| Titel: | A. R. Harlacher's hydrometrischer Flügel; von Rich. Blum, Rathsingenieur in Leipzig. | 
| Autor: | Rich. Blum | 
| Fundstelle: | Band 243, Jahrgang 1882, S. 311 | 
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                        A. R. Harlacher's hydrometrischer Flügel; von Rich. Blum, Rathsingenieur in
                           									Leipzig.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 26.
                        R. Blum, über Harlacher's hydrometrischen Flügel.
                        
                     
                        
                           Wer Gelegenheit hatte, Messungen von Wassergeschwindigkeiten in Fluſsläufen, Kanälen
                              									u. dgl. zu machen, wird sich mit Recht darüber beklagt haben, daſs die hierzu
                              									dienenden Instrumente bisher umständlich in der Handhabung waren und unbefriedigende
                              									Resultate ergaben. Bei dem zu solchen Arbeiten wohl am meisten benutzten
                              									Woltmann'schen Flügel (vgl. 1878 228 * 416) wurde deren Ausführung durch das immer
                              									wieder erneute Einstellen des Zählapparates und das Ausheben des Instrumentes aus
                              									dem Wasser, nachdem dessen Geschwindigkeit in einer bestimmten Tieflage gemessen
                              									war, sehr erschwert und verzögert. Dieses Instrument war bis vor Kurzem das einzige,
                              									welches bei Messungen in gröſseren Profilen die nothwendige Zuverlässigkeit der
                              									Genauigkeit gab. Doch gerade der Umstand, daſs viel Zeit erforderlich war, die
                              									Wassergeschwindigkeiten in einer bestimmten Verticalen des Profiles in allen Tief
                              									lagen vom Wasserspiegel bis auf die Fluſssohle zu bestimmen und diese Messungen in
                              									allen Verticalen des Profiles zu wiederholen, lieſs die erlangten Resultate als
                              									nicht ganz richtige erscheinen; denn wohl in den allermeisten Fällen war der
                              									Wasserspiegel zu Ende der Messungen nicht mehr derselbe wie am Anfang derselben, ja
                              									der Zeitunterschied bei Ermittelung der Geschwindigkeiten in einer einzigen
                              									Profilverticalen lieſs besonders bei bedeutenden Wassertiefen die Wahrscheinlichkeit
                              									zu, daſs die Messungen in den verschiedenen Tieflagen unter verschiedenen
                              									Bedingungen gemacht worden und daſs die aus den Beobachtungsresultaten berechnete
                              									mittlere Wassergeschwindigkeit unrichtig sein konnte.
                           Es wurden deshalb schon mehrfach Versuche gemacht, das Arbeiten mit den Flügeln
                              									dadurch zu beschleunigen, daſs die Zählung der Flügelumdrehungen mittels
                              									elektrischer Apparate erfolgte. So haben Ritter, Ingénieur
                                 										en chef des ponts et chaussées in Paris, im J. 1859 und Ingenieur Henry bei Messungen in den Zuflüssen des Erie-Sees im
                              									J. 1867 sich der elektrischen Uebertragung der Flügelumdrehung auf Zählwerke
                              									bedient. Die Einrichtungen wurden aber von den Genannten selbst als unbefriedigend wieder
                              									aufgegeben und erst den jahrelangen Bemühungen und Studien A. R. Harlacher's, Professor am k. k. deutschen Polytechnikum in Prag (*
                              									D. R. P. Kl. 42 Nr. 11968 vom 28. December 1879) ist die Construction eines Flügels
                              									zu verdanken, welcher sämmtliche angeführte Mängel der älteren Instrumente beseitigt
                              									und in der denkbar kürzesten Zeit die Ermittelung der Geschwindigkeit von
                              									Fluſsläufen mit einer Genauigkeit ermöglicht, welche bisher nicht zu erreichen
                              									war.
