| Titel: | Ueber neuere Farbstoffe. (Patentklasse 22.) | 
| Fundstelle: | Band 242, Jahrgang 1881, S. 376 | 
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                        Ueber neuere Farbstoffe. (Patentklasse
                           								22.)
                        Ueber neuere Farbstoffe.
                        
                     
                        
                           Zur Darstellung der Oxychinoline
                              									werden nach Z. H. Skraup in Wien (D. R. P. Kl. 12 Nr. 14976 vom 16. Februar 1881) 1k,4 Ortho-, Meta- oder Paranitrophenol mit 2k,1 eines der 3 Amidophenole, 6k Glycerin von 1,26 sp. G. und 5k Schwefelsäure von 1,848 sp. G. auf 130 bis 140°
                              									erhitzt. Nach beendeter Reaction destillirt man die flüchtigen Verunreinigungen mit
                              									Wasserdampf ab, neutralisirt mit Natron und destillirt nun das flüchtige
                              									Orthochinolin mit Wasserdampf ab. Die anderen Oxychinoline fällt man mit Alkali
                              									fractionirt aus, oder man nimmt sie aus der alkalischen Flüssigkeit mit Aether
                              									auf.
                           Die Darstellung von künstlichem
                                 										Indigo ist von der Badischen Anilin- und Sodafabrik in
                              										Ludwigshafen (D. R. P. Zusatz Nr.
                                 										14997 und 15 516 vom 6. Februar 1881) verbessert. Durch Einwirkung von
                              									concentrirter Schwefelsäure auf Orthonitrophenylpropiolsäure entsteht bei niederer
                              									Temperatur ein Umwandlungsproduct, welches mit Eisenvitriol einen blauen, dem Indigo
                              									verwandten Farbstoff gibt, der beim Verdünnen mit viel Wasser ausfällt. Statt des
                              									Eisenvitriols kann man hierbei Metalle, z.B. Eisen, Zink, Zinn, Blei, Kupfer,
                              									Wismuth, Nickel, ferner die niedrigen Oxydationsstufen und entsprechenden Salze von
                              									Eisen, Mangan, Kupfer, Zinn und anderen Metallen, endlich Schwefelmetalle,
                              									schwefligsaure und unterschwefligsaure Salze, Schwefelcyankalium, Jod- und
                              									Bromkalium verwenden. Der so entstandene blaue Farbstoff gibt mit wässeriger
                              									Schwefligsäure oder mit einem alkalischen Bisulfit eine blaue Lösung, aus der ein
                              									neuer wasserlöslicher Farbstoff durch Kochsalz sich aussalzen läſst. Beim Erwärmen
                              									oder durch Säuren geht dieser Farbstoff in einen anderen blauen, unlöslichen
                              									Farbstoff über.
                           Zum Färben von Faserstoffen tränkt oder bedruckt man
                              									dieselben dem entsprechend mit dem Schwefligsäurederivat oder mit einem Gemenge des
                              									ursprünglichen Blau und eines Bisulfits und fixirt den Farbstoff durch Dämpfen oder
                              									mittels Säurebad.
                           Zu den alkalischen Reductionsmitteln, welche ähnlich wie Trauben- oder Milchzucker
                              									die Umwandlung der Orthonitrophenylpropiolsäure bewirken, gehören auch die Sulfide,
                              									Sulfhydrate, Polysulfide, sulfocarbonsauren und äthersulfocarbonsauren Salze der
                              									Alkalien und alkalischen Erden und insbesondere die alkalischen Xanthogenate, welche bereits in der Kälte
                              									wirken, schneller beim Erwärmen in wässeriger oder alkoholischer Lösung. Bei
                              									Anwendung der Xanthogenate tritt die Bildung des künstlichen Indigos vornehmlich
                              									nach dem Verdunsten des Lösungsmittels ein, z.B. beim Eintrocknen einer Lösung aus
                              										1k Säure, 0k,5 Wasser, 0k,5 Potasche, 1k,5 xanthogensaurem Kalium. Zur Erzeugung des
                              									Farbstoffes auf der Faser verwendet man dieselbe Lösung oder besser alkalische
                              									Lösungen der Säure und Lösungen von Xanthogenaten nach einander. Auch hier findet
                              									die Farbstoffbildung nach dem Trocknen in der Kälte und schneller in einem
                              									Trockenraum statt.
