| Titel: | Neuerungen an Dampfkesseln. (Patentklasse 13.) | 
| Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 11 | 
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                        Neuerungen an Dampfkesseln. (Patentklasse 13.)
                        Mit Abbildungen.
                        Wehage, über Neuerungen an Dampfkesseln.
                        
                     
                        
                           Gliederkessel. (Tafel
                                 										1 und 7.)
                           Wenn auch die aus lauter Röhren zusammengesetzten Dampfgeneratoren, für welche Prof.
                              										Radinger den Namen „Gliederkessel“
                              									eingeführt hat (entsprechend dem englischen „sectional boilers“), wegen ihres verhältniſsmäſsig geringen
                              									Wasserinhaltes nur eine beschränkte Anwendung zulassen, so bieten sie doch so
                              									bedeutende Vortheile, daſs in den letzten Jahren nach dem Vorgange von Belleville, Root u.a. viele Constructeure sich mit der
                              									weitern Ausbildung derselben beschäftigt haben. Vor allem ist es wohl das
                              									fortdauernde Bestreben, die beim Betrieb der Dampfmaschinen verwendeten
                              									Dampfspannungen immer höher hinauf zu schrauben, dabei aber die Sicherheit der
                              									Kessel nicht zu
                              									gefährden, sondern wenn möglich zu erhöhen, was diesen Gliederkesseln mehr und mehr
                              									Eingang verschafft. Indessen sind auch ihre übrigen Vorzüge: groſse Heizfläche,
                              									rationelle Ausnutzung des Brennmaterials, bequemer Transport, die Möglichkeit, mit
                              									denselben Elementen beliebig kleine und groſse Kesselanlagen herzustellen u.s.w.,
                              									nicht unwesentlich. Die in den Neuconstructionen auftretenden Bestrebungen gehen nun
                              									in der Regel darauf hinaus, ein bequemes Montiren, Demontiren und Reinigen der
                              									Röhren zu ermöglichen, das Wasser vor dem Eintritt in die Röhren zu reinigen, einen
                              									lebhaften Wasserumlauf (möglichst mit Gegenströmung) herzustellen, das Aufsteigen
                              									der Dampfblasen zu erleichtern und besonders den Dampf möglichst gut zu trocknen;
                              									der in der Regel sehr nasse Dampf ist ja einer der gröſsten Missstände der
                              									Gliederkessel. Die Röhren werden gewöhnlich in horizontaler oder geneigter Lage in
                              									Reihen oder Schichten angeordnet, seltener in verticaler Stellung, im letzteren
                              									Falle meistens als Field'sche Röhren, um innerhalb jedes Rohres eine
                              									Wassercirculation zu Stande zu bringen.
                           Der in Fig. 1 und
                              										2 Taf. 1 skizzirte Gliederkessel von Moritz Jahr in
                              										Gera (* D. R. P. Nr. 4698 vom 17.
                                 										August 1878) ist z.B. aus solchen Field'schen Röhren a zusammengesetzt. Dieselben sind in ein horizontal
                              									liegendes Röhrenbündel x aus Guſseisen eingehängt und
                              									mit der vom „Economiser“ bekannten Vorrichtung zum Abschaben des Russes
                              									versehen (vgl. 1874 212 256). In die nicht direct über dem Roste liegenden Röhren
                              									sind unten Metallpfropfen eingeschraubt, um die Reinigung zu erleichtern. Auf beiden
                              									Langseiten der dünnwandigen Einmauerung sind groſse Blechkasten zum Vorwärmen des
                              									Speisewassers und zur Ablagerung des Schlammes angebracht. In diese sind verticale,
                              									behufs der Reinigung von Kesselstein herausnehmbare Wände eingesetzt, die
                              									abwechselnd oben und unten Oeffnungen für den Umlauf des Wassers frei lassen. Da in
                              									derartigen nicht unter Druck stehenden Vorwärmern die Temperatur des Wassers immer
                              									unter 100° liegt, so ist auch die Ausscheidung des Kesselsteins in denselben eine
                              									unvollkommene. Es ist deshalb auch bei diesen wie bei allen mit Field'schen Röhren
                              									versehenen Kesseln ein Verstopfen der Röhren zu befürchten, wenn der Betrieb nicht
                              									ein beständiger ist, oder wenn nicht eine häufige Reinigung vorgenommen wird.
