| Titel: | Die Brandung des Meeres, benutzt für motorische Zwecke und für die Erzeugung von kalter Luft mittels Lufträdern; von Georg Wellner, Ingenieur und o. ö. Professor an der k. k. technischen Hochschule in Brünn. | 
| Autor: | Georg Wellner | 
| Fundstelle: | Band 244, Jahrgang 1882, S. 100 | 
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                        Die Brandung des Meeres, benutzt für motorische
                           								Zwecke und für die Erzeugung von kalter Luft mittels Lufträdern; von Georg Wellner,
                           								Ingenieur und o. ö. Professor an der k. k. technischen Hochschule in Brünn.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 8.
                        G. Wellner's Ausnutzung der Meeresbrandung.
                        
                     
                        
                           Die bewegte See mit ihren oft hochgehenden Wogen repräsentirt einen groſsartigen
                              									angesammelten Vorrath von lebendiger Kraft. Der Windstoſs trifft den weiten
                              									Wasserspiegel, macht den Ocean auf- und niederschaukeln und hebt die rollenden
                              									Wellenberge, welche sich dann am Ufer brechen, nicht selten mit schäumendem Getose
                              									und mit einer Gewalt, vor welcher die festesten Fundamente beben. „Die Elemente
                                 										hassen das Gebild der Menschenhand“; aber der Mensch begnügt sich nicht
                              									damit, diese Einwirkungen der feindlichen Natur nach Möglichkeit abzuschwächen, er
                              									geht noch weiter und sucht diese elementaren Kräfte selbst zu fassen, sie zu zähmen
                              									und seinem Willen dienstbar zu machen. Im Anschlüsse an die vielfachen schon
                              									bekannten Bemühungen, die Bewegung des Meerwassers für nützliche Arbeiten zu
                              									verwerthen (die wechselnde Ebbe und Fluth zum Betrieb von Wasserrädern und Turbinen,
                              									den Wellengang auf hoher See zur Fortbewegung der Fahrzeuge u. dgl. zu verwenden),
                              									erlaubt sich der Verfasser durch den nachfolgenden Aufsatz eine einfache Methode in
                              									Vorschlag zu bringen, wie die Brandung am Meeresufer mittels gewöhnlicher
                              									Zellenräder für Luft zum Zwecke motorischer Arbeiten sowie zur Gewinnung von Kälte
                              									ausgenutzt werden kann.
                           Längs der Strandmauer S (Fig. 1 Taf.
                              									8) ist in passender Höhe über der normalen Meeresoberfläche M ein Luftfänger F festgemacht, auf dessen
                              									Scheitel selbstthätige, nach oben sich öffnende Klappen k angebracht sind, ober welchen dann eine Windleitung r zu einem Accumulator (Windsammler oder Luftkessel)
                              										A weiterführt. Wenn sich nun bei bewegter See Welle
                              									um Welle in den wechselnden Lagen 1, 2, 3 gegen das
                              									Ufer heranwälzt, so füllt sich bei 1 der Luftfänger F mit Luft, indem das Wellenthal unter die vordere
                              									Unterkante desselben zu liegen kommt, bei 2 schlieſst
                              									die Welle den Luftfänger nach auſsen ab und bei 3
                              									lastet der Wellenberg vor dem Luftfänger über der innen abgeschlossenen Luft, so
                              									daſs diese Luft verdichtet werden und zum Theil durch die sich hebenden Klappen k nach dem Accumulator abströmen muſs. Dieses Spiel
                              									erneut sich mit jeder brandenden Welle und sammelt bei hinlänglicher Breite des
                              									Windfangers eine wünschenswerthe groſse Luftmenge stoſsweise im Accumulator an.
                           Die erzielte Compression hängt
                              									wesentlich ab von dem verticalen Abstand zwischen Wellenberg und Wellenthal H' und beträgt, nachdem 1at mit dem Drucke einer Säule reinen Wassers von 10m,334
                              									Höhe, oder einer SeewassersäulenhöheDas specifische Gewicht des Seewassers variirt mit dem Salzgehalte zwischen
                                    											1,02 bis 1,04. von rund 10m,
                              									gleichwertig ist, in Atmosphären Ueberdruck:
                           p_r=\frac{\eta'\,H'}{10}, . . . . . . .
                              									. (1)
                           folglich in Atmosphären absoluter Spannung, wenn p0 der äuſseren
                              									atmosphärischen Spannung entspricht:
                           p'=p_r+p_0=\frac{\eta'\,H'}{10}+p_0 . .
                              									. . . . (2)
                           in welchen Ausdrücken der Factor η' jenen Bruchtheil der maximalen Spiegeldifferenz H' bezeichnet, welcher beim Eintritt der verdichteten
                              									Luft durch die Klappen zur Wirkung gelangt.
                           Für einen günstigen Mittelwerth η' =
                              									0,75 erzeugen nach Gleichung (1):
                           
