| Titel: | Kingdon's Compound-Tramway-Locomotive; von Aveling und Porter in Rochester, England. | 
| Autor: | Whg. | 
| Fundstelle: | Band 242, Jahrgang 1881, S. 398 | 
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                        Kingdon's Compound-Tramway-Locomotive; von
                           								Aveling und Porter in Rochester, England.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 32.
                        Kingdon's Compound-Tramway-Locomotive.
                        
                     
                        
                           Wenn in neuerer Zeit in England auch die in der Landwirthschaft vielfach verwendeten
                              									Locomobilen und Zugmaschinen (traction-engines), die
                              									Locomotiven für Straſsenbahnen u.s.w. nach dem Compoundsystem ausgeführt werden, so
                              									ist damit wohl mehr der herrschenden Mode nachgegeben, als eine wirklichen Werth
                              									habende Vervollkommnung erzielt. Es kann in der That in Frage gestellt werden, ob
                              									bei Maschinen der genannten Gattungen der Verlust an Einfachheit, welcher mit der
                              									Einführung des Compoundsystemes verbunden ist, nicht schwerwiegender ist, als die
                              									erzielte Ersparniſs an Dampf bezieh. Brennmaterial. Selbstverständlich sucht man das
                              									Compoundprincip hierbei mit möglichst einfachen Einrichtungen zu erreichen und
                              									deshalb sind die dahin gehörigen Constructionen beachtenswerth.
                           Eine von der bekannten Firma Aveling und Porter in
                              									Rochester erbaute und auf der diesjährigen Derby-Ausstellung der Royal Society ausgestellte Compound-Locomotive für
                              									Straſsenbahnen, welche nach Engineering, 1881 Bd. 32 S.
                                 									56 und Engineer, 1881 Bd. 52 S. 44 in Fig. 1 bis
                              										7 Taf. 32 dargestellt ist, zeigt auſser mehreren anderen zweckmäſsigen
                              									Einzelheiten auch z.B. eine recht einfache Anordnung einer Compoundmaschine.
                              									Dieselbe ist nach dem Patent von G. Kingdon
                              									ausgeführt.
                           Die beiden Cylinder von 140 bezieh. 280mm
                              									Durchmesser und 254mm Hub liegen hinter einander
                              									(vgl. Schnitt Fig. 4) und
                              									sind von einem gemeinschaftlichen Dampfmantel umgeben, welcher zugleich den Dampfdom
                              									des Kessels bildet, wie bei allen ähnlichen Maschinen der genannten Firma. Auf einer
                              									aufgeschraubten Deckelplatte des Mantels sind zwei Ramsbottom-Sicherheitsventile
                              									angebracht. Der Dampf gelangt vom oberen Theile des Mantelraumes durch einen vom
                              									Führerstande aus zu bewegenden Schieber (vgl. Fig. 4 und
                              										6) in den Schieberkasten. Die Dampfvertheilung wird durch einen Schieber mit dem aus Fig. 4
                              									ersichtlichen Längsschnitt bewirkt, welcher seine Bewegung mittels einer
                              									gewöhnlichen Stephenson'schen Coulisse erhält. Statt einer Stopfbüchse ist zwischen
                              									den beiden Cylindern nur eine einfache Büchse aus Rothguſs angebracht, die von zwei eingelegten
                              									Platten gehalten wird. Die Kolbenstange ist zwischen den Kolben mit einer groſsen
                              									Anzahl Ringnuthen versehen und hierdurch eine genügende Abdichtung erzielt; denn
                              									bewegen sich die Kolben aus der gezeichneten Lage (Fig. 4) nach
                              									rechts, so strömt der im kleinen Cylinder befindliche Dampf auf die linke Seite des
                              									groſsen Kolbens; es herrscht also dann in den angrenzenden Räumen beider Cylinder
                              									dieselbe Spannung und bei der Bewegung im entgegengesetzten Sinne wird durch die
                              									groſse Kolbengeschwindigkeit ein Ueberströmen des Dampfes verhindert werden, sofern
