| Titel: | Die Photographie mit Bromsilber-Gelatine-Emulsion; von Dr. Josef Maria Eder. | 
| Autor: | Josef Maria Eder | 
| Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 245 | 
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                        Die Photographie mit
                           								Bromsilber-Gelatine-Emulsion; von Dr. Josef Maria Eder.
                        Eder, über die Photographie mit
                           								Bromsilber-Gelatine-Emulsion.
                        
                     
                        
                           Die Idee, eine lichtempfindliche Jod-, Brom- oder Chlorsilber-Emulsion zu erzeugen,
                              									welche ein sensibilisirendes Bad überflüssig macht, wurde bereits von Gaudin i. J. 1853 ausgesprochen.La Lumière vom 20. August 1853. Er
                              									machte Versuche mit Emulsionen in Collodion, Gelatine und Albumin, welche er i. J.
                              									1861 näher beschriebLa Lumière vom 15. April 1861.;
                              									jedoch hatte seine „Photogène“ genannte Collodion-Emulsion keinen praktischen Werth.
                              									Erst als von Russell i. J. 1862British Journal of Photography vom 15. November
                                    											1862. die alkalische Pyrogallus-Entwicklung der Trockenplatten
                              									entdeckt worden war, wurde das Verfahren mit Bromsilber-Emulsion lebensfähig.
                           Als brauchbares selbstständiges Verfahren tauchte das später so vielfach genannte
                              									Bromsilber-Emulsionsverfahren mit Collodion im September 1864 auf. Diese Methode der
                              										„Photographie ohne Silberbad“ wurde damals von Sayce entdeckt und später von ihm und Bolton
                              									genauer in der Photographic News beschrieben.Photographische Mittheilungen, 1864 Bd. 1 S.
                                    											100. 1865 Bd. 2 S. 61.
                           Trotz mannigfacher Verbesserungen konnte sich das Bromsilber-Collodion nie recht
                              									Eingang in die Praxis verschaffen. Wie man erst viel später erkannte, lag der Grund
                              									hauptsächlich in der Anwendung des Collodions als Bindemittel, in welchem das
                              									Bromsilber suspendirt ist. Von Bedeutung war es demnach, als R. L. Maddox i. J. 1871 den Vortheil entdeckte, welcher in dem Ersatz des
                              									Collodions durch Gelatine liegt, und am 8. September 1871 die erste Notiz über das
                              									Gelatine-Emulsionsverfahren veröffentlichte.British Journal of Photography, 1871 Bd. 18 S.
                                    											422.
                           Maddox's Verfahren war unvollkommen, weil er seine
                              									Bromsilber Gelatine-Emulsion mit überschüssigem Silbernitrat herstellte, wodurch die
                              									Negative schleierig werden und er das bei der Doppelzersetzung von Bromcadmium und
                              									Silbernitrat entstehende Cadmiumnitrat nicht durch Waschen entfernte. Auf die
                              									Notwendigkeit, beim Erzeugen von Bromsilber das lösliche Bromid vorherrschen zu
                              									lassen, wies zuerst Johnston hinBritish Journal of Photography, 1873 Bd. 20 S.
                                    											544. Freies Silbernitrat zersetzt sich mit Gelatine rasch, selbst bei
                                    											völligem Lichtausschluſs., während King das Auswaschen der Bromsilber-Gelatine-Emulsion mittels Wasser durch
                              									Dialyse einführte.British Journal of Photography, 1873 Bd. 20 S.
                                    											542.
                           Bis zum J. 1878 stellte man die Gelatine-Emulsion einfach in der Weise dar, daſs man
                              									in einer warmen wässerigen Gelatinelösung Bromkalium oder Bromammonium auflöste und
                              									dann bei rothem Lichte eine zur völligen Umsetzung des Bromides nicht hinreichende
                              									Menge von Silbernitratlösung zusetzte, wobei sich eine äuſserst fein zertheilte
                              									Emulsion bildet, aus welcher nach dem Erkalten und Erstarren durch Behandeln mit
                              									kaltem Wasser die löslichen Salze ausgewaschen wurden.Solche ältere Vorschriften sind im „British Journal Photographic Almanac for 1880“ S. 23
                                    											zusammengestellt; sie sind meist englischen Ursprunges. Eine
                              									derartige Gelatine-Emulsion gibt Trockenplatten, welche empfindlicher sind als alle
                              									anderen bis jetzt bekannten Collodion-Trockenplatten; die Empfindlichkeit nasser
                              									Collodionplatten aber wird dadurch nicht erreicht.
