| Titel: | Die Spitzenmaschine von Eugen Malhère in Paris; von Hugo Fischer, Professor an der technischen Hochschule zu Dresden. | 
| Autor: | Hugo Fischer | 
| Fundstelle: | Band 240, Jahrgang 1881, S. 275 | 
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                        Die Spitzenmaschine von Eugen Malhère in Paris;
                           								von Hugo Fischer, Professor an der technischen Hochschule zu Dresden.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 23.
                        H. Fischer, über Malhère's Spitzenmaschine.
                        
                     
                        
                           Seit Anfang dieses Jahrhunderts ist der Handspitzenindustrie eine bedeutende
                              									Concurrenz aus der Erfindung von Spitzenmaschinen durch Heathcoat, Levers, Crofts u.a. erwachsen. So groſse Vollkommenheit diese
                              									Maschinen im Laufe der Zeit erlangt haben, von so hohem Genie und Geist ihrer
                              									Erfinder sie Zeugniſs geben, so mannigfach die ihnen entstammenden Arbeitsproducte
                              									sind und so täuschend sie, wenigstens für den Nichtfachmann, die alten und neuen
                              									Arbeiten der Handklöppelei und Näherei wiedergeben, ihre Erzeugnisse sind doch immer
                              									nur als Nachahmungen dieser letzteren zu bezeichnen, nehmen mit diesen nicht die
                              									gleiche Rangstufe in Bezug auf Güte der Arbeit, Wechsel, Schönheit und Freiheit der
                              									Formengestaltung und Dauer des Productes ein. Im Handelsverkehr drücken dies die
                              									Bezeichnungen „wahre oder echte Spitzen (vraie
                                    											dentelle)“ für Handarbeit, „imitirte Spitzen (dentelle imitation)“ für Maschinenarbeit
                              									aus.
                           Der Unterschied zwischen den Handspitzen und den auf der Spitzenmaschine erzeugten
                              									Arbeiten beruht auf der Art der gegenseitigen Bindung und Verflechtung der einzelnen
                              									Fäden; dieselbe ist das bestimmende Moment und bietet daher ein sicheres
                              									Unterscheidungszeichen für die genannten Fabrikate. Die Handspitzen (hand made
                                 										lace) sind im technischen Sinne Complexe von Fäden, Gezwirnen, Geflechten,
                              									Geweben und Maschengebilden, durch deren entsprechende Anordnung und Vertheilung die
                              									verschiedenen Grund- und Musterfiguren entstehen.Vgl. des Verfassers Abhandlung: Zur Technologie der
                                       												Handspitzen im Civilingenieur, 1880
                                    											Bd. 24 S. 31; sowie dessen Schrift: Technologische
                                       												Studien im Sächsischen Erzgebirge. (Leipzig 1878. Wilhelm Engelmann.) Letztere gibt in dem
                                    											Abschnitt „Die Spitzenindustrie“ eine durch zahlreiche Figuren
                                    											unterstüzte Darstellung der Bindungsarten, welche bei den gegenwärtig in
                                    											Sachsen angefertigten Spitzen Anwendung finden. Spitzen, welche
                              									nicht allein Maschengebilde enthalten, deren Herstellung daher die verschiedenen
                              									Arbeitsverfahren des Zwirnens, Flechtens, Webens und Wirkens voraussetzt, nennt man
                              									geklöppelte Spitzen oder Klöppelspitzen (dentelle au fuseau;
                                 										pillow-lace, bone-lace) und versteht unter Klöppeln eine Arbeitsmethode,
                              									welche lehrt, die genannten Arbeitsverfahren mittels eines einzigen Werkzeuges, dem
                              									Klöppel (fuseau, bobbin), in beliebigem Wechsel und an
                              									ein und demselben Fadencomplex auszuführen. Zur Festhaltung des Arbeitstückes
                              									während der Arbeit dient das Klöppelkissen (coussin à
                                 										dentelle, cushion for bone-lace-making.) Diesen geflochtenen Spitzen stehen
                              									die durch Näharbeit erzeugten gegenüber, deren Constructionselemente nur Maschen-
                              									oder Schlingengebilde sind. Zur ihrer Erzeugung dient eine den Faden führende Nadel
                              										(aiguille, needle); die Befestigung des
                              									Arbeitstückes erfolgt auf einem Musterbrief. Diese Erzeugnisse heiſsen genähte
                              									Spitzen oder Nadelspitzen (dentelle à l'aiguille, point;
                                 										needle work, point-lace).
                           Zur Erzeugung des Grundes (réseau, ground of lace)
                              									finden bei den geklöppelten Spitzen die einfachen, linienartigen Gebilde, Fäden und
                              									Gezwirne, in einzelnen Fällen, z.B. bei den Guipurespitzen, auch schmale Geflechte
                              									Anwendung- die Musterfiguren werden hier durch flächenartig ausgedehnte Gewebe und
                              									Geflechte gebildet. Durch wechselnde Vereinigung der einzelnen Fäden, Gezwirne und
                              									schmalen Geflechte entstehen die verschiedenen Grundarten, die bei den alten Spitzen
                              									in groſser Mannigfaltigkeit auftreten und das wesentlichste Unterscheidungszeichen
                              									für die verschiedenen Spitzenarten bilden, welche meist nach dem Ort ihrer
                              									ursprünglichen oder ihrer vorzugsweisen Erzeugung benannt sind (Valencienner-,
                              									Maliner-, Brabanter-, Alençon-, Chantilly-Spitzen u.a.m.). Die Nadelspitzen sind
                              									dadurch charakterisirt, daſs sowohl der Grund, als das Muster aus der Gestalt nach
                              									gleichen Elementen, nämlich schleifenförmigen Gebilden oder Maschen, zusammengesetzt
                              									ist, deren verschieden dichte Vertheilung auf der Fläche die Mustergestaltung
                              									bedingt.