                              									die Kolbenstange nur einigermaſsen dicht von der Büchse umschlossen wird. – Derartig
                              									eingerichtete Compoundmaschinen haben auch schon vielfach auf Dampfbooten Verwendung
                              									gefunden.
                           Die Locomotive hat vier nicht gekuppelte guſseiserne Räder mit Stahlreifen; die
                              									Speichen haben H-Querschnitt. Die beiden Triebräder besitzen einen Durchmesser von
                              										1m,524. Die beiden Laufräder drehen sich frei
                              									auf ihrer Achse. Die Maschine ist wie bei Locomobilen auf den Kessel gestellt und mit den einzelnen Theilen (nicht mit
                              									durchgehender Grundplatte) auf demselben befestigt. Die Kurbelwelle liegt senkrecht
                              									über der Triebachse und trägt an dem einen Ende ein kleines Zahnrad, welches in
                              									einen am Triebrade angeschraubten Zahnkranz eingreift (Uebersetzung = 1 : 7),
                              									während am anderen Ende ein Schwungrad auf die Kurbelwelle gekeilt ist. Sollte der
                              									richtige Eingriff der Zahnräder immer gewahrt bleiben, dabei aber dem auf Federn zu
                              									lagernden Kessel ein Auf- und Abschwanken ermöglicht werden, so durften offenbar die
                              									Lager der Schwungradwelle nicht fest mit dem Kessel (also auch nicht mit dem
                              									Dampfcylinder) verbunden werden. Es ist deshalb auf jeder Seite eine guſsstählerne,
                              									durch Rippen verstärkte Platte angebracht, an welche sowohl das Lager der
                              									Kurbelwelle, wie das der Triebachse angegossen ist. Diese Platte wird geführt
                              									zwischen kräftigen Winkeleisen, welche an den nach rückwärts verlängerten
                              									Seitenplatten der Feuerbüchse befestigt sind. Beide Platten sind oben durch einen
                              									Steg von T-förmigem Querschnitt und unten durch einen halbcylindrischen, die
                              									Triebwelle überdeckenden Steg zu einem starren Rahmen verbunden. Auf dem unteren
                              									Steg stehen jederseits zwei Schraubenfedern, welche den Kessel am hinteren Ende
                              									tragen (vgl. Fig. 7).
                              									Vorn ist derselbe durch eine in kleinen Gehängen ruhende Blattfeder nur in einem
                              									Punkte unterstützt (vgl. Fig. 3).
                           Der Kessel selbst ist verhältniſsmäſsig kurz, hat aber 0m,914 Durchmesser. Er enthält 58 Röhren von 5cm Durchmesser und 1m,15 Länge. Die
                              									Heizfläche der Röhren beträgt hiernach 10qm,6, die
                              									der Feuerbüchsflächen ist 2qm,4, mithin die
                              									gesammte Heizfläche 13qm und die Rostfläche 0qm,46 (= 1/28 der Heizfläche). Für das mitzuführende Speisewasser ist ein
                              									Behälter unter dem Kessel und ein zweiter unter der hinteren Platform angebracht.
                              									Auſser am hinteren Kesselende ist auch vor der Rauchkammer eine Platform und ein
                              									Umsteuerungshebel angeordnet.
                           Um das Geräusch des ausblasenden Dampfes zu vermeiden, wird derselbe aus dem groſsen
                              									Cylinder nicht direct in den Schornstein geführt, sondern in eine ringförmige
                              									Kammer, welche innerhalb der Rauchkammer eigens zu diesem Zwecke vorgesehen ist. Am
                              									tiefsten Punkte derselben tritt der Dampf durch ein kurzes Blasrohr aus und dann
                              									durch ein Saugrohr in den Schornstein. Nach Versuchen soll der beabsichtigte Zweck
                              									hierdurch vollständig erreicht werden. Ueber die Leistungsfähigkeit, den
                              									Dampfverbrauch u.s.w. der Locomotive sollen noch eingehende Versuche angestellt
                              									werden.
                           
                              
                                 Whg.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
