| Titel: | Die Stahlkessel der „Livadia“. | 
| Autor: | Whg. | 
| Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 1 | 
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                        Die Stahlkessel der „Livadia“.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 1.
                        Die Stahlkessel der „Livadia“.
                        
                     
                        
                           In der Jahresversammlung der Institution of Naval
                                    											Architects vom 6. bis 8. April d. J. erstattete W.
                                    											Parker, Chief Engineer Surveyor of Lloyd's Register, einen
                              									ausführlichen Bericht über das eigenthümliche Verhalten der beim Bau der Kessel der
                              									k. russischen Yacht Livadia verwendeten Stahlplatten,
                              									von welchem nachstehend ein Auszug nach Engineering, 1881
                                 										Bd. 31 S. 376 gegeben ist.
                           Als Parker in der Jahresversammlung 1878 zuerst auf die
                              									Anwendung von weichem Stahl zu Schiffskesseln aufmerksam machte, waren erst zwei
                              									derartige Kessel ausgeführt. In den folgenden 12 Monaten wurden schon 120 Schiffe
                              									mit Stahlkesseln ausgerüstet und gegenwärtig sind etwa 1100 solcher Kessel, die ein
                              									Gesammtgewicht von 17000t Stahl vorstellen, auf
                              									Dampfschiffen in Gebrauch. Es gab in der ersten Zeit hauptsächlich zweierlei zu
                              									Befürchtungen Veranlassung, nämlich die Corrosion der Stahlplatten und die
                              									Möglichkeit, daſs spröde Platten mit zur Verwendung gelangen könnten. Der erste
                              									Punkt kommt hier nicht in Betracht. Bezüglich des zweiten Punktes hörte man zuweilen
                              									von seltsamen Brüchen von Stahlplatten, welche alle erforderlichen Prüfungen
                              									bestanden hatten, darauf vernietet waren und dann, ohne daſs sie berührt wurden,
                              									plötzlich gesprungen waren. Es kam dies sowohl bei Siemensstahl, wie bei
                              									Bessemerstahl vor. Eine groſse Anzahl derartiger Fälle war näher untersucht worden
                              									und immer hatte es sich gezeigt, daſs der Unfall auf innere Spannungen, durch eine
                              									ungeeignete Behandlung des Materials hervorgerufen, zurückzuführen war und daſs die
                              									Platten in der Nachbarschaft der Bruchstelle sich als vollkommen zäh erwiesen. Man
                              									hatte deshalb die Furcht vor eigentlich spröden Stahlplatten ziemlich aufgegeben,
                              									als plötzlich der Unfall mit den Livadia-Kesseln eintrat, der von allem bis dahin
                              									Erfahrenen abwich.
                           Die Stahlplatten dieser Kessel waren von C. Cammel und
                                 										Comp. in Sheffield aus Kohlenstoff armem, nach dem Siemensproceſs
                              									hergestelltem Fluſsstahl gefertigt. Im ganzen wurden 154 Platten verwendet und von
                              									denselben 219 Probestücke für Biegungsversuche abgeschnitten. Alle Stücke lieſsen
                              									sich sowohl vor, wie nach dem Tempern zu einem U zusammenbiegen; nur bei einigen war es
                              									nöthig, die Kanten vorher zu hobeln. Ferner wurden 14 Zugversuche auf den Werken
                              									gemacht, welche eine Zugfestigkeit von 41,1 bis 44k,6 auf 1qmm (26,1 bis 28,3 Tonnen auf 1
                              									Quadratzoll engl.) und eine Dehnung von 27,3 bis 34,3 Proc. ergaben.
                           Die Firma J. Elder und Comp. in Glasgow, welche die
                              									Platten zur Herstellung der Kessel verwendete, lieſs selbst noch einige Versuche
                              									anstellen, deren Resultate mit den auf den Stahlwerken erhaltenen ziemlich gut
                              									übereinstimmten. Man fand eine Zugfestigkeit von 41,7 bis 51k,5 auf 1qmm
                              									(26,5 bis 32,7 Tonnen) und eine Dehnung von 21,6 bis 29,3 Proc. Die Platten schienen
                              									demnach hinsichtlich der Zähigkeit und Biegsamkeit allen Ansprüchen zu genügen.
                           Die Livadia sollte mit 8 doppelten und 2 einfachen
                              									cylindrischen Kesseln von je 4m,343 Durchmesser