                              
                                 Wellen von
                                 
                                    H'
                                    
                                 =
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 5
                                 6m
                                 Höhe
                                 
                              
                                 Luftverdichtungen von
                                 
                                    pr
                                    
                                 =
                                 0,075
                                 0,150
                                 0,225
                                 0,300
                                 0,375
                                 0,400at.
                                 
                                 
                              
                           Auf die beschriebene Weise füllt sich der Accumulator A
                              									mit verdichteter Luft an und bildet einen Arbeitsvorrath, der sich weiter benutzen
                              									läſst. Der Ueberdruck dieser angesammelten Luft würde hinreichend stark sein, um
                              									dieselbe als Gebläsewind für Schmiede- und Frischfeuer, sowie für den Cupol- und
                              									Hochofenbetrieb brauchen zu können; es ist dies jedoch unthunlich, weil die
                              									Eisenerzeugung stetigen ununterbrochenen Gang verlangt, während die Windlieferung
                              									hier durch den häufigen Wetterwechsel groſsen Ungleichförmigkeiten unterworfen ist.
                              									Für den vorliegenden Fall sind also nur solche Fabrikationsrichtungen ins Auge zu
                              									fassen, für welche Pausen im Betrieb und Veränderungen im Arbeitseffect zulässig
                              									sind, und selbst da stellt sich eine Schwierigkeit der Ausführung entgegen. Die
                              									gewöhnlichen Cylindermaschinen mit hin- und hergehendem Kolben sind nämlich nicht im
                              									Stande, die geringfügigen Ueberdruckspannungen von 0,1 bis 0at,4 nutzbar zu machen, weil die Widerstände
                              									(insbesondere die Kolbenreibung) zu ihrer Bewältigung, also für den Leergang dieser
                              									Maschinen allein schon rund 0at,5 Ueberdruck
                              									erfordern, folglich ein effectiver Arbeitsgewinn ganz unmöglich wird.
                           In vorzüglicher Weise eignen sich dagegen zur ökonomischen Verwerthung der kleinen
                              									Spannungsdifferenzen im vorliegenden Falle die sogen. Lufträder. Es sind dies gewöhnliche Zellenräder R (Fig. 1 und
                              										2 Taf. 8), welche unter Wasser stehen und in deren Zellen die von unten
                              									eintretende Luft vermöge ihres Auftriebes hebend wirkt. Die Luft strömt bei e in die tiefstliegenden Zellen ein, verdrängt das
                              									Wasser daraus, expandirt hierauf während der Drehung des Rades, den Zellenraum immer
                              									mehr ausfüllend in dem Maſse, als die Zellen hinaufsteigen, bis sie sich endlich in
                              									den Luftraum ober dem Wasserspiegel w ausgieſst. Dieser
                              									Vorgang wiederholt sich für alle Zellen nach einander bei stetigem Lufteintritt von
                              									unten. Die dabei geleistete mechanische Arbeit besteht in der Hebung des specifisch
                              									leichten Luftkörpers in dem schwereren Wasser auf der emporsteigenden Radseite oder, was auf das
                              									nämliche herauskommt, in dem Herabsinken des Ueberschusses an Wasser in den Zellen
                              									der zweiten heruntergehenden Seite. Die Expansionswirkung der Luft gelangt durch das
                              									allmähliche Zurückdrängen des Wassers aus den Zellen voll zur Geltung.
                           Diese LufträderVgl. Armengaud Ainé: Les Progrès de l'Industrie à
                                       												l'Exposition universelle à Paris 1867, Bd. 1 S. 64.,
                              									eigentlich Luftexpansionszellenräder, bilden eine Umkehrung der
                              									Luftcompressionszellenräder oder Zellenradgebläse (vgl.
                              									1880 236 * 444) und sind in ihrer Wirkungsweise auch
                              									vollständig analog den oberschlächtigen Wasserrädern,
                              									wobei nur Wasser mit Luft und oben mit unten vertauscht erscheint. Die
                              									Arbeitsverluste beim Betrieb der Lufträder bestehen vornehmlich in der Wasserreibung
                              									und in der Achsenreibung und betragen immer nur Bruchtheile der theoretischen
                              									Arbeitsfähigkeit, so daſs der Gang dieser Lufträder vollkommen sicher ist. – Auch
                              									für eine Spannungsdifferenz von nur 0at,1 oder
                              										1m Wassersäule wird der Umlauf des Rades mit
                              									gutem Nutzeffect vor sich gehen. Die weitere Transmission T der Effectivleistung dieser Lufträder geschieht am besten durch die
                              									Radachse selbst, wie aus Fig. 2 zu
                              									ersehen ist.
                           Die von den Lufträdern gelieferte Arbeit ist bedingt durch das zu
                              									Gebote stehende Volumen sowie durch die Pressung der Luft im Accumulator und richten
                              									sich hiernach die passenden Dimensionen. Heiſsen wir:
                           