                           Nach Bindschedler und Busch in
                              										Basel (D. R. P. Zusatz Nr. 14944 vom
                                 										3. April 1880) werden in derselben Weise wie aus dem Tetramethyldiamidotriphenylmethan durch Umwandlung in
                              									Sulfosäure und nachherige Oxydation grüne Farbstoffe dargestellt werden, das
                              									Tetraäthyldiamidotriphenylmethan und das Tetraamyldiamidotriphenylmethan in
                              									Sulfosäuren und durch nachfolgende Oxydation in neue grüne Farbstoffe übergeführt.
                              									In der angegebenen Weise erhält man auch aus den Condensationsproducten des
                              									Salicylaldehydes mit Dimethylanilin, Diäthylanilin und Diamylanilin Sulfosäuren und
                              									durch nachherige Oxydation neue Farbstoffe.
                           Herstellung von Farbstoffen der Rosanilingruppe. Wenn
                              									man nach Ph. Greiff in Frankfurt a. M. (D. R. P. Nr. 15120 vom 26. Januar 1881) 2 Mol. Anilin- oder
                              									Toluidinsulfat oder deren Homologe, oder Gemische dieser Körper mit 1 Mol.
                              									Nitrobenzylchlorid und 1 Mol. Eisenchlorid oder einem anderen Oxydationsmittel auf
                              									170 bis 200° erhitzt, so erhält man eine bronzeglänzende Schmelze, welche nach
                              									Behandeln mit Wasser rothe Rosanilin artige Farbstoffe liefert. Durch Anwendung der
                              									Sulfosäuren der Basen bringt man in die Farbstoffe auch die Sulfosäuregruppe.
                           W.
                                    											Conrad in Würzburg (D. R. P. Nr. 14014 vom 20. Januar 1880) stellt blaue Farbstoffe aus Sulfonsäuren dar, welche durch
                              									Einwirkung von schwefligsaurem Ammoniak auf Nitrosoderivate der tertiären
                              									aromatischen Monamine gebildet werden. Behandelt man eine siedende Lösung von 10k Nitrosodimethylanilin in 50k Alkohol mit einer wässerigen Lösung von
                              									Ammoniumsulfit von 1,24 sp. G., so erhält man eine Sulfonsäure der reducirten Basis,
                              									welche mit Mineralsäuren Paraamidodimethylanilin, in Schwefelwasserstoff haltiger
                              									Lösung aber einen blauen Farbstoff gibt. Um diesen zu erhalten, destillirt man den
                              									Alkohol ab, versetzt die wässerige Lösung der Ammoniaksalze mit 80k Salzsäure, verdünnt nach dem Entweichen der
                              									schwefligen Säure mit Wasser und trägt 6k
                              									Schwefelnatrium ein, bis Schwefelwasserstoff im Ueberschuſs vorhanden ist. In dieser
                              									Lösung wird der blaue Farbstoff direct erzeugt, indem man gemäſs der Lauth'schen
                              									Reaction eine Lösung von
                              										26k Eisenchlorid in 200l Wasser einflieſsen läſst. Der Farbstoff wird als
                              									Chlorzinkverbindung abgeschieden.
                           Darstellung eines blauen Farbstoffes. Nach W.
