| Titel: | Zur Untersuchung der Industriegase; von Ferd. Fischer. | 
| Autor: | Ferd. Fischer | 
| Fundstelle: | Band 237, Jahrgang 1880, S. 387 | 
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                        Zur Untersuchung der Industriegase; von Ferd. Fischer.
                        Mit Abbildungen.
                        F. Fischer, zur Untersuchung der Industriegase.
                        
                     
                        
                           Da die Rauchgase der gewöhnlichen Feuerungsanlagen nur selten Kohlenoxyd enthalten,
                              									so habe ich bei dem schon früher angegebenen (1878 227 *
                              									259) Apparat, um ihn für Reisezwecke noch bequemer zu machen, das Lösungsgefäſs für
                              									Kohlenoxyd fortgelassen und die übrigen Theile etwas verkleinert, wie Fig. 1 S. 388 andeutet. Der Apparat ist jetzt nur
                              										40cm hoch, 20cm breit und so leicht, daſs man ihn bequem selbst auf weitere Strecken in
                              									der Hand tragen kann.
                           Die Ausführung der Untersuchung geschieht in derselben Weise wie mit dem gröſseren
                              									Apparat, indem man das Rohr n durch einen Gummischlauch
                              									mit dem Rauchkanal verbindet, mittels des Gummisaugers C die Leitung und dann durch Senken der Flasche L die Bürette A mit dem zu untersuchenden
                              									Gase füllt. Durch Ueberführung des Gases in die mit Kalilauge gefüllte Flasche D wird die Kohlensäure, mittels der Pyrogallussäure des
                              
                              									Gefäſses E der Sauerstoff bestimmt.Vgl. Ferd. Fischer: Chemische Technologie der
                                       												Brennstoffe, (Braunschweig 1880) S. 200.
                           Der ApparatUniversitätsmechaniker W. Apel in Göttingen
                                    											liefert denselben für 45 M., den groſsen Apparat für 65 M., beide in
                                    											vorzüglicher Ausführung. eignet sich auch zur Untersuchung der
                              									aus den Bleikammern der Schwefelsäurefabriken entweichenden Gase, der zum
                              									Carbonisiren der Rohsodalaugen bestimmten und ähnlicher Gase.
                           Läſst das Ergebniſs der Analyse die Gegenwart unvollständiger Verbrennungsproducte
                              									vermuthen, oder handelt es sich um die Untersuchung von Generatorgasen u. dgl., so
                              									sauge ich die Gasproben in kleine, etwa 100cc
                              									fassende Glaskugeln (Fig. 2) ein, schmelze bei c ab und untersuche die Probe mittels des in Fig. 3 in 0,1 n. Gr.
                           
                           dargestellten Apparates. Derselbe besteht, wie schon früher
                              									(1878 227 258) bemerkt, im Wesentlichen aus dem
                              									Arbeitsrohr A und dem Meſsrohr M. Letzteres ist der ganzen Länge nach mit Millimetertheilung versehen und
                              									zum Schutz gegen Temperaturschwankungen in ein mit Wasser gefülltes zweites Rohr
                              									gesteckt, welches von zwei Armen des Gestelles g
                              									getragen wird. Oben geht diese Bürette in ein dickwandiges Capillarrohr über, mit
                              									dem einfachen Hahn h und dem Dreiweghahn d, welches bei e durch
                              									einen übergeschobenen kurzen Gummischlauch mit dem gut vorgeschliffenen Ende des
                              									Verbindungsrohres von dem Absorptionsrohr A verbunden
                              									ist.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 237, S. 388
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 237, S. 388
                              
