| Titel: | Die Bestimmung von Neutralfett in Fettsäuregemengen; von Max Gröger. | 
| Autor: | Max Gröger | 
| Fundstelle: | Band 244, Jahrgang 1882, S. 303 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Die Bestimmung von Neutralfett in
                           								Fettsäuregemengen; von Max Gröger.
                        Aus dem chemisch-technologischen Laboratorium von
                           								Prof. K. Zulkowsky an der technischen Hochschule in
                              								Brünn.
                        Gröger, über Bestimmung von Neutralfett in
                           								Fettsäuregemengen.
                        
                     
                        
                           O. Hausamann (1880 240 62)
                              									veröffentlichte ein Verfahren zur Bestimmung von unzersetztem Fett in
                              									Fettsäuregemengen; bei dessen Anwendung ich durchaus keine befriedigenden Resultate
                              									erhielt, weshalb ich mich veranlaſst fand, dasselbe einer Prüfung zu unterziehen, um
                              									so mehr, als Hausamann keine Beleganalysen anführte. Es
                              									zeigte sich jedoch in der Folge, daſs die Methode ganz ausgezeichnet sei und die
                              									erwähnten Miſserfolge nur in der ungenauen Beschreibung derselben ihre Ursache
                              									hatten.
                           Zur Anstellung der unten beschriebenen Versuche benutzte ich frischen umgeschmolzenen
                              									und filtrirten, sodann gänzlich entwässerten Rindstalg, sowie das nach der
                              									Verseifung desselben mit reinem Aetzkali und nachfolgender Behandlung der
                              									entstandenen Seife mit verdünnter Schwefelsäure abgeschiedene, sorgfältig gewaschene
                              									und getrocknete Fettsäurengemenge.
                           Hausamann gibt an, daſs bei tropfen weisem Zusatz von
                              									alkoholischer Kalilauge zu einem in Alkohol gelösten Gemenge von freien Fettsäuren
                              									und Neutralfett nur erstere verseift werden, letzteres aber unverändert bleibt. Um
                              									mich von der Richtigkeit dieser Angabe zu überzeugen, löste ich neutralen Rindstalg
                              									in kochendem Weingeist, versetzte die Lösung mit einigen Tropfen alkoholischer
                              									Phenolphtaleïnlösung und 0cc,1 halbnormal
                              									alkoholischer Kalilösung; dieselbe färbte sich sogleich roth und die Färbung erhielt
                              									sich, selbst in der Kochhitze, etwa 5 Minuten lang, war aber nach 10 Minuten
                              									gänzlich verschwunden, woraus ersichtlich ist, daſs in der That die Verseifung bei
                              									einem Ueberschusse von Neutralfett auſserordentlich langsam vor sich geht; freie
                              									Fettsäuren, in Alkohol gelöst, verseifen sich hingegen augenblicklich.
                           Ich stellte zuerst durch Titration des in heiſsem Alkohol gelösten Fettsäuregemenges
                              									mit alkoholischer Kalilauge von bekanntem Gehalte das Aequivalentgewicht desselben
                              										(Hausamann spricht von einem mittleren
                              									Moleculargewichte) zu 271 fest, bereitete mir sodann durch Zusammenschmelzen von
                              									gewogenen Mengen Neutralfett und Fettsäuren verschiedene Gemische und untersuchte
                              									dieselben nach den Angaben von Hausamann auf
                              									Neutralfett. Derselbe schreibt vor, 5g der