                              									(14'3'' engl.) und 4m,877 bezieh. 2m,590 (16' bezieh. 8'6'') Länge ausgerüstet
                              									werden. Die Kessel waren für einen Druck von 4k,9
                              									auf 1qc (70 Pfund) bestimmt. Die Mantel sollten
                              									von Stahl, die inneren Theile von Eisen sein. Die Stahlplatten waren 19mm (¾'') dick, die Nieten 25mm (1''). Die Längsnähte wurden dreifach, die
                              									Quernähte doppelt (mit Ueberlappung) genietet. Die Nietlöcher wurden sämmtlich
                              									gestanzt und zwar mit einem Durchmesser, der um 1mm,6 (1/16'') kleiner war als der der Nietbolzen. Die Platten wurden darauf leicht
                              									erwärmt, in die erforderliche Krümmung gebogen und dann zusammengesetzt, worauf die
                              									Nietlöcher zu der erforderlichen Weite aufgerieben wurden. Hierbei fiel eine Platte
                              									von dem Krahnhaken herab auf ein Metallstück, wodurch dieselbe eine bedeutende
                              									Beule, aber keine Sprünge oder sonstige Verletzungen in der Nähe der Beule erhielt.
                              									Dagegen zeigte sich bei genauer Untersuchung, daſs die Platte neben einer groſsen
                              									Anzahl Nietlöcher gerissen war. Der Vertreter des Stahlwerkes, Hr. Alexander, sprach nach Besichtigung der Platten die
                              									Ansicht aus, daſs die Platten sämmtlich durch das Stanzen gelitten hätten und
                              									sorgfältig ausgeglüht werden müſsten, um das Material wieder in den normalen Zustand
                              									zurückzuführen. Die Platten wurden demgemäſs nach Sheffield zurückgeschickt und in
                              									einem eigens dazu hergerichteten Ofen, in welchem die Platten dicht auf einander
                              									gepackt lagen, ausgeglüht. Wieder in Glasgow angekommen, wurden sie dann vernietet
                              									und die Kessel fertig gestellt, ohne daſs ein weiterer Anlaſs zu Besorgnissen
                              									vorkam.
                           Als man den ersten Kessel der Wasserdruckprobe unterwarf, platzte der Mantel, ehe der
                              									Probedruck von 9k,8 (140 Pfund) erreicht war, an
                              									drei Stellen aus einander und zwar dicht hinter den Längsnähten. Den zweiten Kessel
                              									fand man schon in ähnlicher Weise geplatzt, ehe überhaupt Wasser hineingebracht war.
                              									Hiernach befahl man sofort, die Mantel der Kessel wieder zu entfernen und durch
                              									andere zu ersetzen, welche dann aus Platten von der Steel
                                 										Company of Scotland in genau der gleichen Weise hergestellt wurden. Diese Platten
                              									gaben bei der Verarbeitung zu keinen Bedenken Ursache und die Kessel bestanden die
                              									Druckproben.
                           Bei der Untersuchung der geborstenen Platten fand man, daſs sie auſserordentlich
                              									spröde waren; mit einem Schlage eines gewöhnlichen Schmiedehammers konnte man leicht
                              									groſse Stücke abtrennen. Es lag hier also ein Material vor, welches alle die
                              									mechanischen Prüfungen befriedigend bestanden hatte, welche von der Lloyd's Registry, der Admiralty und. dem Board of Trade als für den
                              									Kesselbau genügend anerkannt sind und das nun so spröde wie Guſseisen oder noch
                              									spröder geworden war, nachdem es nur der beim Kesselbau üblichen Behandlung
                              									unterworfen war. Die zunächst von bedeutenden Chemikern angestellten Analysen gaben
                              									zwar für die verschiedenen Stücke etwas von einander abweichende Resultate, lieſsen
                              									jedoch keinen Grund erkennen, weshalb das vorliegende Material ein anderes Verhalten
                              									als gewöhnlicher guter Stahl zeigen sollte.
                           Es wurden nun von einer der gerissenen Platten, die durch sorgfältiges Ausbohren der
                              									Nietbolzen von den andern gelöst war, die Stücke B bis
                              										G von 2,5 und 3,8 bezieh. 5cm Breite (vgl. Fig. 1 Taf.
                              									1), welche kalt ausgesägt wurden, von Prof. Kennedy auf
                              									Zugfestigkeit und Dehnung untersucht. Erstere ergab sich zu 46,1 bis 47k,6 auf 1qmm
                              									(29,25 bis 30,20 Tonnen auf 1 Quadratzoll), letztere zu 19,5 bis 28,2 Proc.; die
