| Titel: | Ueber analytische Wagen mit constanter Empfindlichkeit; von Anton Markl in Neu-Prag. | 
| Autor: | Anton Markl | 
| Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 161 | 
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                        Ueber analytische Wagen mit constanter
                           								Empfindlichkeit; von Anton Markl in Neu-Prag.
                        Mit Abbildungen.
                        Markl, über analytische Wagen mit constanter
                           								Empfindlichkeit.
                        
                     
                        
                           Seit Lavoisier die Wage als wesentliches Hilfsmittel für
                              									chemische Untersuchungen einführte, hat man sich nach allen Richtungen hin um die
                              									Verbesserung derselben bemüht. Im Princip sind diese Instrumente immer noch die
                              									alten geblieben, in Construction und zweckmäſsiger Einrichtung, in Feinheit und
                              									Genauigkeit dagegen sind wesentliche Fortschritte gemacht worden und der Aufschwung
                              									der chemischen Industrie hat bei gesteigertem Bedarf der Wage eine fabrikmäſsige
                              									Herstellung derselben und damit auch eine namhafte Preisermäſsigung ermöglicht.
                           Die Forderungen, welche der Chemiker an eine gute Wage stellt, sind bequemes und
                              									schnelles Arbeiten, ausreichende Empfindlichkeit und Tragfähigkeit. Alles dies
                              									erscheint glücklich vereinigt in den Wagen mit constanter
                                 										Empfindlichkeit von A. Verbeek und Peckholdt
                              									in Dresden, bei deren Construction in einfachster Weise darauf Rücksicht genommen
                              									ist, daſs die Empfindlichkeit stets – bei der geringsten, wie bei der höchst
                              									zulässigen Belastung – dieselbe bleibt. Bekanntlich nimmt die Empfindlichkeit bei
                              									gröſserer Belastung ab; sie wird hingegen gröſser, wenn der Schwerpunkt höher gelegt
                              									wird. Es sind nun bei den von der genannten Firma verfertigten Wagen die 3 Achsen in
                              									einer gewissen Höhenlage zu einander eingestellt, so daſs die Abnahme der
                              									Empfindlichkeit bei gröſserer Belastung durch gleichzeitig entsprechendes
                              									Hinaufrücken des Schwerpunktes von selbst genau ausgeglichen wird, die
                              									Empfindlichkeit also constant ist. Der Ausschlag der Zunge einer solchen Wage mit
                              									constanter Empfindlichkeit beträgt für 1mg mehr
                              									auf einer Schale 2° oder 2mm, bei den
                              									empfindlicheren Wagen 5° = 5mm und ist es ganz
                              									gleichgültig, ob die Wage nur mit wenigen Gramm oder mit 100 bis 200g auf jeder Schale belastet ist. Die Scale, an
                              									welcher sich die Zunge bewegt, ist nach rechts und links in je 10° getheilt, so daſs
                              									man allein blos durch den Ausschlag der Zunge + 5mg ablesen kann. Bruchtheile von einem Milligramm markirt die Zunge
                              									ebenfalls in ganz überraschender Weise, und da die Ausschläge auf Viertelgrade
                              									abschätzbar sind, so kann man auf 0mg,125 genau
                              									wägen.
                           Man will z.B. das Gewicht einer Schale bestimmen: Bei Auflage des
                              										50g-Stückes gebe die Zunge einen Ausschlag von
                              									5,5° nach der Seite der Gewichtsschale. Hat man diesen Ausschlag beobachtet, so ist
                              									die Wägung beendigt; die Zunge zeigt an, daſs die Schale noch 2mg,75 mehr als 50g wiegt, daſs sie demnach 50g,00275
                              									schwer ist.
                           Von der Richtigkeit des Ausschlages kann man sich leicht überzeugen, indem man kleine
                              									Gewichtsstücke hinzulegt; für jedes zugelegte Milligramm zeigt die Zunge nun 2° Unterschied und bei 3mg wird sie schon 0,5° nach der anderen Seite hin
                              									ausschlagen.
                           Das Ungewohnte der gleichen, von der Belastung unabhängigen Empfindlichkeit erzeugt
                              									allerdings im Anfang eine gewisse Aengstlichkeit bei Benutzung der Ausschläge und in
                              									der That, es überrascht zu sehen, wie im unbelasteten Zustande die Wage für
                              									vielleicht 4mg richtig 8° ausschlägt, bei 100g Belastung oder bei 200g aber ganz das gleiche thut. Bald schwindet
                              									jedoch alles Miſstrauen und man unterläſst die anfangs geübte Controle.
                           Durch Reiterverschiebung kann man bis 50mg
                              									bestimmen und erst von da an sind Gewichte nothwendig.
                           Es leuchtet ein, daſs das Arbeiten mit einer derartigen Wage viel rascher vor sich
                              									gehen muſs als mit jeder anderen Wage; dabei sind sie zweckmäſsig, solid und sehr
                              									elegant gearbeitet und im Preise billiger als irgend welche. Sie werden je nach dem
                              									Zweck auch mit einer gröſseren oder geringeren Empfindlichkeit und Tragfähigkeit
                              									hergestellt- immer aber hat man den Vortheil, den Zungenausschlag direct zur
                              									Bestimmung der letzten kleinen Gewichtsunterschiede benutzen zu können.
                           Es dürfte demnach nicht uninteressant sein, wenn wir die uns von Hrn. A. Verbeek über die Bedingungen der constanten
                              									Empfindlichkeit, der Schwingungsdauer u.s.w. mitgetheilten Angaben im Nachfolgenden
                              									veröffentlichen.
                           Es sei S (Fig. 1) der Schwerpunkt eines Wagebalkens und m die Mittelachsenschneide desselben, so wird ein kleines Zulagegewicht
                              										z auf der einen Seite den Schwerpunkt so weit von
                              									der Senkrechten unter m ablenken, daſs der Abstand,
                              									multiplicirt mit dem im Schwerpunkt S angenommenen
                              									Gewicht der Masse, gleich ist dem Gewichte der seitlichen Zulage, multiplicirt mit
                              									dem Abstand derselben von der Senkrechten.
                           Betrachtet man nun einstweilen den Wagebalken als Winkelhebel,
                              									dessen Stützpunkt m ist und an dessen beiden Armen bei
                              										z und S zwei Kräfte im
                              									Verhältniſs des Gewichtes der seitlichen Zulage zu dem Gesammtgewicht von Balken,
                              									Schalen und etwaiger (gleichmäſsiger) Belastung in lothrechter Richtung wirken, so
                              									ist klar, daſs, wenn m z gröſser wird, also bei
                              									Verlängerung des Balkens, die Ablenkung von S und damit
                              									auch der Ausschlag der Zunge gleichfalls gröſser werden muſs.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 238, S. 162
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 238, S. 162
                              