                              									fraglichen Fettsäuremasse in etwas Alkohol zu lösen, mit 1 bis 2 Tropfen
                              									Phenolphtaleïnlösung zu versetzen und mit alkoholischem Normalalkali bis zum
                              									Erscheinen der rothen Farbe zu titriren, ohne anzugeben, ob das Lösen und Titriren
                              									in der Kälte oder unter Erwärmen zu geschehen habe. Bei gewöhnlicher Temperatur ist
                              									die Titration nicht ausführbar; man müſste denn sehr groſse Mengen Alkohol
                              									verwenden, um einerseits auch das Neutralfett in Lösung zu bringen, andererseits das
                              									Ausscheiden von Seifenklümpchen beim Zuflieſsenlassen von Kalilauge, welche einen
                              									groſsen Theil der Lösung einschlieſsen und vor der Einwirkung der Kalilauge
                              									schützen, zu verhindern. Operirt man hingegen bei einer der Kochhitze des Alkohols
                              									nahe liegenden Temperatur, so genügen für 5g
                              									Substanz 25 bis 30cc
                              									Alkohol vollständig zur
                              									gänzlichen Lösung des Fettsäuregemenges sowohl, als auch der entstehenden Seife.
                           Die verbrauchten Cubikcentimeter Normalalkali, mit dem tausendsten Theile des
                              									Aequivalentgewichtes des Fettsäuregemenges multiplicirt, geben die Menge freier
                              									Fettsäuren, welche, von dem Gewichte der angewendeten Substanz abgezogen, das
                              									Gewicht des in derselben enthaltenen Neutralfettes ergibt.
                           Das Aequivalentgewicht, d. i. das Gewicht des Fettsäuregemenges, welches gerade von
                              										1l Normalalkali verseift wird, vermittelt Hausamann: A) bei gröſserem Gehalt an Neutralfett durch vollständige Verseifung mit
                              									überschüssigem Alkali, Abscheidung der freien Fettsäuren und Titration einer
                              									gewogenen Menge derselben mit alkoholischem Kali; B) bei kleinerem Gehalt an Neutralfett durch Erhitzen des Neutralfett haltigen
                              									Fettsäuregemenges mit überschüssiger alkoholischer Kalilauge „bis zur
                                 										vollständigen Lösung“ und Zurücktitriren mit Normaloxalsäure. Man erfährt so
                              									die Anzahl Cubikcentimeter Normalalkali, welche nothweudig sind, um ein bestimmtes
                              									Gewicht des Gemenges vollständig zu verseifen. Hätte man p Gramm mit ncc Normalkalilauge verseift und mit mcc Normaloxalsäure zurücktitrirt, so ergibt sich
                              									unter Vernachlässigung der geringen Menge des Glycerinrestes (C3H2), welcher in der
                              									Substanz enthalten ist, das Aequivalentgewicht A aus
                              									der Proportion p\,:\,A=(n-m)\,:\,1000 sehr annähernd zu
                              										A=\frac{1000\,p}{n-m}.
                           Ich erhielt nun bei der Untersuchung der erwähnten Gemische folgende Resultate: In
                              									der Spalte I (der unten stehenden Tabelle) ist der wirkliche, in Spalte II der unter
                              									Zugrundelegung des Aequivalentgewichtes 271 der abgeschiedenen freien Fettsäure
                              									berechnete und in Spalte III der mit Benutzung des nach (B) bestimmten
                              									Aequivalentgewichtes der Fettsäuren berechnete Procentgehalt an Neutralfett
                              									enthalten:
                           