                           Bei dem Studium der Maschinenspitzen fällt vor allem die
                              									geringe Mannigfaltigkeit in der Wahl der Constructionselemente gegenüber den
                              									Handspitzen auf. Die vielartigen Effecte werden hier durch Gezwirne und
                              									Maschengebilde der einfachsten Art erzielt. Die Unmöglichkeit, sämmtliche den Handspitzen
                              									eigene Constructionselemente aufzunehmen und diese in jeder beliebigen Reihenfolge
                              									an einander zu ordnen, ist in dem Constructionsprincip der Spitzenmaschine
                              									begründet. Die activen Werkzeuge der letzteren, die in Kämmen (combs) geleiteten Spulenträger (carriages) führen nur zwangläufige Bewegungen aus, deren Aenderung ohne zu
                              									groſse Complication der Maschine nur in engen Grenzen zulässig ist. Es ist deshalb
                              									nur ein geringer Wechsel in der Art der Fadenverbindungen möglich. Dagegen ist es
                              									leicht, mittels der Jacquardmaschine die einzelnen gleichartigen Elemente in einer
                              									entsprechenden Reihenfolge anzuordnen und hierdurch abwechselnd mehr oder weniger
                              									dichte Stellen auf dem Arbeitstück zu erzeugen, deren Vertheilung hier, wie bei den
                              									genähten Handspitzen, das Muster bedingt; oder andererseits mit Hilfe der
                              									Jacquardmaschine starke Einlagfäden derart zu führen, daſs sie den durch die
                              									Jacquardkarten vorgeschriebenen Musterbegrenzungen folgen und von den gleichzeitig
                              									gebildeten Grundmaschen gebunden werden.
                           Die Grundarten entstehen demnach vorzugsweise durch Schränkung und Drehung der Fäden
                              									(Bobbinnetgrund), die Muster durch verschiedene Dichte in der Anordnung der
                              									Elemente, durch schuſsartig eingefügte starke Fäden, welche durch Kettennähte
                              									gebunden werden, durch Einlegen starker Fäden, welche die Contouren der
                              									Musterfiguren markiren, oder durch Combination mehrerer dieser Arbeitsverfahren. Ein
                              									Theil dieser Spitzenimitationen erinnert daher im Bau an die Nadelspitzen, ein
                              									anderer an einfache Ausführungen der Klöppelspitzen, namentlich an die unter dem
                              									Namen „durchzogene Arbeit“ bekannten Erzeugnisse der Handarbeit;
                           Erst in dem letzten Jahrzehnt, wo es gelang, die Klöppel- oder Flechtmaschine (machine à lacets, braiding-machine) zur
                              									Spitzenerzeugung umzugestalten, treten in die Reihe der Maschinenspitzen Producte,
                              									welche technisch von den, gleichen Charakter tragenden, Handspitzen nicht zu
                              									unterscheiden sind und deren ästhetischer Werth gegenwärtig nur noch durch den
                              									Mangel der völlig freien Linienführung, gegenüber den Handspitzen, beeinträchtigt
                              									wird. Zur Zeit ist nur die Herstellung einfacher Spitzenarten auf der
                              									Klöppelmaschine mit praktischem Erfolg gelungen. Hierher zählen die Torchonspitzen
                              									der deutschen Fabriken (Barmen) und einfache, schmale Valenciennespitzen
                              									französischer Fabrikation (Roubaix).
                           Die Werkzeuge (Klöppel) und Grundmechanismen der Flechtmaschinen sind für die
                              									Erzeugung der früher genannten Fadenvereinigungen, welche nicht Maschengebilde sind,
                              									vollkommen geeignet. Diese Fadenverbindungen verlangen entweder eine einfache
                              									Rotationsbewegung zweier oder mehrerer Klöppel um eine gemeinsame Achse (Zwirnen der
                              									Klöppelfäden), oder geradlinige Verschiebungen der einzelnen Klöppel derart, daſs
                              									der Faden des einen (Schuſsklöppel) abwechselnd über und unter den Fäden der anderen
                              									hingeführt wird, wie dies die Erzeugung eines leinwandbindigen Gewebes oder
                              									Geflechtes bedingt. Es entsteht das Gewebe, wenn für
                              									das Einschieſsen stets ein und derselbe Klöppel
                              									verwendet wird und die übrigen Fäden abwechselnd Fach bilden; das Geflecht, wenn nach und nach jeder der vorhandenen Klöppel einmal Schuſsklöppel wird und seinen Faden
                              									durch das von den übrigen Fäden gebildete Fach hindurchführt. In beiden Fällen ist
                              									die Fachbildung nicht wie bei dem Weben eine gleichzeitige Operation aller Fäden;
                              									sie erfolgt vielmehr allmählich mit dem Vorschreiten des Schuſsklöppels in ähnlicher
                              									Weise wie die Platinensenkung auf dem Kulirstuhle bei der Bewegung des Röſschens.
                              									Die von den Klöppelspulen ablaufenden Fäden vereinigen sich auſserhalb der
                              									Grundplattenebene zu der fertigen Waare, zu deren Aufnahme und Abführung schwingende
                              									Kämme und paarweise angeordnete Abzugs walzen angeordnet sind.
