| Titel: | Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation. | 
| Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 40 | 
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                        Ueber Neuerungen in der
                           								Zuckerfabrikation.
                        (Fortsetzung des Berichtes von S. 122 Bd.
                           								240.)
                        Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation.
                        
                     
                        
                           Reinigung des Rübensaftes. Bekanntlich bedient man sich
                              									bereits in vielen Fabriken der doppelten Saturation, indem man nach vorhergegangener
                              									Trennung des reinen Saftes von dem Schaumniederschlage diesem neuerdings geringe
                              									Kalkzugaben beisetzt und ihn abermals dem Processe der. Saturation unterwirft. Die
                              									Vortheile dieses Verfahrens ohne groſse Kosten mit den in den anderen Fabriken
                              									vorhandenen Werksvorrichtungen nach Möglichkeit auszunutzen, soll man nach K. Rivnac (Zeitschrift für
                                 										Zuckerindustrie in Böhmen, 1880 Bd. 4 S. 371), um Zeit zu gewinnen, sich
                              									nur ein Saturationsgefäſs mehr anschaffen, den einmal mit möglichst genügender
                              									Kalkzugabe saturirten Kesselinhalt gut absitzen lassen, den Schaum wie gewöhnlich
                              									nach den Schaumpressen abziehen, den klaren, im Kessel zurückgebliebenen Saft
                              									abermals mit wenig Kalk versetzen und nochmals saturiren. Dadurch trennt man den
                              									ursprünglichen Inhalt des Kessels etwa in 20 Proc. Schaumsaft und 80 Proc. klaren
                              									Saft und hat 80 Proc. doppelt und 20 Proc. einmal, aber gut saturirten Saft
                              									erhalten.
                           
                           Die Zuckerfabrik Gandersheim scheidet in der sogen. ersten Saturation die Rübensäfte
                              									mit 1,8 Procent der verarbeiteten Rüben an Kalk und läſst hier die Säfte bis auf
                              									0,15 Proc. Kalkalkalität mit Kohlensäure behandeln. Nachdem der Schlamm durch
                              									Filterpressen entfernt ist, wird der klare Saft in der zweiten Saturation mit 0,18
                              									Proc. auf Rüben Aetzkalk (in Form von Kalkmilch) versetzt, dann wieder mit
                              									Kohlensäure bis auf 0,08 Proc. Kalkalkalität behandelt und durch Schlammpressen vom
                              									Schlamm befreit. Der klare Saft wird in der dritten Saturation mit schwefliger Säure
                              									bis auf 0,03 Proc. Kalkalkalität saturirt und geht dann über die Filter, welche mit
                              									gut gereinigtem Kies gefüllt sind. Die Filter laufen einzeln jeder für sich. Der
                              									filtrirte Dünnsaft wird eingedampft und als Dicksaft wieder über Kies filtrirt,
                              									hiernach im Vacuum auf Korn gekocht (vgl. Wagner's
                                 										Jahresbericht, 1880 S. 578). Die Analysen ergaben folgendes:
                           
                              
                                 
                                 Zucker
                                 Organisch.
                                 Asche
                                 Wasser
                                 
                              
                                 Krystallzucker
                                 99,7
                                 0,12
                                 0,08
                                 0,10
                                 
                              
                                 Zucker der 1. und 2. Woche
                                 97,1
                                 0,99
                                 0,81
                                 1,16
                                 
                              
                                 Zucker der 3. Woche
                                 96,0
                                 1,49
                                 1,01
                                 1,50
                                 
                              
                                 Füllmasse
                                 83,1
                                 6,75
                                 4,60
                                  5,55.
                                 