                                    											Majert in Friedrichsfeld, Baden
                              										(D. R. P. Nr. 14581 vom 3. August 1880) setzt sich
                              									Nitrosodimethylanilin durch Sulfokohlensäure nach folgender Gleichung um: 3C6H4(NO)N(CH3)2 + CS(SH2) = 3C6H4(NS)N(CH3)2 + CO2 + H2O. Wird die
                              									erhaltene Lösung nach Zusatz von Chlorzink und Kochsalz mit einem Oxydationsmittel
                              									behandelt, so scheidet sich ein blauer Farbstoff in Flocken aus, ein rother,
                              									Schwefel haltiger bleibt in Lösung. Zu diesem Zweck setzt man zu einer Lösung von 15
                              									Th. Nitrosodimethylanilin in 40 Th. Salzsäure und 300 Th. Wasser eine 10 procentige
                              									Lösung eines sulfokohlensauren Salzes, bis die Flüssigkeit, welche sich
                              									vorübergehend rosa färbt, wieder farblos geworden ist. Man setzt dann 1 Th.
                              									Chlorzink und 100 Th. Kochsalz und ein Oxydationsmittel zu, bis sich kein blauer
                              									Niederschlag mehr bildet. Die rothe Lösung wird durch Zink und Salzsäure reducirt.
                              									Bei erneutem Zusatz eines Oxydationsmittels scheidet sich dann wieder ein blauer
                              									Farbstoff ab.
                           Herstellung violetter, blauer und grüner Farbstoffe mittels
                                 										Trichlormethylsulfochlorid. J. F. Espenschied in Friedrichsfeld, Baden (D.
                              									R. P. Nr. 14621 vom 28. December 1880) mischt 1 Th. Methyldiphenylamin mit 1 bis 2
                              									Th. aus Schwefelkohlenstoff, Braunstein und Salzsäure hergestelltem
                              									Trichlormethylsulfochlorid, CCl2.SO3Cl, und 5 Th. Kochsalz, worauf er das Gemenge auf
                              									110° erhitzt. Die entstandene kupferfarbene Schmelze wird nach einander mit Wasser,
                              									Alkali und concentrirter Salzsäure behandelt, dann die unlösliche Farbbase mittels
                              									Schwefelsäure wasserlöslich gemacht und in gewöhnlicher Weise weiter verarbeitet.
                              									Der erhaltene Farbstoff färbt Wolle und Seide direct grünstichig blau. Das
                              									Methyldiphenylamin kann auch durch Aethyl- oder Amyldiphenylamin ersetzt werden.
                           Wendet man statt des Methyldiphenylamins Benzyldiphenylamin oder Dibenzylphenylamin
                              									an, so erhält man grüne Farbstoffe, welche an Alkohol löslich sind. Ersetzt man das
                              									Methyldiphenylamin durch Diphenylamin oder Dimethylanilin, so erhält man violette
                              									Farbstoffe. Nur der mittels Dimethylanilin dargestellte Farbstoff ist direct in
                              									Wasser löslich, während sonst nur die Sulfosäuren des mittels Diphenylamin
                              									dargestellten Farbstoffes wasserlöslich sind. Behufs Oxydation von Leukobasen mit
                              									Trichlormethylsulfochlorid mischt man z.B. 1 Th. desselben mit 1 Th.
                              									Tetramethyldiamidotriphenylmethan und 5 Th. Kochsalz und erhitzt langsam bis auf
                              									110°, kocht die Schmelze mit Wasser und behandelt mit Alkali.