                           Erst durch Bennett's wichtige Beobachtung holte das
                              									Bromsilber-Gelatineverfahren das nasse Collodion nicht nur ein, sondern überflügelte
                              									sogar letzteres. Derselbe theilte nämlich am 29. März 1878 mit, daſs eine
                              									Gelatine-Emulsion durch eine andauernde Digestion bei 32° bedeutend an
                              									Empfindlichkeit gewinnt.British Journal of Photography, 1878 Bd. 25 S.
                                    											146. Photographische Correspondenz, 1878 und
                                    											1879. Da Bennett's Verfahren
                              									vortreffliche Resultate gibt und nach demselben viele Gelatine-Emulsion des Handels
                              									bereitet wird, soll es hier etwas näher beschrieben werden. Man löst 7g Bromammonium in 180cc destillirtem Wasser auf und setzt dann 20g feine Gelatine zu. Dann stellt man die Flasche in ein Wasserbad von 32°
                              									und bringt dadurch die Gelatine zur Auflösung. Andererseits löst man 11g Silbernitrat in 60cc warmen Wasser und setzt diese Lösung allmählich unter öfterem Schütteln
                              									zu der Gelatinelösung. Die letzten Reste des Silbernitrates werden mit 24cc Wasser nachgespült. Die Emulsion wird dann bei
                              									32° durch 12 Stunden bis 7 Tage digerirt; die Empfindlichkeit wächst mit der Dauer
                              									der Digestion. Man erhält auf diese Weise Emulsionen, welche 4 bis 10 mal
                              									empfindlicher als nasse Collodionplatten sind.
                           Nach meinen VersuchenSitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in
                                       												Wien, April 1880 Bd. 81. – Ausführlicher beschrieben in meiner
                                    											Monographie „Theorie und Praxis der Photographie mit
                                          												Bromsilber-Emulsion“ (Wien 1880) und zum Theile in der Photographischen Correspondenz, 1880 Bd. 16 S.
                                    											109 ff. ist es nicht zu empfehlen, die Digestion über 5 bis 6
                              									Tage auszudehnen, weil sonst leicht eine Zersetzung der Emulsion und Verschleierung
                              									der damit zugerichteten Platten eintritt. Für gewöhnlich ist eine 2 bis 3tägige
                              									Digestion die geeignetste. Digerirt man die Gelatine-Emulsion bei höherer Temperatur
                              									(60 bis 100°), so wird
                              									die Steigerung der Empfindlichkeit in einer kürzeren Zeit erreicht. Man kann nach
                              									einem 30 Minuten langen Sieden der Gelatine-Emulsion ungefähr dasselbe erhalten als
                              									nach dem 3tägigen Digeriren bei 32°. Da man hierbei an Zeit bedeutend gewinnt, so
                              									erfreut sich die Darstellung von Gelatine-Emulsion durch Sieden einer groſsen
                              									Beliebtheit. Mansfield wendete i. J. 1879 zuerst diese
                              									Methode anBritish Journal of Photography, 1879 Bd. 26 S.
                                    											403.; dieselbe wurde später von MonckhovenTraité général du Photographie, 1880 S.
                                       												396., AbneyAbney: The practical working of the gelatine
                                          													emulsion process, (London 1880) S. 20. u.a.
                              									näher beschrieben.