                           Harlacher verwarf schon die früher übliche Art der
                              									Verbindung des Flügels mit der Stange, indem er an einer mit ihrer massiven Spitze
                              									fest in die Fluſssohle eingesetzten hohlen Stange A
                              										(Fig. 1 Taf. 26) den an einem Kabel aufgehängten Flügel auf- und abgleiten
                              									läſst. Der Flügel B selbst ist in der Form einer
                              									zweischaufeligen Schiffsschraube construirt. (Zur Messung ganz kleiner
                              									Geschwindigkeiten dürften Flügel von gröſserem Durchmesser und mit 4 Schaufeln von
                              									wesentlichem Vortheil sein.) Er wird auf das vierkantige Ende einer Stahlwelle b1 (Fig. 4)
                              									aufgesteckt und mittels der Mutter b8 befestigt. Die Welle
                              									trägt eine excentrische Scheibe b3, welche bei jeder Umdrehung einmal eine Stahlfeder
                              										b4 streift und
                              									hierdurch Schluſs und Unterbrechung eines durch die Flügelwelle geleiteten
                              									elektrischen Stromes bewirkt. Die Batterie ist zugleich mit einem elektrischen
                              									Zählwerk verbunden, welches somit augenblicklich jede Flügeldrehung anzeigt. Das
                              									Gewicht des Flügels B, der Welle b1 und deren
                              									Lagerungskapsel b2 wird
                              									durch ein ruderförmiges Gegengewicht b5 (Fig. 1, 4
                              									und 5) ausgeglichen, so daſs der Flügel mit seiner Führungshülse C, ohne sich zu klemmen, an der Stange A gleitet. Die leichte Verschiebbarkeit desselben wird
                              									übrigens noch durch mehrere Laufrollen c6 (Fig. 4 und
                              										6) gefördert, welche an der reichlich ausgebohrten Hülse C angebracht sind. Die Kapsel b2 ist an der Hülse C so befestigt, daſs sie zugleich mit den
                              									Befestigungsarmen b9
                              									einen Constructionstheil bildet. Am unteren Ende des Hohlcylinders C ist eine kreisförmige Scheibe c1 angeschraubt, welche zu verhindern hat,
                              									daſs der Flügel bei seiner Abwärtsbewegung längs der Stange A der Fluſssohle zu nahe kommen kann. Im Innern der Hülse C ist eine Kapsel c2 (Fig. 5 bis
                              										7) angebracht, welche eine gegen die kolbenartige Verstärkung eines
                              									Messingstiftes c4
                              									wirkende Feder c3
                              									enthält. An dem oberen Ende des Stiftes c4 ist das Kabel befestigt, welches die Theile C und b5 mit dem Flügel B
                              									trägt. Die innere Kapsel c2 ist mit der Hülse C durch einen Arm c5 (Fig. 5 und
                              										6) verbunden, welcher durch einen Schlitz der Stange A tritt und zugleich jede Drehung des Flügels auf der
                              									Stange hindert.
                           Nachdem der Flügelapparat an das Tau D angehängt und
                              									über die Stange A geschoben ist, deren Höhlung das Tau
                              									aufnimmt, wird an dem oberen Stangenende der Arm E mit
                              									der Laufrolle e1 (Fig.
                                 										1) befestigt, über welche das Tau D gelegt
                              									und der Trommel F zugeführt wird. Der Lagerrahmen f1 der Trommel ist
                              									mittels des Zapfens f2
                              									in einem Arm G (Fig. 1 bis
                              										3) befestigt, welcher an der Stange A mit
                              									Hilfe der Klemmhülse g1
                              									angebracht wird. Dreht man die Trommel mittels der Kurbel f6 in entsprechender Richtung, so wickelt
                              									sich das Tau D auf jene auf, wobei dasselbe den am
                              									Trommelumfang eingedrehten Rillen folgt; der Flügel wird bei jeder Trommelumdrehung
                              									genau um 1m gehoben. Zum Niederlassen des Flügels
                              									bedient man sich jedoch nicht der Kurbel, sondern man überläſst den Flügel sich
                              									selbst. Seine Fallgeschwindigkeit wird hierbei durch den Windfang f4 regulirt, welcher
                              									durch das Räderwerk f5
                              									mit der Trommelachse in Verbindung steht. Das Sinken des Flügels tritt nach dem
                              									Auslösen des Räderwerkes durch den Hebel f7 ein. Der sinkende Flügel dient zugleich zum Messen
                              									der Stromtiefe, da er bei jedem Meter Fall die Trommel einmal zurückdreht.
                              									Theilbeträge der Drehung werden an einem mit der Trommelachse gekuppelten
                              									Zifferblatt abgelesen.
                           Die vom Gestell isolirte Contactfeder b4, welche sich mittels des Schräubchens b6 (Fig. 4 und
                              										5) reguliren läſst, ist durch die Schräubchen b7 an die Messingkapsel b2 befestigt. Eines
                              									dieser Schräubchen dient nun zugleich als Klemme für den isolirten Draht c7 (Fig. 5 und
                              										7), welcher andererseits an den isolirten Kolben des unmittelbar an das
                              									Tau D angehängten Messingstiftes c3 befestigt ist. Das
                              									Tau D selbst besteht aus mit Isolirmaterial umhüllten
                              									Kupferdrähten und stellt die Leitung zwischen der Contactfeder b4 und einer auf dem
                              									Lagerrahmen der Trommel isolirt sitzenden Klemme 1 her, von wo ein Draht zur
                              									Batterie führt, welche ihrerseits weiter mit dem Zählapparat und dann durch eine
                              									Klemme 2 mit dem Lagerrahmen der Trommel, also auch mit der hohlen Stange A und durch diese mit dem Gestell und der Achse des
                              									Flügels leitend verbunden ist. Der mit zwei Zifferblättern versehene elektrische
                              									Tourenzähler gibt die Anzahl der Flügelumdrehungen in einer gewissen Zeit an.
