| Titel: | Die Condensation des ungegohrenen Mostes im Vacuum; von Professor Dr. John Suchy. | 
| Autor: | John Suchy | 
| Fundstelle: | Band 243, Jahrgang 1882, S. 70 | 
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                        Die Condensation des ungegohrenen Mostes im
                           								Vacuum; von Professor Dr. John
                              									Suchy.
                        Suchy, über Springmühl's Condensation des ungegohrenen
                           								Mostes.
                        
                     
                        
                           Die groſse Weinproduction der südeuropäischen Länder, insbesondere Italiens und
                              									Spaniens, welche bei weitem den Verbrauch im Lande übersteigt und in einzelnen
                              									Theilen so bedeutend wird, daſs der ungemein geringe Preis für die reife Traube in
                              									gar keinem Verhältnisse zu dem Werthe des daraus bereiteten Weines steht, hat in den
                              									letzten Jahren Viele dem Studium der Frage zugewendet, ob der Wein in ähnlicher
                              									Weise condensirt und später wieder regenerirt werden könne, wie dies mit der Milch
                              									in so groſsartigem Maſsstabe geschieht. Alle diesbezüglichen Versuche muſsten wegen
                              									des Alkoholgehaltes des Weines fehlschlagen und selbst die sehr umständlichen
                              									Condensationsapparate, welche bezwecken, den überdestillirenden Alkohol besonders
                              									aufzufangen und dann dem condensirten Weine wieder zuzusetzen, gaben ganz und gar
                              									unbefriedigende Resultate, wie dies wohl kaum anders zu erwarten war. Wir werden
                              									daher auch wohl niemals von condensirtem Weine im eigentlichen Sinne des Wortes
                              									hören.
                           Zu ausgezeichnetem Resultate aber führten in neuester Zeit die Versuche, den
                              									ungegohrenen Traubensaft im Vacuum zu condensiren, und kürzlich wurde von der
                              									italienischen Regierung dem um das Studium der Condensation im luftverdünnten Räume
                              									verdienten Dr. Springmühl ein Patent ertheilt, welches
                              									sich auf die Condensation ungegohrenen Mostes bezieht und sich auf die Versuche
                              									stützt, welche Springmühl mit den vollkommensten
                              									Apparaten und im groſsen Maſsstabe mit italienischen Trauben anstellte. Es dienten
                              									zu den Versuchen die Vacuumapparate einer mit allen Verbesserungen der Neuzeit
                              									versehenen Fabrik condensirter Milch und das vollständige Gelingen derselben ist
                              									sicherlich eben dem Umstände zuzuschreiben, daſs stets hohe Luftleere dauernd
                              									erhalten und groſse Mengen Traubensaft concentrirt werden konnten. Ich hatte
                              									Gelegenheit, die Versuche mit Springmühl anzustellen,
                              									und habe die chemischen Analysen der verwendeten Trauben, wie auch des condensirten
                              									Traubensaftes ausgeführt. Da das Verfahren im nächsten Jahre in den praktischen
                              									Betrieb eingeführt wird und in nicht langer Zeit in an Wein armen Ländern aus
                              									ökonomischen Rücksichten viel Wein aus condensirtem Traubensafte dargestellt werden
                              									dürfte, so wird Vielen der Proceſs nicht uninteressant sein, durch welchen der
                              									Traubensaft auf weniger als ⅕ seines ursprünglichen Gewichtes concentrirt werden
                              									kann, ohne im mindesten in seinen Eigenschaften zu verlieren. Die Anwendbarkeit des
                              									Verfahrens erstreckt sich auf alle Arten Trauben; nur ist es selbstverständlich,
                              									daſs bei an Zucker sehr reichem Safte die Concentration nicht so weit getrieben wird
                              									wie bei an Zucker armen Trauben. Unsere ersten Versuche erstreckten sich auf weiſse
                              									Trauben, die weiteren auf die viel schwieriger zu behandelnden rothen; die besten
                              									Resultate wurden mit süditalienischen und spanischen Trauben erzielt. Die wichtige
                              										Rolle, welche oft die
                              									Traubenhülsen bei der Weinbereitung spielen, machte specielle Versuche mit diesen
                              									erforderlich und ein Trocknen derselben im Vacuum oder Trockenapparat und spätere
                              									Mitverwendung derselben zur Weinbereitung aus dem concentrirten Moste gab die besten
                              									Resultate.