                              
                           
                              
                                 
                                 Sp. Gew.
                                 Brix
                                 Zucker
                                 Quotient
                                 Salze
                                 Kalk-alkalität
                                 
                              
                                 Dünnsaft
                                 1.
                                 Satur.
                                 1,0336
                                   8,4
                                    6,50
                                 77,4
                                 0,81
                                 0,19
                                 
                              
                                 „
                                 2.
                                 „
                                 1,0156
                                     3,95
                                    3,23
                                 81,8
                                 0,23
                                 0,04
                                 
                              
                                 „
                                 3.
                                 „
                                 1,0242
                                     6,05
                                    5,06
                                 83,6
                                 0,21
                                   0,035
                                 
                              
                                 Unfiltrirter
                                 Dicksaft
                                 1,1858
                                 41,2
                                 35,6
                                 86,4
                                 2,14
                                 0,16
                                 
                              
                                 Filtrirter
                                 „
                                 1,2046
                                 44,8
                                 38,8
                                 86,6
                                 2,30
                                 0,13.
                                 
                              
                           In der Zuckerfabrik Ouzic, welche sehr schlechte Rüben zu
                              									verarbeiten hat, setzt man nach A. v. Wachtel (Organ für Rübenzuckerindustrie der ö.-u. Monarchie,
                              									1880 S. 279 und 642) dem Saft eine gröſsere Menge Kalk bei 69° zu und erwärmt bis
                              									auf 85°. Man leitet die Kohlensäure durch 2 Pumpen in einen Behälter, von welchem
                              									die Vertheilung in die Saturation ausgeht. Man erreicht dadurch den Vortheil, daſs
                              									man einen gleichförmigen Kohlensäurestrom von beliebiger Mächtigkeit erzielen kann,
                              									so daſs die Saturation trotz gröſserer Kalkmengen in kürzerer Zeit als sonst zu Ende
                              									geführt werden kann. Um die Kohlensäure noch besser auszunutzen, sind drei
                              									Ausströmungsschlangen vorhanden. Der von der Saturation abgehende Saft wird wie
                              									gewöhnlich durch Filter pressen getrieben und nur der erhaltene vollkommen klare
                              									Saft in der Abzugsrinne mit Phosphorsäure versetzt. Der trüb laufende
                              									Saturationssaft, sowie die Absüſswässer der Filterpressen werden zur Kalkbereitung
                              									(nach vorherigem Löschen desselben mit reinem Wasser) verwendet und auf diese Art
                              									wieder benutzt. Die Zugabe der Phosphorsäure bezweckt, einen Theil der Kalksalze zu
                              									entfernen, während die Alkalinität nur wenig durch diese Zugabe verändert wird, so
                              									daſs man nur zum kleinsten Theil phosphorsaure Alkalien bildet, worauf der Saft von
                              									dem entstandenen Niederschlag an phosphorsaurem Kalk durch Filterpressen getrennt
                              									wird. Eine Probe des
                              									Diffusionssaftes zeigte 7,8 Saccharometer, 6,1 Polarisation, 7,8 Quotient.
                           Zur Scheidung wurden zunächst nach dem alten Verfahren 2,6 Proc. Kalk verwendet; die
                              									Saturation ging langsam von statten, der Schlamm lief sehr langsam durch die
                              									Filterpressen, die Alkalinität des saturirten Saftes betrug 0,078 Proc. Wegen Mangel
                              									an Wasser konnte der Schlamm nicht vollkommen ausgelaugt werden, um so mehr als er
                              									zähe war und daher dem Durchflieſsen des Saftes groſsen Widerstand
                              									entgegensetzte.
                           
                              
                                 Der saturirte Saft enthielt:
                                 
                              
                                 Polarisation
                                   6,12
                                 Proc.
                                 Alkalinität
                                 0,09
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Wasser
                                 92,54
                                 
                                 Kalk gefällt
                                   0,041
                                 
                                 
                              
                                 Nichtzucker
                                   1,34
                                 
                                 Quotient
                                 82
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Farbe nach Stammer
                                 42
                                 
                                 
                              
                           
                              
                                 Der Saturationsschlamm:
                                 
                              
                                 Wasser
                                 59,08
                                 Proc. =
                                 Wasser
                                 59,08
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Polarisation
                                   3,30
                                 
                                 Polarisation
                                   3,30
                                 
                                 
                              
                                 Kalk
                                 19,14
                                 
                                 Kohlensaurer Kalk
                                 25,68
                                 
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                 11,30
                                 
                                 Kalk, anderweitig gebdn.
                                   4,76
                                 
                                 
                              
                                 Nichtzucker
                                   7,18
                                 
                                 Nichtzucker
                                   7,18
                                 
                                 
                              
                           
                              
                                 Dünnnsaft
                                 Alkalinität
                                 0,0448
                                 Proc.
                                 Spuren Kalk
                                 
                              
                                 Dicksaft
                                 „
                                 0,0396
                                 
                                 Kein Kalk.
                                 
