| Titel: | Ueber die Unschädlichmachung saurer Gase. | 
| Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 337 | 
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                        Ueber die Unschädlichmachung saurer Gase.
                        Ueber die Unschädlichmachung saurer Gase.
                        
                     
                        
                           Im Anschluſs an die früheren Berichte über die Beschädigung der Pflanzen durch saure
                              									Gase (1876 220 87) und die Beseitigung des Hüttenrauches (1880 235 * 219) und der
                              									sauren Gase aus chemischen Fabriken (1880 236 54.* 131) sollen die neuesten hierher
                              									gehörenden Arbeiten besprochen werden.
                           J. Schröder hat in einem Vortrage auf der
                              									Naturforscherversammlung 1879 in Baden-Baden hervorgehoben, daſs namentlich die
                              									Schwefligsäure schädlich wirkt.
                           Läſst man irgend gröſsere Mengen schwefliger Säure oder Salzsäure
                              									in der Luft auf Pflanzen oder Pflanzentheile einwirken, so beobachtet man in der
                              									Regel schon nach sehr kurzer Zeit eine mehr oder weniger starke Zerstörung der
                              									Chlorophyllmassen. Bei Einwirkung von schwefliger Säure werden die Blätter von
                              									Laubhölzern gleichmäſsig auf der gesammten Fläche fahl. Bei Einwirkung von Salzsäure
                              									dagegen erscheinen die Ränder stets zuerst angegriffen; erst bei länger
                              									fortgesetzter Behandlung mit der Säure findet man, neben den zum Theil zierlich und
                              									regelmäſsig geränderten Blättern, auch solche, wo die Zerstörung der grünen Farbe
                              									sich weiter über die gesammte Fläche erstreckt. Diese dem Auge zuerst sichtbare
                              									Wirkung läſst sich auch durch das Spectroskop nachweisen. Bereitet man einen
                              									alkoholischen Auszug solcher Blätter, die eine Zeit lang in Säure haltiger Luft
                              									verweilten, und prüft diesen Auszug spectroskopisch, so findet man das
                              									Absorptionsspectrum des Säurechlorophyll deutlich hervortretend neben den Streifen
                              									des nativen Chlorophyll; es ist also ein Theil des letzteren in Säurechlorophyll
                              									umgewandelt worden.
                           Alle durch saure Gase beschädigten Pflanzen zeigen eine
                              									herabgesetzte Transpiration und zwar in um so höherem Grade, je gröſser die Menge
                              									der einwirkenden Säure, oder je länger die Säure mit den Blattorganen in Berührung
                              									war. Steht derartig angegriffenen Pflanzen ein Ueberschuſs von Wasser zu Gebote, so
                              									beobachtet man an den Blättern eine eigenthümliche Nervaturzeichnung, welche in
                              									Folge ungleichmäſsiger Wasservertheilung über die gesammte Blattfläche eintritt und
                              									recht anschaulich die Stockung der normalen Wassercirculation darstellt. Zu beiden
                              									Seiten der Nerven sind die Gewebe durchscheinend und mit Wasser überfüllt, während
                              									das Wasser von hier sich in die angrenzenden Gewebstheile nicht weiter verbreiten
                              									kann. Dauert dieser Zustand eine Zeit lang fort, so sieht man namentlich zu beiden
                              									Seiten der Hauptnerven Tröpfchen hervortreten. Bei Gegenwart von Licht, Wärme und
                              									Feuchtigkeit ist die Wirkung der schwefligen Säure am stärksten, viel geringer im
                              									Dunkeln und in trockener Luft.
                           Salzsäure und Schwefelsäure schaden viel weniger als äquivalente
                              									Mengen schwefliger Säure. Wenn somit die im Rauche enthaltene Schwefligsäure durch
