| Titel: | Ueber Kesselsteinbildungen und deren Verhütung. | 
| Autor: | F. | 
| Fundstelle: | Band 237, Jahrgang 1880, S. 392 | 
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                        Ueber Kesselsteinbildungen und deren
                           								Verhütung.
                        Ueber Kesselsteinbildungen und deren Verhütung.
                        
                     
                        
                           Im Anschluſs an die früheren Mittheilungen (1876 220 172.
                              									261.* 367. 1879 231 58) sollen die neuerdings gemachten
                              									Beobachtungen und Vorschläge besprochen werden.
                           Abnutzung der Dampfkessel. Roland
                              									berichtet im Bulletin de Rouen, 1880 S. 37 wieder über
                              									eine sehr groſse Anzahl innerer und äuſserer Corrosionen der Kesselbleche. Die
                              									Aufgabe, dieselben zu verhüten, ist somit noch immer sehr wichtig (vgl. 1878 230 38).
                           Nach W. Gyſsling (Berichte des Bayerischen
                                 										Dampfkesselvereines, 1880 S. 22) wurde ein Siederohr beim Speisen
                              									zersprengt, weil das Verbindungsrohr zwischen diesem und dem Dampfkessel völlig mit
                              									Kesselstein verstopft war.
                           
                           In einer Waschanstalt befanden sich zwei gleiche, abwechselnd
                              									benutzte Dampfkessel, liegende Walzenkessel mit einem unterhalb angeordneten
                              									Siederohr und Zwischenfeuerung, 18qm Heizfläche
                              									und 0qm,75 Rostfläche. Der Kohlenverbrauch für
                              										1qm Rostfläche schwankte stündlich zwischen 45
                              									und 135k Ruhrkohle. Beide Kessel waren seit 5
                              									Jahren abwechselnd täglich 13 Stunden im Betrieb, ohne daſs sich irgend welche
                              									auffallende Erscheinung gezeigt hätte. Eines Tages jedoch lieſs der
                              									Wasserstandsvorkopf des in Betrieb befindlichen Kessels eine Aufwärtsbewegung
                              									erkennen, welche sich bis zu 20mm steigerte und
                              									das oberhalb befindliche Mauerwerk lockerte. Ueber Nacht kehrte der Kessel in seine
                              									ursprüngliche Lage zurück, um am anderen Tage bald nach dem Anheizen wieder das
                              									gleiche Steigen zu zeigen. Gleichzeitig trat ein Undichtwerden der 1. und 2.
                              									Rundnaht des Oberkessels ein, welches sich bald dermaſsen steigerte, daſs man
                              									genöthigt war, den Kessel auſser Betrieb zu setzen. Da der herbeigerufene
                              									Kesselschmied an der Feuerplatte einen übrigens unbedeutenden Schiefer und einen
                              									Nietlochriſs entdeckte, so beschloſs man kurzer Hand, die Platte auszuwechseln. Es
                              									wurde nunmehr der andere Kessel in Betrieb gesetzt, an welchem jedoch nach etwa
                              									3tägigem Betriebe die gleichen Erscheinungen eintraten.
                           Bisher fand sich nach ¼jährigem Betriebe im Oberkessel eine 1mm,5 dicke Kruste mit gleichmäſsig darüber
                              									vertheiltem Schlamme. Jetzt aber war über den Niederschlägen noch eine flocken
                              									artige Masse vorhanden, welche nicht vom Wasser benetzt wurde. Mittels Aether konnte
                              									aus diesem Schlamm eine fettartige Masse ausgezogen werden, weniger aus der festen
                              									Kruste. Lufttrocken bestanden sie aus:
                           
                              
                                 
                                 Schlamm
                                 Kruste
                                 
                              
                                 Kohlensaures Calcium
                                 66,51
                                   52,12
                                 
                              
                                 Kohlensaures Magnesium
                                 19,55
                                   22,55
                                 
                              
                                 Eisenoxyd und Thonerde
                                   7,75
                                   19,11
                                 
                              
                                 Unlöslich
                                   4,45
                                     7,03
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 98,26
                                 100,81.
                                 