                           Nach R. Meldola (Journal of the Chemical
                                 										Society, 1881 Bd. 1 S. 37 und 40) entsteht eine neue Klasse von Phenolfarbstoffen durch Einwirkung von
                              									Nitrosodimethylanilin auf Phenole, welche keine Methylgruppe enthalten: (CH3)2N.C6H4.NO + C10H7.HO =4 (CH3).2N.C6H4.N.C10H5.HO + H2O, so daſs
                              									also der Sauerstoff der Nitrosogruppe mit 2 Wasserstoffatomen aus dem Kern des
                              									Phenoles als Wasser austritt. Man erhält das Nitrosodimethylanilin durch Mischen von
                              									50 Th. Dimethylanilin, 50 Th. Salzsäure und 200 Th. Alkohol, Abkühlen und Zusetzen
                              									einer Lösung der berechneten Menge von Natriumnitrit. Man läſst ½ Stunde stehen und
                              									fügt so viel vorher mit gleichen Theilen Alkohol gemischte Salpetersäure hinzu als
                              									zur Ueberführung der Nitrosoverbindung in Nitrat erforderlich ist. Das sich bald
                              									ausscheidende Nitrat wird von der Lauge getrennt, mit der doppelten Menge Alkohol
                              									und dann mit Aether gewaschen. Durch Zersetzen mit Natron und Ausschütteln mit
                              									Aether wird die freie Base erhalten; die Ausbeute beträgt 60 bis 70 Procent der
                              									berechneten Menge. Löst man nun 1 Aeq. β-Naphtol in der
                              									gleichen Menge heiſsen Eisessigs und fügt allmählich 1 Aeq.
                              									Nitrosodimethylanilinchlorhydrat hinzu, so wird das Gemisch bald schön blau und
                              									bronzefarbig. Die erhaltene Masse wäscht man mit Wasser, löst in heiſsem Alkohol und
                              									fügt Salzsäure hinzu, worauf sich beim Erkalten das Chlorhydrat der neuen Base, des
                              										β-Naphtolviolett, in übermangansaurem Kalium
                              									ähnlichen, bronzefarbigen Nadeln ausscheidet. Die wässerige Lösung dieser Verbindung
                              									ist intensiv violett, wird aber auf Zusatz von Schwefelsäure tiefblau. Die freie
                              									Base bildet ein dunkles, sich in Benzol mit rother Farbe lösendes Pulver, welches
                              									durch Reductionsmittel in eine Leukobase übergeht. Das β-Naphtolviolett wird nicht leicht von Wolle und Seide aufgenommen, wohl
                              									aber das Acetat desselben, welches Seide violett, Wolle tiefindigblau färbt.
                           Nitroso-β-Naphtolsulfosäure gibt mit Phenolen., Mono-
                              									und Diaminen ebenfalls Farbstoffe, welche sich von den oben erwähnten wesentlich
                              									durch den Gehalt der Sulfogruppe unterscheiden, ohne sie aber an Werth zu
                              									übertreffen. Versetzt man die Barium- oder Calciumverbindung der Nitrososäure mit
                              									einer Lösung von Resorcin mit Eisessig und erwärmt nach Zusatz von etwas
                              									Schwefelsäure, so erhält man eine tiefblaue, bei starker Verdünnung in Roth
                              									übergehende Farbe. Diphenylamin gibt auf diese Weise eine blaue, durch Alkalien roth
                              									werdende Farbe, Benzyl-β-Naphtylamin einen schön rothen
                              									Farbstoff.
                           J. H. Stebbins beschreibt in der Chemical News, 1881 Bd. 43 S. 58 neue Azofarbstoffe. Das Orange Nr.
                                 										3 erhält man durch Diazotirung von Metanitranilin und Vereinigen gleicher
                              									Molecüle der Diazoverbindung mit β-Naphtoldisulfosäure
                              									in alkalischer Lösung. Der durch Kochsalz niedergeschlagene Farbstoff ist löslich in
                              									Wasser und färbt Wolle im sauren Bade orange; seine Zusammensetzung entspricht der
                              									Formel: C6H3(NO2)3.N2.βC10H4(NaSO3)2OH.
                           Das Orange Nr. 4 erhält man aus gleichen Molecülen
                              									Paradiazosulfoxylol und
                              									Resorcin in alkalischer Lösung. Salzsäure fällt den Farbstoff C6H2(CH3)2.HSO3.N2.C6H3(OH)2 als rothen, in Wasser löslichen Niederschlag,
                              									welcher im sauren Bade Wolle schön goldfarbig färbt.
                           Gleiche Molecüle Diazonaphtionsäure und Sulfophenolsäure geben in alkalischer Lösung
                              										Parazosulfoxylnaphtalin-α-Sulfoxylphenol von der
                              									Formel: C10H6.HSO3.N2.αC6H3.HSO3.OH. Kochsalz
                              									fällt aus der Lösung die Natriumverbindung als gelbbraunen Teig.