                              D den Auſsendurchmesser des
                                 										Zellenrades in m,
                              a, b die Zellen tiefe und Zellen
                                 										breite in m,
                              f den mittleren
                                 										Füllungscoefficienten und
                              c die secundliche
                                 										Umlaufsgeschwindigkeit des Zellenmittels in m,
                              
                           dann beträgt das zur Wirksamkeit gelangende, Auftrieb
                              									schaffende, mittlere Luftvolumen, welches das Wasser in den emporsteigenden Zellen
                              									verdrängt, offenbar:
                           V=f\,a\,b\,c . . . . . . . . . . (3)
                           Bezeichnet ferner:
                           
                              H die erzielte mittlere Hubhöhe in
                                 										den Zellen,
                              γ das specifische Gewicht des
                                 										Wassers und
                              η den
                                 										Nutzeffectscoefficienten,
                              
                           so beträgt die effective Arbeitsleistung der Lufträder
                              									in Pferdestärken:
                           N=\eta\,\frac{V\,H\,\gamma}{75} . . . .
                              									. . . . (4)
                           Es ist dies ein Ausdruck identisch mit jenem, welcher bei
                              									Wasserrädern, sowie bei allen hydraulischen Motoren gültig ist, in welchem Falle V das zuflieſsende Wasservolumen und H das Gefälle bedeuten würde.
                           Unter Annahme der concreten Werthe und Verhältnisse:
                              										\eta=0,8,\ f=0,5,\ a=0,125\,D,\ c=2,\ H=0,75\,D und
                              										\gamma=1000 folgt N=bD^2; ein Luftrad von
                              									beispielsweise 2m Durchmesser und 3m Breite würde effectiv 12e leisten. Die Gröſsen V und H in der Arbeitsformel (4) stellen
                              									Mittelwerthe zweier Veränderlichen v und h dar, deren Abhängigkeit von einander bekannt sein
                              									muſs, wenn man die Mittelwerthe genau ermitteln soll. Das von der Luft in den
                              									hinaufgehenden Zellen verdrängte Wasservolumen v ist
                              									nämlich infolge der auftretenden Expansion variabel und aus demselben Grunde auch
                              									die Hebungshöhe h der betreffenden Partie. Die
                              									differentiale Arbeit besteht in der Hebung eines verdrängten Wasserkörpers v um die unendlich kleine Höhe dh, die Gesammtleistung beträgt somit in Meterkilogramm:
                           E=V\,H\,\gamma=\int\,v\,\gamma\,d\,h .
                              									. . . . . (5)
                           in welchem Integral noch die Function zwischen v und h einzuführen
                              									ist.
                           
