischt ihn mit 2 bis 3 Th.
                              									essigsaurem Natrium und trocknet. Oder aber man löst die gleiche Menge
                              									wasserlöslicher Sulfosäuren in Wasser, neutralisirt mit Kalkmilch und filtrirt den
                              									gebildeten Gyps ab. Man setzt 3 bis 4 Th. dichromsaures Kalium in Lösung und
                              									überschüssige Essigsäure hinzu und erwärmt langsam auf 60 bis 100°. Nun wird mit
                              									Natron neutralisirt, mit Chlorbarium gefällt, der Niederschlag ausgewaschen, der
                              									Farbstoff mit einer kochenden Lösung von kohlensaurem Natrium ausgezogen und die
                              									Lösung zur Trockne verdampft. Man kann diese Farben auch direct auf Geweben
                              									erzeugen, indem man diese mit oxydirenden Stoffen beizt und mit den Sulfosäuren
                              									ausfärbt.
                           Statt des Kaliumdichromates kann auch übermangansaures Kalium verwendet werden. Oder
                              									man löst 1 Theil unlösliche Sulfosäure in 0,5 Th. 10procentiger Natronlauge und fügt
                              									10 bis 15 Th. Quarzsand, 3 bis 4 Th. einer gesättigten Kupferchloridlösung, 1 bis 2
                              									Th. Chlornatrium und ebenso viel Essigsäure hinzu. Nach 2 bis 3tägigem Erhitzen auf
                              									60 bis 100° wird der Farbstoff mit kochendem Wasser ausgezogen und durch Kochsalz
                              									oder Salzsäure gefällt.
                           Die so dargestellten Farbstoffe sind im Wasser lösliche Säuren. Die meist wenig
                              									gefärbten Salze können ähnlich wie Nicholsonblau angewendet werden, indem man
                              									zunächst in alkalischem Bade färbt und dann in ein saures Bad bringt.
                           
                           Rouge français wird seit einiger
                              									Zeit von Frankreich aus in den Handel gebracht als ein undeutlich krystallisirtes,
                              									ziegelrothes Pulver, welches in kaltem Wasser löslich ist und Wolle schön
                              									scharlachroth färbt. Nach den Untersuchungen von W. v.
                                 										Miller (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 268) ist
                              									dieser Farbstoff ein Gemisch der Natronsalze zweier Farbstoffsäuren:
                           
                              
                                 einer gelben
                                 von
                                 der
                                 Formel
                                 SO3H --- C6H4N2 --- (β) C10H6OH und
                                 
                              
                                 einer rothen
                                 „
                                 „
                                 „
                                 SO3H --- C10H6N2 --- (β) C10H6OH.
                                 
                              
                           Beide Farbstoffsäuren krystallisiren in Nadeln und liefern schwer lösliche
                              									Barytsalze. Von den Kalksalzen ist das der gelben Säure in heiſsem Wasser leicht,
                              									das der rothen schwer löslich. Mischt man 30 Th. des gelben mit 70 Th. des rothen
                              									Farbstoffes zusammen und färbt mit diesem Gemenge, so erhält man genau dieselbe
                              									Nuance wie mit Rouge français.
                           Biebricher Scharlach erscheint seit
                              									einem Jahre auf dem Markte und wird nach R. Nietzki
                                 										(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 542 und 800)
                              									dargestellt, indem man das Säuregelb des Handels diazotirt und mit β-Naphtol vereinigt. Genauere Untersuchungen über
                              									diesen Farbstoff werden in Aussicht gestellt.
                           Zur Kenntniſs des
                                 										Bittermandelölgrüns. Nach O. Fischer (Berichte der
                                 										deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 807) vermag das
                              									Dimethylparatoluidin in Gegenwart von Chlorzink selbst nicht bei 120 bis 130° auf
                              									Benzaldehyd einzuwirken. Dimethylortholuidin wirkt nur schwer auf Bittermandelöl
                              									ein, Dimethylmetatoluidin leicht. Die entstehende Base, deren Zusammensetzung dem
                              									Tetramethyldiamidotriphenylmethan entspricht, vermag aber nicht durch Oxydation
                              									einen dem Bittermandelölgrün entsprechenden Farbstoff zu bilden.
                           Rührt man zu dem Gemenge von 5 Th. Dimethylmetatoluidin und 2 Th. Benzaldehyd so viel
                              									Zinkchlorid, daſs eine breiige Masse entsteht, und erhitzt diese im Oelbade unter
                              									sorgfältigem Umrühren mehrere Stunden auf 120 bis 130°, so erhält man eine neue
                              									Base. Man fügt zu der etwas abgekühlten Masse Wasser und läſst unter Schütteln
                              									vollständig erkalten. Das Chlorzink läſst sich durch Waschen mit Wasser leicht und
                              									bequem entfernen. Man destillirt darauf das überschüssige Dimethylmetatoluidin,
                              									sowie das Bittermandelöl ab und reinigt die zurückbleibende Base durch
                              									Umkrystallisiren aus Alkohol und Abpressen von anhaftendem Oele. Schneller erreicht
                              									man die Reindarstellung, wenn man die rohe Base in verdünnter Schwefelsäure löst und
                              									diese Lösung mit Thierkohle behandelt. Die abgekühlte Lösung wird mit Ammoniak
                              									gefällt und die Base aus Alkohol krystallisirt. Man erhält auf diese Weise dicke
                              									Prismen, welche bei 109° schmelzen, leicht löslich sind in Mineralsäuren, Benzol,
                              									heiſsem Alkohol und Aether, fast unlöslich in Wasser. Die Base hat die
                              									Zusammensetzung C25H30N2.
                           