                           Van Monckhoven löst 10g Gelatine in 100cc Wasser auf, gieſst
                              									den zehnten Theil davon in eine Flasche ab und löst hierin 7g Bromammonium nebst 50cc Wasser auf. In diese auf 40° erwärmte Lösung
                              									wird tropfenweise eine Lösung von 11g Silbernitrat
                              									in 60cc kaltem Wasser zugesetzt. Hierauf wird die
                              									Flasche durch „einige Minuten“ in kochendes Wasser gestellt und dann der Rest
                              									der Gelatinelösung eingetragen; durch das Zurückhalten eines Theiles der Gelatine
                              									soll die Hauptmasse derselben einer schädlichen Veränderung durch das Kochen (z.B.
                              									Verlust des Erstarrungsvermögens) entzogen werden. Nach meiner Erfahrung ist die
                              									Digestion bei 100° am besten durch 15 bis 30 Minuten vorzunehmen, damit man nicht
                              									Gefahr laufe, das Bromsilber zu zersetzen (Verschleierung).
                           Monckhoven gebührt auch das Verdienst, zuerst im August
                              									1879 darauf hingewiesen zu haben, daſs die Steigerung der Empfindlichkeit der
                              									Bromsilber-Emulsion bei andauernder Digestion mit einer molecularen Aenderung des
                              									Bromsilbers verknüpft istBulletin de la Société française de
                                       												Photographie, 1879 Bd. 25 S. 204. Photographische Correspondenz, Bd. 16. S. 149., und
                              									daſs man es hier mit den verschiedenen Modifikationen des Bromsilbers zu thun habe,
                              									welche Stas schon i. J. 1874 genau beschrieben
                              										hatteAnnales de Chimie et Physique. 1874 Bd. 3 S. 94.
                                    												Photographische Mittheilungen, Bd. 16 S.
                                    											165., ohne einen Zusammenhang seiner Untersuchungen mit der
                              									Photographie zu ahnen.
                           Damals machte Monckhoven auch die belangreiche
                              									Entdeckung, daſs die Umwandlung des Bromsilbers in die empfindlichere Modification
                              									nicht nur durch andauerndes Erwärmen, sondern auch in kürzerer Zeit durch Zusatz von
                              									etwas Ammoniak zur Gelatine-Emulsion erzielt werden
                              									könne. Diese Methode fand neben vielen Freunden auch viele Gegner, weil nicht selten
                              									sowohl die Gelatine stark angegriffen (Verlust des Erstarrungsvermögens), als auch
                              									das Bromsilber zersetzt (Verschleierung beim Entwickeln) wurde. Monckhoven selbst gab die Ammoniak-Methode später auf
                              									und nahm die oben beschriebene (Erhitzen ohne Ammoniak auf 100°) an.
                           
                           Dennoch ist es nach den Untersuchungen von Tóth und mir
                              									leicht, in kurzer Zeit mittels Ammoniak empfindliche Emulsionen mit Sicherheit
                              									herzustellen, wenn man die von uns genau ermittelten Vorsichtsmaſsregeln (s. a. a.
                              									O.) einhält. Dieselben bestehen im Wesentlichen darin, daſs man eine (z.B. nach Bennett's Vorschrift hergestellte) Gelatine-Emulsion,
                              									anstatt sie in der Wärme zu digeriren, mit 1½ bis 2 Vol.-Proc. wässerigem Ammoniak
                              									(sp. G. 0,910) versetzt und dann bei einer 40° nicht übersteigenden Temperatur durch
                              									1 bis 2 Stunden digerirt.
