| Titel: | Ueber die Untersuchung von Rüben und Zucker. | 
| Fundstelle: | Band 243, Jahrgang 1882, S. 407 | 
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                        Ueber die Untersuchung von Rüben und
                           								Zucker.
                        Ueber die Untersuchung von Rüben und Zucker.
                        
                     
                        
                           Die Bestimmung des Zuckergehaltes des
                                 										Scheideschlammes nach Scheibler's Extractionsmethode (vgl. 1880 240 * 381)
                              									ist von A. Nord (Neue Zeitschrift für Rübenzuckerind.,
                              									1881 Bd. 7 S. 8) versucht worden. Diese durch die Schlammentzuckerungs-Verfahren
                              									mehr in den Vordergrund getretene Bestimmung ist wohl meist nach dem von Scheibler (i. J. 1869) angegebenen Methode ausgeführt,
                              									nach welchem neben gleichzeitiger Wassergehaltsbestimmung eine Probe des zu
                              									untersuchenden Schlammes mit Wasser angerührt und dann mit Kohlensäure saturirt
                              									wurde. Hierbei wird eine ziemlich dunkel gefärbte, braune Lösung erhalten, deren
                              									Aussehen schon deutlich genug beweist, daſs fremdartige Stoffe wieder in Lösung
                              									übergeführt werden, welche bei der Scheidung durch den Aetzkalk aus dem rohen Safte
                              									ausgeschieden worden sind. Abgesehen von der sehr verdünnten Lösung und der dadurch
                              									geschaffenen Fehlerquelle wird nun die ohnehin schon vorhandene Unsicherheit in
                              									Betreff etwaiger auſser
                              									Zucker noch vorhandener, optisch wirksamer Stoffe hierdurch noch vergröſsert und es
                              									würde mithin auch bei dieser Art von Untersuchungen die Anwendung des neuen
                              									Scheibler'schen Extractionsverfahrens sehr vortheilhaft sein. Die Auslaugung des
                              									zweckmäſsig zerkleinerten Schlammes gelingt nun sehr leicht und vollständig; jedoch
                              									bietet die Notwendigkeit, den im Schlamme vorhandenen Aetz- oder Zuckerkalk
                              									unschädlich zu machen, einige Hindernisse dar.
                           Eine Anzahl von Versuchen, die mit Scheideschlamm von verschiedenartiger
                              									Beschaffenheit – sowohl mit unausgelaugtem, wie mit fabrikmäſsig ausgelaugtem –
                              									ausgeführt wurden, ergab nun, daſs man durch einen Zusatz von Ammoniumcarbonat zu
                              									dem Schlammbrei in viel einfacherer Weise diesen Zweck erreicht, wie durch die weit
                              									umständlichere Saturation desselben mit Kohlensäure. Während die nach der Saturation
                              									des Schlammbreies mit Kohlensäure abfiltrirte Lösung sehr dunkel gefärbt erscheint,
                              									zeigt die bei Anwendung von Ammoniumcarbonat erhaltene nur eine schwach weingelbe
                              									Farbe. Auch ist das specifische Gewicht der letzteren ein sehr geringes, so daſs
                              									eine Wiederauflösung bereits abgeschiedener fremder Stoffe nicht stattzufinden
                              									scheint. Ob man den Schlammbrei erhitzt oder die Operation auf kaltem Wege ausführt,
                              									scheint gleichgültig zu sein, denn Nord erhielt in
                              									beiden Fällen die nämlichen Zahlen. Wohl aber hat man Sorge zu tragen, die Lösung
                              									vor dem Klären mit Bleiessig durch Essigsäure zu neutralisiren, da sonst die
                              									Polarisation bedeutend niedriger ausfällt. Bei einem Zusatz von 18 Ammoniumcarbonat
                              									auf 50g Schlamm und 200g Wasser drehte die Lösung ohne vorherige
                              									Neutralisation 1,8°, wogegen sich nach gehöriger Neutralisation mit Essigsäure eine
                              									Drehung von 3,0° ergab.