                              
                           
                              
                                 Die Füllmasse:
                                 
                              
                                 Polarisation
                                 79,1
                                 Proc.
                                 Kalk
                                 0,007
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Wasser
                                   7,09
                                 
                                 Quotient
                                 85,1
                                 
                                 
                              
                                 Asche
                                   4,97
                                 
                                 Farbe nach Stammer
                                 32
                                 
                                 
                              
                                 Org. fremde Substanzen
                                   8,84
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           Es wurde nun die Arbeit mit dem neuen Verfahren angefangen, mit einem Diffüsionssaft
                              									von 79,1 Proc. Saccharometer, 5,6 Proc. Polarisation, 71 Quotient. Zur Scheidung
                              									wurden 4,2 Proc. Kalk verwendet; die Saturation ging nun sehr glatt vor sich (Druck
                              									der Kohlensäure 1,5 bis 2at) und ging trotz
                              									groſser Kalkmengen rascher vor sich als im vorigen Versuche mit der alten
                              									Saturation. Ebenso ging die Auslaugung ohne Schwierigkeiten von statten, da dieser
                              									Kuchen ein körniges, nicht schlammiges Aggregat zeigte. Der saturirte Saft hatte
                              									folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 
                                 I
                                 
                                 II
                                 
                                 
                              
                                 Polarisation
                                   6,50
                                 Proc.
                                   6,05
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Wasser
                                 92,29
                                 
                                 92,71
                                 
                                 
                              
                                 Nichtzucker
                                   1,21
                                 
                                   1,24
                                 
                                 
                              
                                 Alkalinität
                                      0,112
                                 Proc.
                                 –
                                 
                                 
                              
                                 Kalk
                                      0,026
                                 
                                 –
                                 
                                 
                              
                                 Quotient
                                 84,3
                                 
                                 83,0
                                 
                                 
                              
                           Der Saturationsschlamm:
                           
                              
                                 Wasser
                                 36,65
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Polarisation
                                   3,80
                                 
                                 
                              
                                 Kohlensaurer Kalk
                                 40,45
                                 
                                 
                              
                                 Kalk (anderweitig gebunden)
                                   4,29
                                 
                                 
                              
                                 Nichtzucker
                                 14,81
                                 
                                 
                              
                           Diese Analyse zeigt, daſs hier mehr Kalk an Kohlensäure gebunden wird als bei dem
                              									alten Verfahren, so daſs die Menge des anderweitig gebundenen Kalkes
                              									verhaltniſsmäſsig gering ist. Mit dem Vorwalten des kohlensauren Kalkes bekommt der
                              									Preſskuchen das körnige Gefüge und läſst sich in Folge dessen verhaltniſsmäſsig
                              									leichter auswaschen, während im anderen Falle etwas mehr Zuckerkalk zurückbleibt,
                              									welcher als gutes Bindemittel dem Preſskuchen die Beschaffenheit des festen Thones
                              									verleiht, welche dem Durchlaufen der Flüssigkeit mehr Widerstand leistet. Demgemäſs
                              									enthält der Kuchen von der Saturation verhaltniſsmäſsig mehr Zucker, nämlich an 41
                              									Trockensubstanz 3,3 Proc. Polarisation, während der Kuchen von der Saturation unter
                              									Hochdruck auf 63 Proc. Trockensubstanz 3,8 Proc. Polarisation besitzt. Nach Zugabe
                              									von Phosphorsäure in den von den Filterpressen abgelaufenen klaren Saft wird die
                              									Alkalinität auf 0,056 Procent heruntergedrückt. Die Zusammensetzung des mit
                              									Phosphorsäure versetzten und vom entstandenen Niederschlag filtrirten Saftes
                              									war:
                           