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 237, S. 388
                              
                           Zum Gebrauch füllt man die an zwei Seiten mit Glasplatten versehene Quecksilberwanne
                              										Q und die durch einen dickwandigen Gummischlauch
                              										f mit dem Rohr A
                              									verbundene Flasche F mit Quecksilber, öffnet Hahn n und setzt die Flasche auf die Säule S, welche mit einer kleinen Schutzwand s versehen ist, um das Herabfallen der Flasche zu
                              									verhüten. Hat sich so das Rohr A mit Quecksilber
                              									gefüllt, so schlieſst man Hahn n, öffnet d und
                              										h und senkt die Flasche F, so daſs sich das Rohr M bis zum
                              									Dreiweghahn d mit Quecksilber füllt, worauf die beiden
                              									Hähne d und h geschlossen
                              									werden. Durch Heben der Flasche F und entsprechende
                              									Stellung des Hahnes d füllt man dann auch das Rohr A völlig mit Quecksilber. Nun bringt man die Glaskugel
                              									mit der Gasprobe in die Quecksilberwanne, bricht die beiden mit einer Feile etwas
                              									eingefeilten zugeschmolzenen Enden ab und läſst das Gas in der Bürette M aufsteigen. Mittels eines auf einer Eisenstange
                              									verschiebbaren Fernrohres wird dann der Stand des Quecksilbers im Rohr M und in der Quecksilberwanne abgelesen.
                           Da die Wandungen des Meſsrohres immer feucht sind, so werden die Gase mit
                              									Feuchtigkeit gesättigt gemessen. Bezeichnet man nun den abgelesenen Barometerstand
                              									mit B, die Höhe der Quecksilbersäule im Eudiometer M mit b, die Temperatur
                              									des das Meſsrohr umgebenden Wassers mit t, die dieser
                              									entsprechenden Tension des Wasserdaampfes mit e, das
                              
                              									der Ablesung entsprechende und vorher durch Ausmessen mit Quecksilber unter
                              									Berücksichtigung des Meniskus bestimmte Volumen des Gases mit v, so berechnet sich das Volumen des Gases trocken bei
                              									0° und 1000mm Barometer bekanntlich zu:
                           
                              V=\frac{v\,(B-b-e)}{100[1+(0,003665\,t)]}
                              
                           Wenn z.B. der Barometerstand 746mm,2, die Temperatur 18,6°, der Stand des Quecksilbers in der Wanne 533,5
                              									und im Eudiometer 277,8, so ist b = 255,7, die Tension
                              										e = 15,9 und v nach
                              									der für jeden Apparat berechneten Correctionstabelle 289,2, folglich V = 128,51. Die Berechnung ist bequem mit fünfstelligen
                              									Logarithmen auszuführen.
                           Zur Bestimmung der Kohlensäure läſst man von dem Trichter t aus 1 bis 2cc Kalilauge in das Rohr
                              										A treten, schlieſst den Hahn n, senkt die Flasche F und
                              									öffnet die Hähne d und h,
                              									so daſs das Gas aus dem Rohr M nach A übergeführt wird. Ist nach wenigen Minuten die
                              									Kohlensäure gebunden, so läſst man das Gas durch Heben der Flasche F wieder in das Meſsrohr übertreten, schlieſst, sobald
                              									die Kalilauge in den Zwischenraum zwischen d und h tritt, beide Hähne und liest den Quecksilberstand wie
                              									vorhin ab.
                           Die Bestimmung des Sauerstoffes wird in gleicher Weise mit pyrogallussaurem Kalium
                              									ausgeführt. Soll der Sauerstoff der atmosphärischen Luft bestimmt werden, so kann
                              									man auch nach Bunsen
                              									Bunsen: Gasometrische Methoden, S. 85. F. Fischer: Brennstoffe, S. 200.
                              									eine hinreichende Menge Wasserstoff in der Bürette aufsteigen lassen und das
                              									Gasgemisch durch einen zwischsn den eingeschmolzenen Platindrähten überspringenden
                              									Funken entzünden.
                           Enthält das von Kohlensäure und Sauerstoff befreite Gas auſser Stickstoff Kohlenoxyd,
                              									Wasserstoff und Grubengas, so läſst man in der Meſsröhre etwa das gleiche Volumen,
                              									liegen nur oder fast nur brennbare, namentlich an Wasserstoff reiche Gase vor, das 2 bis 3fache Volumen
                              									Sauerstoff aufsteigen, um die Heftigkeit der Explosion zu mäſsigen, da andernfalls
                              									der Apparat zerschmettert werden kann. Nun schiebt man unter das Rohr M ein Platinblech, um das Herausschleudern des
                              									Quecksilbers zu verhüten, liest die Gasmenge ab, läſst zwischen den Platindrähten
                              									einen Funken überspringen und bestimmt nach einigen Minuten die Volumabnähme. Dann
                              
