| Titel: | Ueber die Gerbsäure der Eichenrinde. | 
| Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 69 | 
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                        Ueber die Gerbsäure der Eichenrinde.
                        Ueber die Gerbsäure der Eichenrinde.
                        
                     
                        
                           Abweichend von C. Böttinger (1880 238 62) und übereinstimmend mit Etti (1880
                              										237 170) findet auch J.
                                 										Löwe (Zeitschrift für analytische Chemie, 1881
                              									S. 208), daſs die Gerbsäure der Eichenrinde kein Glykosid ist. 10k bester Eichenrinde wurden erschöpfend mit 90
                              									procentigem Weingeist behandelt und die vereinigten weingeistigen Auszüge bei
                              									möglichstem Luftabschluſs zur Entfernung des Weingeistes der Destillation im
                              									Wasserbade unterworfen. Der dabei erhaltene syrupdicke Rückstand wurde mit dem 8 bis 10
                              									fachen Volumen destillirten heiſsen Wassers verflüssigt und das Ganze einige Tage
                              									zur Klärung der Ruhe überlassen. Es hatte sich dabei ein rothbrauner Niederschlag
                              									gebildet, während die über demselben stehende Flüssigkeit von tiefbrauner Farbe war.
                              									In das klare wässerige Filtrat trug man so lange möglichst reines festes Kochsalz,
                              									bis die Flüssigkeit damit gesättigt und ein kleiner Antheil desselben ungelöst
                              									blieb. Es entstand durch das Eintragen des Kochsalzes eine stark rothbraune Fällung,
                              									während die Flüssigkeit nach der Klärung eine mehr rothbraune Färbung annahm. Sie
                              									blieb zur völligen Klärung wieder mehrere Tage an einem dunkeln Orte stehen, dann
                              									wurde wieder filtrirt.
                           In der gesättigten Kochsalzlösung war alle in Wasser leicht lösliche Gerbsäure der
                              									Eichenrinde enthalten, allerdings neben Antheilen von Weingeist, Gallussäure u. dgl.
                              									Sie wurde deshalb so lange mit Aether geschüttelt, welcher die Gerbsäure der
                              									Eichenrinde kaum löst, bis die letzten Abzüge fast nicht mehr gefärbt waren und der
                              									Aether nach der Destillation keinen erheblichen Rückstand hinterlieſs. Der Rückstand
                              									der Aetherlösung enthielt nach längerem Stehen bei der Behandlung mit kaltem Wasser
                              									deutliche Mengen von Gallussäure. Auſserdem fand sich darin noch ein anderer Körper,
                              									der alle Eigenschaften einer Gerbsäure besaſs, dessen wässerige Lösung jedoch beim
                              									Erhitzen auf dem Wasserbade sich trübte und einen Niederschlag gab, der alle
                              									Eigenschaften und die Zusammensetzung der Ellagsäure zeigte. Wurde die wässerige
                              									Lösung wieder mit Aether ausgeschüttelt, so lieſs der Aether nach der Destillation
                              									einen abermaligen Rückstand, der sich nun weder in Aether, Weingeist, noch Wasser
                              									löste und sich bei der Prüfung gleichfalls als Ellagsäure zu erkennen gab. Die
                              									Ellagsäure konnte hier also nur während der Operation der Destillation oder des
                              									Erhitzens gebildet worden sein, denn sonst hätte sie nicht, als unlöslich, in die
                              									Aetherlösung gelangen können. Es wurde von dem Verfasser schon früher gezeigt, daſs
                              									der schleimige Ueberzug, welcher sich bei der Gerbung in Gruben auf den eingelegten
                              									Häuten bildet und von den Gerbern mit „Mut“ bezeichnet wird, vorzugsweise aus
                              									Ellagsäure besteht.
                           Der noch in der Kochsalzlösung enthaltene Aether wurde im Wasserbade bei gelinder
                              									Wärme abdestillirt und dieselbe nach guter Abkühlung unter Verschluſs wiederholt mit
                              									reinem Essigäther ausgeschüttelt, wobei sich die lösliche Gerbsäure der Eichenrinde
                              									in Essigäther auflöst und so der wässerigen Lösung entzogen werden kann. Die
                              									einzelnen Verdampfungsrückstände von der Essigätherlösung wurden mit wenig kaltem
                              									destillirtem Wasser übergössen und so lange in kleinen Antheilen noch mit Wasser
                              									versetzt, als dieses noch durch Trübung und Ausscheidung eines röthlichen
                              									Niederschlages in kleiner Menge entstand. Die Flüssigkeit war nach einigen Tagen
                              									gelbbraun, leicht zu
                              									filtriren und kam darauf zur langsamen Verdunstung unter den Exsiccator neben
                              									Schwefelsäure. Hier trocknete sie nach längerer Zeit zu einer glänzenden,
                              									rothbraunen, leicht abspringenden Masse aus, die zerrieben ein zimmtfarbenes Pulver
                              									liefert. Von kaltem Wasser werden Antheile davon erst unter Erweichen und
                              									theilweisem Zusammenballen klar aufgenommen. Diese Lösung fällt Eisenoxydsalze erst
                              									schwarzblau, dann mehr grauschwarz; sie gibt mit Brechweinstein, Eiweiſs, Leim und
                              									Alkaloiden anfangs gelbweiſse, dann mehr bräunlich werdende Ausscheidungen. Die
                              									Analyse führt auf die Formel: C28H30O15 oder C28H28O14H2O.