                              
                                 Polarisation
                                   5,98
                                 Proc.
                                   5,63
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Wasser
                                 92,88
                                 
                                 93,30
                                 
                                 
                              
                                 Nichtzucker
                                   1,14
                                 
                                   1,07
                                 
                                 
                              
                                 Alkalinität
                                     0,056
                                 
                                     0,085
                                 
                                 
                              
                                 Kalk (gefällt)
                                     0,006
                                 
                                 –
                                 
                                 
                              
                                 Quotient
                                 84
                                 
                                 84
                                 
                                 
                              
                                 Farbe nach Stammer
                                 24
                                 
                                 –
                                 
                                 
                              
                           Preſskuchen nach Phosphorsäurezugabe:
                           
                              
                                 Wasser
                                 47,46
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Polarisation
                                   4,80
                                 
                                 
                              
                                 Phosphorsaurer Kalk
                                 19,67
                                 
                                 
                              
                                 Kohlensaurer Kalk
                                   1,95
                                 
                                 
                              
                                 Kalk, anderweitig gebunden
                                   3,91
                                 
                                 
                              
                                 Phosphorsaures Eisenoxyd und Thonerde
                                   8,43
                                 
                                 
                              
                                 Nichtzucker
                                 13,78
                                 
                                 
                              
                           Dieser Schlamm läuft durch die Filtrirpressen langsamer als
                              									der von der Saturation herrührende, weshalb, um keinen Aufenthalt zu verursachen,
                              									ein Theil des saturirten Saftes nicht mit Phosphorsäure versetzt wird, sondern
                              									direct auf die Filter läuft. Die Füllmasse bestand aus:
                           
                              
                                 Polarisation
                                   82,9
                                 
                              
                                 Wasser
                                     5,40
                                 
                              
                                 Asche
                                     4,96
                                 
                              
                                 Organische fremde Substanzen
                                     7,53
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                                 Quotient
                                   87,6
                                 
                              
                                 Kalk
                                 Spuren
                                 
                              
                                 Farbe nach Stammer
                                 20
                                 
                              
                           Rohzucker der nach dem Compressionsverfahren erzeugten
                              									Füllmasse, ohne Decke geschleudert:
                           
                              
                                 Polarisation
                                 95,00
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Wasser
                                   1,39
                                 
                                 
                              
                                 Asche
                                   1,28
                                 
                                 
                              
                                 Organische fremde Substanzen
                                   2,33
                                 
                                 
                              
                                 Rendement
                                   88,6
                                 
                                 
                              
                                 Quotient
                                   96,3
                                 
                                 
                              
                           
                           Hierbei abgelaufener Syrup, der Centrifuge entnommen:
                           
                              
                                 Polarisation
                                 56,80
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Wasser
                                 16,90
                                 
                                 
                              
                                 Asche
                                   9,81
                                 
                                 
                              
                                 Organische fremde Substanzen
                                 16,49
                                 
                                 
                              
                                 Alkalinität
                                   0,40
                                 
                                 
                              
                                 Kalk
                                   0,06
                                 
                                 
                              
                                 Farbe nach Stammer
                                 111.
                                 
                                 
                              