                           Zu den Versuchen dienten Vacuumapparate von 1200l
                              									Inhalt, zu einzelnen solche von 4000l. In ersteren
                              									Apparaten wurden stets 600l Traubensaft in einer
                              									Hitze verdampft. Der Vacuumapparat, ganz aus Kupfer mit halbkugelförmigem Boden und
                              									Kuppel, ist innen gut verzinnt und steht mit dem Injectionscondensator, einer
                              									groſsen, kupfernen Colonne, durch ein weites Kupferrohr in Verbindung. Der
                              									Colonnencondensator befindet sich direct auf der pneumatischen Maschine, einer sehr
                              									kräftigen Dampfluftpumpe, welche reichlich genügte, auch bei voller Verdampfung im
                              									Vacuumapparate eine Luftleere von 65cm constant zu
                              									erhalten. Der Vacuumapparat befindet sich, von einem Eisengestelle getragen, in
                              									einer Höhe von etwa 3m vom Fuſsboden, während das
                              									Pumpwerk unten befestigt ist. Durch Glasfensterchen in der Kuppel des Apparates
                              									konnte man die Bewegung des zu concentrirenden Traubensaftes stets beobachten und
                              									zwei Vacuummeter, einer an der Colonne und ein anderer am Apparate, zeigten den Grad
                              									der Verdünnung an, nach welchem der ganze Proceſs geleitet wurde. Ein Schlangenrohr,
                              									wie es sich in den für Condensation von Milch verwendeten Vacuumapparaten zur
                              									Beschleunigung der Verdampfung vorfindet, ist nicht zu empfehlen und es genügt der
                              									Doppelboden zur Erwärmung der Masse und Erhalten derselben auf der niedrigen
                              									Verdampfungstemperatur im luftverdünnten Räume. Man suchte Alles zu vermeiden, was
                              									eine stellenweise zu starke oder zu schnelle Erhitzung veranlassen könnte, weshalb
                              									man auch in den Doppelboden nicht zu hoch gespannten Dampf einlieſs, sondern dessen
                              									Druck vorher durch ein geeignetes Reducirventil auf 2 oder höchstens 3at brachte. Auſser dem Vacuumapparat und den
                              									hierzu gehörigen Maschinen ist ein Vorwärmeapparat und ein Kühlapparat für das
                              									fertige Product erforderlich.
                           Der Vorwärmer besteht aus einem mit Dampf geheizten groſsen Wasserbade, in welchem
                              									sich hohe kupferne Gefäſse befinden, die sorgfältig innen verzinnt und genügend
                              									groſs sind, um die gesammte Menge Traubensaft zu fassen. Durch Erhitzung des Wassers
                              									in diesem Wasserbade, welche mittels Dampfschlangenrohr unter Anwendung gespannten
                              									Dampfes schnell erfolgt, wird der in den Gefäſsen befindliche Traubensaft auf etwa
                              									60°, aber nicht höher, erhitzt. Bei dieser Temperatur leert man den Saft in ein
                              									groſses, die ganze Menge haltendes Gefäſs, welches ein Sieb aus verzinntem
                              									Drahtgeflecht enthält, so daſs die Flüssigkeit durch dieses passiren muſs. Sobald
                              									aller Saft in das Gefäſs, welches aus Kupfer oder Holz sein kann, entleert ist,
                              									taucht man das Saugrohr des vorher luftleer gemachten Apparates in die Flüssigkeit
                              									und in kurzer Zeit ist dieselbe in das Vacuum aufgestiegen, worauf sofort der
                              									Saughahn geschlossen wird.