                              									Elasticitätsgrenze lag zwischen 24,3 und 28k,7
                              									(15,43 und 18,2 Tonnen). Die Resultate lieſsen also hinsichtlich der Zähigkeit und
                              									Dehnung nichts zu wünschen übrig. Die Bruchfläche zeigte jedoch, abweichend von
                              									gewöhnlichem gutem Stahl, Spuren von blätterigem Gefüge, eine besondere Farbe und
                              									Krystallisation. Mit den 10cm breiten Streifen a bis d wurden
                              									Biegungsversuche gemacht. Sie zeigten sich bei den Nietlöchern auſserordentlich
                              									spröde und brachen quer durch die Nietlöcher bei einem Hammerschlage ab, während sie
                              									sich in kurzer Entfernung von den Löchern kalt zu einer Krümmung zusammenbiegen
                              									lieſsen, wie sie bei gutem Stahl nur erwartet werden kann; einen der Streifen,
                              									welchen man bis zur Weiſsglut erhitzt und langsam gekühlt hatte, konnte man fast
                              									dicht zusammenbiegen, ohne daſs irgend ein Zeichen eines Bruches sichtbar wurde.
                           Um den Einfluſs des Stanzens auf das Material näher zu untersuchen, wurden einige
                              									Löcher in diese Streifen gestanzt und man fand, daſs sie ohne Ausnahme sofort ebenso
                              									spröde wurden wie das Material in der Nähe der ursprünglichen Nietlöcher; immer
                              									genügte ein Hammerschlag, um sie querüber durchzubrechen, und eine merkliche Biegung
                              									lieſs sich an denselben nicht hervorbringen. Es wurden dann in einige andere Stücke
                              									ebenfalls Löcher gestoſsen; das eine derselben wurde nach dem Stanzen ausgeglüht, in
                              									einem zweiten wurden die Löcher so weit aufgerieben, daſs der gröſste Durchmesser
                              									noch um 3mm,2 (⅛'') gröſser wurde, und in einem dritten wurden die
                              									Löcher gebohrt. Alle drei Stücke lieſsen sich querüber den Löchern zu einem rechten
                              									Winkel aufbiegen, ohne zu brechen. In ähnlicher Weise wurden auch Stahlstücke von
                              									der Steel Company of Scotland, der Landore-Siemens Steel Company und der Parkhead Steel Company untersucht; bei diesen schien
                              									jedoch das Stanzen kaum die Biegsamkeit des Materials zu beeinflussen; die Streifen
                              									mit durchgestoſsenen Löchern lieſsen sich quer durch die Löcher ebenso gut biegen
                              									wie die Streifen ohne Löcher. – Von den beiden Stücken e und f brach das eine durch einen
                              									Hammerschlag in kleine Stücke, während das andere, nachdem es ausgeglüht war, sich
                              									sehr gut biegen lieſs. Das Stück K wurde erst
                              									ausgeglüht und dann gestanzt; es war nahezu, wenn nicht ganz, ebenso spröde wie ein
                              									nicht ausgeglühtes Stück, während das Stück L, das
                              									wieder erst gestanzt und dann ausgeglüht wurde, sich gut biegen lieſs. Ein Streifen
                              										H, welcher schräg zwischen den Nietlöchern
                              									herausgeschnitten und an den Kanten gehobelt wurde, bis die Nietlöcher eben
                              									verschwunden waren, zeigte eine Zugfestigkeit von 46k,1 (29,25 Tonnen), aber eine Dehnung von nur 4,7 Proc. Der Streifen I wurde schmaler gehobelt, so daſs von den Löchern aus
                              									wenigstens noch 3mm,2 (⅛'') Material weggenommen
                              									wurde. Die Zugfestigkeit dieses Streifens betrug 48k,2 (30,58 Tonnen), die Dehnung 16,8 Proc., also bedeutend mehr als die
                              									Dehnung von H. Beide Streifen waren nach dem Versuche
                              									verbogen. Auch in die Streifen g, h und i wurden Löcher gestanzt; in einem wurden die Löcher
                              									dann aufgerieben, ein anderer wurde ausgeglüht. Ersterer ergab eine Zugfestigkeit
                              									von 43k,5 (27,6 Tonnen) bei einer Dehnung von 7,5
                              									Proc., letzterer eine Zugfestigkeit von 41k,9
                              									(26,6 Tonnen) und eine Dehnung von 6 Proc; das einfach gestanzte Stück riſs ohne
                              									merkbare Dehnung kurz ab bei einem Zuge von 29k
                              									(18,4 Tonnen).