                           Die doppelte Benutzungsart der Klöppelmaschine zum Zwirnen und Flechten ist bereits
                              									längere Zeit bekannt und findet bei der Erzeugung der geklöppelten, durchbrochenen
                              									Zackenlitzen (die namentlich Barmener Fabrikate sind) Anwendung. Die Rotation
                              									bestimmter Klöppel um eine gemeinsame Achse wird bekanntlich durch einen
                              									Räderantrieb bewirkt und durch Flügelräder (Treiber), welche die Klöppel erfassen,
                              									vermittelt. Die Klöppel sind in kreisförmigen Bahnen geführt, welche in eine ebene,
                              									kegelförmig oder sphärisch gestaltete Platte geschnitten sind. Die einzelnen
                              									Kreisbahnen sind auf einer Geraden oder einer Kreislinie so neben einander
                              									angeordnet, daſs sie sich berühren und gegenseitig vereinen. Durch entsprechende
                              									Ueberführung der Klöppel der einen Bahn auf die Nachbarbahnen entsteht die für das
                              									Gewebe bezieh. Geflecht nothwendige Schränkung der einzelnen Fäden. Die zeitweise
                              									Unterbrechung dieses Uebertrittes wird durch Schluſs der Nachbarbahn mittels einer
                              									Weiche bewirkt und hierdurch das Verbleiben der Klöppel auf der ersten Bahn, also
                              									ein Zwirnen der Fäden erzielt. Durch entsprechende Steuerung der Weiche, entweder
                              									durch die Klöppel selbst oder durch eine Jacquardmaschine (sogen. Rapportapparat),
                              									kann ein in gewissen Grenzen beliebiger Wechsel der Aufeinanderfolge von Gezwirn und
                              									Geflecht (Gewebe) herbeigeführt werden. Der Benutzung der Jacquardmaschine zur
                              									Weichenstellung und damit zur Steuerung des Klöppellaufes ist das Gelingen der
                              									Erzeugung von spitzenartigen Fabrikaten auf der Flechtmaschine namentlich zu
                              									verdanken.
                           Obgleich das Grundprincip der Klöppelmaschine an sich ein völlig richtiges ist, so
                              									können doch, wie schon bemerkt, nur einfache Grundarten und Muster auf derselben
                              									erzeugt werden. Der Grund hierfür liegt in ihrer gegenwärtigen praktischen
                              									Ausführung. Die Nothwendigkeit, daſs in Folge des zur Klöppelbewegung gewählten
                              									Zahnradantriebes alle Klöppel stets in Bewegung befindlich sind, machen die entsprechende Herbeiführung der erforderlichen
                              									Bewegungsformen auſserordentlich schwierig. In neuester Zeit gelang die Beseitigung
                              									dieses Uebelstandes wenigstens theilweise durch Anwendung von sogen.
                              										NebentellernVgl. W. Hedtmann und A.
                                          												Henkels in Langerfeld (* D. R. P. Kl. 25 Nr. 1568 vom 18. November
                                       											1877)., welche diejenigen Klöppel zeitweise aufnehmen und leer im
                              									Kreise herumführen, die nicht einzuflechtende Fäden enthalten. Das Wiedereinführen
                              									dieser Klöppel in die Bahnen bewirkt dann eine besondere Steuerungseinrichtung,
                              									gewöhnlich ebenfalls eine Jacquardmaschine.
                           Zu diesen kurz charakterisirten Maschinen tritt eine Maschine des Franzosen Eugen Malhére, welche als die gegenwärtig vollkommenste
                              									ihrer Art bezeichnet werden kann. Die französische Zeitschrift Le Technologiste brachte in Nr. 156 (1881 S. 23) neben
                              									einer völlig unverständlichen Figur eine Beschreibung dieser angeblich neuen
                              										MaschineDem Erfinder Eugen Malhère in Paris wurden auf
                                    											diese Maschine folgende Patente ertheilt: in Frankreich Nr. 93970 vom 23.
                                    											Januar 1872 und Nr. 96873 vom 26. August 1872; in Belgien Nr. 30166 vom 4.
                                    											März 1872 und Nr. 32744 vom 11. Juni 1873; in England Nr. 852 vom 20. März
                                    											1872 und Nr. 2121 vom 16. Juni 1873. nebst der Mittheilung, daſs
                              									die Compagnie dentellière zu Paris die Ausbeutung der
                              									Erfindung übernommen und vorzügliche Resultate in der Fabrikation von Spitzen
                              									erzielt habe, welche den Arbeiten der Handklöppler durchaus nicht nachstehen sollen.
                              									Obgleich die Ansichten über den Werth der Erfindung in maſsgebenden Fachkreisen
                              									gegenwärtig noch getheilt sind, so dürfte doch bereits jetzt eine eingehende
                              									Besprechung der Maschine nicht überflüssig erscheinen, da das derselben zu Grunde
                              									liegende Princip völlig richtig und die Wahrheit der obigen Mittheilungen zu
                              									verbürgen geeignet ist. Die früheren auf der Maschine erzeugten Arbeiten, welche dem
                              									Referenten durch die Güte des bedeutenden Spitzenindustriellen, Hrn. O. Richter in Dresden, bekannt wurden, gehören zwar nur
                              									den gröberen Spitzensorten an; doch darf von einer genauen Ausführung der Maschine
                              									auch die Erzeugung feinerer Spitzenarten erwartet werden. Der Gedanke, welcher der
                              									Maschine zu Grunde liegt, ist durchaus rationell, so daſs durch seine Verwirklichung
                              									die schwierige Aufgabe, Gezwirne, Gewebe und Geflechte von jeder erforderlichen
                              									Gröſse zu jeder beliebigen Zeit aus einem und demselben Fadenbüschel herzustellen
                              									und sie in jeder beliebigen Reihenfolge mit einander zu vereinen, gelöst
                              									erscheint.
