| Titel: | Ueber das Ovalwerk; von C. H. Brinck. | 
| Autor: | C. H. Brinck | 
| Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 94 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Ueber das Ovalwerk; von C. H. Brinck.
                        Mit Abbildungen.
                        Brinck, über das Ovalwerk.
                        
                     
                        
                           Damit bei Leavitt's Werkzeugführung für Ovalwerke (vgl.
                              									1881 240 * 16) die das Werkzeug tragende Schwinge in
                              									jeder Lage des Ovalwerkes normal zum Umfang der erzeugten Ellipse stehe, ist es
                              									Bedingung, daſs der Ellipsenmittelpunkt O (vgl. die
                              									Textfiguren S. 16 und 17 Bd. 240) mit dem Schwingendrehpunkt (der Werkzeugschneide)
                              										A und dem Drehpunkt der Kurbel D während der Drehung des Ovalwerkes stets in einer
                              									Geraden liege. Da jedoch beim Leonardo'schen Ovalwerk der Ellipsenmittelpunkt einen
                              									Kreis (den kleinen Cardankreis) durchläuft, also nicht in der mit A und D festliegenden
                              									Geraden bleibt, so ist Leavitt's Apparat für dieses
                              									Oval werk nicht zu gebrauchen.
                           Für das Leonardo'sche Ovalwerk ergibt sich die Lösung der Aufgabe: „dem Werkzeug
                                 										eine solche schwingende Bewegung zu ertheilen, daſs seine Schneide das
                                 										elliptische Arbeitstück unter constantem Winkel angreift“, durch folgende
                              									Betrachtung. Es sei in nachstehender Fig. 1:
                           
                           S die Mitte der
                              									Drehbankspindel,
                           R die Mitte des am Spindelstock
                              									festgestellten kreisförmigen Ringes T,
                           K die Richtung der an die
                              									Drehbankspindel befestigten, mit dieser sich um S
                              									drehenden Schieberführung; ferner seien
                           F, F1 die mit dem Schieber, senkrecht zu seiner Bewegungsrichtung K, festverbundenen Führungsbacken, welche den Ring T berühren.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 241, S. 95
                              
                           Dreht sich nun das Ovalwerk, so beschreibt der in P
                              									festgestellte Angriffspunkt des Werkzeuges auf der bewegten Ebene des
                              									Ovalwerkschiebers eine Ellipse e. Der Mittelpunkt
                              									dieser Ellipse liegt in O, dem Fuſspunkt der
                              									Senkrechten von R auf K,
                              									der Mitte zwischen F und F1. Da der Winkel SOR während der Drehung des Ovalwerkes stets ein rechter bleibt und die
                              									Strecke SR ihre Gröſse und Lage nicht ändert, so
                              									durchläuft O einen Kreis d
                              									vom Durchmesser SR, mit dem Mittelpunkt A. Sind C und D die Durchschnittspunkte dieses Kreises mit der
                              									Geraden PCAD, so ist OC
                              									die Richtung der groſsen und OD die Richtung der
                              									kleinen Achse der Ellipse e (vgl. Arzberger 1879 231 * 130).
                              									Mit den abkürzenden Bezeichnungen: AP = l und AC = AD = ½ SR = r ergeben sich die Längen a und b der Halbachsen der Ellipse e:
                           a=l+r=DP und b=l-r=CP,
                           woraus noch folgt: l=\frac{a+b}{2} und
                              										r=\frac{a-b}{2}.
                           Es soll nun bewiesen werden, daſs die Normale der Ellipse e im Punkt P durch einen Punkt B geht, welcher auf dem Kreis d dem Ellipsenmittelpunkt O diametral
                              									gegenüber liegt. Bezogen auf die Hauptachsen der Ellipse e, seien mit x' = OH und y' = HP
                              									die Coordinaten des Punktes P und mit x'' = OC und –y'' = CB die Coordinaten
                              									des Punktes B bezeichnet. Wegen Aehnlichkeit der beiden
                              									Dreiecke OCB und CHP, aus
                              									Gleichheit der Winkel, ist nun:
                              										O\,C=x''=\frac{O\,H\,\times\,B\,O}{P\,C}=\frac{(x'-x'')\,(a-c)}{b};
                              									oder x''=x'\,\frac{a-b}{a}
                              									und
                              										C\,B=-y''=\frac{H\,P\,\times\,B\,O}{P\,C}=y'\,\frac{a-b}{b},
                              									und wenn man diese Werthe für x'' und y'' in die allgemeine Gleichung:
                           