                              									den Einfluſs von Luft und Feuchtigkeit vor der Berührung mit den Blattorganen der
                              									Pflanzen zum Theil zu Schwefelsäure oxydirt wird, so ist diese Umwandlung als für
                              									die Vegetation günstig zu bezeichnen.
                           Bei den Laubhölzern bemerkt man die stattgehabte Wirkung der
                              									schwefligen Säure zuerst dann, wenn man das Blatt gegen das Licht hält. Es finden
                              									sich in diesen ersten Stadien auf der Blattfläche zerstreut einzelne weniger
                              									durchscheinende Partien, die anfangs bald mehr, bald weniger scharf abgegrenzt sind.
                              									Auch wenn die Wirkung der Säure nun ganz eingestellt wird, machen sich die erwähnten
                              									undurchsichtigen Stellen bald dem Auge deutlicher bemerkbar, indem sie mehr und mehr
                              									vertrocknen und zuerst als mattgrüne Flecke auf dem Blatte hervortreten, um
                              									schlieſslich eine meist braune bis braunrothe Farbe anzunehmen, welche dann sehr
                              									lebhaft von dem umgebenden Grün absticht. Diese braunen Säureflecken sind
                              									unregelmäſsig über die Blattfläche zerstreut, immer sehr scharf umgrenzt und bei manchen
                              									Holzarten, wie bei Eiche und Rothbuche, noch von einem durchscheinenden, gelben,
                              									schmalen Rande umgeben. Bei Nadelhölzern bemerkt man zuerst ein mattes Grün an der
                              									Spitze der Nadel, dann ein Fahlwerden und endlich ist die Spitze intensiv braunroth
                              									gefärbt, dabei aber ganz scharf abgegrenzt gegen die grüne Basis ohne irgend einen
                              									Uebergang der Färbung.
                           Nach stattgehabter Einwirkung von Salzsäure erscheinen die Blätter
                              									dagegen sehr deutlich und vollständig gerändert. Tannenzweige werden aber ebenso
                              									rothspitzig durch Salzsäure wie durch Schwefligsäure.
                           Pflanzen, welche eine Zeit lang einer Luft ausgesetzt waren, die Schwefligsäure oder
                              									Salzsäure enthielt, zeigen bei der chemischen Untersuchung erheblich gesteigerten
                              									Gehalt an Schwefelsäure oder Chlor. Die Schwefligsäure wird von den Blattorganen
                              									selbst aus einer Luft aufgenommen, welche nur ein Millionstel enthält und in der
                              									Pflanze zu Schwefelsäure oxydirt. So enthielten z.B. die Nadeln einer Fichte, welche
                              									3 Monate lang einer solchen verdünnten Schwefligsäure ausgesetzt war, in 100 Th.
                              									Trockensubstanz 0,721, die einer gesunden Fichte nur 0,240 Th. Schwefelsäure.
                           Zur Ausführung der chemischen Untersuchung kann man die Schwefelsäure in einem
                              									Auszuge der Blattorgane bestimmen, oder die Gesammtmenge von Schwefel und Chlor in
                              									der Pflanzensubstanz feststellen. Will man diese Bestimmung ohne Verlust ausführen,
                              									so muſs man bei der Einäscherung Alkali zusetzen. Die gepulverten Blätter werden in
                              									einer groſsen Platinschale mit einer Lösung von kohlensaurem Natrium befeuchtet, auf
                              										30g Blätter 1 bis 3g Soda, und dann zur Trockne verdampft. Der
                              									Rückstand wird verkohlt, mit Wasser ausgezogen und die Kohle dann völlig verbrannt.
                              									Man vereinigt hierauf die Asche mit dem Extract, verdampft, scheidet die Kieselsäure
                              									ab und bestimmt in gewöhnlicher Weise die Schwefelsäure. Beim Einäschern von 30g trockenen und fein gemahlenen Fichtennadeln mit
                              									wechselnden Mengen von Soda wurden z.B. gefunden:
                           