                           Die Grundidee der Maschine gipfelt in der Heranziehung der Jacquardmaschine zur
                              									directen Bewegung, sowohl Drehung als Verschiebung, der Klöppel einer auch in der
                              									Gesammtanordnung von den bisher bekannten Constructionen abweichenden
                              									Flechtmaschine. Hierdurch ist erreicht, daſs einzelne Fadenspulen der Maschine,
                              									ebenso wie die des Handklöpplers, beliebige Relativbewegungen gegenüber den übrigen
                              									Fadenspulen ausführen können, diese mögen ruhend oder bewegt sein. Der vorher in der
                              									Chifferschrift der Jacquardkarte niedergelegte Wille des Mustererfinders wird durch
                              									den die Rolle des Uebersetzers spielenden Mechanismus der Jacquardmaschine dem
                              									Werkzeug, welches den Faden führt, kundgegeben und leitet dies in die ihm
                              									vorgeschriebene Bahn in gleicher Weise, wie dies bei der Handarbeit die menschliche
                              									Hand vollbringt.
                           Das der Spitzenklöppelmaschine von Malhère zu Grunde
                              									liegende Arbeitsverfahren ist mit dem der Handklöppelei durchaus identisch. Zur
                              									näheren Erläuterung desselben sind die in den Fig. 1 bis
                              										3 Taf. 23 dargestellten Grundarten gewählt. Fig. 1 zeigt
                              									eine an alten Brüsseler Spitzen vorkommende Grundbindung, Fig. 2 den
                              									Grund der alten Mechelner Arbeiten, Fig. 3 den
                              									gewöhnlichen Tüll- oder Bobbinnetgrund. Die ersten beiden gehören den theilbaren
                              										GrundartenVgl. Civilingenieur, 1878 Bd. 24 S.
                                    										37. an; es ist jeder Faden nur über einen Theil der Spitzenbreite
                              									geführt, weshalb die Spitze durch Entfernen einiger entsprechender Fäden leicht in
                              									mehrere Streifen zerlegt werden kann, deren Grundbildung noch die ursprüngliche ist.
                              									Der Tüllgrund dagegen ist untheilbar. Er besteht aus zwei Fadensystemen, dem einen,
                              									dessen Fäden parallel zur Längenrichtung der Spitze laufen, und einem zweiten,
                              									dessen Fäden sich quer über die ganze Breite der Spitze erstrecken. Diese letzteren
                              									verhindern eine Theilung der Spitze ohne Verletzung der Grundzellenform.
                           Die Grundarten Fig. 1 und
                              										3 sind aus einzelnen Fäden und Gezwirnen zusammengesetzt; die freien
                              									Fäden kreuzen sich paarweise. Die Grundart Fig. 2
                              									dagegen stellt sich als eine Vereinigung von zweifädigen Gezwirnen und vierfädigen
                              									Geflechten dar. Die Herstellung dieser Grundarten durch Handklöppeln geht aus den
                              									schematischen Darstellungen, welche den Figuren beigesetzt sind, leicht hervor, wenn
                              									man beachtet, daſs jeder zur Führung der Fäden benutzte Klöppel durch einen
                              									Buchstaben bezeichnet ist, welcher mit der Fadenbezeichnung in den Figuren
                              									übereinstimmt. Zwei von einem Kreis umschlossene Buchstaben bedeuten zwei um eine
                              									gemeinsame Achse (hier den Mittelpunkt des Kreises) rotirende Klöppel, die Pfeile
                              									geben die seitliche Verschiebung der Klöppel behufs des gegenseitigen Schränkens der
                              									Faden an. Die den Kreisen beigeschriebenen Ziffern normiren die Anzahl der von den
                              									Klöppeln ausgeführten halben Umläufe. Alle Fäden sind
                              									nach einer Punktreihe geführt zu denken, welche auſserhalb der Bildfläche liegt.
                           Die abwärts auf einander folgenden Horizontalreihen geben die Reihenfolge der
                              									Arbeitsverrichtungen an. Nachdem beispielsweise in Fig. 1 die
                              									zu den Gruppen ab, cd, ef, gh vereinten Fäden zu
                              									Gezwirnen von drei halben Drehungen vereinigt sind, erfolgt die Gruppirung
                              									entsprechend der dritten und vierten Horizontalreihe des Schemas Fig. 1a zu b, ad, c, f, eh,
                                 										g; die paarweise stehenden Klöppel vollführen einen halben Umlauf, so daſs
                              									die Fäden an der Stelle β (Fig. 1)
                              									geschränkt werden. Hierauf erfolgt Umstellung der Klöppel und Bildung einmal
                              									gedrehter Gezwirne γ aus den Fadenpaaren bd, ac, fh, eg; Scheidung dieser in die Gruppen b, da, c, f, he, g; Zwirnung von da und he u.s.w.
                           In Fig.
                                 										2 und Schema Fig. 2a
                                 									 ist in gleicher Weise die Bildung des vierfädigen und einbindigen Geflechtes
                              										β – ϑ angegeben. Die Schluſsreihe des Schemas
                              									stellt die Gruppirung der Fäden für die Bildung der vier zweifädigen Gezwirne x, λ, μ, v dar, welche sich an die soeben gebildeten
                              									Geflechte anschlieſsen. Nach erfolgter Tordirung scheiden sich dann die beiden
                              									mittleren Gruppen, so daſs verbleibt: ba, d, cf, e, hg;
                              									nach der Schränkung von cf und Scheidung dieses
                              									Fadenpaares ergibt sich die Reihe ba, df, ce, hg u.s.f.
                              									Die Randpaare ba und hg
                              									ergeben daher durch einfache Drehung die Randgezwirne, die mittleren Paare df und ce durch
                              									abwechselnde Drehung und Scheidung das mittlere Geflechtstück ξ.