                           Man wägt in einer nicht zu kleinen Porzellanschale 20g von der zu untersuchenden, vorher gut durchgemischten Schlammprobe ab
                              									und verreibt sie mittels eines kleinen Pistilles, um etwa vorhandene Klümpchen zu
                              									zerdrücken, sucht aber die Masse möglichst am Boden der Schale zu halten, ohne sie
                              									zu sehr über die Wandungen zu verbreiten. Hierauf wird eine hinreichende Menge von
                              									Ammoniumcarbonat, etwa 0g,2 oder auch mehr, in
                              									etwas Wasser gelöst zugesetzt und gut untergemischt, ferner ungefähr 20g Sand hinzugefügt, sorgfältig gemischt, um alle
                              									möglicherweise noch vorhandenen Klümpchen zu zertheilen und sämmtliche
                              									Schlammtheilchen mit dem Ammoniumcarbonat in Berührung zu bringen. Nunmehr wird die
                              									Schale sammt dem Pistill auf ein Wasserbad oder an einen anderen passenden, mäſsig
                              									warmen Ort gestellt, um die Masse auszutrocknen. Die halb trockene, noch etwas
                              									teigartige, jedoch nicht mehr an der Schale haftende Masse sticht man mittels des
                              									Spatels von der Schale und dem Pistill los und zerkleinert sie vorsichtig zu
                              									ungefähr erbsengroſsen Stückchen, ohne zu viel Pulver zu erzeugen, worauf man
                              									vollends austrocknen läſst.
                           
                           Die Extractionsröhre versieht man zweckmäſsig mit einem doppelten Filzscheibchen oder
                              									auch noch mit einer kleinen, aus Filtrirpapier gefertigten Kapsel, um das
                              									Hindurchdringen feiner Schlammtheilchen zu verhindern, welche beim Kochen leicht ein
                              									heftiges Stoſsen veranlassen. Auſserdem mischt man in einem Gläschen etwa 15g Wasser und 20g
                              									Alkohol. Nach vollendetem Austrocknen der in der Schale befindlichen Brocken werden
                              									diese nun mittels des Trichters in die Extractionsröhre eingefüllt. Die in die Röhre
                              									eingefüllte Substanz wird jetzt zweckmäſsig mit einer Schicht von
                              									zusammengeknäueltem Filtrirpapier bedeckt, um ein Zerfallen der Stückchen beim
                              									Aufgieſsen des verdünnten Alkohols und die Bildung einer gleichmäſsigen Sandschicht
                              									zu verhindern. Von jenem tröpfelt man nun eine kleine Menge hinein, welche eben
                              									hinreicht, die Substanz zu durchfeuchten; den Rest der Flüssigkeit benutzt man dazu,
                              									Schale und Pistill zu reinigen. Die zuletzt noch der Schale und dem Pistill
                              									anhaftenden Schlammtheilchen, welche durch den Alkohol nicht abgelöst werden, reibt
                              									man mit einem aus Filtrirpapier gedrehten Kügelchen, welches man mit einer Pincette
                              									ergreift, ab und wirft den Papierballen ebenfalls in die Röhre hinein. Ist auf diese
                              									Weise der ganze Inhalt der Schale in die Röhre hineingebracht worden, so wird der
                              									etwa noch übrig gebliebene Alkohol nachgegossen, der Rückfluſskühler aufgesetzt und
                              									die Extraction in bekannter Weise ausgeführt. Dieselbe ist innerhalb einer halben
                              									Stunde vollständig beendet. Bei etwa eintretender Verstopfung braucht man nur für
                              									einige Minuten die Lampe zu entfernen. Sobald sich die Alkoholdämpfe im Apparat
                              									verdichten, pflegt die in der Extractionsröhre angesammelte Flüssigkeit in einem
                              									zusammenhängenden Strahle abzuflieſsen und die Operation hinterher anstandslos zu
                              									verlaufen.