                           Diese Resultate zeigten deutlich, daſs das Metall in der Nähe
                                 										der Nietlöcher vollständig spröde geworden war, daſs es durch Ausglühen wieder
                                 										verbessert werden konnte und daſs anderer Stahl von anscheinend derselben
                                 										chemischen Zusammensetzung durch das Stanzen nicht so beeinfluſst
                                 									wurde.
                           Aber auch ein schmaler Streifen, welcher an einer von allen Nietlöchern entfernten
                              									Stelle aus der Platte geschnitten war, wurde sehr spröde befunden. Die Bruchfläche
                              									dieses Stückes hatte ein ganz eigentümliches Aussehen. Die äuſsere, etwa 1mm,5 dicke Schicht der einen Seite zeigte
                              									spiegelnde Facetten von 3 bis 6mm Breite, während
                              									die übrige Bruchfläche ein feinkörniges, krystallinisches, aber streifiges Aussehen
                              									hatte. Jene äuſsere Schicht war sehr weich und enthielt keinen Kohlenstoff; in der
                              									unmittelbar darunter liegenden Schicht war etwas, im Innern der Platte mehr
                              									Kohlenstoff vorhanden. Mit einem andern Stücke wurde nun eine genaue Untersuchung in
                              									dieser Richtung angestellt. Das Stück wurde durch Hobeln in 14 Schichten von je 1mm,4 Dicke zerlegt, welche dann einzeln analysirt
                              									wurden. Es ergab sich hierbei, daſs nicht nur der Gehalt an Kohlenstoff, sondern
                              									auch der Gehalt an Mangan, Phosphor und Schwefel in den verschiedenen Schichten sehr
                              									verschieden war. Wie aus Fig. 2 zu
                              									ersehen, nahm bei dem Versuchsstück der Kohlenstoff-, der Schwefel- und der
                              									Phosphorgehalt von den Oberflächen des Bleches nach dem Innern hin zu und erreichte
                              									in der 9. Schicht ein Maximum. Aus dieser Ungleichförmigkeit des Bleches in den
                              									verschiedenen Schichten läſst sich auch die Verschiedenheit der bei den früheren
                              									Analysen von den verschiedenen Chemikern gefundenen Resultate erklären. Die übrigen
                              									Stücke, welche bei den Versuchen zerrissen wurden, zeigten gleichfalls ein ganz
                              									anderes Aussehen als guter Stahl. Die Bruchflächen waren theils krystallinisch,
                              									theils seidenartig, andere waren blätterig und mit Rissen angefüllt und die Farbe
                              									war durchaus verschieden von dem schönen Dunkelgrau, welches guten Stahlsorten eigen
                              									ist.
                           Es lag hiernach die Vermuthung nahe, daſs die Platten aus einem etwas schwammigen
                              									Guſsblock (Ingot) oder aus einem flachen Block, ohne vorher gehämmert zu werden,
                              									gewalzt seien, daſs sie mit einem Wort nicht genug mechanische Arbeit in sich
                              									aufgenommen hatten. Demgemäſs wurden nun die Stücke X
                              									und Y zur Rothglut erhitzt und auf die halbe Dicke
                              									ausgewalzt. Die dann aus denselben herausgeschnittenen Streifen lieſsen sich auch,
                              									nachdem Löcher in dieselben gestanzt waren, noch gut biegen, einige bis zu rechten
                              									Winkeln; nur einer brach kurz ab. Keiner aber zeigte eine so auſserordentliche
                              									Sprödigkeit, wie sie vorher beobachtet worden war. Drei auf Zugfestigkeit
                              									untersuchte Stücke ergaben die Bruchbelastungen von 52, 54 bezieh. 51k auf 1qmm (33,
                              									34,25 bezieh. 32,3 Tonnen) und Dehnungen von 12, 11,25 bezieh. 17,5 Proc. Das die
                              									Dehnung von 17,5 Proc. zeigende Stück war ausgeglüht. Die Bruchflächen waren fein
                              									seidenartig, nicht mehr blätterig und krystallinisch; auch die Farbe war die gleiche
                              									wie bei gutem Stahl geworden. Es hatte demnach diese weitere Bearbeitung die
                              									Qualität des Stahles bedeutend gebessert.
                           Die auſserordentliche Sprödigkeit der Platten nach dem Stanzen würde nun das Bersten
                              									des Kessels bei der Wasserdruckprobe sehr gut erklären, wenn die Platten nicht nach