                           Das Verhältniſs zwischen Rohzucker und Grünsyrup (ohne Decke) ist ein
                              									auſserordentlich günstiges, da der Unterschied im Quotienten 96,3 bis 68,3 = 28,0
                              									Proc. ein so bedeutender ist, wie er wohl selten in einer anderen Fabrik übertroffen
                              									wird. Es deutet dieser Umstand auf ein sehr kräftiges Korn, leichte Krystallisation
                              									der Füllmasse, so daſs der Schwerpunkt der Reinigung hierin zu suchen ist (vgl. 1876
                              										220 190).
                           Der Hauptvortheil bei Benutzung der Phosphorsäure liegt in der verhältniſsmäſsig
                              									starken Abscheidung der Arabinsäure, desjenigen Körpers, welcher auf die
                              									Melassenbildung den gröſsten Einfluſs ausübt. Im Ganzen ist nach der Analyse eine
                              									Verbesserung von ungefähr 1 Proc. im Quotienten durch die Zugabe dieser Säure
                              									erzielt worden, und wenn man annimmt, daſs ein Theil Nichtzucker zwei Theile
                              									Rohzucker an der Krystallisation hindert, so sind hiermit die Kosten reichlich
                              									gedeckt. Bei der Entscheidung der Frage, ob dieser günstige Erfolg nicht durch eine
                              									abermalige Saturation mit billigeren Mitteln zu erreichen wäre, ist zu
                              									berücksichtigen, daſs beim Durchlaufen der Säfte durch die Filterpressen nach der
                              									Saturation stets kohlensaurer Kalk gelöst wird, welcher bei der zweiten Saturation
                              									nicht wieder entfernt werden kann, da Kohlensäure hieraus löslichen doppelt
                              									kohlensauren Kalk bildete; durch die Phosphorsäure wird aber der kohlensaure Kalk
                              									zersetzt und Kalk abgeschieden. In diesem wesentlichen Punkte ist also die Anwendung
                              									der Phosphorsäure der doppelten Saturation vorzuziehen.
                           Die doppelte Saturation hat einen weiteren wunden Punkt, nämlich das leichte
                              									Uebersaturiren des Saftes. Man hilft sich zwar dadurch, daſs man Kalk zuvor zusetzt;
                              									doch ist damit die Gefahr nicht ganz gehoben, da der übersaturirte Saft doppelt
                              									kohlensauren Kalk gelöst enthält, welcher ein schweres Kochen der Säfte bewirkt und
                              									das Spodium durch Abscheidung von Kalkcarbonat sehr stark verunreinigt. Durch Zugabe
                              									von Phosphorsäure wird jedenfalls das Kalkcarbonat vor dem Filtriren entfernt und
                              									das Spodium kommt viel ausreichender und besser zur Wirkung in Bezug auf die
                              									Entfernung der Nichtzuckerbestandtheile. Hierin liegt der Schwerpunkt bei Anwendung
                              									dieser Säure, denn derselbe Erfolg kann durch die zweite Saturation niemals in so
                              									ausgiebigem Maſse erzielt werden.
                           A. v. Wachtel hat bereits früher (vgl. 1880 237 150) auf die Löslichkeit des arabinsauren Kalkes
                              									hingewiesen, welcher bei der Scheidung entsteht und durch spätere Operationen nicht mehr entfernt
                              									werden kann. Die Anwendung eines Ueberschusses von Kalk ist also vom chemischen
                              									Standpunkte aus nicht vortheilhaft; dagegen tritt dann die mechanische Wirkung mehr
                              									in den Vordergrund und ist sogar bei der heutigen Durchführung in der Praxis die
                              									Hauptsache. Die mechanische Wirkung der Saturation wird, falls einmal ein
                              									Kalküberschuſs angewendet wurde, um so gröſser sein, je mehr dieser Ueberschuſs
                              									beträgt. Durch Versuche, welche zur Feststellung der Grenze, von welcher an ein
                              									Ueberschuſs von Kalk angewendet wird, durchgeführt sind, läſst sich nachweisen, daſs
                              									die zur Scheidung und Saturation nothwendige Kalkmenge auſserordentlich gering ist.
                              									Der Saft wurde allmählich entweder mit Kalkmilch, oder flüssigem Zuckerkalke mit
                              									überschüssigem Kalk gemischt (wobei der Zuckergehalt genau bekannt war), oder mit
                              									festem gebranntem Kalk geschieden und saturirt und hierbei gefunden, daſs bei
                              									Anwendung von genügend Zeit und Wärme ⅛ Proc. Calciumoxyd bei der schlechtesten Rübe
                              									genügt, um beide Operationen, Scheidung und Saturation, vollkommen durchzuführen.
                              									Die erhaltenen Quotienten waren unmerklich niedriger als bei Anwendung der
                              									vierfachen Kalkmenge (85,5 und 85,9). Ein praktisches Merkmal, um die bei der Rübe
                              									nothwendige Kalkmenge zu ermitteln und eine Methode zu finden, welche geeignet
                              									erschien, den Diflusionssaft in dieser Richtung vorher zu untersuchen, um jedesmal
                              									die entsprechende Kalkmenge zusetzen zu können, war leider in einer der Fabrikation
                              									entsprechenden Weise nicht festzustellen.
                           In der Praxis wendet man daher immer einen Ueberschuſs von Kalk an, woraus folgt,
                              									daſs, je mehr die Kalkzugabe erhöht wird, desto besser die mechanische Reinigung,
                              									mithin die Gesammtreinigung ausfällt. Ist die Saturation eine entsprechende, so ist
                              									die gröſsere Kalkzugabe innerhalb praktischer Grenzen als rationell zu bezeichnen.
                              									Bei der Saturation können folgende Erscheinungen beobachtet werden: Je langsamer
                              									dieselbe verläuft, desto geringer fällt die erzielte Reinigung aus und desto mehr
                              									beträgt die schlieſsliche Alkalinität des Saftes. Der Grund hierfür liegt in der
                              									Bildung des dreibasischen Kalksaccharates und in dem Löslichwerden des entstandenen
                              									Kalkcarbonates, welches um so gröſser wird, je mehr davon vorhanden ist, je länger
                              									die Dauer der Einwirkung und je niedriger die Temperatur des Saftes gehalten wird.
                              									Es läſst sich diese Behauptung durch einen Versuch mit reinem Rohzucker und Kalk
                              									leicht beweisen. Wenn man reinen getrockneten dreibasischen Zuckerkalk von der
                              									Zusammensetzung C12H22O11(CaH2O2)3
                              									saturirt, so bekommt man eine dickflüssige weiſse Masse, welche den eingeleiteten
                              									Gasen vielen Widerstand entgegensetzt. Die Kohlensäure wird von der Substanz bis zu
                              									einem bestimmten Punkte stark absorbirt, worauf eine langsame Verflüssigung der
                              									Masse erfolgt. Eine Probe der Substanz, beim Eintritt der gröſsten Consistenz gezogen, hat von der
                              									ursprünglichen Zusammensetzung in folgender Weise abgewichen. Der ursprüngliche
                              									dreibasische Zuckerkalk bestand aus:
                           
