| Titel: | Neue Bessemerwerke. | 
| Autor: | St. | 
| Fundstelle: | Band 244, Jahrgang 1882, S. 433 | 
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                        Neue Bessemerwerke.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 32.
                        Neue Bessemerwerke.
                        
                     
                        
                           Eine der groſsartigsten Bessemeranlagen der Neuzeit besitzt die Bethlehem Iron Company in Pennsylvanien. Bei keiner
                              									anderen Anlage werden die Vortheile des maschinellen Transportes der Roh-, Zwischen-
                              									und Fertigproducte so ausgenutzt wie gerade hier und ist besonders letzteres der
                              									Grund, weshalb die Leistung der amerikanischen Bessemerwerke bis jetzt noch
                              									unerreicht dasteht.
                           Das betreffende Gebäude ABCD (Fig. 3 Taf.
                              									32) ist 284m lang und 30m tief. In dem Seitenflügel E sind die Gebläsemaschinen und Pumpen untergebracht. Die Zapfen
                              									der 4 Birnen sind etwa 3m,8 über der Hüttensohle
                              									gelagert, In fast derselben Höhe ruht auf Säulen die Bühne P, auf welcher die groſsen Cupolöfen J und
                              									die Spiegelöfen j1
                              									stehen. Auf der Hüttensohle liegen zwischen den Säulen Schienengeleise für 2
                              									Locomotiven, welche die Zufuhr von Rohstoff, bezieh. die Abfuhr der Zwischen- und
                              									Fertigproducte des ganzen Betriebes bewältigen. In den Geleisen sind hydraulische
                              									Aufzüge H1 und H eingeschaltet, von denen erstere zur Gichtbühne der
                              									Cupolöfen führen, H dagegen das in die bei i oder i1 auf Transportwagen stehenden Gieſspfannen
                              									abgestochene Roheisen bis zum Birnenmund heben, um dasselbe in diese zu entleeren.
                              									Der Aufzug H2 dient zum
                              									Heben von Zuschlagsmassen für die Birnen. Von den beiden links liegenden Birnen
                              									besitzt jede eine sectorähnliche Gieſsgrube g mit je
                              									einem Gieſskrahn und je 2 Blockkrahnen h. Die beiden
                              									rechts liegenden Birnen haben zusammen eine Gieſsgrube mit einem Gieſskrahn und 2
                              									Blockkrahnen. Auſserdem sind noch 3 Nebenkrahnen vorhanden. Die Hauptgeleise
                              									vereinigen sich bei L auf einer Wage, von wo die noch
                              									roth glühenden Blöcke in die Wärmöfen des Walzwerkes gelangen.
                           Wie ersichtlich, ist bei der ganzen Anlage die gröſst mögliche Freiheit der
                              									Bewegungen nach allen Seiten gewahrt, so daſs eine Anhäufung von Schlacke oder
                              									Guſsblöcken in Folge mangelnder Transportmittel behufs Wegschaffung derselben gar
                              									nicht vorkommen kann. Eine Belästigung der Arbeiter durch allzu groſse Hitze ist
                              									hierdurch ebenfalls ausgeschlossen. Ein Entleeren der Cupolöfen behufs Ausbesserung
                              									durch herunterklappbare Böden ist ebenfalls ermöglicht. Es sei endlich noch auf die
                              									kurzen festen Guſsrinnen i der Cupolöfen hingewiesen,
                              									welche einer Zusammenfügung und Nachhilfe nach jedem Guſs nicht bedürftig sind.
                           Auch in den maschinellen Einzelheiten weist die amerikanische Anlage wesentliche
                              									Verbesserungen gegen die europäischen Werke auf. So ist z.B. das obere Plungerende
                              									des Gieſskrahnes in dem Deckengebälk geführt, so daſs man zur Drehung des Krahnes
                              									nur verhältniſsmäſsig wenig Arbeiter bedarf. Die Gieſspfanne ist mit den Trägern des
                              									Gieſskrahnes wie gewöhnlich durch Schneckengetriebe drehbar verbunden, sie läſst
                              									sich aber nicht auf den Trägern verschieben. Um trotzdem die Pfanne in radialer
                              									Richtung verstellen zu können, sind beide durch einen Querbalken mit einander
                              									verbundenen Träger durch je 3 Rollen, von denen zwei direct am Plunger, eine aber an
                              									einem am Plunger befestigten Arm angeordnet sind, geführt und mittels eines doppelt
                              									wirkenden hydraulischen Cylinders, in welchem ein an dem Querbalken befestigter
                              									Kolben spielt, mit dem Plunger verbunden. Der Cylinder wird durch den hohlen
                              									Plungerkolben hindurch mit Wasser gespeist. Die Katzen der Blockkrahnen, welche
                              									gewöhnlich lose auf den
                              									Trägern laufen, sind ebenfalls durch doppelt wirkende hydraulische Cylinder und
                              									Kolben, welche zwischen den Trägern gelagert sind, mit den Plungern verbunden, so
                              									daſs die Bewegung der Guſsblöcke beliebig geregelt werden kann. Der am Cylinder
                              									befestigte Steuerhahn wird durch Kettenrad mit Kette von unten durch Hand bewegt.