                           Parazodimethylsulfoxylbenzol-α-Naphtol, C6H2(CH3)2.HSO3.N2
                              									αC10H6.OH, wird als brauner, in Wasser unlöslicher
                              									Farbstoff aus Paradiazosulfoxylol mit α-Naphtol in
                              									alkalischer Lösung und folgendem Fällen mit Salzsäure erhalten.
                           Paradiazosulfoxyl-β-Naphtol, C6H2(CH3)2.HSO3.N2.βC10H6.OH, erhält man
                              									als scharlachrothen Niederschlag durch Mischen gleicher Molecüle Paradiazosulfoxylol
                              									und β-Naphtol in alkalischer Lösung.
                           Metazonitrobenzol-α-Naphtol, C6H4.NO2.N2.αC10H6OH, erhält man
                              									als rothbraune, in Wasser lösliche Verbindung aus Diazometanitrobenzol und α-Naphtol in alkalischer Lösung.
                           Parazosulfoxylxylol-β-Phenanthrol, C6H2(CH3)2.HSO3.N2.βC14H8.OH, entsteht aus Paradiazosulfoxylol und β-Phenanthrol in alkalischer Lösung.
                           
                              Parazosulfoxylxylol-α-Dibromnaphtol:
                              
                           C6H2(CH3)2.HSO3.N2.αC10H4Br2.OH
                           bildet sich ebenfalls in alkalischer Lösung aus gleichen
                              									Molecülen von Paradiazosulfoxyl und α-Dibromnaphtol und
                              									das Azodinitrooxybenzolparamidosulfoxylnaphtalin aus
                              									gleichen Molecülen von Diazodinitrophenol und Naphtionsäure.
                           Parazosulfoxylnaphtalin-β-Naphtoldisulfosäure:
                           C10H6.HSO3.N2.βC10H4(HSO3)2.OH;
                           ein carminrother, in Wasser löslicher Farbstoff, bildet sich
                              									aus gleichen Molecülen von Diazonaphtionsäure und β-Naphtoldisulfosäure.
                           Zur Herstellung von Farbstoffen durch
                                 										Einwirkung der Halogene auf die Azoderivate des Resorcins wird nach Bindschedler und Busch in Basel
                              										(D. R. P. Nr. 14622 vom 30. December 1880) Resorcin
                              									direct mit salpetriger Säure azotirt oder als Mononatriumresorcin mit Amylnitrit
                              									behandelt. Das sich abscheidende Nitrosonatriumresorcin wird trocken rait Resorcin
                              									gemischt in concentrirte Schwefelsäure eingetragen und auf etwa 100° erwärmt. Durch
                              									Wasser wird das Reactionsproduct ausgefällt. Das Nitrosoresorcin kann dabei durch
                              									Nitrosophenol und ähnliche Nitrosokörper ersetzt werden. Aus den Azokörpern werden
                              									in alkalischer Lösung Bromderivate hergestellt. Der durch Säure gefällte Farbstoff
                              									wird in das Kalium- oder Natriumsalz übergeführt und bildet bei Anwendung von
                              									Azoresorcin einen blauen, fluorescirenden Farbstoff.