                           Anstatt der Wassersäulenhöhen h
                              									wollen wir, wie es für die Rechnung bequemer ist, die specifischen Spannungen der
                              									Luft in die Formel bringen.
                           Wir nennen:
                           
                              p diese variable Luftspannung in
                                 										den aufsteigenden Zellen, gemessen in k/qm, ferner
                              p1,p0 die
                                 										Luftspannungen beim Eintritt unten und beim Austritt ober dem Wasserspiegel
                                 										und
                              v1,v0 die Luftvolumen
                                 										beim Ein- und Austritt in cbm für die Secunde; dann ist:
                              
                           \gamma\,h=p-p_0 und
                              										\gamma\,d\,h=d\,p
                           und das Arbeitsintegral (5) erhält die bekannte Form
                              									(s. das Arbeitsdiagramm Fig. 3):
                           E=\int\,v\,d\,p . . . . (6)
                           Nachdem das Luftrad in einem Wassergefäſs umläuft, sind wir voll
                              									berechtigt, anzunehmen, daſs die Zustandsänderungen der Luft in den Zellen bei
                              									constant bleibender Temperatur, also nach der isothermischen, hyperbolisch
                              									verlaufenden Expansionslinie vor sich gehen. In diesem Falle gilt die Relation:
                           p_v=p_1\,v_1=p_0\,v_0 . . . . . . . . .
                              									. . (7)
                           und das Integral löst sich einfach zwischen den Grenzen
                              										p1 und p0:
                           V\,H\,\gamma=E=p_0\,v_0\,log\,nat\,\left(\frac{p_1}{p_0}\right),
                              									. . . . . (8)
                           welcher Ausdruck, in die Arbeitsgleichung (4)
                              									eingesetzt, liefert:
                           N=\eta\,\frac{p_0\,v_0\,log\,nat\,(p_1\,:\,p_0)}{75}  . . .
                              									. . . . . (9)
                           Mit Einführung der speciellen Werthe η = 0,75 und p0 = 10334 erhält man hieraus, das nöthige Volumen der aus dem
                              									Wasserspiegel ober dem Zellenrade heraustretenden Luft für 1e und Stunde:
                           \frac{3600\,v_0}{N}=\frac{32,5}{log\,nat\,(p_1\,:\,p_0)} . .
                              									. . . . . . . . (10)
                           Es ergibt sich f. d. Luftverdicht.:
                              										p_r=p_1-p_0 = 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30at
                           d. i. für die Spannungsverhältnisse:
                              										p_1\,:\,p_0 = 1,10 1,15 1,20 1,25 1,30
                           ein stündlicher Luftbedarf für 1e: \frac{3600\,v_0}{N} = 341,0 232,0. 176,8. 145,8.
                              										123,6cbm.
                           Durch die Gleichungen (3), (4) und (10) sind nun hinlängliche
                              									Anhaltspunkte für die Betriebskraft der Lufträder gegeben, zumal ihre Wirkungsweise
                              									derjenigen der Wasserräder vollkommen gleichkommt. Derselben Analogie lassen sich
                              									auch die Constructionsverhältnisse entnehmen.
                           Hinsichtlich der praktischen Anordnung der Lufträder bei der vorliegenden Art der
                              									Luftbeschaffung durch den Wellengang des Meeres erscheint es zweckmäſsig, die
                              									Einrichtung so zu treffen, daſs man mit verschiedenen Compressionsgraden arbeiten
                              									könne. Zu diesem Behufe führt das Windleitungsrohr (vgl. Fig. 1) vom
                              									Accumulator A, welcher aus örtlichen Gründen oben auf
                              									dem Luftradgefäſs G aufgestellt ist, in verschiedene
                              									Wassertiefen herab zu mehreren Düsenauslässen e mit
                              									gesonderten Absperrventilen, so daſs man die Luft an höheren oder tieferen Stellen
                              									des Radumfanges in die Zellen ausblasen lassen kann. Auſserdem ist der Wasserstand
                              										w zwischen gewissen Grenzen regulirbar zu machen,
                              									damit ein groſser Spielraum für die von der Preſsluft beim Emporsteigen in den
                              									Zellen zu durchsetzenden Wassersäulenhöhen gewonnen werde. Wenn die Luft in Folge
                              									niedriger Wellen und kleiner Verdichtung die unterste Düsenmündung nicht zu
                              									erreichen vermag, sondern weiter oben austreten muſs, dann wird der Auftrieb