                              y-y'=(x-x')\,\frac{y''-y'}{x''-x'}
                              
                           der Verbindungslinie zweier Punkte (x'y') und (x''y'') einsetzt, so ergibt sich
                              									nach kurzer Umformung:
                              										y-y'=(x-x')\,\frac{y'}{x'}\,\frac{a^2}{b^2} als Gleichung der
                              									Geraden PB. Da dies die Gleichung der Ellipsennormale
                              									ist, so ist PB in der That die Normale der Ellipse e in P. (B ist auch Berührungspunkt der beiden Cardankreise,
                              									welche der gegebenen Stellung S und R des Ovalwerkes entsprechen, und als solcher ein Punkt
                              									der Ellipsennormale in P.) B ist der Lage nach nur von S, R und O, nicht aber von P
                              									abhängig und bestimmt die Ellipsennormale im Werkzeug-Angriffspunkt P für jede Lage des letzteren, d.h. für jede Ellipse
                              									der ganzen Ellipsenschaar, welche bei unveränderter Stellung von S und R erzeugt werden
                              									kann.
                           B durchläuft, ebenso wie O,
                              									den Kreis d in derselben Richtung, in welcher sich K um S dreht. Da nun
                              									Winkel RAO stets doppelt so groſs ist als Winkel RSO, so durchlaufen O und
                              										B den Kreis d zweimal,
                              									während K sich einmal um S
                              									dreht, und an jeder Stelle ist die Winkelgeschwindigkeit von O und B um A
                              									doppelt so groſs als die Winkelgeschwindigkeit von K um
                              										S.
                           
                              
                              Fig. 2, Bd. 241, S. 96
                              
                           Auf die entwickelte Eigenschaft der Ellipsennormale läſst sich ein Mechanismus
                              									gründen, welchen Fig. 2 schematisch darstellt. Die
                              									Hauptpunkte sind ebenso wie in Fig. 1 bezeichnet;
                              									jedoch ist P, wie bei der Anwendung des Ovalwerkes gebräuchlich, mit S und R in einer
                              									Horizontalen liegend angenommen. Die vorausgegangene allgemeine Entwicklung
                              									schlieſst diesen speciellen Fall ein; C fällt nach S und K ist zugleich
                              									Hauptachsenrichtung der erzeugten Ellipsen. An Stelle des gewöhnlichen Obertheiles
                              									trägt der Querschlitten der Drehbank einen Werkzeughalter M, welcher mit einer zur Spindel S parallelen
                              									Achse um P drehbar ist. Der an M festgespannte Drehmeifsel N ist mit seiner
                              									Schneide genau in P eingestellt. Der Werkzeughalter hat
                              									an dieser Stelle eine solche Form, daſs er mit dem Ovalwerk und dem Arbeitstück
                              									nicht in Berührung kommt. Von einer Kurbel AB aus
                              									werden mittels oscillirender Kurbelschleife M und N um P bewegt. Dabei
                              									behält die um ihren Angriffspunkt P schwingende
                              									Schneide des Meifsels der Richtung PB gegenüber stets
                              									dieselbe Lage. Die Kurbel AB ist mit ihrer Achse A, in gehörigem Abstand vom Oval werk, auf dem
                              									Längsschlitten der Drehbank gelagert. Sie erhält ihre Bewegung von der
                              									Drehbankspindel S aus durch die Zahnräder z1 bis z3, die Welle W und die Zahnräder z4 bis z8 und läuft in demselben Sinn wie die
                              									Drehbankspindel mit doppelt so viel Umdrehungen als diese. Bei derjenigen Lage des
                              									Ovalwerkes, in welcher K horizontal ist, also O mit R zusammenfällt,
                              									werde A in die Mitte von SR und B in S
                              									eingestellt. Dreht sich nun das Ovalwerk, so durchläuft B, diametral gegenüber O, den Kreis d und die Richtung PB des
                              									Werkzeuges ist stets normal zur erzeugten Ellipse. Das Werkzeug greift das
                              									elliptische Arbeitstück unter constantem Winkel an.
                           Die Richtung der Kurbel AB ist allein durch die Richtung
                              										K bestimmt. Wird also, behufs Erzeugung von
                              									Ellipsen mit anderer Achsendifferenz, R verstellt, so
                              									darf die gleichzeitig nöthige Verstellung von A keine
                              									Drehung der Kurbel AB zur Folge haben. Diese Bedingung
                              									erfüllt das Rädergehänge z4 bis z8, mit
                              									Gelenken in W, z6 und
                              										A, wenn die Zähnezahlen z4, z6 und z8 einander gleich sind.
                           Elberfeld, Mai 1881.