                           Bei einer Zunahme von S hingegen wird
                              									das kleine Zulagegewicht nicht mehr die erstere Ablenkung von S bewirken können; es wird der Ausschlag der Zunge bei
                              									Vergröſserung des Gesammtgewichtes kleiner sein, kann jedoch durch Höherlegen des
                              									Schwerpunktes auf das frühere Mals wieder gebracht werden. Es wird demnach der durch
                              									eine kleine seitliche Zulage bewirkte Ausschlag der Zunge verzüglich bedingt durch
                              									die Länge des Wagebalkens, das Gewicht der gesammten zu bewegenden Masse und durch
                              									die Lage des Schwerpunktes.
                           Wenn die drei Aufhängepunkte eines starren Wagebalkens die von der
                              									Theorie verlangte Lage in einer geraden Linie haben, so wird die Lage des
                              									Schwerpunktes durch Belastung der Wage in ganz bestimmter Weise verändert. Werden an
                              									den Seitenachsen des Balkens (Fig. 2), welcher 100g schwer ist, je 50g (zusammen 100g) gehängt, so wird der
                              									Gesammtschwerpunkt gerade in die Mitte zwischen S und
                              										m nach S' steigen.
                              									Dieses Höherrücken des Gesammtschwerpunktes bei Belastung der Wage ist aber wiederum
                              									ganz bestimmend für die Gröſse des Zungenausschlages. Konnte nämlich das
                              									Zulagegewicht den Schwerpunkt des Balkens allein bis S
                              									ablenken, so vermag es den das doppelte Gewicht darstellenden Punkt S' nur um die Hälfte und bei dreifachem Gesammtgewicht
                              									nur um den dritten Theil u.s.w. abzulenken. Weil aber der Abstand des Punktes S' von m ebenfalls nur die
                              									Hälfte, bezieh. den dritten Theil u.s.w. beträgt, so bleibt der Steigungswinkel oder
                              									der Zungenausschlag ungeändert.
                           Da die Balken der feinen Wagen so leicht und so zart gebaut werden, als nur mit der
                              									Haltbarkeit verträglich ist, so tritt bei starker Belastung eine vorübergehende
                              									Biegung des Balkens ein, durch welche die Achsen, wenn sie auch anfangs in einer
                              									Ebene lagen, diese so nöthige Lage einbüſsen. Die Lehrbücher bezeichnen diesen
                              									Umstand als den Grund, warum auch die best gefertigten Wagen bei steigender
                              									Belastung unempfindlicher werden.Vgl. Wüllner: Physik, Bd. 1 S. 86.
                              									Bei den Wagen mit constanter Empfindlichkeit wird schon von vorn herein auf diese
                              									Biegung Rücksicht genommen, falls eine solche überhaupt stattfinden sollte, und
                              									demnach die Seitenachsen um so viel höher gestellt, daſs die Schneiden erst bei
                              									höchst zulässiger Belastung – nicht bei mittlerer Belastung, wie von anderen
                              									Mechanikern irrig gemeint wird – in eine Ebene kommen.
                           Durch eine solche Höherstellung der Achsenschneiden wird nun bewirkt, daſs sich die
                              									drei Umstände, welche die Empfindlichkeit nach Maſs der gesteigerten Belastung
                              									verändern, nämlich: Verrückung des Schwerpunktes nach der Schwingungsachse zu, als
                              									die Empfindlichkeit erhöhend, und andererseits Vergröſserung der im Schwerpunkte
                              									repräsentirten Masse, sowie etwaige Biegung des Balkens, als die Empfindlichkeit