                           Das Reductionsvermögen der Zuckerarten
                                 										gegen alkalische Kupferlösungen (vgl. 1881 239 312) hat P. Degener untersucht (Zeitschrift des deutschen Vereines für Rübenzuckerindustrie, 1881 S.
                              									349). Die Fehling'sche Lösung ist ihrer Darstellung nach eine Lösung von
                              									schwefelsaurem Natron, Kupferoxydhydrat, weinsaurem Natronkali und Natronhydrat in
                              									Wasser. Basisch weinsaures Kupferoxyd-Natron kann darin nicht wohl angenommen
                              									werden, weil dieses Salz von der Zusammensetzung Cu3Na2(C4H4O6)2O2.7H2O sich bei der gebräuchlichen Concentration der
                              									Fehling'schen Lösung nicht bilden kann. Bringt man eine Lösung von 34g,64 Kupfervitriol in 0l,5 Wasser und eine solche von 173g Seignettesalz, ebenfalls zu 0l,5, zusammen, so entsteht erst nach einiger Zeit
                              									ein Niederschlag von weinsaurem Kupfer. Da nun nach Fehling's Vorschrift zur Lösung
                              									des Kupfervitriols die Lösung des Alkalis zugleich mit der des Seignettesalzes
                              									gegeben wird, so können sich unter diesen Umständen nicht basisch weinsaures
                              									Kupferoxyd-Natronkali, schwefelsaures Natron und weinsaures Natron bilden, sondern
                              									schwefelsaures Natron und Kupferoxydhydrat. Letzteres wird durch das Seignettesalz in Lösung erhalten und
                              									mag mit demselben irgend ein zur Zeit noch unbekanntes Doppelsalz bilden. Dasselbe
                              									wird aber in seiner Zusammensetzung wesentlich von dem oben angegebenen abweichen
                              									müssen und es wird demselben wahrscheinlich auch ein anderes chemisches Verhalten,
                              									ein anderes Oxydationsvermögen zukommen, und zwar scheint die in der Fehling'schen
                              									Lösung enthaltene Doppelverbindung schwieriger reducirbar zu sein als das von Degener angewendete Doppelsalz, so daſs durch den
                              									Einfluſs des freien Alkalis dem reducirenden Zucker schon ein Theil seines
                              									Reductionsvermögens genommen ist, bevor jenes noch unbekannte Doppelsalz zur
                              									Einwirkung kommt, wodurch die Unzuverlässigkeit der Fehling'schen Lösung erklärlich
                              									wird. Wurde dagegen eine gewogene überschüssige Menge weinsauren Kupfers mit
                              									Natronlauge längere Zeit in der Wärme bis zum Verschwinden der alkalischen Reaction
                              									digerirt, abfiltrirt und das Ungelöste gewogen, so zeigte sich, daſs sich auf 4 Mol.
                              									Natronhydrat genau 3 Mol. weinsaures Kupfer gelöst hatten, entsprechend der Formel:
                              										3C4H4O6Cu.3H2O + 4NaOH =
                              										Cu3Na2(C4H4O6)2.7H2O + Na2C4H4O6 + 4H2O.
                           400cc Normalnatronlauge = 16g NaOH lösten 80g,2 weinsaures Kupfer, so daſs die erhaltene Lösung das fragliche
                              									Doppelsalz enthält. Mit einer derart bereiteten, zu 0l,5 aufgefüllten Lösung sind die Versuche angestellt worden. Man kann
                              									jedoch der Fehling'schen Lösung die gleichen Eigenschaften geben, wie sie obige
                              									Lösung von basisch weinsaurem Kupferoxyd-Natron besitzt, wenn man die
                              									vorgeschriebene Menge schwefelsaures Kupfer in möglichst wenig Wasser löst, dann so
                              									viel Seignettesalz in ebenfalls der geringsten Menge Wasser auflöst, als durch die
                              									Gleichung: 2CuSO4.5H2O + 2KNaC4H4O6.4H2O =
                              										2CuC4H4O6.3H2O + Na2SO4.10H2O + K2SO4 + H2O bedingt
                              									wird, beide Lösungen zusammen gieſst und einige Zeit stehen läſst.
