| Titel: | Zur Herstellung und Verwendung von Leuchtgas. | 
| Fundstelle: | Band 237, Jahrgang 1880, S. 228 | 
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                        Zur Herstellung und Verwendung von
                           								Leuchtgas.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 20.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 44 dieses
                           								Bandes.)
                        Zur Herstellung und Verwendung von Leuchtgas.
                        
                     
                        
                           A. Riebeck in Halle a. S.
                              									(* D. R. P. Kl. 26 Nr. 8455 vom 25. Juli 1879) gibt ein beachtenswerthes Verfahren
                              									an, durch Einführung eines porösen, mit Gasöl getränkten Körpers in die mit
                              									Steinkohlen beschickte Retorte ein Mischgas herzustellen. Zu diesem Zweck werden
                              									Sägespäne, welche mehr als das Doppelte ihres eigenen Gewichtes an Paraffinölen
                              									aufnehmen können, möglichst trocken mittels einer Brause mit dem Gasöl übergössen.
                              									Das Einfüllen dieses mit Oel getränkten Sagemehles geschieht mittels der
                              									gewöhnlichen Füllmulden, indem man diese zuerst mit etwa 40 Procent der gewöhnlichen
                              									Steinkohlenladung beschickt, sodann etwa 30 Procent des gewöhnlichen
                              									Steinkohlengewichtes an mit Oel getränkten Sägespänen darüber breitet und mit etwa
                              									30 Proc. Steinkohlen bedeckt. Die Füllmulde wird dann in die Retorte geschoben,
                              									darin gewendet und weiter gearbeitet, wie bei dem gewöhnlichen Betriebe mit
                              									Steinkohlen. – Das Verfahren wird in Halle mit bestem Erfolge praktisch
                              									ausgeführt.
                           Oelgasbereitung. Während schon Jeannency (1856 142 316) die
                              									mit Kalk aus Abfallseifenwasser gefällten Fettsäuren zur Herstellung von Leuchtgas
                              									verwendete – ein Verfahren, das namentlich von Schwamborn (1875 215 221. 216 521) weiter ausgebildet wurde – Liebau
                              									(1867 184 379) Wollabfälle, gab bereits Wetherhead (1858 150 215)
                              									zur Herstellung von Fettgas eine liegende, mit Bimsstein gefüllte Retorte, H. Hirzel (1867 184 * 485.
                              									1868 190 172. 428) eine Retorte für Erdölrückstände und
                              										Hübner (1870 197 * 313)
                              									eine stehende Retorte für Paraffinöl an (vgl. 1877 224
                              									341).
                           Zur Darstellung von Leuchtgas aus Fetten, Erdölrückständen,
                              									Theeröl, Fuselöl u. dgl. verwendet H. Hirzel in Leipzig
                              									(* D. R. P. Kl. 26 Nr. 405 vom 11. September 1877 und Zusatz * Nr. 1218 vom 23.
                                 									October 1877) Retorten A (Fig. 1 bis
                              										3 Taf. 20) mit sphärischen Erweiterungen. Das Oel gelangt von dem
                              									Vorrathsbehälter L und Einlauf O aus durch den Hals B in die glühende
                              									guſseiserne Retorte A, während das gebildete Gas durch
                              									den Kopf C und das Rohr D
                              									in die Theervorlage F und von hier durch das Rohr G zum Gasometer entweicht. Eine kleine, nur 75k schwere Retorte gibt stündlich 3 bis 4cbm Leuchtgas. Die abziehenden Gase erhitzen noch
                              									das mit Kokes gefüllte U-Rohr S. Läſst man nun in den einen Schenkel
                              									derselben von dem Behälter M aus Wasser eintropfen, so
                              									daſs der gebildete Dampf in dem anderen Schenkel aufsteigt, so soll er hier zu
                              									Kohlenoxyd und Wasserstoff zersetzt werden und, während der Vergasung durch das Rohr
                              										b in die Retorte A
                              									geleitet, die Gasausbeute wesentlich vermehren. Das Manometer m zeigt den in der Retorte herrschenden Druck an.
                           Hat man ölige oder theerige Producte, welche bei ihrer Vergasung leicht Rufs bilden,
                              									so ist es zweckmäſsig, die Retorte auf einer oder beiden Seiten mit einem weiteren
                              									Halse zu versehen, oder die sphärische Erweiterung theilweise zu beschränken,
                              									wodurch sich die Kugelform zur Birn-, Ei-, Halbkugelform o. dgl. abändert. Hat man
                              									ferner ölige oder theerige Producte, die sich, wie z.B. das Fuselöl, wegen ihrer
                              									Flüchtigkeit leicht der Vergasung theilweise entziehen können, oder welche, wie z.B.
                              									die schwersten Theeröle, nur sehr schwierig vergasen, so ist es zweckmäſsig, die
                              									sphärische Erweiterung etwas, z.B. zur Melonenform, zu verlängern, auch zwei oder
                              									mehrere hinter einander liegende sphärische Erweiterungen anzubringen (vgl. Fig.
                                 										4).
                           In einer 200k schweren Kugelretorte sind nach Hirzel zur Darstellung von 100cbm Oelgas etwa nöthig:
                           