                           Viel rascher noch gelingt die Umwandlung des Bromsilbers und die Erzeugung einer sehr
                              									empfindlichen Emulsion, wenn man zu der Bromid haltigen Gelatine eine ammoniakalische Silbernitratlösung hinzufügt. Die
                              									ersten Versuche in dieser Richtung habe ich bei Hrn. Hauptmann Pizzighelli im April 1880 gesehen. Durch meine eigenen
                              									Versuche ergänzt, gab ich im Juli 1880 eine Methode der Darstellung von
                              									Bromsilber-Gelatine mittels Silberoxyd-Ammoniak anWeitere Einzelnheiten über die bei diesen Methoden einzuhaltenden
                                    											Vorsichtsmaſsregeln siehe Theorie und Praxis der
                                       												Photographie mit Bromsilber-Emulsion, S. 62., welche in
                              									folgendem besteht: 24g reines BromkaliumIch habe mich für das Bromkalium entschieden (Photographische Correspondenz, 1880 Bd. 27 S. 82), weil es weder
                                    											Feuchtigkeit anzieht, noch mit der Zeit gelb wird, wie das Bromammonium. Das
                                    											Bromkalium zur Herstellung von Bromsilber-Gelatine soll nicht alkalisch,
                                    											sondern neutral sein. Auf meinen Vorschlag hin wird derartiges reines
                                    											Bromkalium eigens für diese Zwecke erzeugt und in den Handel
                                    										gebracht. werden in 300cc Wasser
                              									gelöst, 30 bis 45g Gelatine eingetragen und nach
                              									dem Aufquellen der letzteren im Wasserbade aufgelöst. Andererseits werden 30g Silbernitrat in 300cc Wasser gelöst und mit so viel Ammoniak versetzt, bis der entstandene
                              									Niederschlag sich wieder klar auflöst. Dann trägt man die Silberlösung allmählich in
                              									die ungefähr 35° warme Bromid-Gelatinelösung ein und spült den Rest der Silberlösung
                              									mit 50cc Wasser nach. Hierauf digerirt man die
                              									Emulsion bei 35° durch 15 bis 30 Minuten und bringt sie dann nach dem Erstarren zum
                              									Auswaschen.
                           Eine andere von mir zuerst angegebene Methode beruht auf der Beobachtung, daſs eine
                              									durch ungefähr ½ Stunde gekochte Gelatine-Emulsion, welche schon an und für sich
                              									sehr empfindlich geworden ist, an Lichtempfindlichkeit noch bedeutend gewinnt, wenn
                              									man sie nach dem Sieden noch mit Ammoniak digerirt. Man
                              									vermischt eine Lösung von 24g Bromkalium, 30 bis
                              										45g Gelatine in 300cc Wasser mit einer Lösung von 30g Silbernitrat in 300cc Wasser bei einer Temperatur von 60 bis 70° und digerirt die Emulsion
                              									nach dem Mischen bei 100° durch 20 bis 30 Minuten. Hierauf läſst man die Emulsion
                              									auf 35° abkühlen, setzt derselben 8cc Ammoniak zu
                              									und digerirt sie bei dieser Temperatur ½ Stunde lang. – Diese Methode liefert
                              									Emulsion von auſserordentlicher Empfindlichkeit, von noch gröſserer, als die mit
                              									ammoniakalischem Silbernitrat.
                           Um zu erkennen, ob bei einer dieser Methoden die Umwandlung des anfangs entstandenen
                              									weniger empfindlichen Bromsilbers in die empfindlichere Modifikation vor sich
                              									gegangen ist, genügt folgende einfache Probe. Man gieſse eine dünne Schicht der
                              									Emulsion auf eine Glasplatte und betrachte dieselbe beim Tageslichte. Enthält die
                              									Emulsion die empfindlichere Modifikation des Bromsilbers, so erscheint die Schicht
                              									bei auffallendem Lichte deutlich grün und läſst blaues oder grauviolettes Licht
                              									durchfallen. Die unempfindlichere Modifikation erscheint im auffallenden Lichte
                              									gelblichweiſs und im durchfallenden rothgelb. Zugleich wird beim andauernden
                              									Digeriren das Korn der Bromsilberpartikelchen etwas vergröſsert.Vergl. meine mikroskopischen Messungen, Photographische Correspondenz, 1880 Bd. 17. S. 30.