                           Degener erhielt nun, wenn er auf 1 Mol. schwefelsaures
                              									Kupfer 2 Mol. Alkali anwendete, auf 1 Mol. Traubenzucker zwischen 3,5 und 4,3 Mol.
                              									Kupferoxydul, bei Anwendung von 3 und 4 Mol. Natron auf 1 Mol. Kupfervitriol 5,3 bis
                              									5,4 Mol. Kupferoxyd. In allen Versuchen wurden 5 Mol. Seiguettesalz hinzugefügt und
                              									½ Stunde im Kochsalzbade erhitzt. Versuche mit obiger Kupferlösung zeigten, daſs
                              									dieselbe, für sich in einer Lintner'schen Druckflasche erhitzt, nichts abschied;
                              									wohl aber schied sich auf Zusatz von Traubenzucker, ebenso behandelt, ein schmutzig
                              									grüngelber, nicht zu reinem Kupfer reducirbarer Niederschlag aus. Mit Aetznatron
                              									ohne Traubenzucker in der Druckflasche erhitzt, schied sich eine braune Substanz
                              									aus; derselbe Versuch unter Zusatz von Seignettesalz gab eine viel geringere
                              									dunkelrothe Ausscheidung. Wurde die Lösung mit Traubenzucker längere Zeit im
                              									Wasserbade im offenen Kolben gekocht, so ergab sich ein gelbrother, miſsfarbiger
                              									Niederschlag; bei Wiederholung desselben Versuches mit Zusatz von Seignettesalz war der
                              									Niederschlag tiefroth gefärbt. Weinsaures Kupfer wurde auch bei Gegenwart von
                              									Seignettesalz, durch Traubenzucker selbst bei anhaltendem Kochen nicht reducirt.
                           Wurden gewogene Mengen Traubenzucker mit beliebigen Mengen jener Kupferlösung nach
                              									Zusatz von 6 Mol. Seignettesalz (auf Kupfer berechnet) 10, 20 und 30 Minuten im
                              									Wasserbade erhitzt, so wurden 0,64, 0,78 und 1,19 Mol. Kupfer ausgeschieden. Von da
                              									an vermehrte sich die Menge des letzteren nicht mehr. Es wurde nun chemisch reiner
                              									und wasserfreier Traubenzucker in einem Erlenmeyer'schen Becherkolben abgewogen,
                              									dann die verschiedenen Lösungen von basich weinsaurem Kupferoxyd-Natron,
                              									Normalnatronlauge und Seignettesalz sowie das Wasser mittels Pipetten hinzugefügt,
                              									das Kölbchen mit einem Kautschukstopfen, in dessen Durchbohrung ein langes, oben
                              									offenes Glasrohr steckte, geschlossen und so vorbereitet in ein kochendes
                              									Kochsalzbad gebracht. Nach etwa 30 Minuten wurde der Inhalt noch heiſs durch ein
                              									Asbestfilter filtrirt, der Rückstand mit Wasser, Alkohol und Aether gewaschen, kurze
                              									Zeit im Trockenschrank getrocknet und entweder mit Wasserstoff reducirt, oder mit
                              									Sauerstoff oxydirt. Letzteres muſste da vorgenommen werden, wo bei ungenügendem
                              									Alkaligehalt organische Substanzen mit niedergerissen waren. Das Asbestfilter trägt
                              									auf einem kleinen Platinconus eine Schicht von mit Salpetersäure ausgekochtem und
                              									danach geglühtem Asbest. Zwischen diese Schicht und den Conus nach Allihn's
                              									Vorschlag Glaswolle zu bringen, empfiehlt sich nicht, da durch die heiſsen
                              									alkalischen Filterflüssigkeiten die Glaswolle rasch angegriffen wird und die meiste
                              									Glaswolle Blei enthält, so daſs bei der Reduction des Kupferoxyduls im