                              
                                 166k Paraffinöl
                                 26,56 M.
                                 
                              
                                 230k Steinkohle
                                   3,68
                                 
                              
                                 15 Stunden Arbeitslohn
                                   4,50
                                 
                              
                                 Retortenersatz-Antheil
                                   4,00
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 38,74 M.
                                 
                              
                           1cbm Oelgas kostet somit 38,74 Pf., während es für
                              									33 bis 35 Flammen von 10 Kerzen Lichtstärke eine Stunde lang ausreicht.
                           N. KüchlerKüchler: Handbuch der Mineralöl-Gasbeleuchtung,
                                    											(München 1879) S. 24. hat ebenfalls Versuche gemacht, die
                              									Gasausbeute zu erhöhen. Er verwendet eine guſseiserne, in zwei Räume getheilte
                              									Retorte von -förmigem Querschnitt, in dessen unteren, mit Kokes und
                              									Eisenfeilspänen gefüllten Theil er Wasser eintropfen lieſs, während die gebildeten
                              									Gase in den oberen Raum traten, in welchem das Oel vergast wurde. Die Gasausbeute
                              									wurde zwar vergröſsert, ohne die Leuchtkraft wesentlich zu beeinträchtigen; ein
                              									befriedigendes Endresultat wurde aber bis jetzt nicht erzielt, da die Retorte zu
                              									stark abgenutzt wurde. – Nach seiner Angabe erhält man in gewöhnlicher Weise aus
                              										100k Paraffinöl 55cbm Gas, oder bei 8 Proc. Verlust 50cbm,6 von 11,3 Lichtstärken bei einem stündlichen Verbrauch von 28l, während 127l
                              									Kohlengas nur 10 Kerzen gaben.
                           J. Pintsch in Berlin (* D. R. P. Kl. 26 Nr. 1797 vom 3.
                                 									Juli 1877 und Zusatz * Nr. 6792 vom 31. December 1878) läſst die Oele aus dem
                              									Behälter a und Hahn b, wie
                              									Vorderansicht und Schnitte Fig. 5 bis
                              										9 Taf. 20 zeigen, durch das U-förmig gebogene Rohr c in die obere guſseiserne Retorte d und zwar in die Blechschale e gelangen, welche einmal das Oel aufhalten soll, bis es völlig verdampft
                              									ist, und dann die Reinigung der Retorten wesentlich erleichtert. Die hier erzeugten
                              									und theilweise schon vergasten Oeldämpfe gehen durch die Verbindung i in die untere guſseiserne Retorte f, in welcher zur Beförderung der vollständigen
                              									Vergasung ein Einsatzstück s aus Thon oder Eisen sich
                              									befindet, bestehend aus scheibenförmigen, durch eine Längsstange verbundenen Brücken
                              									(vgl. Fig. 8 und 9). Das Gas
                              									geht nun zur Abscheidung der Theerdämpfe durch das Rohr g in die Vorlage h. – Diese neue Art der
                              									Aufstellung der Vorlage hindert das theilweise Zurückflieſsen des Theeres in die
                              									Retorte, vermeidet daher die dadurch veranlaſsten Verstopfungen und, nach Pintsch, Verschlechterungen des Gases.
                           Die frühere Verbindung der Retorte mit der Vorlage gab zu Brüchen des
                              									Verbindungsstückes g Veranlassung, weil die lange
                              									eiserne Retorte sich in der Hitze stark ausdehnte und dann beim Erkalten ebenso
                              									wieder zusammenzog, während die feststehende Vorlage den hieraus folgenden
                              									Bewegungen des Retortenkopfstückes nicht folgen konnte und so das Verbindungsstück
