| Titel: | Neuerungen an Sicherheitsventilen. | 
| Autor: | Whg. | 
| Fundstelle: | Band 244, Jahrgang 1882, S. 417 | 
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                        Neuerungen an Sicherheitsventilen.
                        Patentklasse 13. Mit Abbildungen auf Tafel 30.
                        Neuerungen an Sicherheitsventilen.
                        
                     
                        
                           Die meisten Neuerungen an Sicherheitsventilen haben den Zweck, eine genügende Hubhöhe
                              									bezieh. einen genügend groſsen Ausströmungsquerschnitt zu erreichen und während des
                              									Ausströmens zu erhalten. Bekanntlich vermindert sich nach dem Oeffnen eines
                              									gewöhnlichen Tellerventiles der Druck auf dasselbe dadurch, daſs in der Nähe der
                              									Ausströmöffnung die Pressung sich allmählich in Geschwindigkeit umsetzt; in der
                              									Ausströmöffnung selbst ist die Pressung ja schon nahezu gleich dem äuſseren
                              									Atmosphärendruck. Je mehr das Ventil geöffnet wird, um so gröſsere Dampfmengen also
                              									entweichen, um so weiter muſs sich die Druckverminderung von der Ausströmöffnung aus
                              									verbreiten, um so geringer wird also der Gesammtdruck auf die Ventilfläche werden.
                              									Daher kommt es, daſs die gewöhnlichen Sicherheitsventile sich nur auſserordentlich
                              									wenig erheben. Aus diesem Grunde ist es auch möglich und kommt selbst bei
                              									verhältniſsmäſsig groſsen Ventilen häufig vor, daſs die Ventile nicht im Stande
                              									sind, eine Steigerung der Spannung während des Abblasens zu verhindern, so daſs sie
                              									ihren Zweck nur unvollkommen erfüllen. Namentlich gilt dies von den Ventilen mit
                              									Federbelastung, bei welchen die Belastung noch mit der Erhebung wächst. Unter den
                              									bisher vorgeschlagenen Einrichtungen zur Vermeidung des angeführten Uebelstandes ist
                              									wohl am bekanntesten die Anordnung von Meggenhofen bei
                              									welcher zwischen dem auf dem Ventil ruhenden Hebel und der Feder ein Winkelhebel
                              									eingeschaltet ist (vgl. z.B. 1878 228 * 291). Auſserdem
                              									sind verschiedene Ventilformen, rollende Belastungsgewichte (vgl. Renaudot 1881 241 * 14),
                              									Hilfsventile (vgl. Saint-Pierre 1881 241 * 14) u.a. in Vorschlag gebracht. Leider geht vielen
                              									der hierher gehörigen Anordnungen die nöthige Einfachheit ab.
                           Recht zweckmäſsig dürfte das in Fig. 7 bis
                              										9 Taf. 30 abgebildete Sicherheitsventil von A.
                                    										Turnbull in Glasgow (* D. R. P. Nr. 2201 vom 6. Februar 1878) sein. Das
                              									Wesentlichste daran ist die hohlcylindrische Gestalt des Ventiles. Die bei der
                              									Hebung desselben wirksame, d. i. die zur Hubrichtung senkrechte Fläche ist hier von
                              									der Ausströmöffnung weit entfernt; die beim Abblasen eintretende Druckverminderung
                              									trifft nur die in der Hubrichtung liegende cylindrische Wandung, ist also ohne
                              									Einfluſs. Der wirksame Gesammtdruck kann daher beim Oeffnen des Ventiles nicht
                              									vermindert, sondern eher noch vermehrt werden, da nach dem Oeffnen noch ein (wenn
                              									auch sehr geringer) Druck auf die Abschluſsfläche hinzukommt. Das Ventil wird sich
                              									in Folge dessen bedeutend mehr erheben als gewöhnliche Sicherheitsventile, so daſs
                              									man bei Anwendung dieser Form auch mit kleineren Ventilen auskommt. Kleine
                              									Ventile sind aber hauptsächlich der geringeren Belastung wegen sehr vortheilhaft.