                           Auf ähnliche Weise ergibt sich leicht für jeden anderen
                              									geklöppelten Spitzengrund ein ähnliches Schema für die Klöppelbewegung; dasselbe
                              									gilt für die Musterungen, welche aus vielfädigen Geflechten bezieh. Geweben bestehen
                              									und deren Erzeugung Analogien zu der Bildung des Geflechtes in Fig. 2
                              									darstellt.
                           Zu der Herstellung kommt bei dem Handklöppeln noch die Erhaltung und Vertheilung der
                              									Kreuzungen und Zwirnungen an bestimmten Stellen. Zur Angabe dieser Stellen dient
                              									bekanntlich der auf dem Klöppelkissen (Klöppelsack) festgeheftete Klöppelbrief
                              									(Musterbrief, die Aufwinde) und in Durchlochungen desselben gesteckte Nadeln. Die
                              									Stellung dieser Nadeln gibt daher ein Bild von der allgemeinen Grundform der zu
                              									erzeugenden Spitze. Das Einstecken der Nadeln erfolgt nach Maſsgabe des
                              									Fortschreitens der Arbeit, so daſs nach jedem ausgeführten „ganzen oder halben
                                 										Schlag“ (bei Tüllgrund die Ausführung zweier zweifädigen Gezwirne und
                              									folgender Schränkung zweier Fäden) dieser durch eine neu eingesteckte Nadel gebunden
                              									wird; die Nadeln vertreten hierbei die Zähne des bei der Webearbeit benutzten
                              									Rietblattes. Das Einstecken der Nadeln hängt unmittelbar mit der Gestaltung und
                              									Musterung des Spitzengrundes zusammen.
                           Die Spitzenklöppelmaschine von Malhère ahmt nun diese
                              									Thätigkeiten des Handklöpplers genau nach und geben die eben besprochenen
                              									schematischen Darstellungen zugleich ein deutliches Bild der Wirkungsweise dieser
                              									Maschine. Für eine Spitze aus n Fäden sind n drehbare Scheiben oder Teller erforderlich, welche in
                              									einer Geraden so angeordnet sind, daſs sich die Nachbarteller berühren. Jede dieser
                              									Scheiben enthält eine diametral laufende Furche, so daſs bei bestimmter Stellung der
                              									Scheiben die einzelnen Furchen an einander stoſsen und einen einzigen Kanal darstellen,
                              									welcher über die ganze Scheibenreihe entlang läuft. Die n Fäden werden einer gleichen Zahl Spulen (Klöppel) entnommen, welche in
                              									den Scheibenfurchen gehalten und darin verschiebbar sind. Sind diese Spulen so
                              									vertheilt, daſs je zwei derselben auf einer Scheibe stehen, so erfolgt durch
                              									gleichzeitige Rotation dieser Scheiben die Bildung von ½ n zweifädigen Gezwirnen. Die Zahl und Reihenfolge der umlaufenden Scheiben
                              									kann beliebig geändert werden, demnach auch die Zahl und der Ort der gebildeten
                              									Gezwirne. Die Schränkung zweier Fäden oder nach Maſsgabe von Fig. 2 auch
                              									die Bildung von Geflechten, bezieh. Geweben, erfordert die Umstellung der Spulen und
                              									demgemäſs ihre Gruppirung zu neuen Paaren. Die Umstellung erfolgt mit Hilfe von
                              									Treibern, welche die Spulen einer Scheibe in die Furche der Nachbarscheibe
                              									überführen, wenn beide Furchen in eine Gerade fallen.An dieser Stelle sei noch die Spitzenklöppelmaschine des Kaufmanns Louis Hohl in Annaberg erwähnt (Sächsisches
                                    											Patent Nr. 1193 vom 8. September 1860). Dieselbe liefert als Arbeitsproduct
                                    											ein Geflecht, welches die Grundbindung der Torchonspitze zeigt. Eine Anzahl
                                    											kreisrunde, um verticale Achsen drehbare Scheiben oder Teller sind in zwei
                                    											Reihen so angeordnet, daſs sie sich paarweise gegenüberstehen; neben den
                                    											Endpaaren liegen zwei gröſsere, ebenfalls drehbare Scheiben. Zu jeder
                                    											kleinen Scheibe und einer groſsen Endscheibe gehört ein Klöppelpaar, dessen
                                    											Fäden bei Drehung der Scheibe gezwirnt werden. Diametrale Furchen der
                                    											kleinen Scheiben und entsprechend angeordnete Furchen in der mit der
                                    											Scheibenoberfläche in gleicher Ebene liegenden Grundplatte, welche die
                                    											Nachbar Scheiben einer Reihe, sowie die beiden Reihenverbinden, gestatten
                                    											den von rotirenden Treibern vermittelten Transport der Klöppel über die
                                    											ganze Scheibenreihe zum Zweck der Kreuzung der einzelnen Fadenpaare.
                                    											Rotation der Scheiben und Rotation der Treiber wechseln ab und werden durch
                                    											ganz und halb verzahnte Räder vermittelt, welche auf der Unterseite der
                                    											Grundplatte gelagert sind. Den Weg der Klöppel in den Furchen bestimmen
                                    											Weichen, welche durch Musterräder (Schneidräder) gestellt werden. Zur
                                    											Aufnahme des Arbeitsproductes dient ein wandernder Klöppelbrief, eine über
                                    											zwei Prismen geleitete Kartenkette, auf welcher die Kreuzungspunkte der
                                    											Fäden durch Nadeln markirt sind. Schwingende Schläger, welche das Riet
                                    											ersetzen, führen die Kreuzungen gegen diese Nadeln.