                              									Sobald die Emulsion genügend gereift ist, wird sie abgekühlt und nach dem Erstarren
                              									mittels eines Glasstabes oder durch Pressen durch ein groſsmaschiges Gewebe (wodurch
                              									Gelatinenudeln entstehen) zerkleinert und mindestens durch 12 Stunden in kaltem
                              									Wasser gewaschen. Dann läſst man die gewaschene Emulsion gut abtropfen, schmilzt sie
                              									durch Eintauchen in warmes Wasser und setzt ihr 5 bis 10 Procent einer alkoholischen
                              									Lösung von etwas Salicylsäure, Thymol oder Carbolsäure zu. Durch den Alkohol wird
                              									das Erstarren und Trocknen der Schicht beschleunigt und das Antisepticum conservirt
                              									die wässerige Gallerte. Da dieselbe aber in der warmen Jahreszeit dennoch einer
                              									allmählichen Zersetzung unterworfen ist, pflegt man die Emulsion in Form von
                              									Blättern zu gieſsen und zu trocknenZuerst von Kennelt vorgeschlagen im British Journal of Photography, 1874 Bd. 21 S.
                                    											291., in welcher Form die Gelatine-Emulsion unbegrenzt lange
                              									haltbar ist.
                           Die gut geputzten Glasplatten werden mit der im Wasserbade verflüssigten Emulsion
                              									überzogen, in horizontaler Lage zum Erstarren gebracht (die Zimmertemperatur soll
                              									nicht über 20° betragenNach Recht erstarrt eine 4procentige Lösung von
                                    											feinster Gelatine bei 15 bis 23°, im Mittel bei 20°. Der Schmelzpunkt liegt
                                    											um 8 bis 9° höher (vgl. Theorie und Praxis der
                                       												Photographie mit Bromsilber-Emulsionen, S. 32). und an
                              									der freien Luft oder in einem Trockenschranke bei mäſsiger Wärme getrocknet. Die
                              									Exposition beträgt je nach der Natur des Objectes und der Qualität der Platten ⅓ bis
                              										1/10 der für
                              									nasse Collodionplatten erforderlichen Zeit. Je trüber der Himmel, je schlechter das
                              									Licht ist, um so mehr tritt die höhere Empfindlichkeit der trockenen Gelatine im
                              									Vergleich mit den nassen Collodionplatten hervor. Bromsilber-Gelatine zeigt eine
                              									bedeutend gröſsere Empfindlichkeit für die grünen, gelben und rothen Strahlen des
                              									Spectrums als gewöhnliches Jodbrom-Collodion.Die Empfindlichkeit reicht bei lange digerirter Gelatine-Emulsion vom
                                    											Ultraviolett bis ins Ultraroth (vgl. Monckhoven,
                                       												Bulletin de l'Association Belge de Photographie, 1879 Bd. 6 S.
                                    											18).
                           Die Entwicklung der Gelatineplatten geschieht mit dem Eisenoxalat- oder
                              									Pyrogallus-Entwickler. Der erstere erfreut sich gegenwärtig einer groſsen
                              									Beliebtheit; der alkalische Pyrogallus-Entwickler wird namentlich mit einem geringen
                              									Glycerinzusatze häufig angewendet (vgl. 1880 235 376. 238 57).
                           Die Fixirung erfolgt in einer Lösung von unterschwefligsaurem Natron (1 : 5);
                              									Cyankalium würde die Gelatineschicht zu sehr angreifen. Erst nach dem Fixiren ist es
                              									möglich zu erkennen, ob das Negativ noch einer Verstärkung bedarf. Die bekannte
                              									Verstärkung mittels Silbernitrat und angesäuerter Pyrogalluslösung ist bei
                              									Gelatineplatten nicht mit Sicherheit anwendbar, so vortrefflich sie für
                              									Collodionplatten ist; die veränderliche Natur der Gelatine gibt allzu leicht die
                              									Veranlassung zu rothen Schleiern, welche das ganze Negativ bedecken. Man wendet mit
                              									Vorliebe die Quecksilber-Verstärkung an. Englands
                              										MethodePhotographic News, 1880 Bd. 24 S. 173 und
                                    											237. besteht darin, daſs das fixirte und gewaschene Negativ mit
                              									einer Lösung von 1 Th. Quecksilberchlorid und 1 Th. Chlorammonium in 20 Th. Wasser
                              									übergössen wird, wodurch das Negativ hellgrau wird, worauf es gewaschen und durch
                              									Uebergieſsen mit verdünntem Ammoniak geschwärzt wird. – Die Edwards'sche VerstärkungPhotographic News. 1879 Bd. 23 S. 514. Photographische Mittheilungen, 1880 Bd. 16 S.