                              									herabsetzend, in allen Fällen, von geringster bis zur höchst zulässigen Belastung,
                              									von selbst genau ausgleichen.
                           Die Vortheile der constant empfindlichen Wagen sind augenfällig: Das Gewicht einer
                              									Substanz läſst sich mit ganz gleicher Genauigkeit bestimmen, mag sie in einem
                              									leichten Uhrglas oder in einem schweren Tiegel auf die Wagschale gebracht werden.
                              									Von ganz besonderem Werth ist ferner das schnelle und präcise Arbeiten mit einer
                              									solchen Wage. Es ist nämlich durch die constante Empfindlichkeit derselben die
                              									Möglichkeit geboten, die letzten kleinen Gewichtsdifferenzen bei einer Wägung direct und ohne
                              									weiteres durch den Ausschlag der Zunge zu bestimmen. Man braucht hierbei die Wage
                              									nicht erst zum Einspielen zu bringen, sondern es genügt, wenn sie überhaupt nur
                              									spielt, und nach Beobachtung des Zungenausschlages ist die Wägung beendigt.
                           Gesetzt, es sei bei einer Wage die constante Empfindlichkeit so
                              									festgestellt, daſs durch ein Gewicht von 1mg ein
                              									Ausschlag von 2,5° = 2mm,5 (demnach für 0mg,1 ein Ausschlag von 0,25°) bewirkt wird, und es
                              									betrug der Ausschlag bei einer Wägung 4,75° nach der Seite der Gewichtschale, so
                              									sind offenbar zu der Summe der aufliegenden Gewichte noch 4 ¾ × 4/10 = 19/10 = 1mg,9 zu addiren, denn um so viel ist das zu
                              									wägende Object schwerer. Von der Richtigkeit des Ausschlages kann man sich leicht
                              									überzeugen, indem man so viele kleine Gewichtsstücke noch zulegt, als durch die
                              									Beobachtung des Zungenausschlages bestimmt worden sind.Ueber den mathematischen Beweis für die Richtigkeit des Verfahrens, den
                                    											Ausschlag der Zunge zur Bestimmung der Differenz zweier Gewichte zu
                                    											benutzen, vergleiche Ritter: Mechanik, S.
                                    											203.
                           Zwischen Empfindlichkeit und Ausschlag der Zunge ist ein Unterschied zu machen: Es
                              									kann eine Wage, die für 1mg einen nur kleinen
                              									Ausschlag gibt, doch bedeutend empfindlicher sein als eine andere mit gröſserem
                              									Ausschlag, d.h., es kann im ersten Fall die Beweglichkeit oder die Fähigkeit, für
                              									die allerkleinsten Gewichtsdifferenzen andere Stellungen anzunehmen, wenn dieselben
                              									auch vielleicht nur mit besonderen Hilfsmitteln erkennbar sind, eine höhere sein.
                              									Die hierbei geltenden Umstände sind: Die Beschaffenheit der drei Achsenschneiden,
                              									deren Parallelismus und die Construction der Lager.
                           Soll eine Wage beispielsweise bei 100g Belastung noch Unterschiede von 0mg,1
                              									angeben, also eine relative Empfindlichkeit von 1 Milliontheil besitzen, so dürfen
                              									die Achsenschneiden nicht dicker sein als ein Milliontheil des Abstandes zweier
                              									Schneiden; beträgt letzterer 100mm, so ist die
                              									höchst zulässige Dicke der Schneiden 0,0001mm.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 238, S. 164
                              