                              									Wasserstoffstrom die ganze Glaswollschicht intensiv schwarz wird von reducirtem Blei
                              									bezieh. Schwefelblei. Beim Filtriren muſs man sich hüten, das Filter, wenn man – was
                              									fast unumgänglich nothwendig ist – mit der Wasserluftpumpe arbeitet, je trocken
                              									laufen zu lassen. Es bilden sich dabei stets Kanäle, durch welche Asbestfäserchen
                              									und Theile des Kupferoxyduls verloren gehen. Die Reinigung der Filter bewerkstelligt
                              									man mittels ein paar Tropfen Salpetersäure, wenn man Kupferoxydul hat. Nach dem
                              									Auswaschen mit Wasser, Alkohol und Aether ist es wieder brauchbar. Hat man
                              									Kupferoxyd, so entfernt man die stets sehr fest zusammenhängende Schicht desselben
                              									erst mechanisch, den letzten Rest mittels etwas Königswasser. Der Platinconus wird
                              									dadurch in der Kälte nur schwach angegriffen.
                           Nach den so ausgeführten Versuchen scheidet Traubenzucker aus Lösungen von basisch
                              									weinsaurem Kupferoxyd-Natron, welche auf 3 Atom Kupfer weniger als 4 Mol. freien
                              									Alkalis und 16 bezieh. 18 Mol. Seignettesalz enthalten, bei ½stündiger Kochdauer
                              									wechselnde Mengen eines Kupferoxyduls aus, mit welchem stets zugleich organische
                              									Substanz fällt. Bei den Versuchen mit ungenügendem Alkalizusatz ging der Reduction des
                              									Kupferoxydes stets eine mehr oder weniger starke gelblichgrüne Trübung der
                              									Flüssigkeit voraus. Bei Anwendung von 4 Mol. freien Alkalis und 16 oder 18 Mol.
                              									Seignettesalz werden bei ½ stündiger Kochdauer Mengen reinen Kupferoxyduls
                              									ausgeschieden, welche fast ganz genau dem Molecularverhältniſs von 1 Mol.
                              									Traubenzucker auf 6 Mol. Kupferoxyd entsprechen. Bei Anwendung von 6 Mol. freien
                              									Alkalis und 16 oder 18 Mol. Seignettesalz werden bei ½stündiger Kochdauer genau 6
                              									Mol. Kupferoxyd durch 1 Mol. Traubenzucker reducirt. Eine noch gröſsere Menge von
                              									Alkali scheint bis zu einer gewissen Grenze ohne schädlichen Einfluſs zu sein. Die
                              									Reaction ist bei Anwendung von 4 Mol. freien Alkalis nach 15 Minuten langem Kochen
                              									noch nicht beendet. Bei Anwendung von 6 und besonders von mehr als 6 Mol. Alkali
                              									scheint sie sich bedeutend rascher zu vollziehen.
                           Die Menge des zugesetzten weinsauren Kali-Natrons ist aus noch unbekannten Gründen
                              									von wesentlichem Einfluſs auf die Vollständigkeit der Reaction. Bei 16 oder 18
                              									Molecülen erfolgt die Ausscheidung des Kupferoxyduls bei Gegenwart von 4 und mehr
                              									Molecülen freien Alkalis vollständig und frei von organischen Beimengungen. Bei
                              									gänzlicher Abwesenheit von Seignettesalz sind die Niederschläge hellroth gefärbt,
                              									sonst dunkelroth. Die Concentration scheint ganz ohne Einfluſs innerhalb gewisser
                              									Grenzen zu sein. Bei zu starker Concentration würden natürlich die Wirkungen, welche
                              									concentrirte Alkalien auf organische Substanzen und auf Kupferlösungen ausüben, zur
                              									Geltung kommen.