                              									Letztere werden gleichzeitig vom Chronographen auf einem Papierstreifen in der aus
                              										Fig. 8 ersichtlichen Weise graphisch dargestellt. Hierdurch ist ein
                              									werthvolles Mittel geboten, die Dauer jedes Stromschlusses, also die Dauer jeder
                              									einzelnen Flügelumdrehung zu beobachten und etwa eingetretene Störungen sicher zu
                              									erkennen. Auch die Tiefen werden beim Sinken des Flügels durch den Chronographen in
                              									ähnlicher Weise verzeichnet. Das von der Trommel F
                              									angetriebene und 10mal so schnell als diese sich drehende Zahnrad z (Fig. 3) hat
                              									auf der Seite eine Scheibe, auf welcher eine vom Instrument isolirte, mit einer
                              									Klemme 3 verbundene Feder schleift. An 9 Zehnteltheilpunkten der Scheibe sind
                              									Isolirarme a (Figur 9)
                              									angebracht. Batterie und Registrirapparat sind in einen Schlieſsungskreis zwischen
                              									den Klemmen 2 und 3 eingeschaltet. Beim Sinken des Flügels und Drehen der Scheibe
                              									entsteht Stromunterbrechung, wenn die Feder über einen Arm a schleift, und Stromschluſs, wenn sie über den Zwischenraum gleitet. Die Entfernung der
                              									Arme a beträgt 1cm;
                              									folglich kann die Abwärtsbewegung des Flügels von Centimeter zu Centimeter
                              									controlirt werden.
                           Stöſst der sinkende Flügel am Fluſsbett auf, so wird das ihn tragende Tau D schlaff und der Messingstift c3 durch die auf ihn wirkende Feder etwas
                              									nach abwärts gedrückt. Da nun die Einrichtung getroffen ist, daſs hierbei der Kolben
                              									am Stift c3 seine
                              									Isolirung gegen das Flügelgestell verliert, so wird durch das Aufstoſsen des
                              									letzteren auf der Fluſssohle beständiger Stromschluſs erzeugt, der durch den
                              									Chronographen sofort angezeigt wird.
                           Bei der Benutzung des Apparates wird die Batterie J,
                              									sowie der Tourenzähler H und Schreibapparat auf ein
                              									Floſs gebracht, an dessen stromaufwärts gerichtetem Ende die Stange A mit dem Flügelapparat sich befindet. Eine mittels
                              									einer Klemme K (Fig. 1) an
                              									der Stange A genau zur Flügelachse normal befestigte
                              									Visirvorrichtung wird in das Querprofil des Flusses eingestellt; die Flügelachse
                              									liegt demnach genau normal zur Profilebene. Das Floſs wird mittels Ankern und Tauen
                              									(bei breiteren Wasserläufen) oder mittels Leitseilen oder Stangen (bei kleineren
                              									Gewässern) in einer bestimmten Lage, d.h. an derjenigen Stelle des Fluſslaufes, in
                              									welcher die Stromgeschwindigkeit gemessen werden soll, festgehalten. Ist die Arbeit
                              									daselbst vollendet, so wird das Floſs durch Loslassen oder Nachgeben der
                              									Befestigungstaue auf der einen Seite und durch Anziehen der Taue auf der anderen
                              									Seite in die neue Lage gebracht, in welcher Messungen an einer anderen Stelle des
                              									Flusses vorgenommen werden sollen.
                           Diese Art der Messungen der mittleren Geschwindigkeiten der Flüsse geschieht in
                              									solcher Weise, daſs der Flügel B mit Zubehör einige
                              									Decimeter hoch über den Wasserspiegel gebracht wird und, nachdem die Zeiger des
                              									Tourenzählers beide auf den Nullpunkt eingestellt sind, der Senkapparat an der
                              									Trommel F mittels des Hebels f7 in Bewegung gesetzt wird. Sowie die
                              									Achse des Flügels den Wasserspiegel berührt, wird mittels einer Feder, welche an der
                              									elektrischen Uhr angebracht ist, der Contact dauernd in dem Tourenzähler hergestellt
                              									und sofort beginnt derselbe die Flügelumdrehungen zu zählen. Es ist nothwendig, daſs
                              									mit der Abwärtsbewegung des Flügels sammt Zubehör schon über dem Wasserspiegel
                              									begonnen wird, damit diese Bewegung bereits eine möglichst gleichmäſsige von Anfang
                              									ist und damit der Flügel schon die Geschwindigkeit des Wassers an der Oberfläche
                              									besitzt und richtig wiedergibt, sowie mit der elektrischen Zählung der Umdrehungen
                              									des Flügels begonnen wird. In einer gewissen Anzahl von Secunden gleitet nun der
                              									Flügel an der Stange von M bis N (Fig. 1)
                              									hinab und gibt in jedem einzelnen Element der Höhe der Verticalen die daselbst
                              									herrschende Wassergeschwindigkeit durch die elektrisch gezählten Umdrehungen wieder.
