| Titel: | Ueber afrikanische Oelsamen; von Dr. J. Moeller. | 
| Autor: | J. Moeller | 
| Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 493 | 
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                        Ueber afrikanische Oelsamen; von Dr. J.
                              								Moeller.
                        Mit Abbildungen.
                        (Schluſs der Abhandlung von S. 430 dieses
                           								Bandes.)
                        J. Moeller, über afrikanische Oelsamen.
                        
                     
                        
                           Chrysobalanus Icaco L. Es liegen mir Früchte von den
                              									beiden letzten Weltausstellungen (1873 und 1878) vor, die vollkommen übereinstimmen.
                              									Es sind 2cm,5 lange, 2cm dicke, ungestielte, etwa eiförmige Steinbeeren, deren Fruchtfleisch zu
                              									einer schmutziggelben oder braunen Haut geschrumpft ist, so daſs nicht nur die
                              									meridional verlaufenden Hauptnerven, sondern auch häufig die secundären und
                              									tertiären Verzweigungen kräftig hervortreten (Fig. 1
                              									in natürlicher Gröſse). In diesem getrockneten Zustande bildet das Fruchtfleisch
                              									einen häutigen Ueberzug über die etwas über Millimeter dicke Steinschale, die
                              									ihrerseits wieder innen von einer zarten korkfarbigen Membran ausgekleidet ist. Der
                              									Samen ist frei von Eiweiſs und besteht aus zwei dem Samengehäuse anliegenden,
                              									gekrümmten, concav-convexen Keimlappen, die zwischen sich eine unregelmäſsig
                              									gestaltete Höhle und einen sehr kleinen Embryo einschlieſsen. Die Keimlappen sind 3
                              									bis 4mm dick, besitzen eine derbfleischige
                              									Consistenz und schön röthlichbraune Farbe. Das durchschnittliche Gewicht der Früchte
                              									beträgt 3g, das der Keimlappen 1g,7.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 238, S. 493
                              
                           Die Fruchthaut besteht aus einem lockeren Parenchym rundlicher,
                              									braun gefärbter Zellen, zwischen denen kleine Steinzellengruppen zerstreut sind. Die
                              									gelbe Steinschale enthält ausschlieſslich Sklerenchymfasern, deren Bündel sich in
                              									verschiedener Richtung durchkreuzen. Die Fasern sind kurz (selten über 0mm,3 meist 0mm,012 breit, sehr stark verdickt und von zahlreichen Porenkanälen durchzogen.
                              									Sie sind selten geradläufig, meist gekrümmt, knorrig, gegabelt. Reihen gleichsinnig
                              									verlaufender Fasern sind zu plattenartigen Gruppen vereinigt, welche sehr
                              									unregelmäſsig über einander gelagert sind. Auſsen ist die Steinschale höckerig,
                              									innen glatt und die innerste Zellenschicht ist longitudinal geordnet. Die innere
                              									Samenhaut, welche einen korkartig mattbraunen, schülferigen Ueberzug über die
                              									Keimlappen bildet, besteht aus einem Gewirr von Spiroiden, in deren dichtem Netz das
                              									parenchymatöse Grundgewebe fast verschwindet.
                           Das Gewebe der Keimlappen, ein polyedrisches, dünnwandiges,
                              									grobporiges Parenchym, ist, unter Wasser gesehen (vgl. Fig.
                                 										2 Durchschnitt), erfüllt von zum gröſsten Theile farbloser, glasiger,
                              									durchscheinender Masse, in welcher undeutlich kleine, rundliche oder ellipsoide
                              									Körner erkannt werden. In einigen ordnungslos zerstreuten Zellen ist nur ein
                              									Wandbeleg der glasigen Masse, in braunen Farbstoff getränkt, zu sehen. Der letztere
                              									löst sich in heiſsem Wasser vollständig und erweist sich hauptsächlich als
                              									Gerbstoff. Die farblose, durchscheinende Substanz widersteht allen Lösungsmitteln
                              									mit Ausnahme der kochenden Kalilauge. Sie wird durch Jod gelb gefärbt und nimmt
                              									Farbstoffe auf. In Terpentin wird sie scheinbar gelöst; doch überzeugt man sich
                              									durch Extraction und nachherige Anwendung von Färbemitteln von ihrem Vorhandensein.
                              									Durch Alkohol, ätherische Oele wird sie nur vollkommen durchsichtig, indem die in
                              									ihr gebetteten Fettkügelchen in Lösung gehen. Dabei treten jetzt erst unregelmäſsig
                              									gestaltete, sehr kleine und gröſsere, citronengelb gefärbte Klümpchen von
                              									Proteinsubstanzen auf, die früher nur durch intensivere Färbung in Jod,
                              									Chlorzinkjod, Anilin u.a. aufgefallen, aber nicht deutlich zu unterscheiden waren.
                              									In heiſser Kalilauge wird, wie schon bemerkt, die farblose Grundsubstanz gelöst, die
                              									Fettkügelchen widerstehen der Kalilauge länger und schlieſslich verwandelt sich der
                              									ganze Zellinhalt in eine krümelige Seife, welche durch Chlorzinkjod schön gelb
                              									gefärbt wird.
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 238, S. 494
                              