                           Im Apparate siedet die Flüssigkeit zuerst ohne jede weitere Erhitzung; später tritt
                              									ruhiges Wallen ein und man läſst so viel Dampf in den Doppelboden, daſs fortwährend
                              									Verdampfung des Wassers bei möglichst niedriger Temperatur stattfindet. Dies wird
                              									erreicht, wenn man die Luftverdünnung constant über 60cm erhält. Bei regelmäſsigem Arbeiten der Luftpumpe ist dies nicht schwer
                              									zu erreichen, wenn dieselbe an sich leistungsfähig genug ist. Im Condensator braucht
                              									man zur momentanen Verdichtung des verdampfenden Wassers etwa die 25 fache Menge
                              									Wasser, welches von der Luftpumpe fortgeschafft wird. Dieses Wasser wird stets aus
                              									einem Behälter, niemals vom Brunnen direct gezogen. Geht das Vacuum zurück, sei es
                              									wegen mangelnden Condensationswassers oder aus anderen Gründen, so wird der ganze
                              									Proceſs so sehr gestört, daſs gewöhnlich kein gutes Product mehr zu erzielen ist.
                              									Man sollte dann stets sofort den Dampf abstellen und nicht eher mit der Verdampfung
                              									fortfahren, als bis die Pumpen die gewünschte Verdünnung wieder hergestellt haben.
                              									Eine zu groſse Erhitzung oder Verbrennung des Traubensaftes ist eben nur dann
                              									möglich, wenn die Luftverdünnung stark abnimmt oder aufhört; andere Störungen kommen
                              									bei dem ganzen Verfahren nicht vor, so daſs in einigen Stunden die Concentration so
                              										weit vorgeschritten
                              									ist, daſs das Product an der Luft haltbar geworden und nicht mehr in Gährung
                              									übergehen kann. Diesen Punkt kann man aber weit überschreiten und über 80 Procent
                              									des in dem Safte enthaltenen Wassers entfernen; ja man kann, bei geschickter Führung
                              									und wenn der Apparat im Innern ein Rührwerk hat, die Condensation bis zur Trockne
                              									bringen, ohne im mindesten das Product zu schädigen, oder in irgend welcher
                              									Beziehung die Eigenschaften des Traubensaftes und seine Bestandtheile zu
                              									verändern.
                           Wie weit im Allgemeinen der Traubensaft zu concentriren ist, hängt von vielen
                              									Bedingungen ab, besonders von der Art der Traube, und es werden hierüber endgültigen
                              									Aufschluſs erst die Erfahrungen bei der Weinbereitung im Groſsen geben. Bei unseren
                              									Versuchen wurden alle Concentrationsgrade der Prüfung unterworfen und es ergab sich
                              									stets derselbe Wein aus weniger wie aus stärker concentrirtem Moste, wenn nur die
                              									entsprechende Menge Wasser zugesetzt wurde. Hauptbedingniſs ist natürlich, den
                              									condensirten Saft so dicht zu erhalten, daſs er absolut haltbar und freiwillige
                              									Gährung unmöglich ist. Bei den Trauben Süditaliens ist dieser Punkt viel eher
                              									erreicht als bei Piemonter oder französischen Weintrauben und je höher der Gehalt an
                              									Traubenzucker, um so schneller erhält man einen Syrup, welcher nicht mehr gährt, so
                              									lange nicht Wasser zugesetzt wird. Die Syrup artige Flüssigkeit, welche sich nach
                              									einigen Stunden im Vacuumapparate vorfindet, muſs sofort nach ihrer Fertigstellung
                              									in kaltem Wasserbade gekühlt werden, worauf sie am besten in verzinnten Blechbüchsen
                              									aufbewahrt wird. Luftdichter Verschluſs erwies sich nicht als nöthig, empfiehlt sich
                              									aber für Transport. Am Schlüsse der Condensation, wenn man den Saft ablassen will,
                              									um ihn zu kühlen, muſs zuerst der Dampf und dann die Pumpmaschine und der
                              									Wasserzufluſs zum Condensator abgestellt werden, worauf man Luft in den Apparat
                              									strömen läſst, um das Abflieſsen der Flüssigkeit zu ermöglichen.