                              									bestimmt man durch Ueberführen des Gases in das Rohr A
                              									die gebildete Kohlensäure und untersucht mittels pyrogallussaurem Kalium oder
                              									Wasserstoff die Reinheit des überschüssigen Sauerstoffes.
                           Man füllt nun den Trichter t mit Wasser, öffnet Hahn n, senkt die Flasche F,
                              									damit das Wasser in dem Rohr A heruntersinkt, stellt
                              									dann den Dreiweghahn d so, daſs beim Heben der Flasche
                              										F das Wasser durch einen über die Verlängerung des
                              									Hahnes d geschobenen Gummischlauch abflieſst. Hat man
                              									so noch zweimal mit etwas Wasser nachgespült, so läſst man zur Reinigung der
                              									Meſsröhre von dem bei der Explosion sich an den Wandungen meist absetzenden grauen
                              									Anflug bei entsprechender Stellung der Hähne d und h auch etwas Wasser in das Rohr M übertreten, saugt dieses nach A zurück und
                              									treibt es dann ebenfalls durch den Hahn d heraus,
                              									worauf man den Quetschhahn c schlieſst. Man kann nun
                              									sofort die nächste Gasprobe im Meſsröhre aufsteigen lassen.Als Hahnschmiere eignet sich namentlich Vaseline von K. Hellfrisch und Comp. in Offenbach a. M.
                           Mit Hilfe dieses Apparates habe ich eine Anzahl Gasproben untersucht, welche ich den
                              									Röhren und Muffeln der Zinkdestilliröfen in Letmathe (vgl. 1880 235 221) und Münsterbusch entnommen habe. Bei der Analyse
                              									des einer Zinkröhre kurz vor Beginn der Destillation entnommenen Gases wurden z.B.
                              									folgende Zahlenangaben erhalten:
                           
                              
                                 
                                 
                                    v
                                    
                                 (B – b – e)
                                 
                                    t
                                    
                                 
                                    V
                                    
                                 
                              
                                 Anfängliches Gasvolumen
                                 284,0
                                 461,6
                                 21,0
                                 121,74
                                 
                              
                                 Nach Absorption von CO2
                                 255,7
                                 432,8
                                 21,0
                                 102,77
                                 
                              
                                 Nach Zulaſs von Sauerstoff
                                 405,3
                                 584,9
                                 20,9
                                 220,21
                                 
                              
                                 Nach der Explosion
                                 268,4
                                 444,4
                                 21,9
                                 110,42
                                 
                              
                                 Nach Absorption von CO2
                                 178,2
                                 353,5
                                 21,4
                                   58,42
                                 
                              
                           Somit, da das überschüssige Gas fast reiner Sauerstoff war:
                           
                              
                                 Kohlendioxyd
                                   18,97 Vol.
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                   Spur
                                 
                              
                                 Contraction (n)
                                 109,79
                                 
                              
                                 Gebildetes Kohlendioxyd (k)
                                   52,00
                                 
                              
                           Nun geben nach der Gleichung CO + O = CO2 2 Vol.
                              									Kohlenoxyd mit 1 Vol. Sauerstoff 2 Vol. Kohlendioxyd, somit eine Contraction von ½
                              									nach CH4 + 4O == CO2
                              									+ 2H2O 2 Vol. Methan mit 4 Vol. Sauerstoff 2 Vol.
                              									Kohlendioxyd, somit eine Contraction von 2 und nach H2 + O = H2O gibt Wasserstoff eine
                              									Contraction von 3/2. Die drei Gase geben sonach eine Contraction von ½c, 2 m und 3/2, die Gesammtcontraction n ist gleich der Summe der einzelnen Verdichtungen
                              									oder:
                           n = ½ c + 2m + 3/2
                              									w
                           Ferner ist die Menge des gebildeten Kohlendioxydes k =
                              										c + m und das
                              									Gesammtvolumen V = c + m +
                                 										w, folglich die Menge von:
                           
                              
                                 Wasserstoff
                                 w = V – k
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                 c = ⅓ k + V – ⅔
                                    												n
                                 
                              
                                 Methan
                                 m = ⅔ k – V +  ⅔ n.
                                 
                              
                           Die Zusammensetzung des Gases ist demnach:
                           
                              
                                 Kohlendioxyd
                                 18,97 Vol.
                                 15,58 Proc.
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                 46,91
                                 38,52
                                 
                              
                                 Methan (Sumpfgas)
                                   5,08
                                   4,17
                                 
                              
                                 Wasserstoff (102,77 – 52)
                                 50,77
                                 41,70
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                 Spur
                                 Spur.
                                 