                              									All diese Einrichtungen bezwecken eine Schonung der menschlichen Arbeitskräfte beim
                              									Transport der Guſsblöcke, um dieselben mit um so gröſserem Vortheil während des
                              									Gusses, wo die gröſste Aufmerksamkeit und Umsicht nothwendig ist, verwerthen zu
                              									können.
                           Der hohle Zapfen, welcher den Gebläsewind dem Birnenboden zuführt, ist nicht
                              									geschlitzt, sondern an seinem Stirnende offen, so daſs der Wind aus dem hohlen
                              									Ständer durch jenes Stirnende in den Zapfen eintritt. Dabei ist das Stirnende des
                              									Zapfenlagers durch eine abnehmbare Platte geschlossen, so daſs die kleine, am Zapfen
                              									befestigte Stopfbüchse, welche die Dichtung zwischen diesem und der Lagerschale
                              									bewirkt, leicht zugänglich gemacht ist, ohne die Stellung der Birne im geringsten zu
                              									beeinflussen. Das Einsetzen der Böden wird mittels fahrbarer hydraulischer
                              									Hebevorrichtungen bewerkstelligt, welche unter die Birne gefahren und sodann mit der
                              									Druckwasserleitung durch einen Schlauch verbunden werden. Eine Entlastung der
                              									Radachsen ist dabei in der Weise vorgesehen, daſs zwischen den Cylinder und das
                              									Geleise besondere Unterlagsklötze geschoben werden.
                           Interessant ist die Vorwärmung der verschiedenen Gieſspfannen mit Gasfeuerung. In
                              									Deutschland benutzt man dazu gewöhnlich glühende Guſsblöcke oder brennende Kokes.
                              									Dies auch in vorliegendem Falle zu thun, ist wegen der groſsen Zahl der beständig in
                              									Gebrauch stehenden Gieſspfannen und wegen der groſsen Wärmemenge, welche
                              									erforderlich ist, um dieselben in kürzester Zeit in helle Rothglut zu versetzen,
                              									unzulässig, wenn man sich nicht der Gefahr aussetzen will, kalte Gänge zu erhalten.
                              									Auf den genannten Werken ist deshalb ein besonderer Vorwärmeraum angeordnet, der für
                              									20 Gieſspfannen Platz hat und durch welchen ein Gasrohr eines Siemens'schen
                              									Generators geleitet ist. Von diesem Rohr gehen seitliche Abzweigungen mit senkrecht
                              									nach unten gerichteten Stutzen ab, an deren unteren Enden starke guſsstählerne
                              									Deckel, durch Ketten und Gegengewichte verschiebbar, aufgehängt sind. In der Mitte
                              									des senkrechten Gasstutzens mündet ein dünnes Rohr, welches mit der Windleitung in
                              									Verbindung steht. Soll eine Pfanne angewärmt werden, so wird dieselbe durch eine
                              									Locomotive unter den Deckel gefahren, letzterer gesenkt, mit dem oberen Pfannenrande
                              									verschmiert und das Gas- und Luftventil geöffnet. Nach Anzündung der Gase, welche
                              									seitlich durch eine Deckelöffnung entweichen, kann die Pfanne schnell bis zur hellen
                              									Rothglut gebracht werden.
                           Das Birnenfutter besteht aus natürlichen Steinen aus Glimmerschiefer. Mit einem solchen Futter werden
                              									20000 bis 30000t Stahl erblasen. Die Böden haben
                              									17 Düsen mit je 12 Windlöchern; die Räume zwischen den Düsen werden mit Steinen
                              									ausgemauert und bedürfen der schmalen Fugen wegen einer nur 6stündigen Trocknung.
                              									(Nach Engineering, 1881 Bd. 32 S. 427.)
                           Die allgemeine Anordnung der Bessemeranlage der Erimus
                                 										Works in Middlesbrough gewinnt durch den Umstand besonderes Interesse, als
                              									die Anlage anfänglich für den Danks'schen Puddelproceſs gebaut und erst später dem
                              									basischen Bessemerproceſs angepaſst wurde. Im Uebrigen zeigt auch diese in Fig.