                              									Man kann bei nicht zu groſsen Kesseln für kleine Ventile eine directe Belastung
                              									verwenden und vermeidet dadurch alle Hebel und sonstigen beweglichen Theile. Auch
                              									bei dem in Fig. 7 und
                              										8 gezeichneten Ventil von Turnbull ist eine
                              									directe Belastung in Form von aufgesetzten Gewichtsringen benutzt und zwar sind die
                              									Maſse so gewählt, daſs der mit der Ventilspindel verbundene Muff einer Spannung von
                              										1at,4 (= 20 Pfund engl. für den Quadratzoll)
                              									das Gleichgewicht hält und jeder aufgesetzte Ring die Belastung um eine 0at,7 (= 10 Pfund engl. für den Quadratzoll)
                              									entsprechende Gröſse vermehrt. Die in Fig. 7
                              									angenommene Belastung würde also z.B. für eine Spannung von 1,4 + 3 × 0,7 = 3at,5 passen. Mit Hilfe des Handgriffes H und eines daran befestigten Excenters kann man das
                              									Ventil lüften. Dasselbe wird dabei immer etwas auf seinem Sitze gedreht, was für das
                              									Dichthalten vortheilhaft sein wird. Für Schiffskessel wird eine directe
                              									Federbelastung (vgl. Fig. 9)
                              									benutzt.
                           Dieses Ventil soll sich auf eine Höhe, welche gleich ein Viertel seines Durchmessers
                              									ist, erheben und zum Beweise seiner Wirksamkeit wird in Iron, 1882 Bd. 19 S. 98 folgender Versuch angeführt: Ein
                              									Zweiflammrohrkessel mit 18 Galloway-Röhren und 2qm,88 Rostfläche war mit 2 gewöhnlichen mittels Hebel belasteten
                              									Sicherheitsventilen von je 12cm,7 Durchmesser
                              									ausgerüstet. Die wirksame Druckfläche derselben betrug hiernach zusammen 253qc, d. i. 2½mal so viel, als von dem Board of Trade vorgeschrieben ist. Die Ventile fingen
                              									an sich zu heben bei 3at,23 und abzublasen bei
                              										3at,3. Die Spannung stieg darauf allmählich
                              									bis auf 3at,86. Auf dem gleichen Kessel wurde ein
                              										Turnbull'sches Sicherheitsventil von nur 3cm,8 Durchmesser, also 11qc,4 wirksamer Druckfläche (d. i. 1/22 von der
                              									Druckfläche obiger Ventile) angebracht. Dasselbe fing an sich zu heben bei 3at,38. Die Spannung schwankte dann zwischen 3,46
                              									und 3at,53, blieb aber immer unter 3at,53, obgleich man das Feuer möglichst lebhaft
                              									unterhielt. Das kleine Ventil war mithin wirksamer als die beiden groſsen
                              									zusammengenommen.
                           In Fig. 10
                              									Taf. 30 ist nach Engineering, 1882 Bd. 33 S. 531 ein
                              									Sicherheitsventil von Seaton und Cameron dargestellt, dessen Form ebenfalls für eine
                              									gröſsere Erhebung günstig, wenn auch nicht so gut wie die Form des vorigen Ventiles,
                              									erscheint. Der Ventilkörper ist unten ausgehöhlt und dichtet auf der Auſsenfläche
                              									des eine stumpfe ringförmige Schneide bildenden Ventilsitzes ab. Der Dampf wird in
                              									Folge dessen gezwungen, schräg nach unten auszutreten, wobei er einen Rückdruck nach
                              									oben auf das Ventil ausübt. Die Druckverminderung beim Oeffnen des Ventiles wird
                              									daher um so weniger auftreten, je mehr sich die Ausströmrichtung der Senkrechten nähert. Der
                              									Hauptzweck dieser Einrichtung scheint jedoch der Schutz der Feder zu sein. An dem
                              									Ventilkörper ist eine Hülse so befestigt, daſs zwischen beiden ein enger Ringspalt
                              									bleibt (vgl. Fig. 11).
                              									An diesem strömt der austretende Dampf vorbei und wirkt dabei saugend auf die in dem
                              									Federgehäuse enthaltene Luft. Durch Oeffnungen, welche oben in dem Gehäuse
                              									angebracht sind, kann die äuſsere Luft nachströmen und auf diese Weise wird bei der
                              									Oeffnung des Ventiles ein kühlender Luftstrom in dem Gehäuse erzeugt, welcher die
                              									Feder vor der Erhitzung schützt. Zugleich trägt die dabei auftretende
                              									Druckverminderung oberhalb des Ventiles in geringem Maſse zur Erhebung desselben
                              									bei. Dieses Ventil wird von Amos und Smith in Hüll
                              									angefertigt und ist schon auf vielen Dampfschiffen in Anwendung.