                           Im Allgemeinen ist dies der Gang des Verfahrens, welches sehr einfach genannt werden
                              									kann, aber kostspielige Apparate erfordert und mit kleinen unvolkommenen Apparaten
                              									nicht gelingen kann. Bezüglich der Einzelheiten bei dem Verfahren bedarf es einer
                              									eingehenden Berücksichtigung der Traubensorte, welche verwendet wird, und des
                              									Weines, den man erzielen will. Eine jede Traubenart gibt andere Resultate und es
                              									sollte im Allgemeinen nur feststehen, daſs der ganze Zweck der Condensation der ist,
                              									aus dem Traubensafte Wasser bei möglichst niedriger Temperatur zu entfernen, ohne
                              									die Bestandtheile der Traube im mindesten zu verändern. Geschieht dies, so wird man
                              									nach Regeneration des Mostes durch Wasserzusatz nur genau so zu verfahren haben, als
                              									wenn die Concentration gar nicht stattgefunden hätte.
                           Der schwierigste Punkt der Weinbereitung aus condensirtem Traubensafte ist der, zu
                              									bewirken, daſs das Product, der fertige Wein, dieselbe Farbe annimmt, welche dem
                              									direct aus Trauben bereitete Wein eigen ist. Hierbei ist zu beachten, daſs die Farbe
                              									des Weines, sei es nun die gelbe oder rothe, nicht im Safte der Trauben, sondern in
                              									den Schalen derselben enthalten ist und sich aus diesen bildet. Es ist ebenfalls
                              									zweifellos, daſs die Schale der Traubenperlen bei der Weinbereitung oft eine sehr
                              									wichtige Rolle spielt, aus welchem Grunde es nicht immer genügt, den Saft der
                              									Trauben allein zu condensiren. Man erhält dann bei der Weinbereitung ein durchaus
                              									verschiedenes Getränk, verglichen mit dem aus der Traube unter Anwendung der Schalen
                              									direct gewonnenen Weine. Um die Traubenschalen bei der Gährung mit zu verwenden,
                              									werden dieselben, wie erwähnt, in geeigneten Apparaten getrocknet und es kann unter
                              									Anwendung der Schalen in dem richtigen Verhältnisse zum Traubensafte in allen Fällen
                              									ein Wein bereitet werden, der vom geübtesten Kenner nicht von dem aus frischen
                              									Trauben direct bereiteten Weine unterschieden werden kann und welcher bei weitem dem
                              									Weine vorzuziehen ist, der von unerfahrenen und nach ungenügenden Systemen
                              									arbeitenden italienischen Weinbauern erzielt wird.
                           Die Trauben wurden bei den besprochenen Versuchen mittels einer Maschine mit
                              									Porzellanwalzen zerquetscht und so der Saft von der Traubenhülse getrennt. Irgend
                              									eine Weinpresse und Kelter würde wohl die gleichen Dienste leisten. Man sucht die
                              									Trauben so vollständig als möglich auszudrücken und von aller Flüssigkeit zu trennen. Eine
                              									Schleudertrommel leistet dann nach erfolgter Quetschung ausgezeichnete Dienste, um
                              									die letzten Reste von Flüssigkeit zu gewinnen; doch ist dies entbehrlich, besonders
                              									wenn die Traubenhülsen getrocknet und später zur Weinbereitung mit verwendet werden.
                              									Bevor der Saft in die Vorwärmer kommt oder auch nachher wird er durch Drahtsiebe
                              									geleitet, welche nicht zu fein sein sollten. Den besten Wein gaben stets gerebelte,
                              									d.h. von den Stängeln getrennte Trauben; doch ist bei diesem Verfahren ein Verlust
                              									an Zeit und Material unvermeidlich und wir unterlieſsen das Rebeln gewöhnlich bei
                              									rothem Weine.
                           Die Trocknung der Traubenhülsen geschieht gleichzeitig mit dem Verdampfen des Saftes,
                              									indem ein entsprechend construirter rotirender Trockenapparat mit dem von dem
                              									Doppelboden des Vacuumapparates abgehenden Dampfe geheizt wird. Die Kosten für das
                              									Trocknen der Hülsen ist alsdann fast Null. In allen speciellen Versuchen, die wir
                              									mit etwa 60 Traubensorten anstellten, wurde der Zuckergehalt der Traube und des
                              									gekelterten Traubensaftes vor der Condensation bestimmt und gleichfalls nach
                              									derselben. Es wurde durch wiederholte Analysen des condensirten Saftes festgestellt,
                              									daſs sich kein Alkohol in demselben gebildet, auch nicht nach mehrwöchentlicher
                              									Aufbewahrung.