                           Der Cocospflaumenbaum wächst auf den Antillen, am Gabon und am Senegal. Hier führt er
                              									auch den Namen Ouaraye neben N'Pendo. Er ist den Amygdaleen verwandt; die
                              									wie Pflaumen groſsen Früchte werden gegessen, aus den Mandeln bereitet man eine
                              									Emulsion gegen Dysenterie, das Oel derselben ist besonders zur Bereitung von Salben
                              										geschätzt.Vgl. Merat und Lens:
                                       												Dictionnaire universel, Bd. 2 S. 272. Als verwandle
                              									Arten von Sierra Leone werden Chrysobalanus ellipticus Smeathm. und Ch.
                                 										luteus Smeathm. angeführt.
                           Irvingia Barteri Hook. (Simarubaceae). Die Samen sind breit elliptisch, von der Gröſse eines
                              									Taubeneies, mit einem dichten Filz blonder, grober Haare bedeckt. Am Grunde, mehr
                              									noch am Scheitel sind die Haare bedeutend länger, bilden einen breiten Schopf,
                              									wodurch der Gesammtumriſs der Samen gerundet viereckig wird. Gegen die Mitte der
                              									vorderen und der Rückenseite erhebt sich die Samenschale zu einer stumpfen
                              									Längskante (Fig. 3 in natürlicher Gröſse). Das
                              									Gewicht eines Samens beträgt 6g, wovon die Hälfte
                              									auf den Kern entfällt. Die Samenschale ist 3mm
                              									dick, ungemein zähe und knochenhart, an den Bruchflächen grobsplitterig, an der
                              									Innenfläche glatt, glänzend, hellgelb. Der mit brauner, schülferiger Samenhaut
                              									bekleidete Kern ist in Form und Farbe einer groſsen Mandel ähnlich. Er besteht, wie
                              									diese, aus zwei planconvexen Keimblättern, die aber das Knöspchen so umschlieſsen,
                              									daſs auſsen die Lage desselben nur durch eine leichte Einkerbung angezeigt wird. Der
                              									rein weiſse Kern ist härter als der Mandelkern.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 238, S. 494
                              