                              
                                 I
                                 II
                                 III
                                 
                              
                                 13,15
                                 13,40
                                   5,50
                                 
                              
                                   5,02
                                   4,84
                                   3,21
                                 
                              
                                 12,58
                                 12,81
                                 10,72
                                 
                              
                                   6,94
                                   6,96
                                   2,78
                                 
                              
                                   3,12
                                   3,30
                                   2,71
                                 
                              
                                   0,73
                                   0,61
                                   0,61
                                 
                              
                           Die Zahlen in Spalte I und II stimmen sehr gut überein, hingegen weichen die Zahlen
                              									in Spalte III sehr weit von den richtigen ab und sind fast alle zu niedrig. Diese
                              									Abweichungen glaubte ich mir anfangs nur durch die Annahme erklären zu können, daſs
                              									der angewendete Rindstalg nicht nur aus Triglyceriden zusammengesetzt sei, und
                              									suchte daher die procentische Menge der in demselben enthaltenen Fettsäuren zu
                              									bestimmen, und zwar durch Erwärmen mit überschüssiger alkoholischer Kalilauge bis
                              									zur vollständigen Lösung und Zurücktitriren mit Oxalsäure. Die Anzahl der verbrauchten Cubikcentimeter
                              									Kalilauge mit dem tausendsten Theile des früher ermittelten Aequivalentgewichtes 271
                              									ergibt die Fettsäuremenge, welche in dem verwendeten Gewichte Rindstalg gebunden
                              									ist. In den Triglyceriden kann auf 3 Aequivalente der Fettsäuren (d. i. für den
                              									vorliegenden Fall 3 × 271 = 813) 1 Aeq. des Glycerinrestes C3H2 (d. i. 38)
                              									gebunden gedacht werden – C3H5(O.CnH2n–1O)3 = C3H2 + 3CnH2nO2 – was einem Gehalte von 95,65 Procent an
                              									Fettsäuren entspricht. Ich fand aber hierfür bei mehreren Versuchen die Zahlen:
                              									90,3, 89,4, 73, 82,1 und 88,2.
                           Da nun für die im Neutralfett gebundenen Mengen von Fettsäuren bei jedem der
                              									sorgfältig ausgeführten Versuche eine andere Zahl erhalten worden und eine
                              									Ungleichheit des zur Untersuchung verwendeten Talges gänzlich ausgeschlossen war, so
                              									muſste ich eine andere Erklärung dieser Abweichungen suchen und fand sie endlich in
                              									der verschiedenen Zeitdauer der Verseifung. Die Verseifung der Neutralfette bei der
                              									Behandlung mit überschüssiger alkoholischer Kalilauge von solcher Verdünnung (etwa
                              									halbnormal) geht nämlich keineswegs so rasch vor sich, als man gewöhnlich glaubt,
                              									und ein Erhitzen „bis zur vollständig eingetretenen Lösung“ genügt durchaus
                              									nicht.
                           Um dies nachzuweisen, wurde Rindstalg mit überschüssiger alkoholischer Kalilauge bis
                              									zur vollständigen Lösung erwärmt und der Ueberschuſs an Aetzkali sofort mit
                              									Oxalsäure zurücktitrirt. Aus dem bekannten Aequivalentgewichte der Fettsäuren
                              									berechnet sich die Menge derselben, welche durch das Aetzkali verseift wurde, zu
                              									47,9 Proc. (bezogen auf die angewendete Substanz); da in vorliegendem Neutralfette
                              									thatsächlich 95,65 Proc. enthalten sind, so ergibt sich, daſs dabei nur
                              										100\,\times\,(47,9\,:\,96,65)=50 Procent desselben verseift
                              									wurden. Bei einem zweiten Versuche geschah die Titration nach 10 Minuten andauerndem
                              									Erhitzen nach vollständig eingetretener Lösung. Vom Aetzkali wurden dabei 94 Proc.
                              									Fettsäure gebunden, daher nur 98,2 Procent des Neutralfettes verseift. Bei der
                              									Verdünnung, der bei diesen Versuchen erhaltenen, in der Hitze vollkommen klaren
                              									Lösungen mit Wasser schied sich Neutralfett in Tröpfchen aus.
                           Eine 3. und 4. Titration, 20 bezieh. 30 Minuten nach eingetretener vollständiger
                              									Lösung vollführt, zeigte, daſs durch das Aetzkali 95,7 bezieh. 95,6 Proc. Fettsäuren
                              									(d. i. die theoretische Menge) gebunden, also das ganze Neutralfett verseift worden
                              									war. Dieselben Erfahrungen machte Köttstorfer (vgl.
                              									1879 232 286) bei der Untersuchung der Butter, indem er
                              									fand, daſs 5 Minuten langes Erhitzen mit alkoholischer Kalilauge zu deren
                              									vollständiger Verseifung nicht genügte.
                           Neuerdings angestellte Versuche, bei welchen die Verseifung durch ½stündiges Kochen
                              									mit überschüssiger alkoholischer Kalilauge durchgeführt wurde, zur Bestimmung des
                              									Neutralfettgehaltes in Fettsäuregemengen ergaben nun auch unter Zuhilfenahme des nach (B)
                              									bestimmten Aequivalentgewichtes gute Resultate, wie aus Folgendem ersichtlich:
                           