                           Der Kessel der Rheinischen
                                 										Röhrendampfkessel-Fabrik A. Büttner und Comp. in Uerdingen a. Rh. und O. Intze in Aachen (* D. R. P. Nr. 4025 vom 4. August
                              									1878) besteht, wie aus Fig. 3. Taf.
                              									1 zu sehen ist, aus guſseisernen, mit äuſsern Längsrippen versehenen, verticalen
                              									Röhren, welche reihenweise oben und unten durch Querröhren verbunden sind; diese
                              									münden jederseits in ein gemeinschaftliches Sammelrohr. Die Vergröſserung der
                              									äuſsern, die Wärme von den Heizgasen aufnehmenden Rohrfläche durch die Rippen
                              									gegenüber der innern, die Wärme an das Wasser abgebenden Fläche soll unter
                              									Berücksichtigung der Verschiedenheit der beiden Wärmeübergangscoefficienten die
                              									beste Ausnutzung der innern Fläche ermöglichen. Jede der verticalen Röhren enthält,
                              									wie die Field'schen, ein Circulationsrohr, das oben mit einer Vorrichtung zum
                              									Trocknen des Dampfes versehen ist. Letztere besteht aus zwei in einander gesteckten
                              									Düsen, von denen die untere andern Circulationsrohre, die obere an dem äuſsern Rohre
                              									befestigt ist. Indem der Dampf gezwungen ist, durch die enge, zwischen beiden Düsen
                              									bleibende ringförmige Oeffnung mit starker Richtungsänderung zu entweichen, wird
                              									hierbei ein Theil des mitgerissenen Wassers ausgeschleudert. Der Kessel hat, wie
                              									alle aus verticalen Röhren zusammengesetzten Kessel, eine sehr geringe
                              									Wasseroberfläche. – Soll ein derartiges Röhrensystem als Speisewasser-Vorwärmer
                              									benutzt werden, so wird in die Verticalröhren statt des innern Rohres ein aus einer
                              									Anzahl Blechstreifen gebildeter Körper Fig. 4
                              									eingehängt. Die Streifen sind durch Stehbolzen zu einem Ganzen verbunden und können
                              									bequem nach oben herausgezogen werden. Da dieselben dem Wasser eine sehr groſse
                              									Fläche darbieten, so ist anzunehmen, daſs sie den gröſsten Theil der Niederschläge
                              									aufnehmen. Diese hindern aber dann den Wärmeübergang nicht und können nach dem
                              									Herausnehmen der Blechstreifen leicht entfernt werden. Es erscheint mithin diese
                              									Einrichtung ganz zweckmäſsig. Im Allgemeinen wird sich die beschriebene Anordnung
                              									mehr für einen Vorwärmer, als für den eigentlichen Kessel eignen.
                           G. F.
                                    											Udelhoven in Kalk a. Rh. (* D. R. P. Nr. 5094 vom 19. October 1878) hat für den Kessel
                              										Fig. 5 Taf. 1 nur einfache Verticalröhren (ohne Circulationsröhren)
                              									verwendet. Dieselben sind oben und unten reihenweis durch Hohlkugeln mit einander
                              									verbunden. Die Kugelköpfe greifen mit ihren Stutzen ein wenig in einander (Fig.
                                 										6 und 7) und
                              									werden mit Hilfe innen achteckiger, auſsen mit Gewinde versehener Messinghülsen
                              									zusammengeschraubt. Die obern Köpfe bilden mit ihren quadratischen Flanschen eine
                              									zusammenhängende, den Feuerzug oben abschliessende Platte, während zwischen den
                              									untern Köpfen Zwischenräume für den Durchgang der Feuergase bleiben. An allen Köpfen
                              									sind Deckel aufgeschraubt, welche behufs Reinigung der Röhren abgenommen werden
                              									können. – Die Reinigung wird häufig nöthig sein, da ein Wasserumlauf in den Röhren
                              									kaum stattfinden wird. Irgendeine Vorrichtung zum Trocknen des Dampfes ist nicht
                              									angegeben.
