| Titel: | Die elektrische Beleuchtung auf deutschen Bahnhöfen. | 
| Fundstelle: | Band 240, Jahrgang 1881, S. 364 | 
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                        Die elektrische Beleuchtung auf deutschen
                           								Bahnhöfen.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 30.
                        Oelwein, über die elektrische Beleuchtung auf deutschen
                           								Bahnhöfen.
                        
                     
                        
                           Bauinspector A. Oelwein hat im Oesterreichischen Ingenieur- und Architectenverein über die Anwendung der
                              									elektrischen Beleuchtung auf deutschen Bahnhöfen einen Vortrag gehalten, in welchem
                              									eine Reihe durch die Berliner Firma Siemens und Halske
                              									ausgeführte Einrichtungen, bei welchen Differentiallampen von etwa 250 Kerzen
                              									Leuchtkraft zur Anwendung gekommen sind, beschrieben wurden. Die Wochenschrift des Oesterreichischen Ingenieur- und Architectenverein (1881 S. 21) des genannten Vereines bringt folgende nähere
                              									Angaben (vgl. Taf. 30).
                           Kgl. Ostbahnhof in Berlin (Fig. 6): In
                              									Folge des Umbaues des Niederschlesisch-Märkischen Bahnhofes wurden vom September
                              									1879 bis März 1880 die Züge dieser und der Ringbahn am Ostbahnhofe expedirt und in
                              									dieser Zeit der Ostbahnhof elektrisch beleuchtet. Halle 188m lang, 37m,7
                              									breit, Mittelperron etwa 17m hoch, beleuchtet mit
                              									je 7 Lampen längs des äuſseren Perrons, zusammen mit 14 Lampen, in 2 Stromkreise
                              									vertheilt. Als Motor dient eine Borsig'sche Locomobile von 10e, auf 1 Lampe somit 0e,715. Entfernung der Lampen 23m, 7m hoch über Perronfläche. Auf die Lampe
                              									beleuchtete Bodenfläche = 505qm. Siemens und Halske übernahmen den Betrieb gegen eine
                              									Entschädigung von 7,50 M. für die Stunde.
                           Neuer Anhalt'scher Bahnhof in Berlin (Fig. 7):
                              									Halle 150m lang, 62m,5 breit, Höhe 29m.
                           Jeder der 4 Perrons hat 5 Lampen in je einem Stromkreise, der Kopfperron 4 Lampen mit
                              									stärkerem Lichte wieder in einem Stromkreise. Die Lampen des Perrons sind 30m von einander entfernt, 6m,5 hoch aufgehängt und gegen einander versetzt
                              									gestellt. Als Motoren dienen 2 Dampfmaschinen zu 20e, von denen eine zur Bedienung der hydraulischen Aufzüge bestimmt ist. Es
                              									wirken 3 magneto-elektrische Maschinen von je 2 Stromkreisen, von denen jedoch nur 5
                              									verwendet werden. Ein Generalumschalter ermöglicht die Benutzung jedes beliebigen
                              									Stromkreises für die eine oder andere Lampenreihe. Auf jede Lampe entfallen 390qm zu beleuchtende Bodenfläche. Die Gesammtkosten
                              									der Einrichtung betragen ohne Dampfmaschine 27093 M.
                           Die Lampen l am Kopfperron werfen das Licht durch die
                              									verglaste Wand n auf die Treppen und in das ebenerdig
                              									liegende Vestibül, da die Halle stockhoch liegt. Die Wirkung dieser Beleuchtung ist
                              									sehr schön zu nennen. Sie beeinträchtigt nicht die Gasbeleuchtung im Vestibül und
                              									vermehrt doch bedeutend die Intensität der letzteren.