                              
                                 
                                 Wirklicher
                                 Gefundener
                                 
                              
                                 Neutralfettgehalt
                                         11,80 Proc.
                                         11,50 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 5,17
                                 4,67
                                 
                              
                                 
                                 3,40
                                 3,21
                                 
                              
                                 
                                 1,25
                                 1,05
                                 
                              
                           Somit empfiehlt es sich in folgender Weise zu verfahren: 3 bis
                              										5g des vorher vollständig getrockneten, auf
                              									Neutralfett zu prüfenden Fettsäuregemenges werden in einem beiläufig 150cc fassenden Kölbchen in ungefähr 25 bis 30cc starken Weingeist von etwa 96 Proc. Tr. durch
                              									Erhitzen vollständig gelöst, sodann nach erfolgtem Zusätze von 1 bis 2 Tropfen
                              									alkoholischer Phenolphtaleïnlösung zur Bestimmung der freien Fettsäuren mit
                              									alkoholischer Kalilauge (etwa halbnormal) titrirt, bis die Rothfärbung beim
                              									Schütteln nicht mehr sofort verschwindet. (Sollte beim Zuflieſsenlassen der
                              									Kalilauge sich Seife ausscheiden, so muſs man, um dieselbe zu lösen, wieder
                              									erwärmen). Sodann fügt man, um annähernd das Aequivalentgewicht der Fettsäuren zu
                              									bestimmen, eine gemessene Menge überschüssiger alkoholischer Kalilauge zu, setzt auf
                              									das Kölbchen einen Kork, der ein etwa 80cm langes,
                              									als Rückfluſskühler wirkendes Glasrohr trägt, und erhält 30 Minuten lang in gelindem
                              									Sieden (wobei die rothe Färbung nicht mehr verschwinden darf, widrigenfalls man
                              									neuerdings Kalilauge zufügen muſs) und titrirt darauf mit halbnormaler Oxalsäure
                              									zurück, ohne sich um den entstehenden Niederschlag von Kaliumoxalat zu kümmern, bis
                              									zum Verschwinden der Rothfärbung.
                           Diese Methode gibt aber nur dann genaue Resultate, wenn das zu bestimmende
                              									Neutralfett dasselbe ist, aus welchem die beigemengten freien Fettsäuren
                              									ausgeschieden wurden, und auch dann nur unter der Voraussetzung, daſs die Verseifung
                              									sich gleichmäſsig auf alle Bestandtheile des Fettes erstrecke. Die von mir
                              									erweiterte Methode gestattet ein beliebiges Neutralfett, welches irgendwelchen
                              									freien Fettsäuren beigemengt ist, genau zu bestimmen, ein Fall, der häufig von
                              									Wichtigkeit ist, z.B. um die Menge Talg zu bestimmen, welche einer
                              									Stearinkerzenmasse zugesetzt worden, um sie billiger zu machen, oder z.B. um die
                              									Menge von Coccosöl, welche in den sogen. Compositkerzen sich vorfindet, zu ermitteln
                              									u.s.w.
                           Fügt man nämlich zu der erhitzten alkoholischen, mit einigen Tropfen Phenolphtaleïn
                              									versetzten Lösung der fraglichen Substanz tropfenweise alkoholische Kalilauge bis
                              									zur eintretenden Rothfärbung, so hat man dadurch sämmtliche freie Fettsäuren in
                              									Kaliseifen verwandelt, das Neutralfett aber unverändert gelassen. Es handelt sich
                              									somit nur mehr um die Trennung dieser beiden. Verdünnt man die entstandene Lösung
                              									mit Wasser, so scheidet sich das Neutralfett in Tropfen aus, während die Seife
                              									in Lösung bleibt. Da aber das Neutralfett mit Seifenlösung eine Emulsion bildet, so
                              									ist man nicht im Stande, die beiden durch Filtration oder durch längeres Stehen
                              									lassen von einander zu trennen; wohl aber gelingt es durch Ausschütteln mit Aether,