                              									brechen muſste. Aus diesem Grunde ist eine bewegliche Verbindung der Retorte mit der
                              									Vorlage angewendet, bestehend in einem Rohrstück g
                              										(Fig. 8), welches an jeder Seite eine Kugel n
                              									hat, die sich in eine entsprechende Höhlung legt und dadurch die freie Bewegung des
                              									Retortenkopfstückes ermöglicht. Die kugelförmigen Röhren enden sind in den
                              									gleichgeformten Höhlungen beweglich, schlieſsen ventilartig dichtend ab und werden
                              									durch Deckflanschen festgehalten. Auſserdem ist das Kopfstück der Retorte, an
                              									welchem sich dieser Anschluſs befindet, oben schräg abgeschnitten gestaltet und an
                              									dieser Schrägung der Deckel o angebracht, so daſs man
                              									nach Lösung dieses Deckels sowohl von oben nach unten durch das Verbindungsrohr
                              									hindurch bis in die Vorlage, als auch von vorn in die ganze Länge der Retorte mit
                              									einer Stange hineinstoſsen und so leicht die Reinigung bewirken kann.
                           Ueber die Zusammensetzung des mit diesem in der That vortrefflich arbeitenden
                              									Apparate erzielten Leuchtgases wird Referent später berichten.
                           P. Suckow in Breslau (* D. R. P. Kl.
                                 									26 Nr. 7303 vom 9. Mai 1879) läſst das Oel von dem bei a (Fig. 10 und
                              										11 Taf. 20) luftdicht verschlieſsbaren, mit Standglas b versehenen Behälter A
                              									aus durch das Rohr c in den Trichter d flieſsen, in welchem das durch Gummischlauch mit A verbundene Rohr e
                              									verschiebbar ist und so in bekannter Weise den Zufluſs regelt. In dem zweiten durch
                              									die Feuerung F erhitzten Schenkel g des Verbindungsrohres verdampft das Oel und der Dampf
                              									tritt durch einen kleinen Deckel über g seitwärts
                              									abgelenkt in die glühende Retorte B. Die gebildeten
                              									Gase gehen durch das mit Manometer m versehene Rohr i zum Reiniger C. Nachdem
                              									sich in dem mit Wasser
                              									gekühlten Räume k Ruſs und der gröſste Theil des
                              									Theeres abgesetzt hat, geht das Gas durch den Trichter l, dessen Oeffnung durch eine Spindel v
                              									verengt wird, und stöſst gegen den Bürstenring n.
                              									Hierdurch soll sich der zähe Theer verdichten und durch das Rohr o in den Behälter p
                              									abflieſsen. Da sich die Oeffnung im Trichter leicht verstopft, so ist die
                              									Einrichtung getroffen, daſs eine Glasglocke w, an
                              									welcher die Spindel v befestigt ist, sich bei jeder
                              									Druckerhöhung hebt, die Spindel aus der Oeffnung des Trichters herauszieht, und
                              									diese durch die an der Spindel angebrachten Nuthen reinigt. Diese Nuthen bewirken
                              									auch, daſs die Glocke nicht gleichmäſsig in die Höhe steigt, sondern bei Eintritt
                              									jeder Nuth in die Oeffnung des Trichters in Folge der dadurch entstehenden
                              									Erweiterung des Gasdurchganges zurücksinkt. Diese Bewegung der Glocke soll so lange
                              									stattfinden, bis die Oeffnung des Trichters rein ist.
                           Das Gas geht nun zwischen den Nadeln der ringförmig um das Rohr o gewundenen Kratzbürsten hindurch nach unten, steigt
                              									in der Kokes- und Eisenoxydschicht herauf und geht durch die zweite