                           Die Elektrotechnische Zeitschrift,
                              									1881 * S. 141 bringt über diese Anlage folgende ausführlichere Mittheilungen. Die
                              										1ha Bodenfläche überdeckende Halle, von deren
                              									kolossalen Abmessungen der Beschauer Mangels eines geeigneten Maſsstabes kaum sich
                              									einen rechten Begriff machen kann (die Spannweite des Daches beträgt 60, die Länge
                              									168 und die Höhe 35m) ist mit 24
                              									Differentiallampen von je 150 Normalkerzen Lichtstärke, welche in etwa 8m Höhe vom Boden angebracht sind, erleuchtet und,
                              									obwohl somit auf je 2qm der Gesammtbodenfläche
                              									durchschnittlich nur das Licht einer Normalkerze der Gesammtlichtstärke entfällt,
                              									ein Betrag, der als gewiſs auſserordentlich niedrig angesehen werden muſs, sind die
                              									Perrons doch in allen Theilen so hell erleuchtet, daſs man feine Druckschrift gut
                              									lesen kann. Man hatte zuvörderst auch Versuche angestellt, die Halle mit weniger,
                              									entsprechend höher hängenden, Lampen von bedeutenderer Lichtstärke zu erleuchten,
                              									fand aber, daſs bei weitergeführter Theilung des Lichtes eine erheblich günstigere
                              									Wirkung erzielt wurde.
                           
                           Die Einrichtung ist derart getroffen, daſs die 24 elektrischen
                              									Lichter in 5 Gruppen über die Halle vertheilt sind. Jede dieser Gruppen kann sowohl
                              									einzeln, wie auch in Verbindung mit den anderen in Thätigkeit gesetzt werden.
                              									Zunächst hängt über dem vorderen querliegenden Zugangsperron eine Gruppe aus vier
                              									ein Trapez bildenden Lichtern; sodann sind der Halle entlang vier Parallelreihen von
                              									je fünf Lampen angeordnet, welche die Ankunfts- und Abfahrtsperrons erleuchten; die
                              									Lichter der beiden äuſseren Reihen befinden sich etwa in der Mitte zwischen den
                              									Lichtern der beiden mittleren Reihen. Während erstere Gruppe stets leuchtet, wird
                              									eine oder werden mehrere der letzteren vier nach Bedürfniſs angezündet.
                           Zur Stromerzeugung dienen 3 Paar von elektrischen Maschinen,
                              									welche in dem unweit der Halle gelegenen Maschinenhause aufgestellt sind. Jedes
                              									derselben besteht aus einer kleineren primären dynamo-elektrischen Maschine, welche
                              									einen gleichgerichteten Strom erzeugt, der in der secundären gröſseren Maschine
                              									kräftige Elektromagnete erregt. Zwischen diesen Elektromagneten der secundären
                              									Maschine rotirt ein Ring mit Drahtspulen ohne Eisenkern, in welchen hierbei
                              									Wechselströme entstehen, welche, zu den Lampen geführt, dort das Licht erzeugen. In
                              									der Secunde tritt ein 120maliger Wechsel der Stromrichtung ein. (Der Betrieb mit
                              									Wechselströmen bietet folgende Vortheile: Wegfall des Commutators, Unempfindlichkeit
                              									gegen Schwankungen im äuſseren Widerstände, Vorhandensein mehrerer von einander
                              									unabhängiger Stromkreise, Dauerhaftigkeit, ökonomischer Betrieb.) Jede dieser
                              									Maschinen ist dazu eingerichtet, zwei getrennte Stromkreise, deren jeder 5 Lampen
                              									enthält, zu speisen. Durch das Einsetzen von Stöpseln in den angebrachten
                              									Generalumschalter, an dessen eines Schienensystem die aus der Halle kommenden
                              									Leitungen geführt sind, während das kreuzende System mit den nach den Maschinen
                              									geleiteten Drähten verbunden ist, ist man in der Lage, die beliebige Verbindung
                              									zwischen jedem Stromkreise einer Maschine und jeder Lampengruppe herzustellen. Die
                              									Leitungen sind oberirdisch geführt und bestehen aus kräftigen Kupferdrahtseilen,
                              									welche auf Porzellanglocken isolirt sind. Zur Rückleitung dient eine gemeinsame
                              									Erdleitung, welche in einen vorhandenen unterirdischen Kanal versenkt wurde.