                              
                           Die auf diese Weise festgestellte Zusammensetzung der Gase aus verschiedenen
                              									Zinkröhren in Letmathe war folgende:
                           
                              
                                 Zeit der Probenahme
                                 Kohlen-dioxyd
                                 Kohlen-oxyd
                                 Methan
                                 Wasser-stoff
                                 Stickstoff
                                 
                              
                                 Kurz vor Beginn der Destillation
                                 15,58
                                 38,52
                                 4,17
                                 41,70
                                 Spur
                                 
                              
                                 Beginn der Destillation, obere Reihe
                                   0,48
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Destill. weiter vorgeschritten, obere Reihe
                                   1,06
                                 92,16
                                 Spur
                                   5,32
                                 1,01
                                 
                              
                                 Desgleichen, untere Reihe
                                   0,11
                                 97,12
                                 Spur
                                   1,83
                                 0,41
                                 
                              
                                 Desgleichen
                                   1,10
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Destillation fast beendet
                                   0,82
                                 98,04
                                 –
                                   0,72
                                 Spur
                                 
                              
                           Zwei Gasproben aus Muffeln in Münsterbusch bei starker Destillation bestanden
                              									aus:
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 
                              
                                 Kohlendioxyd
                                   0,09
                                   0,11
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                 95,36
                                 97,42
                                 
                              
                                 Methan
                                 Spur
                                 –
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                   3,72
                                  1,20
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                   0,61
                                   0,92.
                                 
                              
                           Mehrere andere Proben, an Ort und Stelle auf ihren Gehalt an Kohlensäure untersucht,
                              									enthielten 0,1 bis 0,9 Proc. Kohlendioxyd.
                           Die Reduction des Zinkoxydes scheint demnach, wie bereits B.
                                 										Kerl
                              									Muspratt's Chemie, Bd. 7 S. 1189.
                              									vermuthet, mehr durch fein vertheilte Kohle, als durch Kohlenoxyd bewirkt zu werden;
                              									wenigstens muſs in letzterem Falle das gebildete Kohlendioxyd sofort wieder durch
                              									die überschüssige Kohle zu Kohlenoxyd reducirt werden. Jedenfalls erscheint eine
                              									möglichst feine Vertheilung der Reductionskohle und das Mischen der Beschickung mit
                              									etwas Theer (vgl. 1880 235 281) empfehlenswerth. Weitere
                              									Versuche müssen zeigen, ob diese Voraussetzung richtig ist. Der Stickstoff wird
                              									theilweise der atmosphärischen Luft entstammen.
                           Zur Bestimmung der durch rauchende Schwefelsäure absorbirbaren Bestandtheile des
                              									Leuchtgases, Elayl, Propylen und Benzin und überall da, wo man feste Absorptionsmittel anwenden will,
                              									ist der in Fig. 4 ebenfalls in 0,1 n. Gr.
                              									dargestellte Apparat vorzuziehen, bei welchem dem Frankland'schen Apparate (1878 227 * 252) entsprechend das Arbeitsrohr A offen, das Meſsrohr M
                              									aber geschlossen ist. Um letzteres mit Quecksilber genau ausmessen zu können, ist es
                              									bei s abgesprengt, dann aber durch übergeschobenen
                              									Gummischlauch an dem Verbindungsstück v befestigt,
                              									welches zu dem offenen Quecksilberstandrohr B und
                              									mittels eines starken Gummischlauches wie beim vorigen Apparat zu einer
                              									Quecksilberflasche führt.
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 237, S. 392
                              
                           Zur Ausführung der Analyse füllt man durch Heben der Quecksilberflasche die Rohre M und B, dann durch Senken
                              									die Arbeitsglocke A und schlieſslich bei entsprechender
                              									Stellung des Dreiweghahnes d das Meſsrohr M völlig mit Quecksilber. Nun läſst man das Gas in A aufsteigen, saugt es in das Eudiometer M und bestimmt die Quecksilberstände der beiden Rohre
                              										M und B. Die
                              									Absorption geschieht in der Glocke A, die Verbrennung
                              									des mit Wasserstoff oder Sauerstoff gemischten und dann in das Eudiometer
                              									übergeführten Gases erfolgt durch zwischen den eingeschmolzenen Platindrähten
                              									überspringenden Inductionsfunken. Zur Reinigung saugt man das Waschwasser entweder
                              									aus der Glocke A direct durch den Hahn d ab, oder erst in das Rohr M und treibt es dann durch den Dreiweghahn in der vorhin angegebenen Weise
                              									nach auſsen.