                              
                                 Zur Einäscherunggenommen Na2CO3
                                 Erhalten BaSO4
                                 Darin SO3
                                 SO3 Proc.
                                    											dertrockenen Nadeln
                                 
                              
                                 0g
                                 0,2313
                                 0,079416
                                 0,2647
                                 
                              
                                   0,2
                                 0,3419
                                 0,117389
                                 0,3913
                                 
                              
                                   0,5
                                 0,3498
                                 0,120101
                                 0,4003
                                 
                              
                                   1,0
                                 0,3544
                                 0,121681
                                 0,4056
                                 
                              
                                   2,0
                                 0,3533
                                 0,121304
                                 0,4043
                                 
                              
                                   3,0
                                 0,3559
                                 0,122196
                                  0,4073.
                                 
                              
                           Zur Bestimmung des Chlorgehaltes äschert man ebenso 50g Substanz mit 3g Soda ein, behandelt
                              									die Asche mit verdünnter Salpetersäure, versetzt mit Ammoniak im Ueberschuſs und
                              									verdampft zur Trockne. Der Rückstand wird mit Wasser ausgezogen und das Chlor in
                              									bekannter Weise gewichtsanalytisch oder volumetrisch bestimmt.
                           Verschiedene Pflanzen nehmen aus einer Schwefligsäure haltigen Luft in gleichen
                              									Zeiten sehr verschiedene Mengen auf, Laubhölzer bei gleicher Blattfläche mehr als
                              									Nadelhölzer. Diese verschiedenen von den einzeln Pflanzenarten absorbirten Mengen
                              									stehen aber in keinem Verhältniſs zum Gesammtwiderstande der Pflanzen einer längeren Einwirkung der Gase
                              									gegenüber. Nadelhölzer nehmen z.B. weniger Säure auf, sind aber viel empfindlicher
                              									als sämmtliche Laubhölzer. Die Widerstandsfähigkeit einer Holzart ist vielmehr
                              									bedingt durch die derselben zukommende Reproductionsfähigkeit und durch die
                              									Empfindlichkeit der Blattorgane; ihrer groſsen Ausschlagsfähigkeit wegen übertrifft
                              									daher die Eiche alle anderen Laubhölzer an Widerstandsfähigkeit. Bei den
                              									Nadelhölzern kommt namentlich die längere Dauer der Blattorgane in Betracht, so daſs
                              									sich hier die schädlichen Wirkungen längere Zeit erhalten, während bei den
                              									Laubhölzern die Belaubung des einen Jahres nur indirect von der im vorhergehenden
                              									Jahre stattgehabten Schädigung beeinfluſst wird. Unter den einzelnen Nadelhölzern
                              									sind daher die ihre Nadeln am längsten erhaltenen Tannen widerstandsfähiger als die
                              									Kiefer. Landwirthschaftliche Pflanzen sind weniger empfindlich als Bäume. Unter den
                              									Laubhölzern steht die Eiche in der Widerstandsfähigkeit obenan; ihr sehr nahe stehen
                              									die Ahornarten und die Esche, dann folgen Erle, Pappel, Linde, ferner Birke und
                              									endlich die Rothbuche als das empfindlichste Laubholz. Unter den Nadelhölzern steht
                              									die Kiefer obenan, dann folgt die Fichte., während die Tanne am schnellsten
                              									abstirbt. Dieselbe Reihenfolge gilt im Wesentlichen auch für die Empfindlichkeit der
                              									Pflanzen gegen Salzsäure.
                           Die praktische Untersuchung hat sich somit zu stützen auf die äuſserlich erkennbaren
                              									Blattverletzungen, den Befund der chemischen Analyse und die bekannte verschiedene
                              									Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen saure Gase.
                           Bei der Beurtheilung der Blattverletzungen ist aber mit groſser Vorsicht zu
