| Titel: | Genaue Messung hoher Pressungen nach Ingen. G. Marié. | 
| Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 250 | 
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                        Genaue Messung hoher Pressungen nach Ingen. G.
                           								Marié.
                        Mit einer Abbildung auf Tafel 19.
                        Marié's Fluchtventil.
                        
                     
                        
                           Seit einigen 30 Jahren hat man bei Construction der Vorrichtung zur Messung der
                              									Festigkeit der Metalle Gebrauch gemacht von der von Pascal erfundenen hydraulischen Presse. Der hierbei angewendete
                              									specifische Druck wurde mittels Metallmanometer oder mittels belasteter Ventile
                              									bestimmt. Beide Methoden erwiesen sich als sehr ungenau. Bei den späteren zuerst von
                              										Georg Marié (Vater) construirten Maschine wurde der
                              									Druck bis zu 100t durch ein System von Hebeln
                              									direct gemessen, wobei der Fehler ein Tausendstel des Maximaldruckes beträgt. Um
                              									jedoch Radreifen zu brechen, indem man sie an den Enden eines Durchmessers
                              									zusammendrückt, ist ein Druck von 500t
                              									erforderlich. Für so hohen Druck ist eine Hebelversuchsmaschine ganz
                              									auſserordentlich kostspielig; Kirhaldy in London hat
                              									eine solche construirt. Es handelt sich daher darum, sehr hohe Pressungen genau zu
                              									messen, und Georg Marie (Sohn) in Lyon hat dies erzielt
                              									mittels seines Fluchtventiles (soupape à fuite), d. i.
                              									nichts anderes als ein
                              									sehr genau, aber reibungslos in seinem Cylinder eingepaſster Mönchkolben, welcher
                              									auf eine Hebelmaschine wirkt. Dieses Princip ist schon durch Watt's Indicatorkolben
                              									gegeben und wurde nach Marié's Angabe i. J. 1857 von
                              									dem amerikanischen Artillerieofficier Redmann und
                              									später von den französischen Officieren Marcel Deprez
                              									und Sébert zur Messung der Spannung der Pulvergase in
                              									den Kanonen benutzt und hierbei groſse Genauigkeit erzielt.Vgl. E. Desortiaux: Traité de la poudre. (Paris
                                    											1879. Verlag von Dunod.)
                           Fig.
                                 										15 Taf. 19 zeigt Marié's Fluchtventil; in der
                              									Figur bezeichnen: A Wasserzufluſsrohr, B Stahlcylinder, C
                              									Stahlkolben, reibungslos, E Körner, welcher auf die
                              									Hebelmaschine wirkt, D Verbindungsrohr mit einem
                              									Metallmanometer, F Kopf, welcher den Niedergang
                              									begrenzt; für den Aufgang erhält der Hebel eine Begrenzung. An dem Kopf F sind Ohren, mittels welcher B und E durch 2 Spiralfedern an den Hebel
                              									fest gehalten werden. Bei einem Kolbendurchmesser von 15mm bei 350mm Höhe beträgt der
                              									Wasserverlust bei 200k/qc Druck nur 1g in der Secunde, also
                              										0l,06 in der Minute, obwohl in der leeren
                              									Vorrichtung der 30g schwere Kolben durch sein
                              									eigenes Gewicht fällt. Zur Messung des Durchmessers ist eine Vorrichtung vorhanden,
                              									welche gestattet, denselben bis auf 0mm,02 zu
                              									bestimmen. Die stark construirte Hebelmaschine gestattet einen Maximaldruck von
                              										1000k für 1qc, also von 1767k auf den Kolben.
                           Zur Beschaffung des Wassers ist eine Pumpe nöthig, welche bei diesem Druck von
                              										1000k/qc in
                              									der Secunde 10cc Wasser liefert, also wenigstens
                              										1e,5 für ihren Betrieb benöthigt. Dem
                              									Hebelende ist nur ein Spiel von 2mm gestattet,
                              									also dem Kolben nur ein Spiel von 0mm,2. Die
                              									Erhebung und Senkung des Kolbens ist durch ein elektrisches Läutewerk hörbar
                              									gemacht. Wenn dieses Fluchtventil nur für Spannungen von 100 bis 1000k angewendet wird, so beträgt der mögliche
                              									Beobachtungsfehler höchstens 8 Tausendtheile des Druckes. Für Pressungen von 10 bis
                              										100k/qc ist
                              									ein gröſserer Durchmesser des Kolbens und von 0 bis 10k/qc ein Quecksilbermanometer anzuwenden.
                              									Mit Hilfe eines solchen Apparates hat sodann Marié
                              									umständliche Versuche gemacht, um die Reibung an dem Lederstulpen einer
                              									hydraulischen Presse zu bestimmen, welche bei 114k/qc Wasserdruck einen Kolbendruck von
                              										100t gibt. In Uebereinstimmung mit der Ansicht
                              										J. Witworth's, welcher bei seinen Versuchsmaschinen
                              									neuester Construction auf die Stulpenreibung gar keine Rücksicht nimmt, fand Marié, daſs dieselbe bei der Stulphöhe = 1/9 des
                              									Durchmessers nur höchstens ½ Procent des Druckes auf den Kolben beträgt, daher in
                              									der Praxis wirklich vernachlässigt werden darf. Durch dieses Ergebniſs sind sogar
                              									die Fluchtventile überflüssig gemacht und ist bei dem Meſsapparat die Anwendung
                              									einer Lederstulpdichtung zulässig.
                           
                           Marié plant noch neue Metallmanometer und Maschinen zur
                              									Erprobung der Radreifen mittels hydraulischen Druckes, welche aber bisher noch nicht
                              									ausgeführt wurden. (Nach den Annales des Mines, 1881
                              									Bd. 19 S. 104.)
                           Gustav Schmidt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