                              									In der Zeit, in welcher der Flügel von M bis N
                              									gelangt ist, hat er alle Geschwindigkeiten der parallel über einander liegenden
                              									Wasserschichten gemessen und aus dem entsprechenden Product der Zeit mit der Zahl
                              									der Umdrehungen ergibt sich dann direct die mittlere Geschwindigkeit des Wassers in
                              									der betreffenden Verticalen. Der Umstand, daſs der Flügel in Folge des Aufsitzens
                              									der Scheibe c1 auf der
                              									Sohle des Fluſsbettes nicht genau bis auf die Sohle gelangen kann, macht es
                              									erforderlich, das erhaltene Resultat um ein Geringes auszugleichen. Diese Correction
                              									wird um so unbedeutender sein, je gröſser der Unterschied zwischen der durchlaufenen
                              									Länge MN und dem constanten Abstand NO sein wird, d.h. je tiefer das zu messende
                              									Fluſsprofil ist.
                           Es ist selbstverständlich, daſs die Messung der mittleren Geschwindigkeit des Wassers
                              									in einer bestimmten Verticalen mittels eines einzigen Durchlaufens der Höhe der
                              									Verticalen den gewissenhaften Untersucher noch nicht zufrieden stellt, sondern daſs
                              									er diese Messungen wiederholen wird, um aus den erlangten Resultaten der
                              									verschiedenen Messungen dann erst die wirkliche mittlere Geschwindigkeit zu
                              									erhalten. Er wird zwar erkennen, daſs die Resultate von dem Mittel der sämmtlichen
                              									Messungen wenig abweichen werden; aber es bietet die Wiederholung der Untersuchungen
                              									in einer und derselben Verticalen die Gewiſsheit, allen Schwankungen und Pulsirungen
                              									des Fluſslaufes Rechnung getragen zu haben.
                           Der Benutzung des Flügels zu Geschwindigkeitsmessungen muſs selbstverständlicher
                              									Weise die Bestimmung der Constanten des Flügels vorausgehen. Dies geschieht auf
                              									dieselbe Weise wie bei dem Weltmännischen Flügel. Ich habe, bevor ich den für das
                              									Instrument beanspruchten Vortheil als berechtigt anerkannte, daſs die mittlere
                              									Geschwindigkeit bei einmaliger Durchlaufung der Höhe in einer Verticalen wirklich
                              									gleich dem Mittel der gefundenen Geschwindigkeiten in den einzelnen parallel über
                              									einander stehenden Wasserschichten sein müsse, Untersuchungen auf beide Arten
                              									angestellt und gefunden, daſs die Resultate sich vollständig deckten, wenn man
                              									Differenzen der Geschwindigkeiten (in Meter und Secunden ausgedrückt) in der 4. und
                              									5. Decimale nicht berücksichtigenswerth erachtet.
                           Zu Messungen in groſsen tiefen Strömen eignet sich der beschriebene Apparat ganz
                              									vorzüglich. So machte Prof. Harlacher häufig Messungen
                              									in der Moldau und Elbe, hat die Donau bei Wien, die Seine bei Paris gemessen und zu
                              									diesen Messungen jeweilen erstaunlich wenig Zeit beansprucht. Ueber die von ihm in
                              									den genannten Strömen vorgenommenen Messungen, sowie über seine hydrometrischen
                              									Apparate und Methoden hat Harlacher ein Werk
                              									herausgegeben (Die Messungen in der Elbe und Donau und die
                                 										hydrometrischen Apparate und Methoden des Verfassers. Leipzig 1881. Arthur Felix), in welchem derselbe auf alle
                              									einschlägigen Verhältnisse mit wissenschaftlicher Gründlichkeit eingeht. Auf
                              									dieses Werk möchte ich hier noch besonders aufmerksam gemacht haben; namentlich sind
                              									die im Werke mitgetheilten, von Harlacher im J. 1878 in
                              									der Donau bei Wien angestellten Messungen von groſser Wichtigkeit und hohem
                              									Interesse.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
