| Titel: | Prüfung der gebrannten Wasser. | 
| Fundstelle: | Band 243, Jahrgang 1882, S. 165 | 
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                        Prüfung der gebrannten Wasser.
                        Neſsler, über Prüfung der gebrannten Wasser.
                        
                     
                        
                           Bei der Untersuchung gebrannter Wasser, besonders des 44 bis 52 Vol.-Proc. Weingeist
                              									enthaltenden Kirschen- und Zwetschgenwassers, ist nach J. Neſsler(Archiv der Pharmacie, 1881 Bd. 219 S. 161) der qualitative Nachweis von
                              									Kalk keineswegs hinreichend, ein gebranntes Wasser als nicht echt zu bezeichnen, da
                              									beim Destilliren auf freiem Feuer leicht auch nichtflüchtige Stoffe übergerissen
                              									werden und die Gefäſse mit Kalk haltigem Wasser gespült sein können. Ferner findet
                              									eine sogen. Läuterung in unseren wichtigsten Gegenden für gebrannte Wasser – Kinzig-
                              									und Renchthal – ganz allgemein statt. Der sogen. Rohbrand (das erste Destillat) wird
                              									mit bald gröſseren, bald kleineren Mengen vergohrener Früchte gemischt und nochmals
                              									gebrannt, d. i. geläutert. Ob mehr oder weniger oder auch kein Wasser zu dem
                              									geläuterten Product gegossen wird, hängt von der Beschaffenheit der zuletzt
                              									ablaufenden Flüssigkeit ab; ist diese rein schmeckend und klar, so destillirt man
                              									oft so weit, bis das ganze Destillat die richtige Stärke hat. Ist Gefahr vorhanden,
                              									daſs durch den Nachlauf das Getränk verschlechtert wird, so entfernt man das erste
                              									Destillat und stellt den richtigen Grad der Stärke durch Zusatz von Wasser her.
                              									Viele Brenner geben in allen Fällen dem Wasserzusatz den Vorzug vor der Verwendung
                              									des Nachlaufes. Der gröſsere oder geringere Werth der aus Früchten gebrannten Wasser
                              									ist eben in erster Linie durch mehr oder weniger Fruchtgeschmack bedingt. Das bei
                              									dem sogen. Rohbrand erhaltene Destillat hat mehr Fruchtgeschmack als das zweite
                              									Destillat, wenn bei letzterem nicht wieder vergohrene Früchte zugesetzt werden; es
                              									ist aber oft etwas scharf und nicht hinreichend reinschmeckend, weshalb man
                              									vorzieht, dasselbe nochmals zu destilliren, vorher aber besonders gute, vergohrene
                              									Früchte zuzusetzen, um den Fruchtgeschmack zu erhöhen. Der hier erforderliche Zusatz
                              									von Wasser ist nicht als Verfälschung zu bezeichnen; diese beginnt erst da, wo durch
                              									Zusatz von Zucker vor der Gährung oder von Weingeist die Menge des aus den Früchten
                              									zu erhaltenen Branntweines vergröſsert wird. Wie viel von dem im Wasser enthaltenen
                              									Kalke im Branntwein gelöst bleibt, hängt von der Beschaffenheit des Wassers und dem
                              									Säuregehalt des Branntweines ab. 40 untersuchte Proben hatten einen Gehalt von 0,02
                              									bis 0,23 Proc. freier Säure, die meisten aber nur 0,03 bis 0,05 Proc.
                           
                           Das älteste Verfahren, Branntweine auf riechende Stoffe zu prüfen, besteht
                              									bekanntlich darin, wenige Tropfen derselben zwischen den Händen zu verreiben. Bringt
                              									man etwa 5cm breite und 25cm lange Streifen Filtrirpapier mit dem unteren
                              									Ende in die zu prüfenden geistigen Flüssigkeiten und läſst den oberen Theil des
                              									Papieres über das Gefäſs hinausragen, so verdunstet der Weingeist der im Papier
                              									hinaufsteigenden Flüssigkeit und die riechenden Stoffe werden concentrirt. In dieser
                              									Weise läſst sich sowohl der Fusel des Weingeistes, als der specifische Geruch der
                              									gebrannten Wasser weit besser erkennen, als bei dem obigen Verfahren. – Uebergieſst
                              									man etwa 10g geschmolzenes, grobkörniges
                              									Chlorcalcium in einem Becherglas mit einer kleinen Menge Branntwein und bedeckt das
                              									Gefäſs mit einer Glasplatte, so kann man nach kurzer Zeit den specifischen Geruch
                              									der zu prüfenden Flüssigkeit sehr gut erkennen, weil der Weingeist sich mit dem
                              									Chlorcalcium verbunden hat. Werden echte, aus Früchten gebrannte Wasser so lange bei
                              									etwa 60° eingedampft, bis der Weingeist verdunstet ist, so zeigen die
                              									zurückbleibenden Flüssigkeiten den specifischen Geruch der verwendeten Früchte; es
                              									ist dies ganz besonders bei gutem Zwetschgenwasser in hohem Grad der Fall. Zuweilen
                              									bemerkt man beim Oeffnen der Flasche eines gebrannten Wassers und beim Eindampfen
                              									des letzteren einen sehr unangenehmen Geruch, während beim Kosten schlechte
                              									Eigenschaften nicht hervortreten. Dieser meist von Anwendung fauler Früchte
                              									herrührende schlechte Geruch macht den Branntwein unbrauchbar, ist aber kein Beweis
                              									von Verfälschung.
                           Echtes Kirschwasser wird durch Guajactinctur meist blau gefärbt, in Folge seines
                              									Gehaltes an Kupfer aus den Destillirgefäſsen und an Blausäure. Bei der Untersuchung
                              									von i. J. 1880 in Oberkirch ausgestellten 29 Proben Kirschwasser und 40 Proben
                              									sonstiger gebrannter Wasser wurde folgender Gehalt an essigsaurem Kupfer
                              									gefunden:
                           
                              
                                 Proben
                                 Kein
                                 Spuren
                                 Im Liter Milligramm
                                 
                              
                                 unter 5
                                 5 bis 9
                                 10 bis 15
                                 
                              
                                 
                                 Zahl der Proben
                                 
                              
                                 Kirschwasser
                                 4
                                 4
                                 9
                                 9
                                 3
                                 
                              
                                 Zwetschgenwasser
                                 –
                                 2
                                 2
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Heidelbeerwasser
                                 5
                                 3
                                 3
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Brombeerwasser
                                 1
                                 4
                                 2
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Himbeerwasser
                                 1
                                 –
                                 3
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Wachholdergeist
                                 3
                                 –
                                 1
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Hefenbranntwein
                                 –
                                 3
                                 1
                                 –
                                 1
                                 
                              
                                 Tresterbranntwein
                                 1
                                 1
                                 1
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Apfeltresterbranntwein
                                 –
                                 –
                                 1
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Branntwein von Bierabgang
                                 1
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                           Blausäure ist in allen Kirschwassern enthalten; echtes Kirschwasser soll daher mit
                              									frischer Guajacholztinctur unmittelbar oder nach Zusatz von etwas Kupfer blau
                              									werden. Bei 2 Zwetschgen wassern trat die Guajacreaction ebenfalls, aber nur sehr
                              									schwach auf. Alle übrigen in Oberkirch geprüften Branntweine waren frei von
                              									Blausäure, wurden also mit Guajacholz auch nach Zusatz von Kupfer nicht blau. –
                              									Dagegen ist Vogelbeerbranntwein (von Sorbus aucuparid)
                              									ziemlich reich an Blausäure.