                           Sehr abweichend von den bisher bekannten Anordnungen sind die
                              									Constructionen von E. A. Bourry in St. Gallen (* D. R. P. Nr. 5899 vom 10. October
                                 										1878). Derselbe baut Verticalkessel (d.h. solche, deren Grundfläche im
                              									Vergleich zur Höhe gering ist) und Schiffskessel aus Röhren und Kugeln in folgender
                              									Weise zusammen.
                           
                           Bei dem Verticalkessel (Fig. 8 und
                              										9 Taf. 1) bilden vier senkrechte, ziemlich weite Röhren A die Kanten eines quadratischen Prismas. Die vier
                              									Seitenflächen desselben sind durch engere Röhren B
                              									hergestellt, die mit angegossenen Rippen dicht auf einander liegen; unten ist das
                              									Prisma durch den Rost, oben durch einen in den Schornstein übergehenden Trichter
                              									abgeschlossen. Die Röhren B sind je an einem Ende
                              									geschlossen, am andern in die Röhren A eingeschraubt,
                              									und zwar in jeder Schicht abwechselnd die eine rechts, die andere links u.s.f. Die
                              									Anordnung des Ganzen ist dabei derart, daſs zwei parallele, in gleicher Höhe
                              									liegende Röhren B, die durch eine Anzahl noch engerer
                              									Röhren C mit einander verbunden sind, mit zwei diagonal
                              									gegenüber stehenden Eckröhren A in Verbindung stehen.
                              									Die Röhren C liegen in Schichten kreuz weis über
                              									einander und füllen den Raum zwischen den vier Wänden bis auf die für die Feuergase
                              									nöthigen Durchgangsöffnungen aus. Durch diese Anordnung, durch welche besonders der
                              									ungleichen Ausdehnung der verschieden stark erhitzten Röhren Rechnung getragen
                              									werden soll, sind zwei in einander geschobene, nur unten und oben verbundene
                              									Röhrensysteme hergestellt. Um in denselben eine lebhafte Circulation hervorzurufen,
                              									ist jede der Eckröhren durch eine Längswand in zwei Abtheilungen getheilt, von denen
                              									die äuſsere mit halbmondförmigem Querschnitt, die für das abwärts fliessende Wasser
                              									bestimmt ist, mit den Röhren B nicht communicirt. Die
                              									andere Abtheilung ist durch eine schräg eingesetzte Wand noch einmal getheilt, so
                              									daſs für jede der beiden von einem Eckrohre unter rechtem Winkel abzweigenden
                              									Röhrenschaaren B ein besonderer Kanal gebildet wird.
                              									Aus dem einen unten weiten und oben engen Kanal soll das von unten aufsteigende
                              									Wasser sich in die Röhren B und aus diesen in die
                              									Röhren C vertheilen; in dem andern oben weiten und
                              									unten engen Kanal soll das aus den Röhren B kommende
                              									Wasser- und Dampfgemisch nach oben aufsteigen. Vier mit einander verbundene Kugeln,
                              									welche die Röhren A oben abschlieſsen, dienen als
                              									Dampfsammler. Der Schlamm soll in dem untern Theile der Eckröhren sich ablagern und
                              									von hier zeitweilig abgeblasen werden. Um die Röhren reinigen zu können, ist sowohl
                              									in den Röhren A, wie in den Röhren B jeder Rohrmündung gegenüber ein Pfropfen
                              									eingeschraubt.