                           
                           Ueber neue Anilinfarbstoffe macht
                              										F. Breinl in den Berichten
                                 										der österreichischen chemischen Gesellschaft, 1881 S. 48 vorläufige
                              									Mittheilungen. Wird die beim Erhitzen auf 170 bis 190° von 1 Mol. Corallin mit 3
                              									Mol. salzsaurem Anilin erhaltene rothviolette Farbschmelze nach dem Erkalten einige
                              									Mal mit säurehaltigem Wasser ausgekocht und dann in verdünnter Natronlauge
                              									aufgelöst, so fällt aus der purpurvioletten alkalischen Lösung durch Zusatz von
                              									festem Chlorammonium ein violettrother Niederschlag, welcher durch Auskochen mit
                              									heiſsem Wasser von dem Natriumsalze des Aurins getrennt werden kann. Aus der
                              									alkalischen Lösung des Rückstandes kann dann durch Ansäuern ein Farbstoff gefällt
                              									werden, welcher trocken ein dunkelviolettes, in heiſsem Wasser nur sehr schwer,
                              									leichter in Alkalien, Alkohol und Essigsäure lösliches Pulver bildet. Die alkalische
                              									Lösung zeigt eine schöne violettrothe Farbe, die jedoch beim längeren Stehen,
                              									rascher beim Kochen miſsfarbig braun wird. Der Farbstoff läſst sich auf Seide und
                              									Wolle, sowie auf gebeizter Baumwolle befestigen und liefert violette Nuancen. Der
                              									auf obige Weise erhaltene Farbstoff ist ein Zwischenproduct zwischen dem Corallin
                              									und dem von Guinont-Marnas und Bonnet (1863 167 390) bei der Behandlung von
                              									Corallin mit Anilin erhaltenen blauen Farbstoff, Azulin
                              									genannt, welcher als Hauptbestandtheil Triphenylpararosanilin enthält, wie aus der
                              									Bildung von Trimethylpararosanilin aus Aurin und Methylamin (vgl. Wagner's Jahresbericht,
                              									1879 S. 1040) zu schlieſsen ist.
                           Fluorescein liefert bei der Einwirkung von salzsaurem Anilin ebenfalls einen neuen
                              									Farbstoff, welcher durch Digestion der mit säurehaltigem Wasser ausgekochten
                              									Farbschmelze mit verdünnter Natronlauge isolirt werden kann. Diese Trennung ist
                              									jedoch nur eine unvollständige, da der Farbstoff in alkalischen Flüssigkeiten
                              									ebenfalls löslich ist. Der so erhaltene Farbstoff löst sich in Alkohol, Eisessig und
                              									Alkalien; die alkalische Lösung zeigt dieselbe Färbung wie eine alkalische
                              									Eosinlösung, besitzt aber keine Fluorescenz. Durch Säuren wird daraus der Farbstoff
                              									in rothen Flocken niedergeschlagen. Derselbe läſst sich auch auf Gewebsfasern
                              									befestigen und gibt rosenrothe Nuancen, ähnlich wie Eosin. Auch Eosin gibt beim
                              									Zusammenschmelzen mit salzsaurem Anilin einen blauen Farbstoff, welcher nach
                              									Behandlung der Schmelze mit Wasser und verdünnter Natronlauge zurückbleibt. Derselbe
                              									löst sich in Alkohol und Eisessig mit intensiv blauer Farbe und wird aus essigsaurer
                              									Lösung durch Wasser in schwarzblauen Flocken gefällt. Er haftet ebenfalls auf
                              									Gewebsfasern.
                           Nach Angabe der Badischen Anilin- und
                                    											Sodafabrik in Ludwigshafen (D. R. P. Nr. 14612 vom 22. Februar 1880) entstehen durch
                              									directe Einwirkung von Ammoniak oder substituirten Ammoniaken auf das Alpha- und
                              									Betanaphtol Alpha- und Betanaphtylamin oder deren Substitutionsproducte. Das Verfahren ist namentlich
                              									wichtig für die Darstellung der Betaverbindungen, welche sich bisher nach keiner
                              									gewerblich ausführbaren Methode herstellen lieſsen, weshalb auch die Azofarbstoffe
                              									des Betanaphtylamins und deren Derivate bis jetzt unbekannt waren. Zur Darstellung
                              									von Betanaphtylamin aus Betanaphtol dienen drei mit einander gasdicht verbundene
                              									eiserne Autoclaven, von denen der erste die berechnete Menge starker
                              									Ammonflüssigkeit enthält. Das aus derselben beim Erhitzen ausgetriebene Ammoniak
                              									wird in dem zweiten Druckgefäſs durch Aetzkalk getrocknet und tritt zu dem im
                              									dritten Autoclaven befindlichen, auf 150 bis 160° erhitzten Betanaphtol. Die
                              									Umwandlung erfolgt langsam und gibt sich durch die allmähliche Abnahme des Druckes
                              									zu erkennen, so daſs nach 60 bis 70 stündigem Erhitzen etwa die Hälfte des Naphtols
                              									umgewandelt ist. Man unterbricht nun zweckmäſsiger Weise die Operation, entfernt das
                              									unangegriffene Naphtol durch Behandlung mit Natronlauge und entzieht dem ungelösten
                              									Rückstand das Betanaphtylamin durch verdünnte Salzsäure. Ungelöst bleibt
                              									Betadinaphtylamin, dessen Menge mit erhöhter Temperatur und längerem Operationsgang
                              									zunimmt.