                           Die Bildung des Gewebes und Geflechtes ist dann folgende:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 240, S. 281
                              
                           
                           Durch passenden Wechsel in der Bildung ein- oder mehrfach gedrehter Gezwirne,
                              									Geflechte und Gewebe läſst sich hiermit jedes im voraus festgesetzte Muster erzeugen
                              									genau in gleicher Weise, wie dies der Handklöppler vollbringt. Sowohl die Drehung
                              									der Teller, als auch die Bewegung der Treiber zum geradlinigen Spulentransport über
                              									die Scheiben wird von Jacquardmaschinen vermittelt. Den Musterbrief ersetzt ein
                              									System beweglicher Nadeln, welche ebenfalls durch eine Jacquardmaschine bewegt und
                              									eingestellt werden. Jede Scheibe mit einem Klöppel, zwei zugehörigen Treibern und
                              									einer Nadel bilden ein Element der Maschine; eine Maschine zur Erzeugung einer
                              									Spitze aus n Fäden ist demnach aus n derartigen Elementen und drei Jacquardmaschinen
                              									zusammengesetzt.
                           Die specielle Construction eines dieser Elemente zeigen die Figuren 4
                              									und 5 Taf. 23. Der kreisrunde Spulenteller T ist
                              									mit der in dem Gestell G drehbar gelagerten Achse a verbunden. Die in der Richtung eines Durchmessers des
                              									Tellers liegende Furche b von rechteckigem Querschnitt
                              									nimmt den Fuſs des Klöppels K auf. Im Mittelpunkt der
                              									Scheibe erhebt sich ein krückenförmiger Halter c; die
                              									Arme αβ desselben, welche parallel zu der Furche b gerichtet sind, treten in Bohrungen des
                              									Klöppelkörpers ein und verhindern das Abheben der Spulen von den Scheiben. Der
                              									Abstand dieser Arme von der Scheibenvorderfläche ist bei allen Elementen gleich, so
                              									daſs ein Klöppel auf jede Scheibe paſst. Die Klöppel sind rahmenartige Körper, in
                              									deren durchbrochenem Theil eine den Faden enthaltende Spule d gelagert ist. Den durch eine Oeffnung e des
                              									Bügels nach auſsen geleiteten Faden erhält eine im Innern der hohlen Spulentrommel
                              									angeordnete Spiralfeder f1 (Fig. 6),
                              									welche die Trommel mit der Drechachse g verbindet,
                              									stets nahezu gleich stark gespannt. Die Spulenachse g
                              									trägt ferner eine metallene Scheibe h, gegen deren Rand
                              									die Bremsfeder f2
                              									drückt. Das Moment Rd2
                              									der von der Bremsfeder am Scheibenrand erzeugten Reibung, welches die Drehung der
                              									Achse g zu hindern strebt, ist von solcher Gröſse, daſs
                              									die Abwickelung des Fadens im Anfang des Abzuges durch Drehung der Spulentrommel auf
                              									der Achse erfolgt und so lange währt, bis das Moment aus Federspannung S und Trommeldurchmesser d1, also Sd1 > Rd2 geworden ist. Bei dem Nachlassen des Fadens steht
                              									die Achse still und die Trommel, welche in Folge der Federentlastung rückwärts umläuft, nimmt den
                              									zu viel abgerollten Faden wieder auf, so daſs ein Verwirren der Fäden verhindert
                              									ist. Das Einsetzen der Spule in den Rahmen des Klöppels ist durch die aufklappbare
                              									Rahmenwand ρ erleichtert.
                           Die Scheibenspindel a erhält die Drehung mittels einer
                              									Zahnkupplung, deren Theil i (Fig. 4) fest
                              									mit ihr verbunden ist. Gegen denselben wird der lose Theil k mittels der Schraubenfeder l angedrückt und
                              									hierdurch die Kupplung der Achse a mit den Schnurrollen
                              										m und n, welche mit
                              										k vereinigt sind, bewirkt. Auf der Rolle m ist die Litze J1 einer Jacquardplatine, auf n eine von der Feder F1 gezogene Schnur befestigt und aufgewickelt. Eine
                              									einmalige Erhebung der Jacquardplatine bewirkt eine halbe Drehung der Achse a und Scheibe T; die Feder
                              										F4 führt die
                              									Sperrkupplung h und die Jacquardplatine wieder in die
                              									Anfangslage zurück. Für die einfache Kreuzung der beiden Spulenfäden αβ ist daher eine einmalige, für die Erzeugung eines
                              										n mal gedrehten Zwirnes eine 2n malige Erhebung der Jacquardplatine erforderlich. Der
                              									Kupplungstheil i bildet in Verbindung mit dem Bügel o (Fig. 7) und
                              									den Federn p1, p2 zugleich eine
                              									Schaltung für die Sicherung der horizontalen Lage der Furche b während des Stillstandes der Scheibe.
                           Den Klöppeltransport zwischen den einzelnen Scheiben vermitteln die Treiber S1, S2 (Fig. 4 und
                              										8). Dieselben sind paarweise zu den Scheiben angeordnet und werden von
                              									doppelt gekröpften horizontalen Achsen q gebildet,
                              									welche in der Vorderwand des Gestelles drehbar gelagert sind. Die vorderen Arme r1, wirken auf die
                              									Klöppel; an die hinteren Arme r2 sind die Litzen J2 eines zweiten Jacquardsystemes, sowie die Federn
                              										F2 angeschlossen.