                           Läſst man Benzoesäure auf Dimethylanilin in Gegenwart Wasser entziehender Mittel
                              									einwirken, so entsteht Dimethylamidobenzophenon. Erwärmt man dagegen
                              									Benzoesäureanhydrid gelinde mit Dimethylanilin und Chlorzink, so bildet sich sofort
                              									ein grüner Farbstoff, wahrscheinlich Malachitgrün.
                           Ueber die Einwirkung von Königswasser auf
                                 										Orcin hat S. Reymann in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880
                              									S. 809 Versuche veröffentlicht. Beim Erwärmen von 10 Th. Königswasser mit 1 Theil
                              									einer concentrirten wässerigen Orcinlösung bildet sich eine zusammengeschmolzene
                              									Masse auf der Oberfläche, welche, in Soda gelöst und mit Salpetersäure gefällt, eine
                              									dunkelgrün glänzende Masse bildet. Sie löst sich leicht in Alkohol und Essigsäure,
                              									schwer in Aether, fast gar nicht in Wasser, leicht in kohlensauren und ätzenden
                              									Alkalien mit dunkel kirschrother Farbe. Die Analyse führte zu der Formel C21H17ClN2O6, d.h. dem
                              									Chlorsubstitutionsproduct des von Liebermann mittels
                              									Salpetrigsäure hergestellten Farbstoffes C21H18N2O6.
                           Homofluoresceïn, ein neuer Farbstoff aus
                                 										dem Orcin. H. Schwarz (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880
                              									S. 543) hat die Beobachtung gemacht, daſs Orcin beim Erwärmen seiner Lösung mit
                              									Aetzalkalien und Chloroform sich purpur dann feuerroth färbt und daſs die
                              									Flüssigkeit beim Verdünnen ungemein stark grüngelb fluorescirt. Die Reaction ist so
                              									empfindlich, daſs man sich ihrer nicht allein als Nachweis von sehr geringen
                              									Orcinmengen, sondern auch sehr vortheilhaft zum Erkennen derjenigen Flechtensäuren
                              									bedienen kann, welche bei ihrer Zersetzung Orcin liefern. Man braucht nur ein
                              									kleines Bruchstück einer solchen Flechte, z.B. einer Lecanora- oder Roccella-Art,
                              									mit verdünnter Kalilauge und einem Tröpfchen Chloroform längere Zeit in einem
                              									Wasserbade zu erwärmen, um beim Verdünnen die grüngelbe Fluorescenz hervortreten zu
                              									sehen. Es wurden nun 10g Orcin in einem Kolben mit
                              									Rückfluſskühler in 20cc gesättigter Kochsalzlösung
                              									gelöst, 80cc einer 10procentigen Aetznatronlösung
                              									und 6 bis 8cc Chloroform zugesetzt, dann auf dem
                              									Wasserbade zu gelindem Sieden erhitzt. Das Gemisch färbt sich rasch roth und
                              									verdickt sich nach 10 bis 15 Minuten durch Bildung feiner rother Nadeln. Nimmt die
                              									Ausscheidung nicht mehr zu, so filtrirt man nach dem Erkalten ab, wäscht mit
                              									concentrirter Chlornatriumlösung, dann mit Wasser aus.
                           Das so erhaltene Homofluoresceinnatrium gibt eine feurig rothgelb gefärbte
                              									alkoholische Lösung; 1mg in 1 bis 21 Wasser gelöst, färbt dieses in durchfallendem
                              									Lichte hellgelb mit grüner Fluorescens. Löst man 1 Th. Homofluoresceinnatrium in
