| Titel: | Ueber Xylidin-Ponceau und seine Anwendung in der Baumwollfärberei. | 
| Autor: | Lauber, A. Grabowski | 
| Fundstelle: | Band 244, Jahrgang 1882, S. 458 | 
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                        Ueber Xylidin-Ponceau und seine Anwendung in der
                           								Baumwollfärberei.
                        Blondel, über Xylidin-Ponceau in der Baumwollfärberei.
                        
                     
                        
                           Im Bulletin de Rouen, 1881 S. 319 behandelt E.
                                    											Blondel das in neuerer Zeit in den Handel gebrachte Ponceau;
                              									in Rouen wurde dasselbe zuerst von Poirrier im
                              									September 1879 eingeführt. Man erhält das Ponceau durch Einwirkung einer verdünnten
                              									Lösung eines Salzes des Diazoxylols auf Bisulfonaphtol; die Flüssigkeit wird
                              									alkalisch gemacht, das Ponceau bildet sich sofort und wird durch Kochsalz
                              									ausgefällt. Es ist das Natronsalz einer wasserlöslichen Säure und seine Nuance
                              									wechselt mit der Natur des angewendeten Bisulfonaphtols.
                           Es bestehen zwei isomere Verbindungen der Säure, von denen die eine mit dem
                              									Diazoxylen ein gelbliches, die andere ein mehr carminrothes Ponceau bildet und zwar
                              									nach Ansicht des Verfassers aller Wahrscheinlichkeit nach in folgender Weise:
                           
                              
                                 C8H9N2OH
                                 +
                                 C10H5(SO3H)2OH
                                 = H2O + C8H9N2C10H4(SO3H)2OH.
                                 
                              
                                 Diazoxylen.
                                 
                                 Bisulfonaphtol.
                                 Säure, deren Natriumsalz das Ponceau liefert.
                                 
                              
                           Das Ponceau ist in Wasser leicht löslich und zwar bis zu 100g im Liter, ohne daſs sich ein bemerkbarer
                              									Niederschlag bildet; es ist wenig löslich in Alkohol und Glycerin, leicht löslich in
                              									Essigsäure. Zu den Pflanzenfasern besitzt es keine Affinität, dagegen eine sehr
                              									starke zu den thierischen, welche es ohne Vermittlung eines Mordant sehr lebhaft und
                              									lichtecht färbt. Die Farbe widersteht kochendem Wasser sehr gut, besonders wenn man
                              									das Ponceau mittels eines Bariumsalzes fixirt hat; in schwach alkalischen oder in
                              									Seifen-Bädern verschwindet sie leider vollständig.
                           Obwohl die Ponceaufarben sich ziemlich gut an der Luft halten, bleichen sie doch
                              									unter längerem Einfluſs directer Sonnenstrahlen; Proben von baumwollenen Geweben,
                              									mit oder ohne fällende Salze (Thonerde, Barium, Zinn) gefärbt, hatten erst, nachdem
                              									sie die Monate Juli und August 1880 der Sonne ausgesetzt worden, eine merkbare
                              									Schwächung erfahren. Nach 8 Monaten war die Entfärbung, die allmählich vor sich
                              									gegangen war, fast vollständig und es blieb nur noch ein schmutziges Rosa. Immerhin
                              									bemerkte man, daſs die Nuance an denjenigen Stellen, welche die Fensterrahmen gegea
                              									die zerstörende Wirkung der Sonne geschützt hatten, fast unangegriffen geblieben
                              									war. Die Laboratoriumsluft, die ja oft mit sauren oder alkalischen Dämpfen gesättigt
                              									ist, lieſs keinerlei Einwirkung bemerken.
                           