                           
                           Die Samenschale zählt zu den härtesten Gebilden des
                              									Pflanzenreiches. Sie besteht ausschlieſslich aus Sklerenchym, welches zu Bündeln
                              									vereinigt in mannigfaltigen Krümmungen unter einander verschlungen ist. Die
                              									Einzelzellen haben sehr verschiedene Gestalt und Gröſse, mitunter unregelmäſsig
                              									isodiametrisch, häufiger bastfaserähnlich und in diesem Falle verbogen, zackig, mit
                              									knorrigen und gabeligen Enden. Sie sind verhältniſsmäſsig wenig (0mm,003) verdickt; die ungewöhnliche Dichte des
                              									Gewebes rührt daher, daſs auch die Breite der Zellen meist gering (0,006 bis 0mm,01) ist, so daſs das Lumen der Fasern sehr
                              									enge, an vielen Stellen gänzlich geschwunden ist. Ueberdies sind die Membranen stark
                              									verholzt, unter Wasser beinahe farblos; ihre Porenkanäle sind breit und
                              									zahlreich.
                           An der Auſsenseite der Samen treten die Faserenden frei zu Tage,
                              									einzeln wie auch zu Bündeln vereinigt. Die letzteren bilden den bereits angeführten
                              									haarigen Ueberzug der Samen, welcher demnach kein Abkömmling der Oberhaut ist. Man
                              									kann mitunter an Schnitten die Faserbündel im Samengewebe verfolgen, bis sie an die
                              									Oberfläche treten und dann als haarähnliche Gebilde noch einige Millimeter weit sich
                              									erstrecken. Aber wenn man auch ihren Ursprung nicht verfolgen könnte, würde man doch
                              									an anderen Merkmalen erkennen, daſs man es nicht mit Haaren im morphologischen
                              									Sinne, sondern mit Protuberanzen des Grundgewebes zu thun hat. Die verschieden (bis
                              									etwa 0mm,05) breiten Faserbündel (Fig. 4) weichen an manchen Stellen aus einander, und
                              									umschlieſsen einen ellipsoiden Raum, durch den ein anderes Faserbündel sich
                              									durchschlingt, ähnlich wie die Markstrahlen auf Tangentenschnitten des Holzes.
                              									Ferner sind die Faserbündel begleitet von Krystallkammerfasern und parenchymatischen
                              									Gewebsresten, offenbar den Bestandtheilen des Fruchtfleisches, das im frischen
                              									Zustande mit den Protuberanzen der Samenschale wohl innig verwachsen sein mag.
                              									Besonders reichlich findet man parenchymatische Gewebsreste an den Faserenden, deren
                              									mehrere auch mit einander verklebt sind und dadurch für das unbewaffnete Auge einige
                              									Aehnlichkeit mit Drüsenhaaren erhalten.
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 238, S. 495
                              
                           Die Innenseite der Samenschale erhält ihre Glätte nicht durch eine
                              									Membran, sondern durch die dichte Schichtung desselben Sklerenchyms, aus welchem die
                              									ganze Samenschale besteht. Die innere Samenhaut – ein lockeres, kleinzelliges, braun
                              									gefärbtes, von zahlreichen Gefäſsbündeln durchzogenes Parenchym – haftet fest an dem
                              									Samenkern.
                           Das Gewebe der Cotyledonen besteht aus sehr zarten, unregelmäſsig
                              									polyedrischen Zellen, die je einen groſsen, farblosen, scholligen Klumpen enthalten.
                              									Dieser wird durch Alkohol in der Wärme und durch Terpentin vollständig gelöst und
                              									dann bemerkt man als zweiten Inhaltstoff Proteïnkörner einzeln und zu gröſseren
                              									traubigen Körpern vereinigt. Auch unter fettem Oel sind die Eiweiſskörper gut
                              									sichtbar. In ziemlich regelloser, hier und da der Oberfläche paralleler Anordnung
                              									wird das kleinzellige Gewebe der Keimlappen unterbrochen durch groſse kreisrunde
                              									oder elliptische Räume, die keine eigenen Wände besitzen und um welche herum das
                              									Parenchym auch keine angepaſste Gruppirung zeigt; sie scheinen durch Zerreiſsung des
                              									Parenchyms entstanden. Ihr Inhalt ist verschieden von dem der übrigen Zellen. Er
                              									bildet einen homogenen, glasigen Wandbeleg, der keine Aleuronkorner einschlieſst,
                              									sich übrigens den Lösungsmitteln gegenüber wie Fett verhält.
                           