                              
                           Dieser an Magnesia reiche, Fett haltige Schlamm hatte offenbar hier die Ueberhitzung
                              									der Platten verschuldet (vgl. 1878 230 134).
                              									Wahrscheinlich war in dem Behälter, aus welchem das Speisewasser entnommen wurde,
                              									fettiges Abwasser gelangt. Durch Verlegung des Speiserohres aus dem Oberkessel in
                              									den Unterkessel, wohl auch durch gleichzeitige Reinhaltung des Speisewassers wurde
                              									diese Erscheinung beseitigt.
                           Bei einem Kessel in der Nähe von Düsseldorf bildete sich auf dem ersten Blechring des
                              									rechten Flammrohres eine 1m,8 lange, 35cm breite und 6cm tiefe Beule. Der Kessel wurde ziemlich stark angestrengt, da stündlich
                              									auf 1qm Rostfläche etwa 90k Kohle verbrannt wurden; der Kesselstein war auf
                              									beiden Flammrohren nur 11mm stark. Es ist noch bemerkenswerth, daſs der
                              									Kessel 11m laug, das Flammrohr 90cm weit war, daſs ferner der Abstand des
                              									Flammrohres vom Kesselmantel nur gering war, daſs sich das Flammrohr daher nach der
                              									Mitte des Kessels durchbiegen muſste.
                           Dem Referenten wurde ein gelbliches Pulver, welches sich unten im Kessel ablagerte,
                              									sowie Proben der auf beiden Flammrohren 5mm
                              									starken Kruste und des Speisewassers eingeschickt. Dieselben hatten folgende
                              									Zusammensetzung:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Unten
                                 Linkes Flammrohr
                                 Beule
                                 
                              
                                 
                                 Kalk (CaO)
                                 50,92
                                   35,28
                                 35,36
                                 
                              
                                 
                                 Magnesia (MgO)
                                   0,92
                                     6,14
                                   5,76
                                 
                              
                                 
                                 Eisenoxyd und Thonerde
                                   0,75
                                     0,52
                                   0,81
                                 
                              
                                 
                                 Schwefelsäure (SO3)
                                   2,16
                                   42,40
                                 44,12
                                 
                              
                                 
                                 Kohlensäure (CO2)
                                 38,83
                                     4,48
                                   3,90
                                 
                              
                                 
                                 Unlösliches
                                   2,24
                                     3,55
                                   3,67
                                 
                              
                                 
                                 Wasser
                                 bis 130°
                                   1,02
                                     2,71
                                   0,96
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 über 130°
                                   0,63
                                     3,26
                                   2,61
                                 
                              
                                 
                                 Alkalien, Organisch, Verlust
                                   2,53
                                     1,66
                                   2,81
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 
                              
                                 entsprechend:
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 Kohlensaures Calcium
                                 88,25
                                     9,98
                                   8,09
                                 
                              
                                 
                                 Schwefelsaures Calcium
                                   3,67
                                   72,08
                                 75,00
                                 
                              
                                 
                                 Magnesiumhydrat
                                   1,33
                                     8,90
                                   8,35
                                 
                              
                           Das verwendete Speisewasser enthielt im Liter:
                           
                              
                                 Kalk
                                 186mg,
                                 davon durch Kochen
                                 
                              
                                 Magnesia
                                   11
                                 fällbar 125mg
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                   71
                                 
                                 
                              
                                 Chlor
                                   25
                                 
                                 
                              
                                 Salpetersäure
                                 Spur
                                 
                                 
                              
                           entsprechend:
                           
                              
                                 Kohlensaures Calcium als Bicarbonat
                                 223mg
                                 
                              
                                 Schwefelsaures Calcium
                                 121
                                 
                              
                                 Chlormagnesium
                                   26
                                 
                              
                                 mit etwas Chlorcalcium und salpetersaurem
                                    											Calcium.
                                 