                                 										1 und 2 Taf. 32
                              									skizzirte Anlage sehr bemerkenswerthe Constructionen. Die Cupolöfen A zum Umschmelzen des Roheisens stehen auſserhalb der
                              									eigentlichen Bessemerhütte auf der Hüttensohle und entleeren das niedergeschmolzene
                              									Roheisen in eine Pfanne M, welche durch einen
                              									hydraulischen Aufzug C bis in die Höhe der Guſsrinne
                              										E gehoben werden kann. Der Plunger des Aufzuges hat
                              									einen Durchmesser von 0m,355 und einen Hub von
                              										6m,247. Die Begrenzung des Hubes geschieht
                              									nach unten und oben selbstthätig durch den Abstellschieber bewegende Anschläge. Die
                              									Pfanne M faſst 6t
                              									Eisen mit der entsprechenden Menge Schlacke und wird nicht in die Rinne E gekippt, sondern abgestochen. Die Rinne E ist vorn an dem Gebälk des Gebäudes aufgehängt und
                              									läuft an ihrem hinteren Ende auf Rädern. Die über der Ebene der Birnenachsen
                              									liegenden Spiegeleisenöfen B haben 1m,320 inneren Durchmesser und liegen seitwärts des
                              									Aufzuges M. Das Spiegeleisen wird in kleine Pfannen V abgestochen, welche durch den kleinen hydraulischen
                              									Wandkrahn D gehoben und in die Rinne E gekippt werden. Während des Abstiches wird die
                              									Spiegeleisenmenge durch einen in die Aufhängevorrichtung der Pfanne eingeschalteten
                              									Wägeapparat gewogen.
                           Der Krahn wird von der Bühne P aus gehandhabt. Die
                              									beiden Birnen haben 2m,438 äuſseren Durchmesser
                              									und 25mm starke schmiedeiserne Mäntel. Von der
                              									Drehachse aus beträgt die gröſste Höhe nach oben 2m,641, nach unten bis zum Windkasten 1m,774. In der Haubenrundung besitzt die Birne einen rinnenförmigen Ansatz r, durch welchen das Eisen in gekippter Lage der Birne
                              									abgestochen werden kann, wenn bei der Ausführung des basischen Verfahrens der
                              									Birnenmund sich verstopfen sollte. Die Birnenachse liegt 4m,723 über der Hüttensohle. Die Kippvorrichtung
                              									besteht aus einem beweglichen horizontalen Cylinder, dessen obere Seite mit Zähnen
                              									versehen ist, welche in das auf der Birnenachse aufgekeilte Getriebe greifen. Der
                              									Kolben, über den sich der Cylinder hin und her schiebt, besitzt behufs Durchleitung
                              									des Druckwassers eine hohle Kolbenstange, welche mit den Ständern fest verbunden
                              									ist.
                           
                           G bedeuten kleine Handkrahnen zum Heben von
                              									Windkastendeckeln u.s.w. Der Gieſskrahn hat einen Plunger von 0m,609 Durchmesser und 10m,973 Länge. Der Hub beträgt 5m,791. Der von der Gieſspfanne zu bestreichende
                              									Kreis hat 5m,181 im Halbmesser. Der groſse Hub und
                              									die auſserordentliche Länge des Gieſskrahnes ist nothwendig, um das in der einen
                              									sauren Birne entsilicirte Roheisen in die Gieſspfanne zu kippen und diese dann über
                              									die Mündung der gekippten basischen Birne zu heben und in diese durch das
                              									Bodenventil zu entleeren. Die beiden Blockkrahnen haben 254mm bezieh. 406mm
                              									Plungerdurchmesser und 5m,486 Ausladung mit einem
                              									Hub von 2m,285. Ihr todtes Gewicht ist gröſser wie
                              									die zu hebende Last. Um die Fundamentgruben der Erahne wegen des hohen
                              									Grundwasserstandes leicht entwässern zu können, sind die Gruben oben luftdicht
                              									abgeschlossen und durch die Decke 2 Rohre geführt, von denen eines bis auf den
                              									Boden, das andere nur bis unter die Decke reicht. Verbindet man letzteres mit der
                              									Windleitung, so kann das Wasser aus der Grube durch Luftdruck entfernt werden. Der
                              									Accumulator hat einen Plungerdurchmesser von 0m,609, einen Hub von 6m,095 und übt einen
                              									Druck von 40at aus. Zum Einführen von Kalkpulver
                              									in die Birne mit dem Gebläsewind ist in die Windleitung ein 3m,047 hoher und 1m,524 im Durchmesser habender senkrechter Cylinder S eingeschaltet, welcher oben mit einem hermetisch schlieſsenden Deckel
                              									versehen ist und unten, anschlieſsend an den schrägen Boden eine Transportschnecke
                              									trägt, die durch Maschinenkraft bewegt wird. Da durch ein Zweigrohr der obere Theil
                              									des Cylinders mit gepreſster Luft gefüllt ist, so fällt Kalkpulver in durch die
                              									Umdrehungszahl der Transportschnecke geregelten Mengen in die Windleitung und wird
                              									von dem Wind dem Eisenbad in der Birne zugeführt.
                           Die Flamme der Birnen durchstreift einen Röhren-Winderhitzungsapparat, welcher den
                              									Cupolofenwind auf 232° erhitzt. Es soll dadurch eine Kokesersparniſs von 25 Proc.
                              									erreicht worden sein. (Nach dem Engineering, 1881 Bd. 32 S.
                                 										482.)
                           
                              
                                 St.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