                           Degener (a. a. O. S. 362 u. 789) hat ferner vergleichende Bestimmungen des Zuckergehaltes der Rüben
                              									ausgeführt. Die Untersuchungen von Schuhe und Sachs über die abweichenden Polarisationen der durch
                              									Anwendung verschieden starken Druckes gewonnenen Rübensäfte waren Veranlassung,
                              									bezügliche Bestimmungen mittels einer kleinen hydraulischen Presse, welche einen
                              									Druck von 150k auf 1qc ausüben läſst, und unter Anwendung einer Spindelpresse anzustellen,
                              									welche für eine normale Manneskraft einen Druck von 12k auf 1qc gestattete. Da den früheren
                              									Angaben gemäſs zu vermuthen war, daſs der Zuckergehalt der durch hydraulische
                              									Pressung gewonnenen Säfte geringer sein würde als der durch die Spindelpresse
                              									erhaltenen, so glaubte Degener auf diesem Wege den nach
                              									Scheibler's Alkoholmethode erhaltenen Werthen nahe zu kommen. Es gelang aber nicht,
                              									die Unterschiede ganz zu verwischen; eine Bestimmung des absoluten Zuckergehaltes
                              									durch Pressung ist eine Unmöglichkeit; die Polarisation des gepreſsten Saftes gibt
                              									nicht einmal richtige vergleichende Resultate und hat nur einen Werth zur
                              									Quotientenermittlung. Zur Bestimmung des absoluten Zuckergehaltes durch Auslaugen
                              									mittels Alkohol wurde ein dem Scheibler'schen ganz ähnlicher Apparat verwendet und zu gleicher Zeit
                              									untersucht, ob dieser in derselben Zeit die Auslaugung einer gewissen Menge
                              									Rübenbrei besorgt, wie die von Szombathy und Soxhlet construirte Extractionsröhre (vgl. 1879 232 *
                              									463). Es ergab sich, daſs der Scheibler'sche Apparat eben so rasch und vollständig
                              									auslaugt wie die Soxhlet'sche Röhre.
                           Zur ersten Extraction des Rübenbreies wurde 96procentiger Alkohol in der Menge
                              									angewendet, daſs die bis zur Marke aufgefüllte extrahirte Flüssigkeit etwa bis zur
                              									Hälfte aus Alkohol bestand. Für 100cc-Kölbchen
                              									wurden daher – mit Rücksicht auf die Verdunstung – 60cc Alkohol angewendet. Für die zweite Extraction – welche übrigens selten
                              									mehr als 0,1° am Ventzke-Scheibler'schen Apparat polarisirte – wurde ein Gemisch von
                              									80 Th. 96procentigem Alkohol mit 20 Th. Wasser verwendet. Da die bei der ersten
                              									Extraction erhaltenen Flüssigkeiten nach einiger Zeit heftig schäumen und unter
                              									Stoſsen kochen, so war es nöthig, ein Stückchen spiralförmig aufgerollten
                              									Platindraht oder ein Ende ausgekochten dünnen Bindfaden, an ein Glasstäbchen
                              									gebunden, in das Kölbchen zu bringen. Die Dampfbildung erfolgt dann ruhiger. Das
                              									Schäumen kann man sehr vermindern durch Zusatz einer kleinen Menge Paraffin oder
                              									Vaselin. Der nach 1 bis 1½ Stunden erhaltene Auszug wurde dann, mit einigen
                              									Cubikcentimeter Bleiessig versetzt und polarisirt.
                           Aus den ausführlich mitgetheilten Versuchen ergibt sich, daſs der bei Ausübung
                              									stärkeren Druckes hinterbleibende Preſsrückstand nur in der Regel, nicht immer, an
                              									Wasser ärmer ist als der durch schwächeren Druck erhaltene. Der im ersten Falle
                              									gebildete Preſssaft ist meist, nicht immer, an Wasser reicher als der wie zuletzt
                              									angegeben erhaltene, oder der Trockensubstanzgehalt der durch schärferen Druck
                              									erzeugten Säfte ist meist geringer als jener der durch schwächeren Druck
                              									hergestellten. Der wahre Trockensubstanzgehalt ist immer geringer als der aus dem
                              									specifischen Gewicht der Säfte berechnete scheinbare.
