| Titel: | Ueber Erkennung und Bestimmung kleiner Mengen von Schwefelkohlenstoff. | 
| Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 243 | 
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                        Ueber Erkennung und Bestimmung kleiner Mengen von
                           								Schwefelkohlenstoff.
                        A. W. Hofmann's Bestimmung von Schwefelkohlenstoff.
                        
                     
                        
                           Ein aus Rufsland bezogenes Senföl enthielt erhebliche Mengen Schwefelkohlenstoff. Da
                              									behauptet wurde, russisches Senföl enthalte immer Schwefelkohlenstoff, weil es aus
                              									den Samen von Sinapis juncea hergestellt werde, während
                              									man in Deutschland Sinapis nigra verwendet, so prüfte
                              									A. W. Hofmann (Berichte der deutschen chemischen
                                       										Gesellschaft, 1880 S. 1732) ein aus Sinapis
                                 										juncea destillirtes Oel auf Schwefelkohlenstoff. Nach dem gewöhnlichen,
                              									noch neuerdings von E. Luck (Zeitschrift für analytische
                                 										Chemie, 1872 S. 410) empfohlenen Verfahren soll man den bei der
                              									Destillation der Probe zuerst übergehenden Theil mit absolutem Alkohol und
                              									alkoholischem Kali mischen, zum Sieden erhitzen, mit Essigsäure ansäuern und mit
                              									Kupfersulfat versetzen, worauf bei Gegenwart von Schwefelkohlenstoff gelbes
                              									Kupferxantogenat fällt. Auf diese Weise konnte jedoch in dem Senföl aus Sinapis juncea kein Schwefelkohlenstoff nachgewiesen
                              									werden. Als man aber 50g des Oeles im Wasserbade
                              									erwärmte und einen Luftstrom hindurchleitete, welcher dann durch alkoholisches Kali
                              									hindurchging, entstand nach wenigen Stunden auf Zusatz von Essigsäure und
                              									Kupfersulfat ein gelber Niederschlag. Das Oel enthielt demnach in der That geringe
                              									Mengen Schwefelkohlenstoff. Da sich der Niederschlag schon bei 100° zersetzt, so
                              									eignet er sich nicht zur quantitativen Bestimmung des Schwefelkohlenstoffes,
                              									wenngleich das letztere Verfahren so empfindlich ist, daſs man damit noch 0,25 Proc.
                              									Schwefelkohlenstoff im Senföl nachweisen kann.
                           Nach weiteren Versuchen Hofmann's gelingt nun die
                              									quantitative Bestimmung des Schwefelkohlenstoffes mittels Triäthylphosphins. Zu
                              									diesem Zweck wird die zu prüfende Flüssigkeit – in dem vorliegenden Falle das Senföl
                              									– in einer tubulirten Retorte im Wasserbade erhitzt. Die Retorte steht mit Kühler
                              									und Vorlage in Verbindung; an diese reihen sich drei weite Probirröhren, welche
                              									zunächst Natronlauge und – auf dieser schwimmend – eine ätherische Lösung von
                              									Triäthylphosphin enthalten. Nun wird ein Strom trockener Kohlensäure durch das
                              									erwärmte Senföl geleitet, welcher den ganzen Apparat durchströmt. Ist
                              									Schwefelkohlenstoff vorhanden, so färbt sich schon nach kurzer Frist die
                              									Triäthylphosphinlösung in dem der Vorlage nächsten Probirrohre rosenroth und bald
                              									erscheinen auch die schönen morgenrothen Prismen der Verbindung (C2H5)3PCS2. Man setzt nun
                              									den Versuch mehrere Stunden lang fort. Sollte sich die Röthung in dem dritten Rohre
                              									zeigen, so ist dies ein Zeichen, daſs das Triäthylphosphin in den vorhergehenden
                              									verbraucht ist; man muſs dann den Proceſs unterbrechen, um diese dritte Röhre direct
                              									mit der Vorlage zu verbinden und die beiden anderen von Neuem mit
                              									Triäthylphosphinlösung zu beschicken. Schlieſslich wird die ganze Menge der
                              									ausgeschiedenen Krystalle auf einem gewogenen Filter gesammelt, im Vacuum getrocknet
                              									und auf die Wage gebracht. 100 Theile dieses Niederschlages entsprechen 39,1 Th.
                              									Schwefelkohlenstoff.
                           Nach diesem Verfahren untersuchtes Senföl aus Sinapis
                                 										juncea enthielt 0,4 Proc., aus Sinapis nigra
                              									0,53 Proc., künstliches aus Jodallyl und Schwefelcyanammonium dargestelltes 0,32
                              									Proc. Schwefelkohlenstoff. Im künstlichen Senföl hatte bereits Mylius (Archiv der Pharmacie, Bd. 7 S. 207)
                              									Schwefelkohlenstoff aufgefunden. Wieviel Schwefelkohlenstoff aber in einem
                              									unverfälschten Senföl vorkommen kann, bedarf noch weiterer Untersuchungen.
                           Bezüglich der Bildung dieser Verunreinigung nimmt Hofmann an, daſs sich bei der Darstellung des Senföles unter dem Einflüsse
                              									des Wasserdampfes kleine
                              									Mengen in Allylamin oder Derivate desselben (Diallylsulfoharnstoff) auf der einen
                              									und Kohlensäure und Schwefelwasserstoff auf der anderen Seite zerlegen, welch
                              									letzterer alsdann die Bildung kleiner Mengen von Schwefelkohlenstoff veranlassen
                              									kann.