                           Zum Betriebe der elektrischen Maschinen dienen zwei von A. Borsig angefertigte liegende
                              									Hochdruck-Dampfmaschinen von je 15e. Jedes der
                              									drei elektrischen Maschinenpaare kann von einer oder der anderen derselben in
                              									Thätigkeit gesetzt werden. Mittels Scheibenkupplung kann jeder der Motoren mit einer
                              									Zwischentransmissionswelle verbunden werden, die ihrerseits drei Vorgelege treibt,
                              									an welche die Maschinenpaare angeschlossen sind und welche einzeln ausgerückt werden
                              									können. Jedes Maschinenpaar wird von einer gemeinsamen Riemenscheibe, welche an
                              									einem dieser Vorgelege sitzt, mittels zweier auf derselben laufenden Riemen
                              									getrieben.
                           Die elektrischen Lampen sind am Gitterwerke der Dachconstruction
                              									aufgehängt. Bei der bedeutenden Höhe der Halle würde es unzweckmäſsig gewesen sein,
                              									die Vorrichtung zum Herablassen der Lampen, welches beim Einsetzen neuer Kohlenstäbe
                              									nach je 8 Stunden verflossener Brennzeit erfolgen muſs, in der Höhe anzubringen;
                              									dieselbe wurde daher unmittelbar über die Lampen gelegt. Von dem Dache herab hängt
                              									ein Drahtseil, welches die Vorrichtung trägt. Eine einfache, auf der Gallerie in der
                              									Höhe angebrachte Winde ermöglicht für den Fall, wenn Ausbesserungen nothwendig sind,
                              									das Drahtseil herabzulassen. Die durch ein Gegengewicht ausgewogene Lampe ist
                              									dagegen mittels eines Hakens zum Zweck des Einsetzens neuer Kohlenstäbe bis in
                              									erreichbare Höhe über dem Boden herabziehbar. Die Zuleitungsdrähte schlieſsen an die
                              									am oberen festen Teller sitzenden Klemmen an und die über die Rollen geführten
                              									Kupferdrahtseile, an welchen die Lampe selbst hängt, sind als Zuleitungen zu dieser
                              									benutzt, so daſs dieselbe auch während des Brennens beliebig gehoben und gesenkt
                              									werden kann.
                           Von ähnlichen Anlagen für Bahnhofsbeleuchtung, welche von Siemens und Halske zum Theil unter Benutzung von
                              									mittelstarken Lichtern von 350 und starken von 1200 Kerzen ausgeführt worden sind,
                              									sind a. a. O. genannt: Centralbahnhof in München mit 6 Maschinenpaare und 25
                              									Differentiallampen; Bahnhof Elberfeld mit 1 Maschinenpaare und 6 Lampen; der Südbahnhof in Wien mit 2
                              									Maschinen paaren und 17 Lampen (5 starken Lichtern); der Bahnhof Hannover mit 2
                              									Maschinenpaaren und 18 Lampen; der östliche Berliner Stadtbahnhof mit gleichfalls 2
                              									und 12; der Bahnhof Düsseldorf mit 1 und 10; der Bahnhof Straſsburg endlich mit 1
                              									Maschinenpaare und 8 Differentiallampen.
                           Bahnhof in Hannover (Fig. 8): Die
                              									Halle in Hannover liegt im Hochstock und 4 Treppen x
                              									führen aus den Wartesälen auf die Mittelperrons der Halle, 4 Lampen l liegen in einem und 4 Lampen L in einem anderen Stromkreis. Gewöhnlich brennen nur erstere Lampen.
                              									Nebenbei brennt noch Gas in der Halle und auf den Treppen, welches schmutzig-gelb
                              									aussieht und nicht zur Geltung kommt.
                           Düsseldorf (Fig. 9) hat
                              									eine gedeckte Veranda von 5m,5 Höhe und etwa 90m Länge. In Folge der groſsen Menge Localzüge
                              									während der letzten Ausstellung (1880) hatte man einen offenen Perron von 150m Länge aus Pfosten angefügt und die ganze Anlage,
                              									gedeckte Veranda, offenen Perron, ferner das Vestibül und den Vorplatz elektrisch
                              									beleuchtet. Die Lampen l liegen in einem, die Lampen
                              										L in einem anderen Stromkreise. Auſserdem befindet
                              									sich am Heizhause etwa 400m entfernt in einer Höhe
                              									von ungefähr 12m ein starkes Licht, betrieben mit
                              									einer besonderen magneto-elektrischen Maschine mit gleich gerichteten Strömen und
                              									durch den im Heizhause befindlichen Motor, welches Licht den ganzen Raum um das
                              									Heizhaus auf je 150m genügend hell erleuchtet, um
                              									noch alle Zettel an den Wagen bequem lesen zu können. Im Freien sind die Lampen
                              									entfernter gestellt. Als Motor für die 10 Differentiallampen dient eine 8e-Gaskraftmaschine. Kosten der Gesammtanlage 15000
                              									M. Betriebskosten einer Lampe in der Stunde: Kohlenstäbe 10,8, Gas 10,8, Schmieröl
                              									1,1, Putzwolle 0,2, Lohn des Maschinisten 3,0 und 7 procentige Amortisation 6,3,
                              									zusammen 32,2 Pf.