                              									Letztere heben die Arme r1 über den Scheibenrand, so daſs die Scheibe frei rotiren kann; die
                              									Jacquardlitzen bewirken dagegen zu bestimmten Zeiten eine Schwingung der Arme r1 nach abwärts und
                              									damit die Ueberführung der Klöppel K1, K2 von der Scheibe T2 auf die Nachbarscheiben T1, T3 (Fig. 8). Das
                              									Zusammenwirken der Scheibendrehung (mittels des Drehjacquards) und des Verschiebens
                              									der Klöppel (mittels des Treibjacquards) ergeben eine Schränkung der betreffenden
                              									Spulenfäden, wie dies auch Fig. 9
                              									erläutert. Die Anfangsstellungen der Klöppel auf den Scheiben I und III sind hier durch
                              									die Buchstaben a, b, c, d bezeichnet; die Fäden sind in
                              										α, β, γ, δ angeknüpft. Die Scheiben vollführen
                              									einen halben Umlauf, an dessen Ende die Klöppel die Stellungen a1, b1, c1, d1 einnehmen. Der
                              									Treibjacquard bewirkt das Uebertreten der Klöppel a1, d1 auf die mittlere Scheibe II in die Stellung a2, d2 und durch eine halbe Drehung dieser Scheibe, nach
                              									welcher die Klöppel die Stellungen a3, d3 erreichen, ist die Schränkung der Fäden
                              									erfolgt.
                           Zur Aufnahme und Festhaltung dieser Schränkung dient die Nadel N, welche parallel zur Achse der mittleren Scheibe
                              									verschiebbar ist. Diese
                              									Nadel gehört, wie Fig. 4
                              									zeigt, einem Arme s an, welcher an dem Schlitten u1 drehbar lagert. Die
                              									Feder v hebt die Nadel über die zwischen Spulen und
                              									Abzugs walzen W ausgespannten Fäden, während die Feder
                              										F3 mittels der über
                              									die Rollen w1, w2 geleiteten Schnur
                              									das Senken der Nadel anstrebt. In diese Schnur ist ein zweiter Schlitten u2 eingeschaltet,
                              									welcher auf dem Schlitten u1 gleitet und dessen Verschiebung durch den mit u1 verbundenen Zapfen z begrenzt ist. Von dem Schlitten u2 führt eine Schnur
                              										J3 über die Rollen
                              										w3, w4 nach dem
                              									Musterjacquard. Die Grenzlagen des Schlittens bestimmt der Schalthebel x und die Zapfen y1, y2. Anziehen der Schnur J3 durch Hebung der damit verbundenen
                              									Jacquardplatine führt die Nadel N oberhalb der Fäden
                              									gegen die Abzugswalzen in die gezeichnete Stellung. Bei dem Senken der Platine wird
                              									Schlitten u1 durch die
                              									Feder F3 nach links verschoben, während Schlitten u1 durch die Schaltung
                              										x, y1 gehalten ist.
                              									Auf dem Wege ζ z senkt die Schnur x1 die Nadel N unter die Fäden, der Nadelhebel s stöſst gegen den Schalthebel x und löst ihn aus, so daſs der Schlitten u1 an der ferneren Bewegung des Schlittens
                              										u2 theilnimmt, die
                              									Nadel unterhalb der Fäden in die Stellung N1 geführt wird und darin erhalten bleibt, bis eine
                              									neue Fadenschränkung durch die Nadel aufzunehmen ist. Hierbei bewirkt der Zug der
                              									Jacquardschnur J3 erst
                              									durch Relativbewegung der beiden Schlitten u1, u2 das Emporsteigen der Nadel über die Fadenebene und
                              									sodann durch gemeinsame Verschiebung beider Schlitten das Vorrücken der von der
                              									Nadel gefaſsten Schränkung gegen die Abzugswalzen W.
                              									Diese erhalten durch ein Gesperre eine schrittweise Drehung und nehmen die Spitze
                              									nach Maſsgabe ihrer Entstehung auf.
                           Die Gesammtanordnung der Maschine geben die Figuren 10
                              									und 11 wieder. Der Gestellrahmen G bildet den
                              									Ausschnitt eines Hohlcylinders, dessen Achse vertical steht und die Abzugswalzen W schneidet. Die Scheibenspindeln a sind in radialer Richtung in demselben so gelagert,
                              									daſs die Vorderflächen der Teller T den Walzen
                              									zugekehrt sind, die gleichlangen Fäden also, strahlenförmig von der inneren
                              									Cylinderfläche ausgehend, nach diesen hin laufen. Unmittelbar vor den Abzugswalzen
                              									sind die Musternadeln N eingefügt und bewegen sich in
                              									radialer Richtung in der Verlängerung der Scheibenachsen a zwischen den Fäden. Sie sind so gruppirt, daſs ein Theil derselben die
                              									bereits fertigen Zellen des Spitzengrundes hält, während ein anderer neu gebildete
                              									Schränkungen der Fäden nach den Abzugswalzen hinführt, also das Nadelstecken des
                              									Handklöpplers ersetzt.
                           Um mehrere gleichartige Spitzen gleichzeitig auf der Maschine fertigen zu können,
                              									sind mehrere Scheibenreihen über einander angeordnet, von denen jede einen Spitzenstreifen liefert. Die in Verticalebenen
                              									über einander liegenden Elemente derselben werden von der Jacquardmaschine
                              									gleichzeitig bewegt, so daſs die entsprechenden Klöppel der Einzelreihen
                              									jederzeit die gleichen Bewegungen ausführen und die Nadeln die entstehenden
                              									Fadenschränkungen in den einzelnen Spitzenstreifen gleichzeitig aufnehmen. Hinter
                              									dem Hauptgestell G liegt noch ein zweiter ringförmiger
                              									Gestellrahmen G1,
                              									welcher die Leitrollen w4 für die Zugschnüre des Musterjacquards trägt. J sind die Harnischschnuren der Dreh- und Treibjacquards.