                           Es wurden ferner 25k Eichenrinde viermal mit
                              									gröſseren Mengen kalten destillirten Wassers ausgezogen, die Auszüge durch Flanell
                              									colirt und im Vacuum eingedampft. Der nach Ablassen des flüssigen Extractes an den
                              									Wänden des Vacuums bleibende Rest wurde darin zur Trockne eingedampft und auf diese
                              									Weise aus 25k Rinde 2k,25 flüssiges Extract und 570g fester
                              									Rückstand gewonnen. Beim Mischen des flüssigen Extractes mit 90 procentigem
                              									Weingeist entstand ein gelblichweiſser, in Weingeist unlöslicher Niederschlag,
                              									welcher nach Klärung der Flüssigkeit von dieser mittels eines Flanellfilters und
                              									schlieſslich durch ein Papierfilter getrennt wurde. Von den gesammelten
                              									weingeistigen Filtraten wurde möglichst vollständig der Weingeist abdestillirt, der
                              									Rückstand des Destillates nach dem Erkalten mit kaltem destillirtem Wasser vermischt
                              									und nun im Uebrigen ganz so verfahren wie bei den ersten weingeistigen Auszügen. Die
                              									Analyse des bei 120° getrockneten Rückstandes führte zu der Formel: C28H28O14 oder C28H24O12.2H2O.
                           Die beiden aufgestellten empirischen Formeln aus den Resultaten der beiden Analysen
                              									würden sich also nur unterscheiden durch 1 Molecül Wasser, welches die bei 120°
                              									getrocknete Gerbsäure weniger enthält. Die Analyse des Bleisalzes führte zu der
                              									Formel: Pb3C28H28O17 oder C28H22Pb3O14.3H2O.
                           Es wurden nun 10g reiner, neben Schwefelsäure
                              									getrockneter Gerbsäure in fein geriebenem Zustande in eine dickwandige Glasröhre
                              									gefüllt und hier in Wasser gelöst, welches 1 bis 2 Proc. Schwefelsäure oder
                              									Oxalsäure enthielt. Die Röhre war darauf nach möglichster Entfernung der Luft
                              									zugeschmolzen und im gesättigten Kochsalzbade bei einer Temperatur von 108 bis 110°
                              									acht Tage lang erhitzt. Nach Ablauf dieser Zeit war der Boden der Röhre mit einer
                              									starken braunen zusammenhängenden Ausscheidung ausgefüllt, während die über dem
                              									braunen Pfropfen stehende Flüssigkeit eine gelbrothe Farbe hatte. Die Flüssigkeit
                              									wurde filtrirt und die braune, fest zusammenhaftende Masse im Mörser gröblich
                              									zerkleinert und noch mit destillirtem Wasser gut abgewaschen. Die gesammelten
                              									Filtrate wurden mit reinem kohlensaurem Kalk in schwachem Ueberschuſs entsäuert und
                              									nach längerem Stehen
                              									zuletzt unter Erwärmen abermals filtrirt. Dieses zweite Filtrat konnte dann mit
                              									basisch essigsaurem Blei in schwachem Ueberschusse behandelt und nach der Klärung
                              									der Gehalt des Bleies aus diesem erneuten Filtrate durch Schwefelwasserstoff
                              									entfernt werden. Die in einer Platinschale zur Verdampfung gelangende farblose
                              									Schwefelwasserstofflösung färbte sich bei der Concentration gelblich und lieſs
                              									zuletzt in geringer Menge, kaum 0,5 bis 0g,7,
                              									einen rothbraunen Rückstand, der neben Schwefelsäure zu einer rissigen Masse
                              									austrocknete. Dieser bei der Behandlung der Gerbsäure der Eichenrinde in so geringer
                              									Menge erhaltene Stoff ist nur ein Zwischenproduct und nicht mit Zucker o. dgl. in
                              									Beziehung zu bringen.
                           Das bei dieser Behandlung der Gerbsäure der Eichenrinde in allergröſster Menge
                              									auftretende Eichenroth wurde nach dem Abwaschen erst längere Zeit neben
                              									Schwefelsäure getrocknet, dann feiner gepulvert und in dieser Zertheilung so lange
                              									mit 90procentigem Weingeist ausgekocht, bis die letzten Antheile desselben farblos
                              									abliefen. Die weingeistigen Auszüge färben sich dabei zwar tief rothbraun, doch sind
                              									die in Lösung gehenden Mengen nur gering; denn der gröſste Theil bleibt in Weingeist
                              									ungelöst und stellt so ein satt rothbraunes Pulver dar, welches bei 120° getrocknet
                              									der Formel C28H22O11 entspricht. Nach derselben würde
                              									sich ergeben, daſs die Bildung des Eichenroth aus der Gerbsäure der Eichenrinde sich
                              									durch Austritt von 4 oder 3 Mol. Wasser vollzieht, je nachdem man für die Berechnung
                              									die neben Schwefelsäure getrocknete Gerbsäure = C28H30O15
                              									oder die bei 120° getrocknete = C28H28O14 zu Grunde
                              									legt.