                           Eine amerikanische, in Deutschland patentirte Construction zeigen
                              										Fig. 12 und 13 Taf. 30
                              									in zwei Ausführungen. Patentinhaber ist H. G. Ashton in
                              										Sommerville, Mass. (* D. R. P. Nr.
                                 										13446 vom 3. October 1880). Bemerkenswerth an dieser Anordnung ist
                              									zunächst ein an dem Ventil befindlicher Rand, durch welchen auſser der gewöhnlichen
                              									noch eine zweite enge Durchströmöffnung hergestellt wird. Bei Fig. 13 hat
                              									dieser Rand die Gestalt einer ringförmigen Schneide, welche im geschlossenen
                              									Zustande des Ventiles auf der oberen ebenen Fläche des Ventilsitzes fast aufsteht;
                              									bei Fig. 12 bildet er eine Flansche, welche nahezu in Berührung kommt mit
                              									einem Vorsprunge in der Gehäusewand. Sobald nun das Ventil sich öffnet, wird
                              									zwischen dem inneren und dem äuſseren Spalt, welche der Dampf nach einander zu
                              									durchströmen hat, eine Spannung eintreten, welche zwischen der Kesselspannung und
                              									dem äuſseren Luftdruck liegt, sofern die Differenz zwischen der äuſseren und inneren
                              									Oeffnung sehr gering ist. Es wird hierdurch beim Oeffnen des Ventiles eine
                              									Vermehrung des auf Hebung desselben wirkenden Gesammtdruckes erreicht werden können.
                              									Bei Fig. 12 kann der Vorsprung des Gehäuses durch Auf- oder Niederschrauben
                              									des letzteren der Ventilflansche mehr oder weniger genähert werden. Die
                              									Klemmschraube x hält dann beide Theile in einer
                              									bestimmten Stellung zu einander fest. Die Belastungsfeder liegt zwischen zwei
                              									Platten, welche der Beweglichkeit halber durch Spitzen gestützt werden. Um die Feder
                              									vor dem Dampfe zu schützen, ist ferner an dem Ventil ein Hohlcylinder f angebracht, welcher in dem Gehäuse selbst (Fig.
                                 										12) oder in einem an dem Gehäusedeckel befindlichen Stutzen (Fig.
                                 										13) geführt wird und den Federraum gegen den Dampf abschlieſst. Ueber der
                              									Stellschraube F, durch welche die Spannung der Feder
                              									geregelt werden kann, ist bei Fig. 13
                              									eine Kapsel J befestigt, welche ein unbefugtes
                              									Niederschrauben von F verhindert und selbst durch eine
                              									Plombe gesichert ist.
                           
                           Mehrfach ist schon der Versuch gemacht worden, den Dampf nicht direct durch das
                              									belastete Ventil ausströmen zu lassen, sondern ein zweites Abblaseventil anzuordnen,
                              									welches sich mit oder gleich nach dem belasteten Ventil öffnet und von der
                              									Druckverminderung beim Abblasen nicht beeinfluſst wird. Leider werden derartige
                              									Constructionen leicht zu vieltheilig und dadurch weniger zuverlässig.