                              									dem Stanzen ausgeglüht wären. Da sie aber an den Nähten auch nachher noch so spröde
                              									waren, nach einem nochmaligen Ausglühen dagegen biegsam wurden, so ist es
                              									augenscheinlich, daſs die Platten das erste Mal nicht ordentlich ausgeglüht sein
                              									konnten. Es wird hiernach fraglich, ob es überhaupt möglich ist, sehr groſse Platten
                              									so auszuglühen, daſs alle Spannungen, die durch Stanzen, stellenweise Erhitzung o.
                              									dgl. hervorgerufen sind, aufgehoben werden, und es folgt hieraus, daſs es immer
                              									räthlich sein wird, die
                              									Löcher in solchen Platten zu bohren und so die Nothwendigkeit des Ausglühens zu
                              									vermeiden.
                           Es wurden in der Folge auch noch andere Platten von Parker untersucht, welche bei der Verwendung im Schiffbau ebenfalls in
                              									auffallender Weise gesprungen waren. Die Untersuchungen wurden in der gleichen Weise
                              									geführt und ergaben die gleichen Resultate. Auch von diesen Platten wurden Stücke
                              									von 23mm,8 (15/16'') auf 7,9 und 9mm,5 (5/16 und 6/16'') ausgewalzt, und zwar das eine Stück bei
                              									gewöhnlicher Erwärmung, ein zweites bei Weiſsglühhitze und ein drittes bei so
                              									niedriger Temperatur, wie es ohne die Walzen zu zerbrechen möglich war. Von allen
                              									drei Stücken gaben abgescherte unbehobelte Streifen gute Biegungsresultate, wenn
                              									auch das erste bei der gewöhnlichen Temperatur gewalzte Stück die gröſsten Biegungen
                              									aushielt. Es lieſs sich erkennen, daſs geringe Unterschiede in der Temperatur beim
                              									Walzen keinen wesentlichen Einfluſs auf die Güte des Materials haben können. Auch
                              									diese Versuche bestätigten die gemachte Erfahrung, daſs durch das Stanzen die
                              									Stahlplatten in der nächsten Nähe der gestanzten Löcher spröde werden, aber um so
                              									weniger, je mehr mechanische Arbeit die Platten in sich aufgenommen haben.
                           Im Anschluſs hieran mögen noch die Resultate einiger die gleiche Sache betreffenden
                              									Versuche mitgetheilt werden, welche auf Veranlassung des Board of Trade von Kirhaldy ausgeführt und in
                              									einem kürzlich erschienenen Berichte (vgl. Engineering,
                              									1881 Bd. 31 S. 283) veröffentlicht wurden. Die Versuche wurden mit Stahlplatten von
                              										6mm,35 (¼''), 12mm,7 (½'') 19mm,05 (¾'') und 25mm,4 (1'') Dicke, welche von der Steel Company of Scotland geliefert waren, angestellt
                              									und zwar zunächst mit 30cm (12'') breiten Stücken,
                              									die mit zwei Reihen Nietlöchern versehen wurden. Die Löcher wurden in einigen
                              									Stücken von jeder Blechdicke gebohrt, in anderen gestanzt und ein Theil der Stücke
                              									mit gestanzten Löchern wurde ausgeglüht. Es stellte sich heraus, daſs die
                              									Zugfestigkeit der Stücke mit gestanzten Löchern beträchtlich geringer war als die
                              									der Stücke mit gebohrten Löchern, daſs dieser nachtheilige Einfluſs des Stanzens
                              									durch das Ausglühen fast, doch nicht ganz wieder aufgehoben wurde, daſs die
                              									Differenz zwischen den Bruchbelastungen bei gestanzten und bei gebohrten Löchern mit
                              									der Dicke der Bleche zunahm und endlich, daſs der Bruchmodul für die gebohrten, ja
                              									selbst für die gestanzten und nachher ausgeglühten Stücke (berechnet nach dem
                              									zwischen den Nietlöchern verbleibenden Querschnitt) gröſser war als für das volle
                              									Blech. Das letzte etwas auffallende Resultat erklärt sich wohl daraus, daſs der bei
                              									den durchlöcherten Stücken in Betracht gezogene kleinste Querschnitt nur auf einer
                              									verschwindend kurzen Strecke vorhanden ist. Viel wichtiger sind aber die bezüglich
                              									der Dehnung erhaltenen Resultate, welche in folgender Tabelle zusammengestellt
                              									sind:
                           