                              									die Seifenlösung vollständig von Neutralfett zu befreien. Ich verfahre daher
                              									folgendermaſsen:
                           4 bis 8g der auf Neutralfett zu prüfenden
                              									Fettsäuremasse (je nach dem gröſseren oder kleineren Gehalt an Neutral fett) werden
                              									in einem ungefähr 300cc fassenden Kolben mit
                              									beiläufig 50cc starkem Weingeist (von etwa 96
                              									Proc. Tr.) durch Erhitzen bis zum gelinden Sieden in Lösung gebracht; nach Zusatz
                              									von einigen Tropfen Phenolphtaleïnlösung wird aus einer Bürette alkoholische
                              									Halbnormalkalilauge zuflieſsen gelassen, bis die Rothfärbung beim Schütteln nicht
                              									mehr sofort verschwindet; sodann verdünnt man mit 150cc Wasser. Es entsteht dadurch ein Weingeist von 20 bis 25 Proc. Tr., in
                              									welchem die Neutralfette so gut wie unlöslich, die Kaliseifen aber noch vollkommen
                              									klar löslich sind. Nach dem Erkalten setzt man 60 bis 100cc Aether hinzu, verschlieſst das Kölbchen mit
                              									einem Korke und schüttelt tüchtig durch, läſst alsdann so lange ruhig stehen, bis
                              									die unter der Aetherschicht befindliche Seifenlösung vollkommen klar geworden ist.
                              									Man pipettirt nun den gröſsten Theil der klaren Seifenlösung mit der Vorsicht, daſs
                              									nichts von der darüber schwimmenden Aetherschicht mitgerissen wird, aus dem
                              									Kölbchen, verdünnt sie stark mit Wasser und erhitzt so lange zum Kochen, bis der
                              									Aether und Alkohol vollständig vertrieben sind. Sodann setzt man durch verdünnte
                              									Schwefelsäure oder Salzsäure die Fettsäuren in Freiheit, wäscht diese, nachdem sie
                              									sich als obenauf schwimmende Oelschicht vollkommen abgeschieden, mit heiſsem Wasser,
                              									bis dieses keine saure Reaction mehr annimmt, und läſst danach erkalten. Erstarren
                              									die Fettsäuren zu einem Kuchen, so hebt man diesen ab, ohne etwa an den Wänden des
                              									Gefäſses hängen bleibende Theile desselben zu beachten; bleiben die Fettsäuren aber
                              									flüssig, so pipettirt man den gröſsten Theil derselben ab. Nun bestimmt man das
                              									Aequivalentgewicht der vorher sorgfältig getrockneten Fettsäuren durch Titration mit
                              									halbnormal alkoholischer Kalilauge in oben angegebener Weise. Die Anzahl der zur
                              									Neutralisation der freien Fettsäuren in dem Neutralfett haltigen Gemenge
                              									verbrauchten Cubikcentimeter Normalalkali, mit dem tausendsten Theile des so
                              									gefundenen Aequivalentgewichtes multiplicirt, ergibt das Gewicht der darin
                              									enthaltenen Fettsäuren, somit auch die Menge des beigemengten Neutralfettes.
                           Die ätherische Lösung des Neutralfettes kann man nach dem Verdunsten des Aethers
                              									benutzen, um dasselbe auf seine Beschaffenheit zu prüfen.
                           Daſs von dem unter der Aetherschicht befindlichen etwa 25 procentigen, mit Aether gesättigten Weingeist
                              									bei gewöhnlicher Temperatur eine ganz unbedeutende Menge Neutralfett gelöst wird,
                              									überzeugte ich mich dadurch, daſs ich 1g
                              									Rindstalg, bei einem 2. Versuche 1g Rindschmalz in
                              									kochendem Alkohol von 98 Proc. Tr. löste, mit dem 3 fachen Volumen Wasser verdünnte
                              									und mit Aether schüttelte. Nach dem Klarwerden hinterlieſsen 100cc der unter dem Aether befindlichen Schicht in
                              									beiden Fällen nicht ganz 1mg Abdampfrückstand,
                              									eine Menge, die hier gar nicht in Betracht kommt. Bei Gemischen, die ich mir aus
                              									käuflicher Stearinsäure (Aequivalentgewicht zu 264,4 gefunden) und obigem Rindstalg
                              									herstellte, fand ich bei Anwendung dieser Methode folgende Zahlen:
                           