                                    											240. erfordert nur die Anwendung einer einzigen Flüssigkeit und
                              									bringt den Vortheil mit sich, daſs die fixirten Negative nicht so sorgfältig vom
                              									unterschwefligsauren Natron befreit zu werden brauchen als bei der vorigen Methode.
                              									Man mischt eine Lösung von 4 Th. Quecksilberchlorid in 200 Th. Wasser mit einer
                              									Lösung von 12 Th. Jodkalium in 60 Th. Wasser und fügt zu dieser Flüssigkeit eine
                              									Lösung von 8 Th. unterschwefligsaures Natron in 60 Th. Wasser hinzu. Das damit
                              									übergossene Negativ kräftigt sich rasch und nimmt eine braunschwarze Farbe an. Die
                              									fertigen Negative werden gefirniſst (ähnlich wie Collodionnegative), weniger um sie
                              									gegen mechanische Verletzungen zu schützen, als um zu verhindern, daſs beim Copiren
                              									das Silbernitrat des Albuminpapieres in die Gelatineschicht gesaugt wird und diese
                              									bräunt.
                           Wegen der groſsen Empfindlichkeit der Bromsilber-Gelatineplatten muſs bei allen
                              									Operationen aktinisches Licht sorgfältig fern gehalten werden. Die beim nassen
                              									Collodion-Verfahren eingebürgerten gelben Scheiben genügen in diesem Falle nicht;
                              									man wendet allgemein dunkelrothe Gläser (Kupferoxydulglas) an.
                           
                           Um die Unannehmlichkeit, bei schwachem rothen Licht arbeiten zu müssen, zu
                              									beseitigen, schlug Abney vor, die Empfindlichkeit der
                              									Gelatine für das rothe Ende des Spectrums durch künstliche Zusätze zu vermindern; er
                              									erreicht dies durch einen Zusatz von ⅙ bis 1/24 Jodsilber zur Bromsilber-Emulsion.Photographic News, 1880 Bd. 24 S. 196. Photographische Correspondenz, 1880 Bd. 17 S.
                                    											85. Er empfiehlt 15 Th. Jodkalium, 120 Th. Bromammonium, 190 Th. Gelatine,
                                    											216 Th. Silbernitrat und 960 Th. Wasser. In der That ist die Jodbromsilber-Gelatine-Emulsion für gelbes und rothes
                              									Licht sehr wenig empfindlich und zwar um so weniger, je mehr Jodsilber sie enthält,
                              									und man kann in Folge dessen bei hellerem orangefarbigem Lichte operiren. Leider
                              									aber wird durch den Zusatz von Jodsilber auch die Empfindlichkeit gegen weiſses
                              									Licht herabgedrückt, was sich in der praktischen Photographie unangenehm bemerklich
                              									macht.
                           Die von einigen Seiten vorgeschlagenen Jodbromchlorsilber-EmulsionenBarker, Photographic News, 1880 Bd. 24 S.
                                       												285 u.a. muſs ich als unpraktische Gemische
                              									bezeichnen.
                           Die Anwendung des Bromsilber-Gelatine-Verfahrens
                              									erstreckt sich auf alle Zweige der Photographie. Bei Aufnahmen im Freien
                              									(Landschaften u. dgl.) hat dasselbe alle anderen Trockenverfahren verdrängt;
                              									Momentaufnahmen im wahrsten Sinne des Wortes sind nichts weniger als Seltenheiten
                              									mehr. Die Hauptschwierigkeit besteht nur darin, die richtige Expositionszeit zu
                              									treffen, weil Bruchtheile einer Secunde schon eine Ueberexposition zur Folge haben
                              										können.Es wäre von höchster Wichtigkeit, einen Momentverschluſs für die
                                    											photographischen Objective zu construiren, der die Abmessung der
                                    											Expositionszeit nach Bruchtheilen einer Secunde vorzunehmen gestattet; die
                                    											Lösung dieser Aufgabe wurde mehrfach versucht, ohne daſs bis heute ein
                                    											zufriedenstellendes Resultat erzielt worden wäre. Im Atelier zu
                              									Porträt-Aufnahmen aber werden Gelatineplatten nur ausnahmsweise verwendet; daselbst
                              									herrscht im Allgemeinen noch das altgewohnte und allbekannte nasse
                              									Collodionverfahren, hauptsächlich deshalb, weil das Entwickeln, Verstärken und
                              									Fixiren der Gelatineplatten bedeutend mehr Zeit in Anspruch nimmt als bei
                              									Collodionplatten.