                              									verfahren, wie namentlich auch R. Hasenclever
                              									hervorhebt (vgl. Schluſs dieses Berichtes), da Pilze, Insekten und Frost ähnliche
                              									Erscheinungen bewirken können. Ränderungen der Blätter, welche genau so aussehen wie
                              									Salzsäurebeschädigungen, findet man bei manchen Holzarten im Herbste, wenn die
                              									Blätter normal abzusterben beginnen, auch im Sommer, wo viel Staub auf die Blätter
                              									geführt wird. Uebrigens werden auch durch andere flüchtigen Säuren, z.B.
                              									Salpetersäure, die Blätter ebenso gerändert wie durch Salzsäure und darf man daher
                              									die Ränderung durchaus nicht als eine specifische Salzsäure Wirkung auffassen. Durch
                              									Magerkeit des Bodens wird zuweilen bei Nadelhölzern, besonders bei Kiefern, ein
                              									Gelbwerden der Nadelspitzen bedingt, welches sehr lebhaft an die schwächeren Formen
                              									der Beschädigung durch saure Gase erinnert.
                           Zur Beurtheilung von Rauchschäden soll man daher eine zu späte Jahreszeit vermeiden
                              									und die normalen Veränderungen im Aussehen der Blätter genügend berücksichtigen.
                              									Ferner ist es ganz wesentlich, nicht nur das bei einer Schadenklage in Frage
                              									kommende Feld- oder Waldgrundstück ins Auge zu fassen, sondern den Charakter der gesammten Vegetation der
                              									betreffenden Oertlichkeit mit Rücksicht auf das Aussehen der Blattorgane einer
                              									näheren Prüfung zu unterwerfen. Haben Schädigungen durch schweflige Säure oder
                              									Salzsäure stattgefunden, so müssen alle sich vorfindenden Pflanzen diese Einwirkung
                              									zeigen, und zwar nach Maſsgabe der Empfindlichkeit ihrer Blätter und und der für die
                              									betreffenden Arten bekannten Gesammtresistenz. Letzteres Kriterium kann oft ganz
                              									entscheidend sein. Leiden z.B. in einer Gegend die Kiefern mehr als die Fichten,
                              									oder die Eichen mehr als die Rothbuchen, so kann man von vorn herein annehmen, daſs
                              									man es entweder gar nicht mit Raucheinflüssen zu thun hat, oder daſs doch wenigstens
                              									sehr wesentliche anderweitige schädigende Umstände mit in Betracht kommen, welche
                              									das normale Verhalten der einzelnen Pflanzenarten gegen saure Gase abzuändern im
                              									Stande sind. Dürftiges Aussehen eines Feldes oder schlechter Wuchs eines Waldes darf
                              									nie ohne weiteres als Beschädigung durch Rauch oder saure Gase angesehen werden; es
                              									ist stets zu verlangen, daſs auf den Blattorganen sich nachweisbare Säurewirkungen
                              									vorfinden.
                           Finden sich nun an den Pflanzen die besprochenen Merkmale, so hat die chemische
                              									Analyse die Beschädigung durch saure Gase nachzuweisen. Es ist im Tharander
                              									Laboratorium immer gelungen, in den Blattorganen solcher Pflanzen, welche
                              									nachweislich von Steinkohlenrauch oder Hüttenrauch getroffen waren, auffallend hohe
                              									Schwefelmengen nachzuweisen. So hat z.B. Stöckhardt
                              									gezeigt, daſs die eingegangenen und eingehenden Tannen und Fichten, welche dem
                              									Steinkohlenrauch im Plauenschen Grunde und dem Locomotivrauch an einigen besonders
                              									engen Stellen des Tharander Thales ausgesetzt waren, in ihren Nadeln 2 bis 3 mal so
                              									viel Schwefelsäure enthielten als gesunde Fichten und Tannen derselben Gegend, die
                              									dem Rauche nicht ausgesetzt gewesen waren. Man findet übrigens stets, selbst an
                              									solchen Orten, wo saure Gase in groſsen Mengen auf die Vegetation einwirken, neben
                              									den stärksten Beschädigungen scheinbar wenig oder gar nicht verletzte Pflanzen
                              									derselben Art. Es erklärt sich dieses Verhalten aus dem Umstände, daſs einzelne
                              									Individuen derselben Pflanzenart widerstandsfähiger sind als andere.
                           Ganz besondere Schwierigkeiten bei der Beurtheilung der analytisch gewonnenen