                           Hierher gehört das in Fig. 14 und
                              										15 Taf. 30 abgebildete Sicherheitsventil von J.
                                 										B. Helwig in Frankfurt a. M. (Erl. * D. R. P. Nr. 7149 vom 4. März 1879).
                              									Das mit dem Dampfkessel durch die Röhre r in Verbindung
                              									stehende Gehäuse A enthält das durch ein Gewicht G direct belastete Ventil v, welches sich öffnet, sobald die Kesselspannung das zulässige Maſs
                              									überschreitet. Da beim Heben dieses Ventiles durch den Schieber s die Röhre r3, welche ins Freie führt, abgesperrt wird, so wird
                              									dann die Kesselspannung auch auf den Kolben K
                              									übertragen, welcher sich in einem zweiten, mit A durch
                              									die Röhre r1
                              									verbundenen Gehäuse B befindet, und durch diesen Kolben
                              									wird nun das verhältniſsmäſsig groſse Abblasventil v1 gehoben. Dasselbe ist in das weite Dampfrohr r2 eingeschaltet und
                              									öffnet sich, wie aus Fig. 14
                              									ersichtlich, nach innen. Die Röhre r soll entweder sehr
                              									lang, oder mit einem weiten Rohrstück versehen sein, so daſs nur kaltes Wasser in
                              									das Gehäuse A bezieh. unter den Kolben K treten kann. Es ist also das Gehäuse A wie die Röhre r1 stets mit kaltem Wasser gefüllt zu denken. Ist die
                              									Kesselspannung genügend gefallen, so wird sich das Ventilchen v wieder schlieſsen und zugleich der Schieber s die Mündung der Röhre r3 öffnen. Die Spannung unterhalb des
                              									Kolbens K sinkt dann auf den äuſseren Luftdruck, der
                              									Kolben wird durch sein Eigengewicht und eine auf ihm ruhende Feder in die
                              									gezeichnete tiefste Lage zurückgeführt, wobei das überschüssige Wasser durch r3 entweicht, und das
                              									Ausströmventil v1 wird
                              									sich darauf gleichfalls wieder schlieſsen. Solange das Ventilchen v geöffnet und die Röhre r3 abgesperrt ist, wird auch das
                              									Abblasventil in seiner höchsten Lage bleiben. Die Druckverminderung beim Oeffnen
                              									wird aber hier das Ventilchen v treffen, gleichviel ob
                              									Dampf oder Wasser durch dasselbe austritt. Es wird deshalb schon eines bedeutenden
                              									Ueberdruckes bedürfen, um das Ventilchen so hoch zu heben, daſs der Schieber die
                              									Röhre r3 vollständig
                              									abschlieſst. Die Hauptübelstände der Vorrichtung werden die nicht unbedeutenden
                              									Reibungen (des Schiebers, des Kolbens u.s.w.) sein und längere Zeit wird sich
                              									dieselbe kaum in Stand halten lassen.
                           E.
                                    											Codron in Lille, Frankreich (* D. R. P. Nr. 16703 vom 12. Juli 1881) benutzt als
                              									Ausströmorgan ein Doppelventil oder auch einen Gitterschieber. Beides wird
                              									unbrauchbar sein, da ersteres schwer dicht zu halten ist und die Schieber zu groſse
                              									Reibung bei der Bewegung verursachen. Das die Belastung aufnehmende Ventil E
                              										(Fig. 16 Taf. 30) ist mit einem kolbenartigen, doch nicht genau dichtenden
                              									Ansatz F versehen und mit dem Doppelsitzventil fest
                              									verbunden. Hierdurch wird ein dichter Abschluſs noch mehr erschwert. Der Dampf
                              									gelangt durch die Höhlung des Doppelsitzventiles über dasselbe und unter den Kolben
                              										F. Wird letzterer durch übermäſsigen Druck gehoben,
                              									so wird auch das Doppelsitzventil mitgenommen, so daſs dem Dampf eine groſse
                              									Ausströmöffnung geboten wird. Eine geringe Dampfmenge wird auch neben dem Kolben F und durch das Ventil E
                              									entweichen, doch kann der Druck auf den Kolben hierdurch nicht vermindert werden.
                              									Auſserdem wird von dem glockenartigen Aufsatz H des
                              									Ventiles E, welcher den hier austretenden Dampf nach
                              									unten ablenkt, nach Oeffnung des Ventiles ein geringer Druck aufgenommen. Ferner
                              									ist, um die Ventile schnell und genügend hoch zu heben, noch eine Einrichtung
                              									getroffen, durch welche die Belastung bei dem Heben der Ventile vermindert wird. Der
                              									Belastungshebel L ist nämlich an den einen Arm Z eines Winkelhebels gehängt, dessen anderer Arm Y sich auf einen seitlichen Vorsprung der Ventilspindel
                              									stützt. In Folge dessen wird beim Heben des Ventiles der Hebelstützpunkt verschoben
                              									und das Hebelverhältniſs im Sinne der Entlastung des Ventiles verändert werden.
                              									Endlich kann auch noch das Belastungsgewicht, aus einer Scheibe W und zwei daran hängenden Kugeln bestehend, zwischen
                              									bestimmten Grenzen auf dem Hebel L frei beweglich
                              									angeordnet werden, wie bei dem schon oben erwähnten Ventil von Renaudot. Mit Hilfe dieser Vorkehrungen würde man
                              									erreichen, daſs nicht nur das Ausströmventil weit geöffnet wird, sondern auch, daſs
                              									das Schlieſsen des Ventiles bei einer viel geringeren Spannung stattfindet als das
                              									Oeffnen desselben, was unter Umständen erwünscht sein kann. Die Verminderung der
                              									Belastung durch Aenderung des Hebelverhältnisses bezieh. durch Vorrollen der Scheibe
                              										W kann jedoch erst eintreten, wenn das Ventil E sich schon merklich gehoben hat.
                           
                              
                                 Whg.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
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