                           Der bei der Reindarstellung der Gerbsäure der Eichenrinde durch Zusatz von Kochsalz
                              									ausgeschiedene braune harzige Körper wurde nach dem Abwaschen und nach längerem
                              									Trocknen neben Schwefelsäure in 90procentigem Weingeist, dem zur Entfernung etwa
                              									vorhandenen Kalkes 1 Proc. Oxalsäure zugesetzt war, gelöst. Der Niederschlag wurde
                              									von diesem Lösungsmittel schon bei geringem Zusätze gut und leicht aufgenommen. Nach
                              									24 Stunden konnte filtrirt und das Filtrat mit dem 8 bis 10 fachen Volumen
                              									destillirten Wassers vermischt werden, bei welcher Verdünnung sich fast die ganze
                              									Menge des in Lösung gegangenen Körpers wieder ausschied. Zur schnelleren Klärung der
                              									Flüssigkeit erwies sich ein Zusatz von wenigen Tropfen Salzsäure als zweckmäſsig.
                              									Diese Operation des Lösens in Weingeist und der Fällung mit Wasser wurde 3 mal
                              									vollzogen, dann der Niederschlag auf einem Filter gesammelt, erst auf Flieſspapier,
                              									dann neben Schwefelsäure und zuletzt bei 120° getrocknet. Die so gereinigte Substanz
                              									besitzt die Eigenschaft, sich in kaltem Wasser nur wenig, in einer hinreichenden
                              									Menge von kochendem Wasser hingegen merklich leichter zu lösen. Beim Erkalten aber
                              									scheidet sich im letzteren Falle der gröſste Theil wieder aus, die Oberfläche der
                              									Flüssigkeit mit
                              									schillernden Häuten überziehend. Die erwärmte oder eine schwache weingeistige Lösung
                              									gibt mit essigsaurem Eisen eine blauschwarze Färbung mit bald folgendem
                              									Niederschlag, welch letzterer dann eine mehr grauschwarze Farbe annimmt; sie fällt
                              									Leim, Eiweiſs und die Lösungen der Alkaloide, sie hat somit auſser der
                              									Schwerlöslichkeit in kaltem Wasser alle Eigenschaften mit der reinen Gerbsäure der
                              									Eichenrinde gemein. Ist auch ihre Löslichkeit in kaltem Wasser nur eine geringe, so
                              									wird dieselbe bedeutend erhöht durch die Gegenwart von löslicher reiner Gerbsäure
                              									der Eichenrinde und eine concentrirte Lösung der letzteren vermag groſse Mengen von
                              									ihr zu verflüssigen. Dies ist wohl der Grund, weshalb sie sich überhaupt in der
                              									wässerigen Lösung vorfindet und erst durch den Zusatz von Kochsalz aus letzterer
                              									abgeschieden wird. Die bei 120 bis 125° getrocknete Substanz entspricht der Formel
                              										C28H24O12. Diese Formel ergibt, daſs der vorliegende Körper
                              									3 oder 2 Molecüle Wasser weniger enthält als die Gerbsäure der Eichenrinde, wenn man
                              									die Formel derselben = C28H30O15 oder C28H28O14 annimmt. Da nun der fragliche Körper fast alle
                              									Eigenschaften der Gerbsäure der Eichenrinde besitzt bis auf die Löslichkeit in
                              									kaltem Wasser, so hält ihn Löwe für das Anhydrid der
                              									Gerbsäure der Eichenrinde, während er den im Wasser löslichen Theil = C28H30O15 oder C28H28O14 als
                              									Gerbsäurehydrat ansieht. Die Zusammensetzung der Bleiverbindung entspricht der
                              									Formel C28H28O14PbO oder C28H22PbO12 + 3H2O.
                           Das Eichenroth ist von dem Anhydrid durch seine Unlöslichkeit in kaltem und heiſsem
                              									Wasser und namentlich in kochendem Weingeist hinreichend unterschieden. Von ätzenden
                              									Alkalien wird es nur theilweise und anscheinend nicht ohne Zersetzung
                              									aufgenommen.
                           Nach Seippel (Zeitschrift für
                                 										analytische Chemie, 1881 S. 91) ist es bei Ausführung der
                              									Gerbstoffbestimmung nach Löwenthal (1880 238 479) sehr vortheilhaft, nach Zusatz des sauren
                              									Wassers zu der Mischung von Gerbstoff- und Leimlösung etwa 5 Minuten lang stark zu
                              									rühren. Man erhält dadurch eine leicht filtrirbare klare Lösung.