                              
                           Das in den Kessel eintretende Speisewasser setzt also zunächst unten im Kessel einen
                              									gelblich weiſsen Schlamm von vorwiegend kohlensaurem Calcium ab, auf den Flammrohren
                              									scheidet sich dann das schwefelsaure Calcium als Anhydrid mit kohlensaurem Calcium
                              									und Magnesiumhydrat, letzteres durch Zersetzung des Chlormagnesiums gebildet (vgl.
                              									1876 222 244. 1879 233 217),
                              									ab. Das Pulver von allen drei Proben war leicht benetzbar mit Wasser und frei von
                              									Fett, so daſs die vorhin erwähnten Erscheinungen wohl nicht in Frage kommen. Da
                              									ferner die Krusten beider Flammrohre im Wesentlichen dieselbe Zusammensetzung haben,
                              									nur daſs die von der Beule stark erhitzt ist, so konnte Referent die Entstehung der
                              									Beule nur durch zu starke Feuerung bei gleichzeitig vorhandenem Kesselstein
                              									erklären; vielleicht lag das fragliche Flammrohr dem Heizer bequemer als das andere
                              									und wurde daher stärker gefeuert. Die Wiederkehr dieser Zerstörung läſst sich nur
                              									durch gute Reinigung des Speisewassers sicher vermeiden, und zwar empfiehlt sich hier die
                              									Anwendung von Soda mit Kalk als besonders vortheilhaft.Vgl. F. Fischer: Chemische Technologie des
                                       												Wassers, (Braunschweig 1880) S. 279. Hier ist Z. 2 v. o. leider ein
                                    											Satzfehler stehen geblieben, da es statt 40 selbstverständlich 80g Schwefelsäure heiſsen
                                    									muſs.
                           W. F. K. Stock berichtet in der Chemical News, 1879 Bd. 39 S. 5, daſs der Kessel eines
                              									Eisenwerkes in Cleveland hochgradige Corrosionen zeigte. Derselbe wurde mit einem
                              									sehr reinen, durch den Abdampf vorgewärmten Wasser gespeist. Auf den Blechen
                              									abgesetzte schwammige Massen bestanden aus:
                           
                              
                                 Eisenoxyd
                                 66,91
                                 
                              
                                 Eisenoydul
                                 23,69
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 Spur
                                 
                              
                                 Kalk
                                 0,60
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 0,70
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 0,22
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                 0,24
                                 
                              
                                 Wasser
                                 1,60
                                 
                              
                                 Organisch (Fettsäuren)
                                 5,31
                                 
                              
                                 Unlöslich
                                 1,30
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,57
                                 
                              
                           Hier hatten die Fettsäuren demnach die Oxydation des Eisens sehr stark begünstigt
                              									(vgl. 1878 230 136).
                           Eine eigenthümliche Kesselsteinbildung hat A. Smethan
                                 										(Chemical News, 1879 Bd. 39 S. 236) untersucht. Dieselbe bestand aus:
                           
                              
                                 Eisenoxyd
                                 24,72
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 8,41
                                 
                              
                                 Zinkoxyd
                                 44,39
                                 
                              
                                 Kalk
                                 0,99
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 0,77
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 1,22
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                 3,34
                                 