                              
                                 Calciumoxyd
                                 30,32
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Polarisation
                                 90,51
                                 
                                 
                              
                                 Gebundenes Wasser
                                   9,18
                                 
                                 
                              
                           Verdünnt und ungefähr ½ Stunde saturirt:
                           
                              
                                 10,5
                                 Proc. Polar. =
                                   3,07
                                 Proc.
                                 CaCO3
                                 
                              
                                   5,26
                                 CaO
                                 13,94
                                 „
                                 zweibasischer Zuckerkalk
                                 
                              
                                   1,36
                                 Proc. CO2
                                   0,07
                                 „
                                 CaO.
                                 
                              
                           Zieht man die Probe früher, so waltet der Aetzkalk, zieht man sie später, der
                              									kohlensaure Kalk vor. Hier ist eine Verbindung von zweibasischem Zuckerkalk mit
                              									kohlensaurem Kalk entstanden. Setzt man die Saturation dieser Masse, besonders in
                              									der Kälte, weiter fort, so bekommt man nach einer sehr langsamen Filtration eine
                              									schwerflüssige, jedoch vollkommen klare und farblose Flüssigkeit von folgender
                              									Zusammensetzung:
                           
                              
                                 10,3
                                 Proc.
                                 Polar. =
                                   3,09
                                 Proc.
                                 CaCO3
                                 
                              
                                   3,42
                                 „
                                 CaO
                                 11,98
                                 „
                                 einbasischer Zuckerkalk
                                 
                              
                                   1,36
                                 „
                                 CO2
                                   0,01
                                 „
                                 CaO.
                                 