                              									natürlich nur auf dem restlichen Theil der Radhöhe wirksam, ganz ähnlich so wie bei
                              									rückenschlächtigen Wasserrädern, bei welchen das Gefälle kleiner ist als der
                              									Raddurchmesser.
                           Neben der motorischen Arbeitsleistung läſst sich bei dem
                                 										Lufträderbetrieb noch ein anderer Zweck mit verbinden, nämlich die Kühlung der
                                 										Luft, welcher Umstand natürlich nur dort in Betracht kommt, wo eine solche
                              									Kühlung für die betreffenden Fabrikanlagen wünschenswerth und ersprieſslich ist
                              									(z.B. für Bierkellereien, Fleischvorrathsmagazine u. dgl. in südlichen Ländern). Die
                              									Expansion der Luft in den emporsteigenden Zellen des Luftrades erzeugt nämlich eine
                              									Abkühlung des umgebenden Wassers.
                           Wenn sich die Luft in einem vollkommen wärmedichten Gefäſs ausdehnt, so daſs von
                              									auſsen weder Wärme zu-, noch abgeführt wird, dann fällt die Spannung der Luft in
                              									rascherem Maſse, als das Volumen sich vergröſsert; es sinkt auch die Temperatur, und
                              									zwar verläuft diese Zustandsänderung bekanntlich nach dem potenzirten Mariotte'schen
                              									Gesetze und der Spannungsabfall verfolgt die adiabatische Linie, welcher die
                              									Function: p0
                              									v0k = p1
                              									v1k = pvk = Const zu Grunde
                              									liegt. Bei der Rotation des Luftrades steht jedoch die Sache anders. Die in den
                              									Zellen befindliche Luft steht mit den Zellenwänden und dem umgebenden Wasser in
                              									inniger Berührung und nimmt jene Temperatur an, welche im Luftrad gefäſs e herrscht. Das Wasser circulirt stetig im Gefäſse,
                              									vermischt die kälteren Partien mit den wärmeren und der sich bald einstellende
                              									allseitige Temperaturausgleich wird endlich jene Temperatur herausbilden und
                              									festhalten, bei welcher ein Beharrungszustand zwischen der zu- und abgeleiteten
                              									Wärmemenge besteht. Aus dem eben angeführten Grunde waren wir bei den früheren
                              									Berechnungen vollkommen berechtigt, anzunehmen, daſs die Expansion der Luft im
                              									Luftrade bei constanter Temperatur vor sich gehe. Die Ausdehnung der Luft bei
                              									gleichbleibender Temperatur erfordert aber eine gewisse von auſsen hinzukommende
                              									Wärmemenge, welche in unserem Falle dem Wasser im Luftrad gefäſse entzogen wird,
                              									folglich abkühlend wirkt. Die Temperatur dieses Wassers sowie des Radkörpers und der
                              									inneren Gefäſswände wird allmählich herabsinken bis zu einer durch den oben
                              									erwähnten Beharrungszustand bestimmten Grenze. Diese Grenze wollen wir jetzt
                              									bestimmen und zwar unter der Voraussetzung, daſs das Luftradgefäſs mittels doppelter
                              									Holzwände und Wärme schlecht leitender Zwischenfüllung so hinreichend wärmedicht
                              									gemacht sei, daſs die Wärmetransmission an der Oberfläche von auſsen nach innen
                              									vernachlässigt werden darf.
                           Die Wärmemenge, welche für die Expansion der Luft bei
                              									gleichbleibender Temperatur entzogen werden muſs, ist nach der mechanischen
                              									Wärmetheorie bekanntlich genau äquivalent mit der dabei nach auſsen verrichteten
                              									Arbeitsleistung. Die dem Wasser im Luftradgefäſs entzogene Wärmemenge beträgt somit,
                              									da 1c mit 424mk
                              									gleichwertig ist, in Calorien:
                           W=\frac{p_0\,v_0\,log\,nat\,(p_1\,:\,p_0)}{424} . . . . .
                              									(11)
                           
                           Dieser Abkühlung entgegen wirkt die Erwärmung, welche dadurch
                              									herbeigeführt wird, daſs die unter das Zellenrad eintretende Luft wärmer ist als das
                              									Wasser und folglich ihre Temperatur mit jener des Wassers ausgleicht. Heiſsen
                              									wir:
                           