                           Gelatine-Emulsion auf Papier wird nicht nur im negativen
                              									Proceſs an Stelle der schweren transportablen Glasplatten zu Landschaftsaufnahmen
                              									benutzt, sondern auch im positiven Copirproceſs. Exponirt tfian ein derartiges
                              									Papier unter einem Negativ 30 bis 60 Secunden dem Lichte einer Gasflamme und
                              									entwickelt das Bild dann mit Eisenoxalat, so erhält man schöne ausgearbeitete Copien
                              									von blauschwarzer Farbe. Morgan und Comp. in Greenwich
                              									behaupten, auf diese Weise bei Gaslicht in 5 Minuten 50 Abdrücke auf Papier machen
                              									zu können.Photographic News, 1880 Bd. 24 S.
                                    										318.
                           Durch die Vermehrung der Leuchtkraft des Gaslichtes wurde es möglich, mittels der
                              									Gelatineplatten sogar Porträte bei Gaslicht zu eräugen.
                              										Laws in Newcastle hat in seinem Atelier eine
                              									Wigham'sche Lampe
                              									(angeblich mit einer Leuchtkraft von 1250 Kerzen) aufgestellt, deren Helligkeit er
                              									durch einen Reflector vermehrt. Ein blauer Glasschirm schützt die Person vor der
                              									Hitze und dem allzu grellen Lichte; die Belichtung dauert nur 7 bis 12
                              										Secunden.Photographie News, 1880 Bd. 24 S.
                                    										338.
                           Schlieſslich führe ich noch einige Mittel an, um aus einer alten verdorbenen
                              									Gelatine-Emulsion das Silber wieder zu gewinnen. Man
                              									kocht dieselbe mit ⅓ bis ⅙ Vol. starker Natron- oder Kalilauge und etwas
                              									Stärkezucker durch kurze Zeit. Die Gelatine wird dünnflüssig und setzt das
                              									gröſstentheils zu Metall reducirte Bromsilber ab. Diese Methode gab ich im Februar
                              									1880 an.Photographische Notizen, 1880 Bd. 16 S.
                                    										41. Kurze Zeit darauf veröffentlichte AbneyThe practical working qf the gelatine emulsion
                                          													process, 1880 S. 77. eine ähnliche Vorschrift,
                              									ohne dabei den Traubenzucker zu verwenden. Auch durch Digestion mit Salzsäure oder
                              									Salpetersäure kann die Gelatine zerstört, das sedimentirte Bromsilber durch
                              									Decantiren getrennt und eingeschmolzen werden.
                           Literatur des Bromsilber-Gelatine-Verfahrens: Monckhoven: Sur le procédé au gélatino-bromure d'argent
                              									(Gand 1879). – Monckhoven: Du gélatino-bromure d'argent
                              									in seinem Traité général de photographie (Gand 1880);
                              									deutsche Ausgabe Anleitung zur Photographie mit
                                 										Bromsilber-Gelatine (Wien 1880). – Odagir: Le
                                 										procédé au gélatino-bromure (Paris 1877). – Chardon: Photographie par émulsion sensible. Bromure d'argent et gélatine
                              									(Paris 1880). – Abney: Emulsion processes in
                                 										Photography (London 1878). – Abney: The practical
                                 										working of the gelatine emulsion process (London 1880). – Burgess: The Argentic Gelatino-Bromide Worker's Guide
                              									(Greenwich 1880). – Eder: Theorie und Praxis der
                                 										Photographie mit Bromsilber-Emulsionen (Wien 1880).