                              
                                 Unlösliches
                                 5,60
                                 
                              
                                 Wasser, organische Stoffe
                                 10,56
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Dieselbe stammte aus dem einen galvanisirten Kessel einer Wasserheizung, dessen
                              									Cylinder mit dem Sieder merkwürdiger Weise durch ein Bleirohr verbunden war. Das
                              									verwendete Speisewasser war sehr weich (vgl. 1876 219
                              									457. 526).
                           Um die Bildung fester Krusten im
                                 										Dampfkessel zu verhindern, schlägt Davis in
                              									der Revue industrielle, 1879 S. 238 vor, dem
                              									Speisewasser phosphorsaures Natrium zuzusetzen, welches bekanntlich schon von Müller (1876 220 267)
                              									vorgeschlagen wurde. – E. Hunter in Leeds will nach dem
                              									Englischen Patent Nr. 2855 vom 26. Juli 1877 in den Kessel ein Gemisch von 182 Th.
                              									Soda, 23 Th. Carraghenmoos und 34 Catechu bringen, deren Anwendung weder neu, noch
                              									empfehlenswerth ist (vgl. 1876 220 179).
                           
                           A. Cords und A. Deininger in Berlin (* D. R. P. Kl. 12 Nr. 9185 vom 20. Juni 1879)
                              									behaupten, der Kesselstein in Landdampfkesseln bestehe vorherrschend aus
                              									kohlensaurem Kalk, der in Schiffsdampfkesseln dagegen aus Chlormagnesium und
                              									schwefelsaurem Kalk. Um die Bildung dieser Niederschläge zu hindern, wollen sie den
                              									im Kessel angeblich wirksamen galvanischen Strom durch Einführung von Eisenvitriol
                              									aufheben. Fast noch sonderbarer wie diese Behauptungen selbst ist die Begründung
                              									derselben in einer im Selbstverlag der Patentinhaber erschienenen Schrift, in
                              									welcher auſserdem sämmtliche chemische Formeln falsch sind. Für Speisewasser,
                              									welches als Kesselsteinbildner ausschlieſslich oder vorwiegend Gyps enthält, ist
                              									Eisenvitriol einerseits wirkungslos, andererseits gefährlich für die Kesselbleche
                              									wegen Begünstigung des Röstens, so daſs jedenfalls Vorsicht gerathen ist.
                           Nach A. Stock in Guben (D. R. P. Kl. 12 Nr. 8019 vom 27.
                                 									Juli 1878) sollen Kesselsteinbildungen dadurch verhütet werden, daſs man in die
                              									Dampfkessel Borsäure oder Borax einbringt unter Zusatz von etwas Chlornatrium. Wird
                              									Meerwasser zum Speisen der Dampfkessel verwendet, so soll der Borax die angeblich
                              									vorhandene Salzsäure nebst Schwefelsäure neutralisiren, während sich die Borsäure
                              									mit dem Kalk, der Magnesia und Thonerde verbindet. Bei Anwendung von Grubenwasser,
                              									welches nach Angabe Stockes freie Schwefligsäure
                              									enthalten soll, wird auſser Borax noch Natriumhydrat zugesetzt.
                           B. Clegg (Scientific American, 1879 Bd. 40 S. 358) hat
                              									eine Kesselspeisepumpe construirt, welche gleichzeitig mit dem Speisewasser
                              									bestimmte Mengen entsprechender Salzlösungen in den Dampfkessel befördert. – Die
                              									Fällung der Kesselsteinbildner im Kessel selbst bleibt immer ein nicht
                              									empfehlenswerthes Hilfsmittel.
                           Zur Reinigung des Speisewassers vor Einbringen in den Kessel
                              									empfiehlt O. Bourjau in Schöningen (* D. R. P. Kl. 12
                                 									Nr. 8492 vom 25. März 1879), das Wasser mit einer Lösung von rohem Schwefelbarium in
                              									heiſsem Wasser zu versetzen. Die Schwefelsäure fällt als Bariumsulfat, das gebildete
                              									Schwefelcalcium wird durch die im Speisewasser vorhandene Kohlensäure oder
                              									Bicarbonate gefällt, während Schwefelwasserstoff entweicht. – Unter Umständen dürfte
                              									die Entwicklung von Schwefelwasserstoff unangenehm sein; sonst ist der Vorschlag
                              									beaehtenswerth.
                           
                              
                                 F.