                              									Der wahre Quotient ist daher auch stets gröſser als der scheinbare. In den auf verschiedene Weise erhaltenen Preſssäften nimmt der
                              									Zückergehalt nicht proportional dem Nichtzucker- bezieh. Trockensubstanzgehalt zu
                              									oder ab. Der durch schwächere Pressung erhaltene Saft enthält in der Regel, aber
                              									nicht immer, mehr Nichtzucker; sein Quotient ist daher meist ein schlechterer als
                              									der des durch stärkeren Druck erzeugten. Es scheint daher, daſs die
                              									Flüssigkeitsmengen, welche durch stärkeren Druck aus bereits mit Anwendung
                              									schwächeren Druckes entsafteten Rübenbrei erhalten werden, wesentlich aus reinem
                              									oder doch nur wenig Stoffe gelöst enthaltendem Wasser bestehen (Scheibler's
                              									Colloidwasser).
                           Es ist somit ganz unthunlich, unter Zugrundelegung eines für alle Fälle gültigen
                              									Saftgehaltes der Rübe aus der Polarisation des durch Pressen erhaltenen Saftes den
                              									Zuckergehalt der Rübe zu bestimmen. Verglichen mit dem durch Alkoholextraction
                              									ermittelten Gehalt an Zucker geben die Polarisationen des hydraulischen wie des
                              									Spindelpreſssaftes bei Annahme von 95 oder 96 Saftgehalt derart von dem absoluten
                              									Zuckergehalt abweichende Zahlen, daſs dieselben für die Ausbeuteberechnungen nur
                              									einen sehr untergeordneten Werth beanspruchen können; ebenso ist die Berechnung des
                              									Colloidwassers aus der Preſssaft – Polarisation ganz unmöglich. Die hierbei
                              									erhaltenen Zahlen schwanken je nach Stärke des Druckes in denselben Grenzen wie die
                              									für den Zuckergehalt berechneten. Es ist eben ein Ding der Unmöglichkeit, den
                              									zuckerführenden Saft der Rübe auf mechanischem Wege von dem zuckerfreien zu trennen;
                              									der letztere wird je nach Stärke des Druckes und nach wechselnder anatomischer
                              									Structur der Rübe bezieh. der Zellwände in gröſserer oder geringerer Menge dem
                              									ersteren sich beimengen. Bis die Wissenschaft eine noch genauere Methode der
                              									Zuckerbestimmung kennt, muſs daher die Scheibler'sche Alkoholextraction als die
                              									einzig zuverlässige bezeichnet werden. Zu bedauern ist bei derselben nur, daſs sie
                              									die Quotientenermittlung nicht gestattet. Geht sie aber neben der Saftpolarisation
                              									her, so sind dadurch beide Zwecke vereinigt. Der kleine Fehler, welchen die Erhöhung
                              									der Polarisation des Zuckers durch Alkohol bedingt, ist für die Praxis kaum von
                              									Bedeutung und fällt innerhalb der Beobachtungsgrenzen, wenigstens für die
                              									Quarzkeilapparate. Eine allen Anforderungen der analytischen Chemie entsprechende
                              									Methode werden wir erst dann erwarten können, wenn es gelungen ist, den Zucker und
                              									ihn allein mittels irgend eines Reagens aus ihn enthaltenden Lösungen als unlösliche
                              									Verbindung abzuscheiden, oder wenn wir gelernt haben, alle zur Zeit zum groſsen
                              									Theil noch unbekannten, entweder optisch selbst activen, oder doch das
                              									Drehungsvermögen des Zuckers beeinfluſsenden Körper, welche denselben in der Rübe
                              									begleiten, von ihm zu trennen.