                              
                           Es ist somit eine Lösung von Kalkcarbonat im einbasischen Zuckerkalk entstanden, so
                              									daſs man den fortschreitenden Zerfall des dreibasischen Kalksaccharates, bezieh.
                              									dessen Uebergang in den zwei- und einbasischen Zuckerkalk, auch experimental
                              									verfolgen kann. Leitet man in das zuletzt besprochene Kalksaccharat Kohlensäure in
                              									der Kälte ein, so fällt der kohlensaure Kalk zum gröſsten Theil heraus, während ein
                              									kleiner Theil mechanisch gelöst bleibt und nach der Filtration beim Erhitzen
                              									vollständig herausfällt. Erhitzt man das obige Saccharat unter Kohlensäure-Zuleitung
                              									bis zum Kochen, so fällt neben kohlensaurem Kalk auch dreibasischer Zuckerkalk
                              									heraus, so daſs die darüber stehende Flüssigkeit nur eine geringe Alkalinität
                              									aufweist, während der Schlamm getrocknet 22,4 Proc. Polarisation zeigte, also eine
                              									Bestätigung für den obigen Verlauf des Processes lieferte. Läſst man die Flüssigkeit
                              									ohne Kohlensäure-Einströmung unfiltrirt erkalten, so löst sich der entstandene
                              									Niederschlag wieder auf. Da in der Praxis höhere Temperaturen angewendet werden,
                              									welche nahe an der Kochhitze liegen, so läſst sich annehmen, daſs bei der
                              									Saturation, nachdem dreibasisches Saccharat anwesend sein muſste, zuerst
                              									zweibasisches, dann einbasisches Saccharat entsteht, von welchen beiden bekannt ist,
                              									daſs zweibasisches Saccharat beim Kochen leicht in einbasischen und dreibasischen
                              									Zuckerkalk zerfällt und daſs einbasisches Saccharat kohlensauren Kalk in bedeutender
                              									Menge auflöst und in diesem Zustande beim Kochen in Kalkcarbonat, dreibasischen
                              									Zuckerkalk und Zucker zerfällt. Ein Theil des zersetzten dreibasischen Saccharates
                              									regenerirt sich also beim Einleiten von Kohlensäure in der Hitze theilweise, so daſs
                              									der Proceſs mehr Zeit in Anspruch nimmt, als er beim einfachen Verlauf erfordern würde. Leitet
                              									man die Kohlensäure langsam ein, so wird nicht nur der Proceſs wenig fortschreiten,
                              									sondern auch der bereits abgeschiedene kohlensaure Kalk theilweise in Lösung
                              									gebracht, und es kann geschehen, daſs bei schlechter Saturation ein Punkt eintritt,
                              									wo die Alkalinität einer filtrirten Probe wieder zu steigen beginnt, indem die
                              									Lösung des Kalkcarbonates rascher vor sich geht als die Carbonisirung. Bei rascher
                              									Saturation fallen diese Bedenken weg, mithin ist letztere vorzuziehen und dies ist
                              									auch in der Praxis anerkannt, da auch der Quotient bei rascher Behandlung, welche
                              									eine gröſsere Verdünnung des Zuckerkalkes vorausetzt, bedeutend besser ist. Daſs der
                              									nach der Saturation bleibende Schlamm stets Zuckerkalk enthält, läſst sich nicht nur
                              									aus dessen chemischer Zusammensetzung, sondern auch durch folgende Schlüsse
                              									ableiten.
                           Der Zuckergehalt des Schlammkuchens ist immer höher als der Concentration des Saftes,
                              									bezogen auf die in demselben vorhandene Wassermenge, entspricht. So wurde z.B. bei
                              									einem untersuchten Saturationssafte 6,05 Proc. Polarisation, 92,71 Proc. Wasser
                              									gefunden, der daraus erhaltene Saturationsschlamm enthielt bereits ausgelaugt 3,86
                              									Proc. Polarisation bei 36,35 Proc. Wassergehalt oder:
                           92,71 : 6,05 = 36,35 : x, woraus x = 22.
                           In unausgelaugtem Zustande sollten also, wenn kein
                              									Zuckergehalt im Schlamme vorhanden wäre, nur 2,2 Proc. Zucker enthalten sein; der
                              									höhere Gehalt an Zucker, welcher 3,8 – 2,2 Proc. = 1,6 Proc. beträgt, kann also nur
                              									als Zuckerkalk anwesend sein, welcher dem Auslaugen besser widersteht. In vielen
                              									Fällen beträgt die Polarisation des Schlammes sogar mehr als die des Saftes, aus
                              									welchem er entstanden ist. Es wäre jedenfalls zu bedenken, ob es nicht ökonomisch
                              									richtiger wäre, anstatt der sogenannten absoluten Auslaugung, welche mit groſsen
                              									Mengen Wasser arbeitet, da der Zuckergehalt jedenfalls schwerer löslich ist als
                              									Rohzucker, den Kuchen vollständig mit Kohlensäure zu saturiren. Es würden dann
                              									geringe Mengen Wasser zur Erschöpfung des Zuckers nothwendig sein und deshalb
                              									bedeutend reinere und concentrirtere Lösungen erhalten, welche die umständlichere
                              									Handhabung möglicher Weise decken könnten.
                           Daſs die Kohlensäure wie jede andere Säure besonders in der Hitze eine invertirende
                              									Wirkung besitzt, hat v. Lippmann (1880 237 148) nachgewiesen, weshalb es besser ist, die Zeit
                              									der Saturation nach Möglichkeit abzukürzen. Beim sogen. Uebersaturiren wird ein
                              									groſser Theil von kohlensaurem Kalk gelöst und bleibt selbst nach stundenlangem
                              									Kochen in Lösung; hierbei können die gelösten Mengen ziemlich bedeutend werden, so
                              									daſs die eingeschlossenen, dunkel gefärbten Verunreinigungen frei werden und
                              									abermals in die Safte gelangen, so daſs die Säfte beim Uebersaturiren stets dunkel
                              									sind. Eine eigenthümliche Erscheinung tritt jedoch mitunter auf, deren genauere Umstände noch nicht
                              									ermittelt werden konnten; in ausnahmsweisen Fällen scheidet sich beim Erhitzen der
                              									übersaturirten Lösung ein Niederschlag von folgender Zusammensetzung aus:
                           