                              
                                 Wirklich vorhanden
                                 Gefunden
                                 
                              
                                 Neutralfett
                                   8,50 Proc.
                                   8,19 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 22,62
                                 22,84
                                 
                              
                                 
                                 41,19
                                 41,19
                                 
                              
                           Bei diesen Gemischen würde man auch dann noch annähernd
                              									richtige Zahlen erhalten haben, wenn man eine totale Verseifung vorgenommen und das
                              									Aequivalentgewicht der abgeschiedenen Fettsäuren bestimmt hätte, weil die
                              									Aequivalentgewichte 264,4 und 271 nicht sehr verschieden sind. Deshalb erzeugte ich
                              									mir Gemische aus den Fettsäuren des Rindstalges und aus Rindschmalz, welches
                              									letztere ich durch Auslassen, Filtriren und sorfältiges Trocknen von frischer
                              									Kuhbutter bereitete. Da das Aequivalentgewicht der Fettsäuren in der Butter das
                              									geringste unter allen Fetten ist und von dem der Fettsäuren aus anderen thierischen
                              									und pflanzlichen Fetten sehr bedeutend abweicht, so ergibt eine
                              									Aequivalentgewichtbestimmung nach vollständiger Verseifung des Gemisches und
                              									Abscheidung der freien Fettsäuren ganz fehlerhafte Werthe für den Gehalt an
                              									Neutralfett, welche um so weiter von der Wahrheit abweichen, je gröſser derselbe
                              									ist. Aus diesem Grunde erscheinen mir diese Mischungen vorzüglich geeignet, die
                              									Genauigkeit meiner Methode zu prüfen.
                           Das Rindschmalz ist bedeutend leichter verseifbar als Rindstalg, indem die
                              									Rothfärbung, welche 0cc,1 Halbnormalkalilauge in
                              									einer mit Phenolphtaleïn versetzten, kochend heiſsen Lösung von Rindschmalz in
                              									Alkohol erzeugt, in 1 Minute vollständig verschwunden ist, während sie bei Rindstalg
                              									fast 10 Minuten anhält; dieselbe ist aber von genügend langer Dauer, um freie
                              									Fettsäuren, welche die Rothfärbung sofort verschwinden machen, neben Rindschmalz
                              									vollkommen scharf durch Titration bestimmen zu können.
                           Es wurde bei Mischungen aus den aus Rindstalg abgeschiedenen Fettsäuren
                              									(Aequivalentgewicht 271) und Rindschmalz erhalten:
                           
                              
                                 Wirklich zugegen
                                 Gefunden
                                 
                              
                                 Neutralfett
                                   9,9 Proc.
                                   9,5 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 20,1
                                 20,6
                                 
                              
                                 
                                 41,7
                                 41,1
                                 
                              
                                 
                                 60,5
                                 60,1
                                 
                              
                           