                           Bei dem Schiffskessel (Fig. 10 und
                              										11 Taf. 1) liegen die Röhren A horizontal,
                              									die Röhren B und C sind
                              									unter 45° gegen die Horizontale geneigt. Den Dampfsammler bilden hier eine gröſsere
                              									Anzahl Kugeln. Die Verbindung der Röhren ist dieselbe wie bei dem Verticalkessel. Um
                              									die Wärmeausstrahlung möglichst zu beschränken, was ja bei Schiffskesseln aus
                              									Gesundheitsrücksichten sehr wichtig ist, ist der ganze Kessel ummantelt, der obere,
                              									den Dampfbehälter einschlieſsende Raum doppelt. Zwischen Röhren und Mantel soll eine
                              									ununterbrochene, durch
                              									Schieber regulirbare Luftströmung hergestellt werden, wodurch allerdings auch eine
                              									unvortheilhafte Abkühlung der Röhren herbeigeführt wird. In der doppelten Stirnwand
                              									des Kessels soll gleichfalls ein von oben nach unten gehender Luftzug stattfinden;
                              									die hier erwärmte Luft wird unter den Rost geführt.
                           Ein Hauptnachtheil dieser in mancher Beziehung recht guten Constructionen liegt in
                              									der Verbindung der einzelnen Theile. Dieselben sind mittels Differentialsehrauben
                              									derart zusammengeschraubt, daſs Wasser und Dampf unmittelbar in das Gewinde
                              									eindringen können und ein baldiges Einrosten zu befürchten ist. Der Dampf wird,
                              									besonders bei dem Verticalkessel, sehr nass sein. Auch die hier verwendeten sehr
                              									engen Röhren C sind wegen leicht eintretender
                              									Verstopfung nicht zweckmäſsig.
                           Unter den Gliederkesseln, welche sich mehr an bekannte Formen
                              									anschlieſsen, ist zunächst die neueste Construction von J. F.
                                    											Belleville in Paris (* D. R. P. Nr. 2468 vom 17. Juli 1877) zu erwähnen, welche
                              									bereits in dem Bericht über die Pariser Ausstellung (1879 231 * 484) ausführlich
                              									beschrieben ist.
                           Die Rheinische Röhrendampfkessel-Fabrik
                                 										A, Büttner in Uerdingen, welche hauptsächlich Gliederkessel nach dem System
                              										Root baut, hat an diesen folgende Neuerungen (* D.
                              									R. P. Nr. 467 vom 23. August 1877), angebracht. Die lichte Weite der Röhren, die
                              									sonst 119mm betrug, ist für kleinere Kesselanlagen
                              									auf 100mm vermindert, einmal, um dieselben auch in
                              									und unter Räumen, in denen sich Menschen aufzuhalten pflegen, aufstellen zu
                              										könnenBekanntlich gilt in Preussen die Bestimmung (vom 29. Mai 1871), daſs die
                                    											Rohrweite der Röhrenkessel, die in oder unter Wohnräumen aufgestellt werden,
                                    											nicht über 100mm betragen
                                    									darf., und zweitens, um möglichst viel Röhren auf kleinem Raum
                              									unterbringen zu können, was namentlich bei Anwendung auf Schiffskessel wesentlich
                              									ist. Ferner ist eine engere Anordnung der Röhren dadurch erreicht, daſs je zwei über
                              									einander liegende Röhren jederseits in einem gemeinschaftlichen Kopfstücke befestigt
                              									sind (vgl. Fig. 12
                              									Taf. 1), wodurch zugleich die Zahl der Verbindungsstücke und der Dichtungsstellen
                              									auf die Hälfte vermindert wird. Damit nun auch in den engeren Röhren ein lebhafter
                              									Umlauf stattfinden könne, ist in jedes Rohr ein besonderes Circulationsrohr
                              									eingelegt; auſserdem sind an den Verbindungsstücken Ablenkschirme (von dem
                              									Constructeur des Kessels „Deflectoren“ genannt) angegossen. Es soll hierdurch
                              									eine Strömung des Wassers, bezieh. des Wasser- und Dampfgemisches in der in Fig.
                                 										12 durch Pfeile angedeuteten Weise bewirkt werden.
                           
                              
                                 (Schluſs folgt.)
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               