                           
                              
                                 
                                 Verlängerung der Löcher beim Bruchin
                                    											Proc.
                                 
                              
                                 ¼''
                                 ½''
                                 ¾''
                                 1''
                                 
                              
                                 Gebohrt
                                 24,3
                                 37,0
                                 37,6
                                 33,5
                                 
                              
                                 Gestanzt
                                 11,7
                                 18,5
                                 11,1
                                   4,3
                                 
                              
                                       „       und ausgeglüht
                                 27,1
                                 35,1
                                 33,0
                                 29,8
                                 
                              
                                 Die Dehnung des nicht durch-   lochten Bleches
                                    											war
                                 17,2
                                 26,9
                                 26,0
                                 24,4
                                 
                              
                           Es zeigte sich also auch hier sehr deutlich, wie sehr die
                              									Dehnbarkeit und damit auch die Biegsamkeit des Stahlbleches, namentlich aber der
                              									dickeren Sorten durch das Stanzen leidet. Die Dehnung war ferner, wie auch die
                              									Zugfestigkeit, bei den dünnen Blechsorten überhaupt gröſser als bei den dicken; nur
                              									das ¼'' starke Blech, welches wohl von besonders harter Qualität sein muſste, machte
                              									hiervon hinsichtlich der Dehnung eine Ausnahme.
                           Bei einer zweiten Versuchsreihe, die sich auch auf gestanzte und dann im Verhältniſs
                              									von 13:16 aufgeriebene Löcher erstreckte, erhielt man die folgenden Resultate:
                           
                              
                                 
                                 Verlängerung der Löcher beim Bruchin
                                    											Proc.
                                 
                              
                                 ¼''
                                 ½''
                                 ¾''
                                 1''
                                 
                              
                                 Gebohrt
                                 32,0
                                 44,0
                                 32,0
                                 44,0
                                 
                              
                                 Gestanzt
                                   9,5
                                 12,0
                                 10,6
                                   3,0
                                 
                              
                                       „       und ausgeglüht
                                 36,5
                                 43,0
                                 35,3
                                 26,0
                                 
                              
                                       „       und aufgerieben
                                 22,0
                                 28,5
                                 22,6
                                 25,0
                                 
                              
                           Hiernach ist das Aufreiben in dem genannten Verhältnisse von
                              									13:16 nicht genügend; besonders bei den dünneren Blechen müssen die Löcher bedeutend
                              									mehr aufgerieben werden, wenn dieselbe Dehnbarkeit wie durch das Ausglühen wieder
                              									erreicht werden soll.
                           
                              
                                 Whg.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