                              									Resultate bieten die normalen SchwankungenSckwankungen dar. Der Schwefelsäure- und Chlorgehalt völlig gesunder Pflanzen wechselt
                              									innerhalb ziemlich weiter Grenzen, und wir sind nur im Allgemeinen mit den Ursachen
                              									dieser Verschiedenheiten bekannt. Bietet man einer Pflanze von dem einen oder
                              									anderen Nährstoff einen Ueberschuſs, so nimmt sie auch verhältniſsmäſsig groſse
                              									Mengen auf; die Pflanze ist in dieser Beziehung also ganz besonders abhängig von
                              									ihrem jeweiligen Standorte. So enthielten z.B. die Blätter einer in Tharand in
                              									Wasserkultur erwachsenen Erle in der Trockensubstanz 0,75 Proc. Schwefelsäure, während eine im Boden
                              									erwachsene Erle nur 0,19 Proc. Schwefelsäure ergab, also ein Verhältniſs von 1 : 4,
                              									und dennoch waren beide Pflanzen gesund. Durch einen gewissen Gyps- oder
                              									Kochsalzgehalt des Bodens durch die Nähe von Gradirwerken u. dgl. können bei sonst
                              									gesunden Pflanzen sich leicht abnorm hohe Schwefelsäure- oder Chlorgehalte
                              									vorfinden, ohne daſs eine Einwirkung saurer Gase stattgefunden zu haben braucht.
                              									Nächst dem Boden übt auch das Klima und die Höhenlage des Standortes, sowie auch die
                              									Vegetationsperiode einen Einfluſs auf die chemische Zusammensetzung der Pflanzen
                              									aus.
                           Da wir alle diese Verhältnisse meist nur im Allgemeinen kennen, so muſs man denselben
                              									stets Rechnung tragen, wenn es sich darum handelt, gewisse Befunde als normal oder
                              									abnorm hinzustellen. Man wird daher die Pflanzen, welche man als normale
                              									Vergleichsobjecte herbeizieht, thunlichst unter denselben äuſseren Bedingungen
                              									auswählen, unter denen die verletzten Pflanzen erwachsen sind, namentlich aber nicht
                              									Pflanzen verschiedener Gegenden oder Pflanzentheile in verschiedenen
                              									Vegetationsperioden mit einander vergleichen.
                           Schröder bespricht ferner in den Landwirthschaftlichen Versuchsstationen, 1880 S. 392
                              									bis 419 die Hüttenrauchschäden in den Waldungen des Oberharzes. Im Innerstethal
                              									liegen die Clausthaler Silberhütte und die Lautenthaler Hütte, im Ockerthal die
                              									Altenauer Silberhütte. Die drei Hütten verarbeiten im Wesentlichen die Oberharzer
                              									Bleierze mit durchschnittlich 12,5 Proc. Schwefel; in Altenau werden auſserdem die
                              									Oberharzer Kupfererze mit 30 Proc. und amerikanische Erze mit etwa 10 Proc. Schwefel
                              									verschmolzen. In Clausthal und Lautenthal wendet man die Niederschlagsarbeit, in
                              									Altenau theilweise auch das Röstreductionsverfahren an. Die Clausthal er Hütte
                              									verarbeitet jährlich etwa 10000t Bleiglanzschlich,
                              									die Lautenthaler 2850t und in Altenau werden neben
                              										2200t Bleiglanz noch 400t Harzer Kupferkies und 1000t fremde Erze zu Gute gemacht. Da nur in
                              									Lautenthal und Altenau sich Schwefelsäurefabriken von geringem Umfange befinden –
                              									die Jahresproduction beider Hütten zusammen beträgt nicht mehr als 650t Säure von 50° B. – so gelangt fast der gesammte
                              									Schwefel, der mit den Erzen in die Hütten eingeführt wird, schlieſslich als
                              									schweflige Säure in die Luft. Man kann die Mengen der letzteren für Clausthal auf
                              									jährlich 2500t, für Lautenthal auf 650t und für Altenau auf 850t veranschlagen. Die bei der
                              									Niederschlagungsarbeit fallenden Steine werden auf Holzbetten in Haufen abgeröstet.
                              									Dadurch entwickelt sich die schweflige Säure auf der Thalsohle selbst und zwar in
                              									sehr concentrirter Form; der entwickelte Rauch kann aus dem Thale nicht heraus,
                              									sondern streicht bei jeder Windrichtung fast stets thalabwärts oder thalaufwärts, so
                              									daſs die bewaldeten Hänge unter allen Umständen von der schwefligen Säure getroffen