                              									Kratzbürstenschicht q wieder nach unten, um durch das
                              									Rohr r zu entweichen, nachdem es nochmals zur Verhütung
                              									des Zurücktretens durch den Theerverschluſs D hindurch
                              									gegangen ist. Der überschüssige Theer flieſst durch das Rohr s ab. Um die Feuergase, bevor sie durch den Kanal S (Fig. 10)
                              									entweichen, dicht an der Retorte zu halten, ist über dieselbe der mit Schlackenwolle
                              									und Chamotte gefütterte Eisenmantel u gestellt. Falls
                              									das Gas irgendwie am Entweichen gehindert würde, drückt es das Oel in das Gefäſs t zurück, so daſs die weitere Gasbildung von selbst
                              									aufhört.
                           Bei Verwendung unreiner, nicht völlig flüchtiger Oele dürfte diese Vorrichtung
                              									weniger empfehlenswerth sein, da sich die nichtflüchtigen Stoffe im Rohre g absetzen und dieses schlieſslich verstopfen.
                           Einen namentlich für die Verwendung von Erdöl berechneten Apparat
                              									hat J. W. Hodges in Flushing, Nordamerika (* D. R. P.
                                 									Kl. 26 Nr. 7410 vom 27. März 1879) angegeben. Der von höchstens zwei Mann tragbare
                              									Ofen A (Fig. 12 bis
                              										15 Taf. 20) enthält 3 oder mehr Retorten C,
                              									welche durch die Feuerung auf dem Rost B erhitzt
                              									werden. Dieselben tragen an einem Ende eine hydraulische Verschluſskammer D, welche mit irgend einer Flüssigkeit oder
                              									geschmolzenem Metall (?) gefüllt werden soll und den Zweck hat, bei etwaigen
                              									Verstopfungen das gebildete Leuchtgas in die Kammer G
                              									und durch das Rohr H zum Schornstein K entweichen zu lassen. Das andere Ende der Retorte ist
                              									mit dem Gasabzugsrohr verbunden. An jede Retorte ist eine oder mehrere Röhren E angegossen, welche mit einem über den Retorten
                              									liegenden Oelbehälter verbunden sind und sich nach dem Innern der Retorte öffnen.
                              									Vor jeder dieser Oeffnungen steht eine Platte F, gegen
                              										welche das Oel
                              									anprallt und zerstäubt auf den heiſsen Boden der Retorte niederfällt. Der Boden a einer jeden Retorte ist convex (vgl. Fig. 14 und
                              										15) und am inneren Boden derselben sind in der Nähe der Enden der Retorte
                              									Querrippen b (Fig. 12 und
                              										13) angebracht, welche etwa auf dem Boden der Retorte sich ansammelndes
                              									Oel in der Mitte der Retorte, wo sie am heiſsesten ist, halten. Eine einzelne
                              									Retorte kann auch noch durch Scheidewände c in
                              									Abtheilungen getheilt sein, von denen jede ihr besonderes Einströmungs- und
                              									Ausströmungsrohr hat.
                           Wenn das Feuer in dem Ofen gut brennt und die Retorten hinlänglich heiſs geworden
                              									sind, wird das Oel durch die Röhren L nach den Röhren
                              										E geleitet und strömt aus diesen mit der durch die
                              									hohe Lage des Oelbehälters bedingten Heftigkeit gegen die Platten F und von dort auf den heiſsen Retortenboden, um sofort
                              									bei Berührung mit diesem in Gas umgewandelt zu werden, welches nach dem Gasometer
                              									strömt.
                           
                        
                     
                  
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