                           Nach einem einfacheren Verfahren werden 10k
                              									Betanaphtol, 4k Aetznatron und 4k Chlorammonium in einem eisernen Autoclaven
                              									während 60 bis 70 Stunden auf 150 bis 160° erhitzt und dann wie oben weiter
                              									verarbeitet. Methylamin, Anilin und andere substituirte Animoniake wirken wie
                              									Ammoniak.
                           Nach dem Diazotirverfahren behufs
                                 										Farbbildung von Fr. Gräſsler in
                              										Cannstatt (D. R. P. Nr. 14950 vom 28.
                                 										November 1880) soll keine freie Säure zur Zersetzung des Nitrits
                              									angewendet, sondern das Nitrit als Ammoniumsalz oder in Verbindung mit
                              									Ammoniumsalzen verwendet werden. Die Diazotirung der beigemischten Amine und die
                              									Verbindung mit Phenolen erfolgt erst in der Wärme. Auf Baumwolle z.B. wird Roth nach
                              									folgendem Verfahren erzeugt: 2l,5 Wasser, 200g Stärke, 144g
                              									β-Naphtol, 121g
                              									Xylidin und 69g Natriumnitrit werden zu Kleister
                              									gekocht und nach dem Erkalten 60 bis 100g Salmiak
                              									zugerührt. Der Stoff wird mit dieser Masse bedruckt, getrocknet und gedämpft, worauf
                              									sich das Roth in waschechtem Zustande entwickelt.
                           Die Farbwerke, vormals Meister, Lucius und
                                    											Brüning in Höchst a. M. (D. R. P. Nr. 14954 vom 17. December 1880) beschreiben ein
                              										Verfahren zur Herstellung von Farbstoffen aus
                                 										Nitroderivaten des Naphtalins. Zunächst wird aus Monobromnaphtalin
                              									Dinitrobromnaphtalin dargestellt, aus welchem man durch Behandeln mit der 8 fachen
                              									Menge einer Mischung gleicher Theile Schwefelsäure und rauchender Salpetersäure
                              									isomere Tetranitromonobromnaphtaline erhält. Von diesen ist das für die folgende
                              									Behandlung geeignetste in Eisessig, Benzol u.s.w. leicht löslich und läſst sich in
                              									diesem das Bromatom leicht ersetzen, z.B. beim Kochen mit Natronlauge durch
                              									Hydroxyl. Das so erhaltene Tetranitronaphtol bildet einen gelben Farbstoff, dessen Metallsalze ebenfalls als Farbstoffe Verwendung
                              									finden können.
                           Dieselben Farbwerke (D. R. P. Nr.
                              									15250 vom 22. Januar 1881) fanden ein Verfahren zur
                                 										Herstellung von Farbstoffen durch Einwirkung der Disulfosäuren des Betanaphtols
                                 										auf Diazoverbindungen der aromatischen Säuren, und zwar bezweckt es die
                              									Herstellung rother Farbstoffe aus den beiden
                              									Disulfosäuren des Betanaphtols durch Einwirkung derselben auf Diazoverbindungen der
                              									Aethyl- und Methyläther der Benzoesäure, Zimmtsäure und der beiden Naphtoesäuren.