                              
                                 69,40
                                 Proc.
                                 Magnesiumcarbonat
                                 
                              
                                 21,03
                                 „
                                 Calciumcarbonat
                                 
                              
                                   0,27
                                 „
                                 Kohlensäure
                                 
                              
                                   9,30
                                 „
                                 Verunreinigung.
                                 
                              
                           Dieses Auftreten der Magnesia beim Uebersaturiren kommt selten
                              									vor, zeigt aber, daſs jedenfalls die Magnesia bei der Saturation eine Rolle spielt,
                              									insbesondere in der späteren Alkalinität der Säfte vorzuherrschen scheint.
                           Nach Wachtel ist es ferner von allen Salzen nur das
                              									gelöste Kalkcarbonat, welches ein schweres Kochen des saturirten Saftes nach sich
                              									zieht, da Säfte der schlechten oder langsamen Saturation und übersaturirte Säfte
                              									schwer kochen, durch Zugabe von Mineralsäuren die Säfte normal werden und saturirte
                              									Zuckerkalklösungen nur dann schwer kochen, wenn sie verhältniſsmäſsig gröſsere
                              									Mengen Kalkcarbonat gelöst enthalten, was man aus dem Kohlensäuregehalt des
                              									eingedickten Saftes ermessen kann.
                           Bemerkenswerth sind auch noch die Umsetzungen, welche die gegen das Schäumen der
                              									Säfte angewendeten Fette erleiden. Die Fettsäuren verbinden sich in Wirklichkeit mit
                              									Kalk und geben mit diesem unlösliche Verbindungen, welche langsam herausfallen und
                              									besonders im Robert'schen Apparat sich absetzen. Das frei gewordene Glycerin,
                              									welches im Wasser löslich ist und nicht krystallisirt, wird man sämmtlich in der
                              									Melasse wieder finden. Es ist Wachtel zwar nicht
                              									gelungen, in der Melasse das Glycerin nachzuweisen, auch nicht in der Elutionslauge,
                              									hingegen hat er im sogenannten Nachlauf der Melassenspiritusraffination Acroleïn mit
                              									ziemlicher Sicherheit nachgewiesen.