                              									werden. Die am Nordrande des Harzes liegenden drei Hütten, die zu Ocker, die
                              									Juliushütte bei Astfeld am Ausgang des Granethales und die Sophienhütte bei
                              									Langeisheim, welche die Erze des Rammeisberges bei Goslar verarbeiten, schicken noch
                              									mehr Schwefligsäure in die Luft als die Oberharzer Hütten; der Rauch wird aber meist
                              									nordwärts weggeführt und kommt daher bei den hier zu besprechenden Beschädigungen
                              									weniger in Betracht.
                           Auf einer mehrwöchentlichen Reise im Herbst 1878 mit dem Oberförster Reuſs wurde nun einerseits eine Karte der
                              									Hüttenrauchschäden entworfen, anderentheils wurden 150 Proben Fichtennadeln zur
                              									chemischen Untersuchung gesammelt. Nach diesen Untersuchungen findet sich um jede
                              									Hütte ein Blöſsengebiet, welches völlig verödet ist, oder nur wenige absterbende
                              									Bäume trägt, am gröſsten bei Clausthal, am kleinsten bei Altenau. An die Blöſsen
                              									schlieſsen sich die stärksten Bestandesbeschädigungen an, für welche die durch den
                              									Rauch veranlaſste Unterbrechung des Bestandesschlusses charakteristisch ist. Einige
                              									Bäume sind eingegangen oder haben den gröſsten Theil ihrer Benadelung verloren, die
                              									Nadeln sind häufig intensiv rothspitzig, stark miſsfarbig, die Rinde der Aeste
                              									schwarz und abblätternd. Die folgenden Beschädigungsgrade zeigen sich dem Auge
                              									ebenfalls in der krankhaften Färbung der Nadeln als unzweifelhafte Rauchwirkungen;
                              									doch ist hier der Beschluſs der Bestände noch nicht unterbrochen. Es folgt dann ein
                              									Gebiet mit ganz schwachen und theilweise fraglichen Schäden, welches allmählich in
                              									das unzweifelhaft unbeschädigte übergeht. Das Gebiet der Rauchschäden wird
                              									wesentlich bestimmt durch die Lage der beiden Thäler. Nur in der Umgebung der
                              									Clausthaler Hütten breitet sich der Rauch weiter aus über die Kuppen des
                              									Einersberges und Eichelnberges, sonst bewegt sich derselbe nur thalabwärts und
                              									thalaufwärts.
                           Durch die Untersuchung der Fichtennadelproben ergaben sich überall in gröſserer Nähe
                              									der Hütten die höchsten Schwefelsäuregehalte, so bei Lautenthal 1,041 Proc. und bei
                              									der Clausthaler Hütte 1,332 und 0,925 Proc., die kleinsten Gehalte an den nicht von
                              									Rauch berührten Punkten. Es gelingt um jede der drei Hütten herum alle Zahlen, die
                              									0,5 Proc. Schwefelsäure und darüber betragen, zusammenzufassen; die Linie, welche
                              									auf der entworfenen Karte diese Zahlen eingrenzt, umschlieſst das vom Rauch am
                              									stärksten berührte Gebiet, mit einem mittleren Schwefelsäuregehalt der Nadeln von
                              									0,691 Proc. Kein einziger der hierher fallenden 45 Probepunkte ergibt weniger als
                              									0,5 Proc., und es findet sich, worauf ganz besonders hinzuweisen ist, auſserhalb
                              									dieser Region nicht eine einzige Stelle, an welcher der Schwefelsäuregehalt der
                              									Fichtennadeln die Zahl 0,5 Proc. erreichte, trotzdem daſs auſserdem noch etwa 100
                              									Punkte untersucht wurden. Der Schwefelsäuregehalt des zweiten Gebietes schwankt
                              									zwischen 0,3 bis 0,5 Proc. und fand sich auſserhalb desselben kein Punkt, wo die
                              									Schwefelsäure bis auf 0,3 Proc. stieg. Der mittlere Schwefelsäuregehalt der nächsten
                              									Zone betrug 0,25 Proc.,
                              									während kleinere Gehalte als 0,21 Proc. nur an Punkten gefunden wurden, welche von
                              									vorn herein als vom Rauch verschont erkannt waren, so daſs deren mittlerer
                              									Schwefelsäuregehalt von 0,162 Proc. als normale Menge für die Fichtennadeln des
                              									Oberharzes angesehen werden muſs. Folgende Tabelle gibt die mittleren Resultate für
                              									die einzelnen Gegenden:
                           