                              t1
                                 										diese Temperatur der eintretenden Luft (es wird das nahezu immer die Temperatur
                                 										der äuſseren freien Luft sein),
                              t0
                                 										die allmählich erzielte niedrigere Temperatur des Wassers im Luftradgefäſs (es
                                 										ist dies auch die Temperatur, welche die Luft nach dem Austritt aus der Düse
                                 										annimmt und während der Expansion und bei dem Austritt über dem Wasserspiegel
                                 										beibehält),
                              c die specifische Wärme der Luft
                                 										bei constanter Spannung und
                              γ0
                                 										das specifische Gewicht der austretenden Luft,
                              
                           so beträgt die Erwärmung durch den Eintritt jener
                              									Luftmenge, welche beim Austritt oben ein Volumen V0 besitzt, in Calorien:
                           W_1=v_0\,\gamma_0\,c\,(t_1-t_0) . . . .
                              									(12)
                           Für den einmal eingetretenen Beharrungszustand in der
                              									Wärmezu- und abfuhr haben wir zu setzen:
                           W=W_1 . . . . . . . . (13)
                           und man findet aus der Gleichsetzung der Ausdrücke (11)
                              									und (12) die erzielte Abkühlung der Luft beim Durchgang durch das Luftrad:
                           t_1-t_0=\frac{p_0\,log\,nat\,(p_1\,:\,p_0)}{424\,\gamma_0\,c}
                              									. . . . (14)
                           Mit Einsetzung der Werthe p_0=10334,\ c=0,23751
                              									und y_0=1,294 (was zulässig erscheint, weil die Temperatur t0 jedenfalls nahe 0°
                              									liegen muſs) erscheint:
                           t_1-t_0=79,3\,log\,nat\,(p_1\,:\,p_0) .
                              									. . . (15)
                           
                              
                                 somit für die Expansionsgrade:
                                 
                                    \frac{p_1}{p_0}
                                    
                                 =
                                 1,10
                                   1,15
                                   1,20
                                   1,25
                                   1,30
                                 
                              
                                 d. i. für die Wassersäulenhöhen:
                                 
                                    H
                                    
                                 =
                                 1,0
                                   1,5
                                   2,0
                                   2,5
                                   3,0m
                                 
                              
                                 eine erzielte Luftabkühlung:
                                 
                                    t_1-t_0
                                    
                                 =
                                 7,55
                                 11,06
                                 14,45
                                 17,69
                                 20,80°.
                                 
                              
                           Aus den Zahlen der letzten Reihe folgt das Resultat, daſs man die Luftabkühlung nur
                              									für höhere Expansionsgrade oder für niedrigere Temperaturen der äuſseren Luft bis
                              									unter den Eispunkt herab zu bringen im Stande ist. So muſs z.B. für eine
                              									Auſsentemperatur t1 =
                              									20° die im Luftradgefäſs durchsetzte Wassersäulenhöhe H
                              									schon 3m betragen, wenn man Luft von t0 = 0° erhalten soll;
                              									für t1 = 14° genügt zu
                              									dem gleichen Ziel H = 2m. Die kalt gewordene Luft tritt schlieſsllich oben aus dem Gefäſs G heraus und wird durch wärmedicht verwahrte Rohre a zum Orte ihrer Bestimmung hingeführt. Wenn durch
                              									günstige örtliche Verhältnisse so hohe Luftpressungen zur Verfügung stehen, daſs die
                              									Abkühlungen unter 0° möglich, also unter Umständen zur Eiserzeugung benutzt werden
                              									könnten, dann muſs natürlich zum Schütze gegen das Einfrieren im Luftradgefäſs
                              									anstatt des gewöhnlichen Wassers eine entsprechende Salzlösung mit niedrigerem
                              									Gefrierpunkt gewählt werden. Eine derartige Sachlage bildet freilich nur einen
                              									auſsergewöhnlichen Ausnahmsfall; aber es bleibt auch für die normalen Aufstellungen
                              									immerhin beachtenswerth, daſs das Luftrad neben der motorischen Arbeit auch noch
                              									eine groſse Menge frischer kalter Luft liefert, welche für verschiedene Zwecke
                              									wünschenswerth und vortheilhaft sein kann.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