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 238, S. 164
                              
                           Man muſs sich die Achsenschneiden, wie bei starker Vergröſserung zu ersehen ist, als
                              									oben abgerundet vorstellen, wie es in Fig. 3 und 4 ersichtlich ist. Bei Anwendung planförmiger Lager
                              									geschieht die Berührung nur in einer Linie, in den höchst stehenden Punkten der
                              									Achse (Fig. 3) und es wird die Reibung zwischen Achse
                              									und Pfanne beim Schwingen des Balkens – als eine wälzende – auf die geringste Gröſse
                              									vermindert, weshalb für eine hohe Empfindlichkeit die Planachsen am geeignetsten
                              									sind. Bei oben angeführtem Beispiel würden aber erfahrungsmäſsig noch sorgfältig
                              									gearbeitete Hohlpfannen ausreichen, bei denen allerdings die Berührung in einem
                              									Cylindermantel stattfinden und die Reibung eine gleitende sein wird. Es genügt hier
                              									auch, wenn im Ruhestand der Wage nur die Mittelachse von ihrem Lager abgehoben ist,
                              									während bei höheren Anforderungen auch die Seitenpfannen ausgelöst werden müssen, um die Wage
                              									möglichst zu conserviren.
                           Eine weitere Anforderung, die an eine gute Wage gestellt wird, ist das möglichst
                              									schnelle Schwingen derselben. Es sind hierbei von entschiedenem Einfluſs: die Länge
                              									des Balkens, das Gewicht und die Vertheilung der oscillirenden Masse sowie die Lage
                              									des Gesammtschwerpunktes. Die Wage bietet das Beispiel eines physischen Pendels,
                              									dessen Masse besonders nach der Seite hin weit vertheilt ist und dessen Schwerpunkt
                              									sehr nahe bei dem Aufhängepunkte liegt. Fällt der Schwerpunkt mit dem Aufhängepunkt
                              									zusammen, so ist der Wagebalken im indifferenten Gleichgewicht; eine Richtkraft ist
                              									nicht vorhanden. Die Richtkraft entsteht und wächst erst mit dem Auseinandergehen
                              									dieser beiden Punkte; je tiefer der Schwerpunkt liegt, desto schneller schwingt
                              									ersichtlich erweise die Wage, desto kleiner wird aber auch der Ausschlag für z.
                           Ein jeder Arm eines Wagebalkens besteht aus einer bestimmten Masse, welche beim
                              									Schwingen durch die Directionskraft in Bewegung gesetzt werden muſs.
                           Da bei jedem Balkenarm je nach der Länge desselben ein zugehöriger
                              									Schwerpunkt A oder A'
                              										(Fig. 5) gedacht werden kann, so mögen der
                              									Einfachheit halber diese den Einfluſs der richtenden Kraft vorstellen. In L und L', der
                              									Berührungsstelle der Seitenachsen und Lager, sind ebenfalls zwei bewegliche Punkte,
                              									welche das Gewicht der Schalen Vorrichtung vereinigen.
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 238, S. 165
                              