                              									möglichst wenig kochendem Wasser und setzt 100 Th. Eisessig hinzu, so scheiden sich
                              									beim langsamen Erkalten dunkelrothe, metallisch grün glänzende Nadeln und Blättchen
                              									aus, welche bei 100° noch 32 Proc. Essigsäure entweichen lassen und schwarzrothes, reines
                              									Homofluoresceïn zurücklassen. Dasselbe ist in Wasser, Alkohol und kaltem Eisessig
                              									wenig, in Aether, Chloroform und Benzol fast nicht löslich. Die Analyse desselben
                              									führt zur Formel C23H18O5; seine Bildung geschieht daher nach
                              									folgender Gleichung: 3C7H8O2 + 2CO – 3H2O = C23H18O5. – Die Bariumverbindung hat die
                              									Zusammensetzung C23H16BaO5.3H2O, die Silber Verbindung C23H16Ag2O5.
                           Das Homofluoresceïn gibt mit Brom und Jod leicht dem Eosin ähnliche Brom- und
                              									Jodhomoeosine und deren Salze, eine Nitro-, Acetyl-, Nitrodiazoamidoverbindung und
                              									eine der Isopurpursäure entsprechende Cyminverbindung.
                           Neue Azofarbstoffe. Nach J. H. Stebbins (Berichte der deutschen chemischen
                                 										Gesellschaft, 1880 S. 574) erhält man durch Vermischen einer alkoholischen
                              									Lösung von Pikrinsäure mit einer wässerigen Lösung von Diazobenzolnitrat in kurzer
                              									Zeit lange braune Nadeln der Verbindung C6H5N = N.C6H(NO2)3OH, unlöslich in
                              									kaltem, leicht löslich in heiſsem Wasser unter theilweiser Zersetzung, ebenso in
                              									warmem Alkohol mit schön gelber Farbe löslich. Beim Mischen einer alkalischen
                              									Pyrogallollösung mit Diazobenzolnitrat in wässeriger Lösung entsteht ein rother
                              									Niederschlag von Azobenzolpyrogallol C6H5N = N.C6H2(OH)3, welches aus
                              									Eisessig und Nitrobenzol in rothbraunen Nadeln krystallisirt und in alkoholischer
                              									Lösung Wolle und Seide goldgelb färbt. Eine alkalische Phloroglucinlösung gibt mit
                              									Sulfodiazobenzol einen Orangefarbstoff. Eine Lösung von α-Toluylendiamin vom Schmelzpunkt 99° gibt mit Diazobenzolnitrat feine
                              									rothe Nadeln des Nitrats der Verbindung C6H5N = N.C6H2(NH2)2CH3. Die durch
                              									Ammoniak abgeschiedene freie Base bildet gelbe Krystalle. Salzsaures Diazonaphtalin
                              									in wässeriger Lösung gibt mit einer alkoholischen Lösung von Naphtylendiamin einen
                              									braunen, in Nadeln krystallisirenden Farbstoff C10H7N = N.C10H5(NH2)2.HCl. Eine alkalische Lösung von
                              									Kresolsulfosäure gibt mit einer Lösung von Diazobenzolnitrat die Verbindung C6H5N =N.C6H2(HSO3)OH.CH3, braune
                              									metallglänzende Nadeln, welche in Alkohol mit orangegelber Farbe löslich sind.
                           Naphtolfarbstoffe. Nach dem
                              									englischen Patente Nr. 623 vom 15. Februar 1879 von J.
                                 										Levinstein in Manchester erhält man aus α-
                              									oder β-Naphtolsulfosäure und Diazobenzol ein Gemisch
                              									eines rothen und orangefarbigen Farbstoffes; letzterer ist in ammoniakalischem
                              									Methyl- oder Aethylalkohol löslich und kann so von dem rothen getrennt werden.