                           Von dem Fette der Irvingia, der Dika, welche die Eingeborenen am Gabon in groſser Menge mit ihren
                              									gekochten Bananen verzehren, wurde bereits in der Einleitung (S. 252 d. Bd.) das
                              									wesentlich Bekannte mitgetheilt. Die dem französischen Kataloge entnommene Analyse
                              									weist 10 Proc. Stärke aus, während die Keimlappen, dem mikroskopischen Befunde nach,
                              									ganz frei von Stärke sind. Da über das der Analyse zu Grunde gelegte Material jede
                              									Angabe fehlt, so kann als Ursache dieses mit meinem Befunde nicht zu vereinigenden
                              									Vorkommens von Stärke eine bereits stattgehabte Vermischung des Fettes mit Mehl
                              									vermuthet werden und die Angabe, daſs unter Dika nicht
                              									das Fett, sondern ein aus demselben bereitetes chocoladeartiges Präparat verstanden
                              									werde, erhält eine wesentliche Stütze. Die von OndemansOndemans: Scheik Onderz. III. deel, 1. stuk,
                                       												72. untersuchten von Mangifera
                                 										gabonensis abgeleiteten Dikabrode von
                              									cylindrischer Form waren etwa 7 Pfund schwer und enthielten 79 bis 80 Proc. eines
                              									bei 30° schmelzenden, der Cacaobutter ähnlichen Fettes. CloëzBulletin de la Société chimique, Bd. 3 S. 41
                                       												und 50. fand in den Dikasamen 59,55 Proc.
                           J. WiesnerJ. Wiesner: Rohstoffe des Pflanzenreiches,
                                       												(Leipzig 1873) S. 204. sah das Dikafett unter dem Mikroskope aus einem Haufwerk dicker, prismatischer,
                              									stark corrodirter Krystalle bestehend. Ich besitze kein regelrecht bereitetes
                              									Dikafett; finde aber die schollige Inhaltsmasse der Zellen unter Wasser und Oel nur
                              									undeutlich krystallinisch, ebenso den pulverigen Rückstand des alkoholischen
                              									Extractes. Beide leuchten zwischen den gekreuzten Nicols.
                           Die Früchte der Irvingia sind genieſsbar und werden von
                              									den Engländern „Wild Mango“ genannt. Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, daſs
                              									die neue Gattung Irvingia, welche einmal zu den Simarubaceen, das andere Mal zu den Burseraceen gestellt wird, identisch sei mit Mangifera gabonensis Aubry Lee. (Anacardiaceen), welche gleichfalls Iba oder
                              										Oba heiſst, und von dessen mandelartigen Kernen
                              									(ebenfalls Dika genannt) das gleiche berichtet
                              										wird.Rosenthal: Synopsis plantarum diaphoricarum, S.
                                    											854.
                           Den Gegenstand dieser Abhandlung bilden nur die bisher gar nicht oder doch in sehr
                              									unvollkommener Weise, kaum mehr als dem Namen nach bekannten Oelsamen eines sehr
                              									beschränkten territorialen Gebietes. Von den in der Einleitung angeführten Samen ist
                              									überdies Telfairia pedata von WittmackSitzungsberichte der Gesellschaft
                                          													naturforschender Freunde in Berlin, 1876.
                              									beschrieben worden. Die übrigen habe ich bisher in authentischen Proben nicht
                              									erlangen können. Ihre Bekanntmachung muſs einer späteren Mittheilung, welche auch
                              									die Oelsamen benachbarter Gebiete umfassen soll, vorbehalten bleiben. Bekanntlich
                              									liefert die Westküste von Afrika fast ausschlieſslich den Bedarf an Palmkernen und
                              									Cocosnüssen für die deutschen Fabriken. Auch andere Oelsamen werden in ansehnlicher Menge
                              									producirt, wie Erdnüsse (am Senegal jährlich 30 Millionen Kilogramm), Ricinus, Sesam
                              									u.a. Wer weiſs, ob nicht unter den namenlosen Findlingen, welche als Kuriositäten
                              									aus den Schiffsladungen ausgelesen werden, mancher Kern steckt, der eine Zukunft,
                              									besitzt? Für jetzt haben meine Mittheilungen für die Industrie freilich einen sehr
                              									bescheidenen Werth, kaum einen höheren, als daſs sie zur Grundlage weiterer
                              									Untersuchungen dienen können.