                           Je näher nun die Punkte A und L, bezieh. A' und L' zu dem Drehpunkte m
                              									stehen, desto kleiner werden die bogenförmigen Wege sein, welche dieselben bei einem
                              									gewissen Zungenausschlag zurückzulegen haben, desto schneller geht nach einfachem
                              									mechanischem Gesetz die Bewegung – die Oscillation – vor sich. Hierzu kommt noch
                              									eins: das Verhältniſs von mS zu mA' und mL' ist bei der Verkürzung des
                              									Balkens in gleichem Maſse ebenfalls günstiger geworden (hier ist wieder die
                              									Vorstellung der Wage als Winkelhebel am Platze) und es ergibt sich die Regel, daſs
                              									die Schwingungsdauer immer im quadratischen Verhältnisse zu der Balkenlänge
                              									steht.
                           Beträgt z.B. die Schwingungsdauer einer Wage mit langem Balken 36
                              									Secunden, so wird sie bei halb so langen Balken 36 : 2 × 2 = 9 Secunden, bei
                              									Verkürzung des Balkens auf den dritten Theil aber nur noch 36 : 3 × 3 = 4 Secunden
                              									betragen. Begünstigend tritt nun noch die zulässige Verringerung der Masse des
                              									Wagebalkens, also auch seines Gewichtes dazu, ohne daſs der Tragfähigkeit Abbruch
                              									geschieht, und die hiermit verbundene tiefere Lage des Schwerpunktes bei gleich
                              									verlangter Empfindlichkeit.
                           Es ist daher nicht allein ein möglichst geringes Gewicht des Balkens anzustreben,
                              									sondern auch vorzüglich der Schalen, Schalenbügel und Gehänge als der am
                              									entferntesten von m befindlichen, die gröſsten Bogen
                              									bei der Schwingung zu beschreibenden Theile.
                           Sind beispielsweise bei L 20g weniger in Bewegung zu setzen, so hat dies eine
                              									dreifach günstigere Wirkung, als wenn diese 20g in
                              										A aufgespart wären, wenn nämlich Am r= ⅓ Lm ist; leider hat
                              									der Einfluſs, den die Vertheilung der oscillirenden Masse auf die Schwingungsdauer
                              									besitzt, noch nicht die gehörige Berücksichtigung gefunden.
                           Da sich platinirte Schalen mit Bügeln aus Messingdraht (zu einer Wage mit 200g Tragfähigkeit) nicht viel leichter als je mit
                              										40g herstellen lassen, so wurden von Verbeek und Peckholdt Versuche mit Aluminiumbügeln und
                              									Schalen gemacht. Dieselben wogen bei ausreichender Festigkeit 10g für eine einseitige Belastung von 200g, so daſs die bei L
                              									und L' zu bewegende Masse zusammen um 2 × (40 – 10) =
                              										60g verringert wurde. Der Erfolg entsprach den
                              									Erwartungen vollständig. Wohl ist das Aluminium gegen chemische Einflüsse weniger
                              									beständige doch bei der sorgfältigen Behandlung einer analytischen Wage von Seite
                              									des Chemikers fällt dieser Umstand gar nicht in den Bereich der Beachtung.
                           Es dürfte nun nicht uninteressant sein, über die thatsächliche Lage des Schwerpunktes
                              									eine Betrachtung anzustellen.
                           Als Beispiel diene eine Wage für 200g, welche für 1mg einen Ausschlag von
                              										5mm gibt. Das Gewicht des Balkens ist etwa
                              										90g und das der beiden Schalen mit Bügeln und
                              									Gehängen ebenso viel; der Achsenabstand beträgt je 100mm, der Abstand der Zungenspitze von der Mittelachsenschneide 260mm. Wie in Fig. 1
                              									schematisch dargestellt wurde, muſs der Gesammtschwerpunkt durch 1mg nach 0g,001 ×
                              										100mm = (90g
                              									+ 90g) xmm um (100 × 0,001) : 180 = 1/1800mm zur Seite gerückt werden. Weil nun hierbei die
                              										260mm von der Mittelachse entfernte
                              									Zungenspitze um 5mm abgelenkt wird, so muſs nach
                              									der Proportion 5/2
                              									: 260 =1/1800 :
                              										x der Schwerpunkt (2 × 260) : (5 × 1800) = 0mm,0578 unter der Achsenschneide liegen, woraus
                              									die hohe Empfindlichkeit der feinen Wagen, die man schon bis auf ein
                              									Hundertmilliontel getrieben hat, erklärlich ist.
                           