                           In Elberfeld, wo eine alte 4e-Dampfmaschine mit
                              									stehendem Kessel als Motor dient, kostet die Lampe in der Sunde nur 24,7 Pf., und
                              									zwar betragen die Kosten für Brennstoff (Kohle) nur 4,0 Pf., die anderen Ausgaben
                              									bleiben sich gleich.
                           Bahnhof in Elberfeld (Fig. 10):
                              									Gedeckte Veranda. Die 4 Lampen der Veranda, sowie die 2 Lampen am Vorplatz sind in
                              									einen Stromkreis eingeschaltet, jedoch kann die Lampe m
                              									beliebig ausgeschaltet werden. Die Beleuchtung ist eine ruhigere wie in Düsseldorf.
                              									Ursprünglich hatte man continuirliche Ströme, dann Wechselströme mit
                              									Jablochkoff-Kerzen angewendet, schlieſslich die Hefner-Alteneck'sche
                              									Differentiallampe eingeführt. Der Bahnhof krönt den höchsten Punkt der Stadt und zu
                              									demselben führt eine steil ansteigende Straſse; die beiden Lampen am Vorplatz
                              									beleuchten die Zufahrtstraſse weithin bis zu der Brücke über die Rüppe auf etwa 400
                              									bis 500m.
                           Bahnhof in München (Fig. 11 und
                              										12): Der im Baue befindliche Centralbahnhof erhält den in Fig. 11
                              									angedeuteten Grundriſs und wird in der eingezeichneten Art beleuchtet werden. Die
                              									Gesammtbeleuchtung aller 4 gekuppelten Hallen wird 45 Lampen erfordern, und zwar zu
                              									je 5 Lampen in 9 Stromkreise getheilt. Zur Zeit des Vortrages war die Halle ab cd vollendet und vorübergehend in der aus Fig.
                                 										12 ersichtlichen Weise beleuchtet worden. Die 10 Lampen lagen in 2
                              									Stromkreisen. Ein Nachtheil der Anordnung der Lampen war, daſs, wenn 2 Züge
                              									gleichzeitig auf dem den Lampen entfernteren Geleise sind, am Mittelperron ein
                              									Kernschatten entsteht, welcher den Boden dunkel erscheinen läſst. Dieser Uebelstand
                              									ist durch zweckmäſsigere Aufhängung der Lampen bereits beseitigt. Bei Mittelperrons
                              									empfiehlt es sich stets, eine Reihe Lampen über diesen und zwar abwechselnd mit
                              									einander anzubringen. Es standen bereits 4 Gasmotoren von je 8e, also die Maschinen für die gesammte spätere
                              									Anlage im Maschinenräume, das sich im Kellergeschoſs befindet. Die Lampen brennen 4
                              									Stunden; neuester Zeit construirten Siemens und Halske
                              									auch Lampen mit 8stündiger Brenndauer.
                           Nach Angabe des Oberingenieurs Graff kostet eine
                              									Brennstunde für jede Lampe 78 Pf. Diese hohen Kosten sind in der kostspieligeren
                              									Brennkraft und Bedienung der Gasmotoren und darin zu suchen, daſs die Motoren für
                              									die Gesammtanlage zu verzinsen sind. Man beabsichtigt die Gasmotoren durch
                              									Dampfmaschinen zu ersetzen. Von jeder Lampe wird eine Bodenfläche von 470qm beleuchtet und die Wirkung der Beleuchtung ist
                              									günstiger wie am Anhalt'schen Bahnhofe in Berlin, da hier die Halle weniger hoch ist
                              									und die Seitenwände lichter sind.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