                              									Die genannten Diazoverbindungen entstehen in bekannter Weise durch Einwirkung
                              									salpetriger Säure auf die Salze der Amidoverbindungen genannter Aether.
                           Der gewünschte Farbstoff wird z.B. aus Paraamidobenzoësäureäthyläther erhalten, wenn
                              										16k,5 Paraamidobenzoësäureäthyläther in 200k Wasser und 20k
                              									Salzsäure von 20° B. gelöst und unter gutem Abkühlen 6k,9 Natriumnitrit hinzugefügt werden. Das so erhaltene Diazochlorid des
                              									Aethers wird zu einer alkalischen Lösung von 35k
                              									betanaphtoldisulfosaurem Natrium hinzugefügt, worauf sich der Farbstoff in Form
                              									eines gelbrothen Pulvers ausscheidet und durch Umlösen und Fällen mit Salz und
                              									Trocknen rein erhalten wird. Es werden auch Farbstoffe durch Vereinigung des in
                              									Spiritus unlöslichen betanaphtoldisulfosauren Natriumsalzes mit den
                              									Diazoverbindungen der Methyl- und Aethyläther der Benzoesäure, der Zimmtsäure und
                              									der Alpha- und Betanaphtoësäure dargestellt. Dabei bilden sich aus den Aethern der
                              									Paradiazobenzoësäure gelbrothe Farbstoffe, aus den Aethern der Paradiazozimmtsäure
                              									rothe Farbstoffe, aus den Aethern der Diazoalphanaphtoësäure Farbstoffe von
                              									bläulicher Bordeauxfarbe und aus den Aethern der Diazobetanaphtoësäure Farbstoffe
                              									von röthlicher Bordeauxfarbe.
                           Zur Darstellung von Farbstoffen aus Sulfosalicylsäure
                              									wird nach der Chemischen Fabrik auf Actien, vormals E.
                                    											Schering in Berlin (D. R. P. Nr. 15117 vom 10. December 1880) aus der
                              									Sulfosalicylsäure durch Einwirkung von Salpetersäure von 1,35 sp. G. während 30
                              									Stunden bei 40 bis 50° das Nitroderivat dargestellt, oder es wird ein Gemisch von
                              									Sulfosalicylsäure und concentrirter Schwefelsäure mit einer Lösung von Bariumnitrat
                              									versetzt. Die leicht lösliche Nitrosulfosalicylsäure sowie deren Alkali- und
                              									Erdsalze färben Seide und Wolle ohne Beize gelb. Wenn
                              									man versucht, mehr Nitrogruppen einzuführen, so wird die Sulfogruppe abgespaltet und
                              									es entsteht Nitrosalicylsäure bis Pikrinsäure. Durch Einführung eines Atoms Brom
                              									wird das Färbevermögen der Säure bedeutend erhöht. Mit mehr Brom bildet sich
                              									Dibromnitrosalicylsäure, welche bei 115 bis 116° schmilzt und welche selbst, wie auch deren Salze,
                              									ebenfalls gelb färbt. Die Sulfosalicylsäure wirkt auch auf Phenole unter
                              									Farbstoffbildung; besonders entsteht mit Resorcin ein broncerother Farbstoff, dessen
                              									alkalische Lösungen stark fluoresciren. Mit Diazoamidobenzol bildet die
                              									Sulfosalicylsäure einen dunkel bordeauxrothen, mit Diazometaxylidin einen
                              									fuchsinrothen, mit Diazoamidonaphtalin einen blauvioletten Farbstoff. Auch andere
                              									Diazoamido-, Diazo- und Amidoazoverbindungen reagiren auf Sulfosalicylsäure.
                           C. Häussermann bespricht in einer
                              									kleinen Schrift (Die Industrie der Theerfarbstoffe,
                              									Stuttgart 1881) Herstellung und Eigenschaften der Theerfarbstoffe.