                              
                              Fig. 6., Bd. 238, S. 166
                              
                           
                              
                              Fig. 7., Bd. 238, S. 166
                              
                           Offenbar muſs die Einstellung der Achsenschneiden mit peinlicher Genauigkeit
                              									geschehen und die Construction der Achsenbefestigung wird für die möglichst gröſste
                              									Annäherung an die mathematischen Forderungen maſsgebend sein. Die besten Resultate
                              									liefert die Einstellung der Seitenachsen mittels seitlich wirkender
                              									Mikrometerschrauben, welche Construction die genannten Mechaniker behufs Erzielung
                              									constanter Empfindlichkeit noch verbesserten, indem sie die Achsen durch von unten
                              									wirkende Schrauben auch bezüglich ihrer Höhenlage verstellbar machten. Fig. 6 stellt die verbesserte Seitenachsenbefestigung
                              									dar. Die Achse ruht auf den drei verticalen Schräubchen, gegen welche sie durch die
                              									horizontal liegenden, die seitliche Einstellung vermittelnden Schrauben festgehalten wird. Wie man
                              									sieht, kann der Schneide hierdurch eine jede beliebige Lage ertheilt werden und die
                              									Schwierigkeit liegt nur in den so kleinen Maſsunterschieden, auf welche es eben
                              									ankommt. Die richtige, zur constanten Empfindlichkeit nöthige Lage der
                              									Achsenschneiden wird durch ein eigenthümliches Verfahren auf empirischem Wege
                              									gesucht, weil die Festigkeit bezieh. Elasticität des Balkens, welche hierbei mit von
                              									Einfluſs ist, bei jedem einzelnen Object verschieden sein wird. Ein Fehler im
                              									Parallelismus der Achsenschneiden beeinträchtigt die Constantheit der Wage; dagegen
                              									ist eine Differenz in der Länge der Hebelarme weniger von Belang.
                           Zum Schluſs wollen wir noch der Reiterschiebervorrichtung an chemischen Wagen unsere
                              									Aufmerksamkeit zuwenden: Man pflegt die Reiter, selbst bei verhältniſsmäſsig
                              									längerem Wagebalken und bei geringerer Empfindlichkeit der Wage, fast ausnahmslos in
                              									dem Gewichte von 10mg herzustellen, obzwar
                              									dieselben bedeutend schwerer gemacht werden könnten. Es ist allerdings nothwendig,
                              									die Entfernung der Theilstriche am Balken im Verhältniſs zu dem gehörigen
                              									Zungenausschlag etwas gröſser zu lassen, weil man an der Scale viel genauer ablesen,
                              									als die Reiteraufsetzung bewerkstelligen kann; doch können diese Theilstriche
                              									immerhin viel näher beisammen stehen, als jetzt üblich ist, und dabei zweckmäſsig
                              									auch schwerere Reiter verwendet werden. Der besseren Sichtbarkeit wegen empfehlen
                              									sich Reiter von weiſsem Metall, also Platinreiter, wenn sie 50 oder 100mg schwer sein sollen; für feine Wagen dagegen
                              									Aluminiumreiter im Gewichte von 10mg und darunter.
                              										Fig. 8 zeigt die rechte Hälfte eines Balkens in
                              									halbe Zehntheile getheilt für die Ablenkung der Zunge um 5mm für 1mg und
                              										Fig. 9 einen 10mg-Reiter. Bei einer Ablenkung von nur 2 oder 2mm,5 für 1mg ist
                              									die Verwendung von 50mg-Reiter am Platze und der
                              									Balken erhält eine Theilung von 2 zu 2 bis 50.
                           