                           Mit Hilfe dieser Methode könnte man auch nachweisen, ob bei einer unvollkommenen
                              									Verseifung alle Bestandtheile eines Fettes in gleicher Weise in Anspruch genommen
                              									werden, ob z.B. bei einer Autoclavenmasse, für welche Hausamann seine Neutralfettbestimmungen anwendet, in allen Stufen der
                              									Verseifung das noch unverseifte Fett und das Verhältniſs der verschiedenen in
                              									Freiheit gesetzten Fettsäuren dasselbe ist, und zwar auf die Art, daſs man die
                              									freien Säuren (durch Titration mit alkoholischer Kalilauge bis zur bleibenden
                              									Rothfärbung) titrirt, die gebildete Seife mit Aether vom Neutralfett, wie oben
                              									angegeben, befreit, daraus die Fettsäuren abscheidet und durch Titration deren
                              									Aequivalentgewicht bestimmt. Ist das Aequivalentgewicht bis auf die zulässigen
                              									Fehlergrenzen constant, so ist die Richtigkeit obiger Voraussetzung erwiesen. Erhält
                              									man für dasselbe aber veränderliche Werthe (die eine gewisse Gesetzmäſsigkeit zeigen
                              									müssen), so ist die Annahme unrichtig.
                           In gleicher Weise könnte man zu diesem Nachweise das nach dem Verdampfen der
                              									ätherischen Lösung erhaltene Neutralfett benutzen, indem man nach Köttstorfer (1879 232 286)
                              									die Menge Kaliumhydrat ermittelt, welche 1g des
                              									Neutralfettes zur vollständigen Verseifung benöthigt. Es fehlte mir leider bis jetzt
                              									die Gelegenheit, diese Untersuchung mit einer Autoclavenmasse selbst
                              									vorzunehmen.
                           Was die Anwendung der alkoholischen Kalilösung betrifft, so hat diese den Nachtheil,
                              									daſs deren Titer beim Aufbewahren sich ziemlich bedeutend ändert. Der Titer der bei
                              									obigen Versuchen verwendeten alkoholischen Kalilauge wurde jeden zweiten Tag mit
                              									Halbnormaloxalsäure frisch gestellt und zeigte folgende Werthe:
                           
                              
                                 0,3839 Normal
                                 0,3740 Normal
                                 
                              
                                 0,3800
                                 0,3695
                                 
                              
                                 0,3783
                                 0,3682
                                 
                              
                                 0,3741
                                 0,3660
                                 
                              
                           Derselbe hatte also nach Verlauf von 14 Tagen um 4,6 Procent
                              									seines ursprünglichen Werthes abgenommen. Für genaue Bestimmungen darf man den Titer
                              									daher nur für 1 höchstens 2 Tage als unveränderlich betrachten. Die
                              									Neubestimmungdesselben verursacht aber, wenn man ihn schon annähend kennt, wenig
                              									Mühe, sie ist in 10 Minuten geschehen; auch genügen hierfür 20 bis 30cc der alkoholischen Kalilösung.
                           Auch beim ½stündigen Kochen verringert sich der Titer der alkoholischen Kalilösung
                              									etwas, aber so unbedeutend, daſs diese Aenderung bei deren Anwendung ganz
                              									vernachlässigt werden kann.
                           Ein weiterer Uebelstand ist die tiefgelbe Färbung, welche alkoholische Kalilauge nach
                              									kurzer Zeit annimmt, die das Erkennen der Endreaction (Eintritt oder Verschwinden
                              									der Rothfärbung) sehr beeinträchtigt. Dieser läſst sich beseitigen, wenn man die
                              									alkoholische Kalilauge
                              									mit frischem, fein gepulvertem Spodium schüttelt und filtrirt, wodurch sie fast ganz
                              									entfärbt wird. Es verringert sich dabei aber der Titer, indem das Spodium nicht nur
                              									den Farbstoff, sondern auch Aetzkali absorbirt. Bewahrt man die Lösung in einer
                              									Flasche auf, deren Boden mit grob gepulvertem, durch Sieben von allem Staube
                              									befreitem Spodium bedeckt ist, so behält sie lange Zeit eine ganz blaſs gelbe
                              									Färbung und erscheint in der Bürette fast farblos.
                           Brünn, Anfang März 1882.