                              
                                 
                                 ZahlderPunkte
                                 SO3
                                 Roh-asche
                                 SO3,Asche= 100
                                 
                              
                                 % der Trocken-susbtanz
                                 
                              
                                 Nächste Nähe der Hütten0,500 Proc. und
                                    											drüber
                                 ClausthalLautenthalAltenauUnterharz
                                 25 8 9 3
                                 0,6900,6950,7060,647
                                 3,814,364,264,57
                                 18,1115,9416,5814,16
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 ––––
                                 ––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 Mittel
                                 45
                                 0,691
                                 4,05
                                 17,06
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 ––––
                                 ––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 0,300 bis 0,500 Proc.
                                 Clausthal u. LautenthalAltenauUnterharz
                                 15 810
                                 0,3810,4180,389
                                 3,333,554,31
                                 11,4411,779,23
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 ––––
                                 ––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 Mittel
                                 33
                                 0,392
                                 3,68
                                 10,65
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 ––––
                                 ––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 0,210 bis 0,300 Proc.
                                 Clausthal u. LautenthalAltenauUnterharz
                                 14 8 6
                                 0,2650,2370,230
                                 3,162,993,84
                                 8,397,925,99
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 ––––
                                 ––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 Mittel
                                 28
                                 0,250
                                 3,26
                                 7,67
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 ––––
                                 ––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 Unter 0,210 Proc.
                                 Mittel für d. gesammtevom Rauche
                                    											unberührteGebiet
                                 41
                                 0,162
                                 2,96
                                 5,47
                                 
                              
                           Wenngleich die Resultate der Untersuchung des Waldbestandes durch den Augenschein und
                              									der chemischen Analyse der Nadeln übereinstimmen, so fand man doch auch, namentlich
                              									in den schwächer betroffenen Zonen, neben kranken Beständen auch noch völlig
                              									gesunde, trotzdem die Nadeln abnorme Schwefelsäuregehalte zeigten. Bei gleicher
                              									Menge des giftigen Gases treten die schädlichen Folgen nicht bei allen Pflanzen
                              									gleich rasch hervor. Die chemische Analyse kann demnach wohl das Gebiet bestimmen,
                              									in welchem die Rauchschäden überhaupt vorkommen, nicht aber den augenblicklichen
                              									Thatbestand des verursachten Schadens seiner Flächenausdehnung nach feststellen.
                              									Letzteres muſs immer geschehen auf Grund einer Beurtheilung nach den äuſserlich
                              									sichtbaren Verletzungen; die Grenze, innerhalb welcher eine solche Untersuchung
                              									vorzunehmen ist, wird aber durch die chemische Analyse sicher gegeben.
                           Nach erfolgter Feststellung eines durch Rauch verursachten Schadens hegt es dem
                              									Sachverständigen ob, die Gröſse dieses Schadens, d.h. den Ausfall der Production an
                              									Feldfrüchten oder Holz näher zu bestimmen. Dies ist gewiſs der schwierigste Theil
                              									eines Gutachtens und man wird dabei zunächst wohl immer auf Schätzungen angewiesen
                              									sein. Bei Waldschäden hat man es versucht, auf Grund forstmathematischer
                              									Berechnungen aus der Zuwachsgröſse der erkrankten Bäume die verminderte Holzproduction
                              									genauer zu bestimmen. Wie sehr aber der Zuwachs selbst unter normalen Verhältnissen
                              									schwankt, zeigten zwei von Schröder vorgelegte
                              									Scheiben, die zweien Modellstämmen 60jähriger Fichtenbestände erster und dritter
                              									Bonität entnommen sind und beide von Glimmerschieferboden herstammen. Der
                              									Durchmesser beider Scheiben verhält sich wie 3 zu 2, und obgleich die betreffenden
                              									Bestände beide völlig gesund sind, haben wir im ersteren Falle einen Zuwachs von
                              									14,8 Festmeter für 1ha, im letzteren Falle nur 8,5
                              									Festmeter.
                           
                              
                                 (Schluſs folgt.)