                              
                              Fig. 8., Bd. 238, S. 167
                              
                           
                              
                              Fig. 9., Bd. 238, S. 167
                              
                           In Fig. 7 ist eine solche
                              									Theilung ersichtlich; doch erstreckt sie sich hier ausnahmsweise, weil der Balken
                              									sehr kurz ist, über dessen ganze Länge mit Nullpunkt über der linken Seitenachse.
                              									Hängt der Reiter im Gewicht von 25mg bei Null, so spielt die Wage
                              									gerade ein, da die linke Balkenhälfte nämlich genau 25mg leichter als die rechte ist. Hängt der Reiter aber über der rechten
                              									Seitenachse bei 50, so ist diese Seite 50mg
                              									schwerer. Unter Anwendung der schweren Reiter von 50mg bezieh. 25mg und mit Benutzung des
                              									Zungenausschlages zur Bestimmung der kleinsten Gewichtsdifferenzen läſst sich
                              									ungemein rasch arbeiten und zwar mit einer Genauigkeit bis auf ⅛ oder 0mg,1, je nach Fixirung der Empfindlichkeit auf 2
                              									oder 2,5° Ausschlag für 1mg, einerlei ob die
                              									Schalen hoch oder nur sehr wenig belastet sind.
                           Was nun das Reiterlineal an diesen Wagen betrifft, so ist dasselbe nach Verbeek und Peckholdt's Meinung vollkommen entbehrlich.
                              									Allerdings wird das statische Moment eines auf der oberen Kante des Balkens
                              									hängenden Reiters bei Neigung des Balkens verändert (vgl. Fig. 8); eine genauere Betrachtung läſst jedoch erkennen, daſs diese
                              									Veränderung für alle Orte der Aufhängung bei derselben Neigung in gleichem Maſse und
                              									zwar im Verhältniſs des Sinus des Neigungswinkels erfolgt und also, da der Ausschlag
                              									nur gering ist, immer dem beschriebenen Bogen – der Gröſse des Ausschlages –
                              									proportional ist. Dieselbe ist bei Fixirung der Empfindlichkeit mit vorgesehen,
                              									darum unschädlich, so daſs hier eine besondere Beschwerung des Balkens mit
                              									Reiterlineal vermieden werden kann.
                           Damit die Wage möglichst conservirt bleibt, ist es vortheilhaft, wenn die Auslösung
                              									nicht plötzlich, sondern allmählich geschieht, so daſs die Mittelachse sanft zur
                              									Auflage auf ihre Lager kommt; das Arretiren kann hingegen schneller vor sich gehen.
                              									Es wird bei letzterem durch eine Drehung des Arretirungsknopfes der Balken erst
                              									horizontal gestellt, sodann mit der Mittelachse von deren Lager abgehoben, worauf
                              									sich je ein Pinsel mit der Spitze sanft an die unteren Flächen der Schalen anlegt,
                              									um etwaiges Schwanken derselben zu verhindern und dieselben zu beruhigen.
                           Sind auf den Seitenachsen Planpfannen, welche – nebenbei gesagt – wie die Mittellager
                              									aus Carneol gefertigt sind, so werden auch diese auſser Berührung mit den Achsen
                              									gebracht.