                           Für die Erzeugung von Spitzen, deren Musterfiguren von starken Fäden umrahmt sind
                              										(„Fadenlegen“ und „Hohlklöppeln“ der Handarbeit) werden die Teller
                              									in anderer Art angeordnet. Wie der Handklöppler die „Einlegeklöppel“, welche
                              									diese Contourfäden führen, bei der Bildung des Grundes absondert und sie nur
                              									zeitweise für die Musterbildung in Benutzung nimmt, so sind dieselben auch hier
                              									auſserhalb der thätigen Tellerreihe aufbewahrt und werden nur im Bedarfsfall
                              									eingeführt. Zu jedem Hauptteller T (Fig. 12)
                              									tritt ein unter ihm liegender Nebenteller t von
                              									gleicher Construction; diese Nebenteller stehen unter einander und mit den
                              									Haupttellern in Berührung. Jeder Nebenteller führt einen Klöppel, dessen Spule einen
                              									Einlegfaden enthält. Die Schaltung der Spindeln erlaubt stets nur eine
                              									Vierteldrehung der Teller beider Systeme. Das Einführen des Einlegfadens erfordert
                              									eine solche Einstellung der über einander liegenden Teller, daſs die Furchen beider
                              									in eine Gerade fallen und der Treiber des Nebentellers den Einlegeklöppel auf den
                              									Hauptteller zu heben vermag. Nach erfolgter Benutzung wird der Einlegeklöppel durch
                              									Rückführung auf den Nebenteller wieder ausgeschaltet. Die dichte Stellung beider
                              									Scheibenreihen erfordert eine Treiberconstruction, wie sie Fig. 13
                              									zeigt. In dem Scheibenkörper sind zwei Klappen a1, a2 drehbar gelagert, welche durch Federn gegen die
                              									Krücke c gehalten werden und die Treiber bilden. Sie
                              									schieben den Klöppel aus der Scheibenfurche, sobald sie durch den Zug der Schnuren
                              										b1, b2, welche die hohle
                              									Spindel a durchdringen und nach Leitung über die Rollen
                              										r1, r2 mit ihnen verbunden
                              									sind, in die punktirte Lage übergeführt werden. Diese Ausführung der Treiber ist
                              									eleganter als die früher besprochene, ergibt jedoch eine schwierige Verknüpfung der
                              									Jacquardschnuren mit den Zugschnuren b1, b2.
                           Die Construction der Jacquardmaschinen ist von der in der Weberei üblichen nicht
                              									verschieden. Der Antrieb der Messer, welche die Platinenhebung bewirken, erfolgt
                              									durch eine in der Minute mit 30 bis 35 Touren umlaufende gekröpfte Welle. Bei dem
                              									geringen Hub, welchen namentlich die Platinen des Treibjacquards besitzen, ist der
                              									Antrieb durch Excenter vorzuziehen. Die genannte, von dem Berichterstatter des Technologiste an den Maschinen der Compagnie dentellière beobachtete Umlaufszahl der
                              									Antriebwelle soll nach Angabe desselben Referenten ohne Beeinträchtigung der Güte
                              									des Arbeitsproductes leicht auf das 3fache erhöht werden können. Die genaue
                              									Arbeitsleistung der Maschine wird vorzugsweise durch die richtige, sichere und stets
                              										gleiche Uebertragung
                              									der Platinenbewegung auf die Werkzeuge bedingt. Diese aber wird durch möglichst
                              									geringe Dehnbarkeit der Harnischschnuren und Wahl eines wenig hygroskopischen
                              									Materials zu deren Herstellung gefördert. Darmsaiten, weiche biegsame Drähte,
                              									kleingliedrige Metallketten, wohl auch die gegenwärtig mehrfach für
                              									Kraftübertragungen empfohlenen Stahlschnuren von Jarolimek (1880 238 1) dürften daher hier zweckmäſsig angewendet
                              									werden.
                           Wenn auch die Erwartungen des französischen Berichterstatters bezüglich der
                              									Rentabilität der Maschine zu hoch erscheinen müssen, da sie sich auf Rechnungen
                              									stützen, die ziemlich hypothetischer Natur sind, so ist dieselbe doch im Allgemeinen
                              									wohl nicht zu bezweifeln, da die ganze Construction Arbeitserzeugnisse von einem
                              									hohen Grad der Vollkommenheit und demnach höheren Werth zu versprechen geeignet ist.
                              									Der Umstand, daſs die Maschine im Deutschen Reiche keinen Patentschutz genieſst,
                              									läſst es besonders den deutschen Fabrikanten günstig erscheinen, dem Gegenstand
                              									näher zu treten. Läſst auch der Betrieb derselben schwerlich eine Verzinsung des
                              									Anlagekapitals von 70 Proc. erwarten, wie sie der Berichterstatter herausrechnet, so
                              									dürfte doch ein den aufgewendeten Mühen und Kapitalien entsprechender Gewinn für den
                              									Unternehmer sicher sein. Andererseits gebührt der Erfindung aber auch die Beachtung
                              									derjenigen Kreise, denen die Sorge um das Wohl jener Bevölkerungsklassen zufällt,
                              									welche sich gegenwärtig durch Spitzenklöppeln mühsam und bescheiden ernähren. Hat
                              									die Handspitzenindustrie bereits schwer unter der Concurrenz englischer und
                              									französischer Maschinenspitzenfabrikation zu leiden, so erwächst ihr aus der Malhère'schen Maschine eine neue um so bedeutendere
                              									Concurrenz, als diese Maschine im Stande ist, die den bisher bekannten
                              									Maschinenspitzen eignen Unvollkommenheiten zu beseitigen und Fabrikate zu liefern,
                              									welche sich den Handerzeugnissen in Bezug auf Güte und Schönheit würdig an die Seite
                              									stellen, diese aber in Betreff der Wohlfeilheit wesentlich überragen dürften.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