                           Tannin und Pflanzenfarbstoffe wirken in keiner Weise auf die Ponceaulösung; man kann
                              									sie daher mit diesen in allen Verhältnissen mischen; Gummi und Stärke sind ebenfalls
                              									ohne Wirkung. Verdünnte Schwefelsäure verändert die Farbe nicht; in concentrirtem
                              									Zustande macht sie die Farbe noch lebhafter und könnte das Ponceau in Folge dieser
                              									seltenen Eigenschaft nach Blondel's Ansicht bei der
                              									Herstellung gewisser Celluloi'darten mit Vortheil verwendet werden. Die käufliche
                              									Indigschwefelsäure ist ebenfalls ohne Wirkung auf das Ponceau und könnte daher Wolle
                              									mit Leichtigkeit mit der Mischung dieser beiden Farbstoffe gefärbt werden. Auch
                              									Salzsäure ist ohne Wirkung; reine oder verdünnte Salpetersäure führen das Roth in
                              									wenigen Stunden in Orangegelb über; Zinnchlorür im Ueberschuſs reducirt das Ponceau
                              									bis zur vollständigen Entfärbung; Chlor und Hypochlorite in jenem verdünnten
                              									Zustand, wie sie beim Bleichen der Baumwolle angewendet werden, entfärben die
                              									wässerige Ponceaulösung nur langsam; kaustische und kohlensaure Alkalien sind ohne
                              									Wirkung.
                           Die Acetate von Blei und Thonerde fällen das Ponceau in Form eines Lackes, dessen
                              									Bildung durch Essigsäureüberschuſs verhindert wird; die Fällung ist stets,
                              									namentlich mit Thonerdeacetat, unvollständig; dagegen wird das Ponceau mittels
                              									löslicher Barytsalze vollständig gefällt. Der Lack ist merklich bläulicher als die
                              									ursprüngliche Lösung und ein Zusatz von Essigsäure oder -Salzsäure stört die Fällung
                              									mittels der Barytsalze durchaus nicht. Der Lack ist unlöslich in heiſsem, wie in
                              									kaltem Ueberschuſs des Fällungsmittels, löst sich dagegen in einer groſsen Menge
                              									kalten Wassers, schneller in heiſsem; Kochsalz gibt einen in Wasser leicht löslichen
                              									Niederschlag. Zinnchlorür erzeugt in verdünnter Lösung einen orangerothen
                              									Niederschlag, der beim Trocknen durch einen Ueberschuſs des Reagens entfärbt
                              									wird.
                           Man müſste annehmen, daſs der Farbstoff mittels der den Lack bildenden Basen, wenn
                              									diese in den unlöslichen Zustand übergeführt worden, ähnlich den Pflanzenfarbstoffen
                              									stärker fixirt und an die fällende Base kräftiger gebunden sein müſste. Es findet
                              									jedoch das Gegentheil statt, denn der Farbstoff scheidet sich in diesem Falle aus.
                              									Gieſst man nämlich kochendes Wasser auf ein Filter, welches den aus Bariumsalz und
                              									Ponceau gebildeten Lack enthält, so erhält man eine schwach rosa gefärbte Lösung, in
                              									der das Bariumsalz vorherrschend ist. Wird dem kochenden Wasser etwas Schwefelsäure
                              									oder Alaun zugesetzt, so färbt sich das Filtrat unter Zersetzung des Lackes
                              									intensiv, der Farbstoff flieſst rasch in concentrirter Lösung ab und auf dem Filter
                              									bleibt Bariumsulfat, welches kaum noch hell orange gefärbt ist.
                           Wird zu der Ponceaulösung Natriumaluminat hinzugefügt, so entsteht kein Niederschlag;
                              									gibt man jedoch die zur Fällung der Thonerde nöthige Menge Chlorammonium zu, so
                              									flieſst beim Filtriren und Nachwaschen mit heiſsem Wasser der Farbstoff sofort ab
                              									und auf dem Filter
                              									bleibt schwach gefärbtes Thonerdehydrat zurück; es hat also der Farbstoff zur
                              									Thonerde keinerlei Affinität, weshalb auch mit Thonerde mordancirtes Gewebe nach dem
                              									Färben und Waschen nur Spuren Ponceau zurückhält. Unreine Ponceausorten zeigen beim
                              									Ansäuren eine höchst charakteristische Erscheinung. Werden zu einer Lösung von 25g Ponceau im Liter 100cc Essigsäure gesetzt, so scheidet sich beim ruhigen Stehen bald an der
                              									Oberfläche eine braune theerartige Substanz ab. Dieselbe hat in der Wärme eine
                              									weiche Consistenz und ein schwammiges Aussehen; durch Pressen wird sie klebrig und
                              									nimmt beträchtlich an Volumen ab; das Trocknen macht sie hart und brüchig und in
                              									allen Fällen bleibt sie vollständig unlöslich in Wasser. – Blondel fand diese Verunreinigung nur in dem Product einer einzigen Fabrik
                              									und auch diese hat ihre Producte seither verbessert.
                           Wie es leider bei vielen Anilinfarben vorkommt, so wird auch das Ponceau häufig mit
                              									Dextrin verfälscht. An der helleren Farbe des Productes schon oder durch
                              									vergleichende Druckversuche mit einem durch chemische Untersuchung rein befundenen
                              									Product läſst sich diese grobe Verfälschung leicht erkennen.Auswaschen mit genügender Menge Alkohol, in welchem das Ponceau sich löst,
                                    											zeigt leicht etwaige Verfälschung mit den in Alkohol unlöslichen Stoffen,
                                    											wie Dextrin u. dgl.Ref. Wegen der Schönheit und der
                              									Dauerhaftigkeit der Ponceaulacke versuchte Blondel
                              									dieselben zur Bereitung von Oelfarben anzuwenden. Das Anreiben der getrockneten
                              									Lacke mit Oel ergab ein höchst ungenügendes Resultat; die Farbe war schwarz und die
                              									Paste blieb bei der Zerreibung im Mörser wie mit der Walze körnig und ohne Feuer. Es
                              									wurde nun in einer Porzellanschale abgetropfter Barytlack in Leinöl eingetragen, das
                              									Ganze langsam im Oelbade von 180 bis 200° erhitzt und das abdampfende Wasser von
                              									Zeit zu Zeit durch Leinöl ersetzt. Die Masse wird nach einiger Zeit gleichartig und
                              									durch Zusatz einer geringen Menge Alkohol plastisch. – Weitere Versuche in dieser
                              									Richtung anzustellen, ist Sache der Specialisten.
                           Zawiercie, Mai 1882.
                           Dr. Lauber und A.
                                    									Grabowski.